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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 26.05.2009
Aktenzeichen: VII R 28/08
Rechtsgebiete: VO 1788/2003/EG, FGO


Vorschriften:

VO 1788/2003/EG Art. 5 Buchst. c
FGO § 118 Abs. 1
1. Wird geltend gemacht, die Milcherzeugung in einem Betrieb sei für die Dauer einer kurzfristigen Pacht auf einen anderen übergegangen, so obliegt, wenn in dem Betrieb äußerlich alles beim Alten geblieben ist, dem Verpächter der Nachweis für den Übergang der Erzeugerstellung. Verbleibende Zweifel am Vorliegen ausreichender Merkmale für einen zeitweiligen Betriebsübergang müssen zu seinen Lasten gewürdigt werden.

2. Die Dauer der Pachtzeit ist für die tatrichterliche Würdigung, ob jemand Milcherzeuger geworden ist, weder ohne Bedeutung noch ohne erhebliches Gewicht. Bei kurzer Pachtzeit spricht eine erste Vermutung dafür, dass der Verpächter während dieser Zeit Betriebsinhaber geblieben ist. Es bedarf besonders gewichtiger sonstiger Umstände, die bei der Gesamtwürdigung dem Fall das Gepräge geben, wenn trotz der kurzen Pachtzeit der Pächter als Betriebsinhaber angesehen werden soll.

3. Es ist für einen Milcherzeuger nicht typisch, dass er die Betreuung seiner Herde jemandem überlässt, den er nicht selbst ausgesucht hat und der sich nicht unter seiner Aufsicht und Anleitung befindet; solche Umstände müssen deshalb vom Tatrichter dahin gewürdigt werden, dass sie gegen den Übergang der Milcherzeugerstellung auf denjenigen sprechen, der Auswahl, Anleitung und Aufsicht nicht ausübt.


Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bewirtschaftet einen auf Milcherzeugung ausgerichteten landwirtschaftlichen Betrieb. Er liefert die von ihm erzeugte Milch an eine Molkerei (im Folgenden: Molkerei). Er hat zwei Verträge mit der L-GmbH (im Folgenden: GmbH) geschlossen, welche damals in einer knapp 400 km vom Hof des Klägers entfernten Ortschaft ebenfalls Milcherzeugung betrieb. Anfang Februar 2005 hat er diese undatierten Verträge, in denen er seine Milchkühe und sein Stallgebäude einschließlich Güllebehälter für Februar und März 2005 verpachtet, der Molkerei vorgelegt.

Aufgrund der Verträge und weiterer, sogleich darzustellender Vereinbarungen sieht der Kläger die GmbH für die fragliche Zeit als Milcherzeugerin an, während der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) der Auffassung ist, der Kläger sei auch in den beiden Pachtmonaten Erzeuger der auf seinem Hof produzierten Milch geblieben.

Im Einzelnen ist zwischen dem Kläger und der GmbH Folgendes vereinbart worden:

In dem Pachtvertrag ist ein Pachtzins von ... EUR pro Kuh und ein Kündigungsrecht der GmbH für Kühe vereinbart worden, die ausfallen oder in der Leistung um mehr als 20% abfallen. Der Kläger sollte jedoch in diesem Falle berechtigt sein, Ersatzkühe mit vergleichbarer Leistung zu stellen.

In einem sog. Nutzungsvertrag für das Stallgebäude und den Güllebehälter ist der Pachtzins festgelegt; die GmbH sollte die betriebsbedingten Reparaturen tragen.

Ferner ist zwischen dem Kläger und der GmbH vereinbart worden, dass der Kläger wöchentlich einen Kontoauszug des von der GmbH zur Abwicklung des Pachtverhältnisses eingerichteten Geschäftskontos erhalten und dass Frau K von der GmbH mit der Betreuung der Kühe vor Ort beauftragt werden solle. Die GmbH hat dazu mit dem Maschinenring X einen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen, durch den K entsprechend beauftragt und darüber hinaus M mit der Koordination und Bestellung der Betriebsmittel betraut wurde.

Die Futtermittel sind während der Pachtzeit vom Kläger bereitgestellt und der GmbH in Rechnung gestellt worden.

Die Molkerei hat --auf Anweisung des HZA-- mit berichtigter Abgabenanmeldung vom Dezember 2006 für den Kläger eine Abgabe von ca. 57 000 EUR angemeldet. Auf die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) die Abgabenfestsetzung jedoch aufgehoben. Es urteilte, der Kläger sei im Februar und März 2005 nicht Erzeuger der auf seinem Hof produzierten Milch gewesen. Der Kläger habe durch die Verträge, die den "formalen Anforderungen an die Wirksamkeit" genügten, der GmbH die Produktionsmittel zur Milcherzeugung überlassen. Auch unter Berücksichtigung des über die Betreuung der Milchkühe und die wöchentliche Information über das Geschäftskonto geschlossenen Vertrags sei eine derartige rechtliche Konstruktion zulässig und stehe der Annahme, dass die GmbH Milcherzeugerin geworden sei, nicht "zwangsläufig" entgegen.

Erforderlich sei allerdings, dass das wirtschaftliche Risiko auf die GmbH übertragen und ihr die für eine selbständige Bewirtschaftung notwendigen Dispositionsbefugnisse eingeräumt worden seien. Dem entsprächen aber die vorliegenden Verträge. Insbesondere habe die GmbH die volle Dispositionsbefugnis erhalten. Die dem Kläger verbliebene Möglichkeit, die wirtschaftliche Entwicklung des Betriebs unter Beobachtung zu halten, woran er angesichts der kurzen Pachtdauer ein offensichtlich berechtigtes Interesse gehabt habe, sei insofern unerheblich. Ohne Bedeutung sei auch, dass sich die GmbH gegenüber dem Kläger zur Beauftragung von K und M verpflichtet habe. Die Einschaltung von K und M beeinträchtige die Dispositionsbefugnis der GmbH nicht. Diese Personen seien von der GmbH eingesetzt worden, deren Sache es gewesen sei zu entscheiden, ob sie selbst vor Ort tätig werden wolle oder das Tagesgeschäft delegiere. Dass der Kläger das Futter gestellt habe, sei gerade Ausdruck der Dispositionsbefugnis der GmbH; denn diese sei nicht verpflichtet gewesen, das Futter beim Kläger zu bestellen. Dass die Befruchtung der Tiere Sache des Klägers geblieben sei, erscheine vor dem Hintergrund des kurzen Pachtzeitraums geradezu als Selbstverständlichkeit.

Das wirtschaftliche Risiko der Milcherzeugung sei, wenn auch nicht vollständig, so doch "in hinreichendem Umfang" auf die GmbH übertragen worden. Das Milchgeld habe der GmbH in vollem Umfang zugestanden, so dass ihre Möglichkeit, Gewinne zu erwirtschaften, nicht begrenzt gewesen sei. Das Risiko der GmbH, einen Verlust zu erwirtschaften, sei durch die Vereinbarung eines Kündigungsrechts nicht ausgeschlossen gewesen. Bei Zurückbleiben der Milchleistung um weniger als 20% habe der GmbH kein Ausgleichsanspruch zugestanden. Zudem habe das Kündigungsrecht die GmbH allenfalls für die Zukunft abgesichert, wobei ihr ggf. die anteiligen Pachtkosten für die von der ausgefallenen Kuh eingenommene Stallfläche verblieben wären. Dies sei ein erhebliches wirtschaftliches Risiko für die GmbH gewesen, welche außerdem das Risiko eines Ausfalls des Milchgeldes getragen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des HZA.

Der Kläger trägt vor, die erforderliche und vom FG vorgenommene Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse könne vom Bundesfinanzhof nur daraufhin überprüft werden, ob Sie gegen Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze verstoße. Derartige Mängel zeige die Revisionsbegründung aber nicht auf. Die GmbH sei ein großes Unternehmen, das auf diversen Höfen Produktionsstätten mit vorübergehend gepachteten Produktionsmitteln unterhalten habe. Unter diesen Umständen sei selbstverständlich keine tägliche persönliche Anwesenheit des Geschäftsführers der GmbH auf den Produktionsstätten erforderlich, sondern die Beauftragung eines Bevollmächtigten oder Mitarbeiters vor Ort ausreichend. Die dem Kläger vorbehaltene Möglichkeit einer Kontrolle der wirtschaftlichen Entwicklung des Betriebs möge zwar unüblich sein, lasse aber keinen Schluss darauf zu, dass er die Möglichkeit einer Einflussnahme auf betriebliche Entscheidungen gehabt habe.

II.

Die Revision des HZA ist begründet und führt zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Die vom FG getroffenen Feststellungen gestatten nicht den Schluss, dass der Kläger nicht Erzeuger der Milch ist, die er der GmbH als Pächterin der während der überwiegenden Zeit des Milchwirtschaftsjahres von ihm selbst zur Milcherzeugung genutzten Produktionsmittel (Kühe, Ställe, Melkeinrichtungen etc.) zugerechnet wissen will.

1.

Erzeuger im Sinne der hier anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. 1 270/123) ist nach deren Art. 5 Buchst. c der Betriebsinhaber, der einen Betrieb im geografischen Gebiet eines Mitgliedstaats bewirtschaftet und der Milch erzeugt und vermarktet. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat dabei in seinem Urteil vom 15. Januar 1991 C-341/89 --Ballmann-- (Slg. 1991, I-25), das zwar zu einer früheren Fassung der Milchabgaberegelung ergangen, jedoch auch für den Streitfall einschlägig ist, die Erzeugereigenschaft im Sinne der Milchabgaberegelung jeder Person zugestanden, die einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet und die Milch oder Milcherzeugnisse verkauft oder liefert; sie braucht nicht Eigentümer der Anlagen zu sein, die sie für ihre Produktion nutzt; erforderlich ist lediglich, dass sie die Produktionseinheiten, zu deren Bewirtschaftung sie bestimmte Anlagen gepachtet hat, selbständig betreibt.

Ob die Voraussetzungen einer selbständigen Bewirtschaftung gepachteter Produktionseinheiten vorliegen, ist aufgrund einer Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu entscheiden. Denn der Begriff des Erzeugers lässt sich nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen; es handelt sich nicht um einen tatbestandlich scharf umrissenen Begriff, der durch eine bestimmte Zahl hinreichender Merkmale ausreichend beschrieben werden kann. Ob jemand eine Tätigkeit "selbständig" ausübt, ist vielmehr anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Kriterien nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, wobei die Gegebenheiten im konkreten Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind. Denn den eine selbständige Milcherzeugung kennzeichnenden Merkmalen ist eigen, dass grundsätzlich keines von ihnen für sich allein den Schluss gestattet, der Betreffende sei selbständig und eigenverantwortlich tätig, so wie grundsätzlich keines dieser Merkmale, wenn es fehlt, diesen Schluss von vornherein ausschließt. Sind jedoch die Verhältnisse des einzelnen Falls überwiegend durch Umstände geprägt, die für eine selbständige Bewirtschaftung von Produktionsmitteln für die Milcherzeugung typisch sind, kann dies rechtfertigen, den Betreffenden als Milcherzeuger anzusehen, auch wenn andere Merkmale fehlen.

Die Aufgabe der Würdigung des Einzelfalls nach dem Gesamtbild der Verhältnisse obliegt dabei im Wesentlichen dem FG; seine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar (Urteil des Senats vom 25. September 2007 VII R 28/06, BFHE 218, 448, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2007, 329).

2.

Die vom FG im Streitfall vorgenommene Würdigung der festgestellten Tatsachen ist indes auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes zu beanstanden. Denn es ist nicht nachvollziehbar und mit der Lebenserfahrung entsprechenden Beweiswürdigungsregeln nicht vereinbar, dass das FG aufgrund der von ihm festgestellten Tatsachen die GmbH und nicht den Kläger als Erzeuger der streitigen Milchmengen angesehen hat.

Die Verhältnisse des Streitfalls sind, wie im Kern offenbar auch das FG nicht in Abrede stellen will, durch eine Fülle von Umständen gekennzeichnet, die nicht typisch, sondern dafür untypisch sind, dass die GmbH (hinsichtlich der auf dem Hof des Klägers produzierten Milch) die Stellung eines Betriebsinhabers hatte, mithin als Milcherzeugerin anzusehen ist.

Das gilt zunächst schon und keineswegs zuletzt für die nur kurze Zeit, in welcher die GmbH überhaupt Zugriff auf den Hof hatte. Der erkennende Senat hat zwar entschieden (Urteil vom 23. Januar 1996 VII R 67/95, BFH/NV 1996, 654), dass die kurze Dauer eines Pachtvertrags allein der Annahme einer selbständigen Nutzung von Kühen zur Milcherzeugung nicht entgegenstehe, weil die Eigenverantwortlichkeit des Gebrauchs und der Nutzung des Pachtgegenstands nicht notwendig erst dann gegeben sei, wenn die Kühe über eine längere Dauer genutzt werden. Er hat in seinem Beschluss vom 4. Dezember 2006 VII B 316/05 (BFHE 216, 455, ZfZ 2007, 78) sogar für möglich gehalten, dass eine Verpachtung der Stallanlage einschließlich der dort aufgestellten Milchkühe an einen anderen Milcherzeuger für nur sechs Tage dessen Milcherzeugerstellung begründen könne, allerdings in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass eine Würdigung des Tatrichters, dass der Pächter während der Pachtzeit die Milchproduktion mit Hilfe der gepachteten Produktionsmittel selbständig betrieben habe, nicht mehr möglich, sondern unvereinbar mit Erfahrungssätzen sein dürfte, wenn es sich um eine Pacht von Milchproduktionsmitteln für einen noch kürzeren Zeitraum handele, weil bei derart kurzen "Pachtzeiten" die angeblich selbständige Bewirtschaftung fremder Produktionsmittel durch einen Pächter von einer bloßen Aushilfe für einen kurzfristig an der Verrichtung der für die Milchproduktion erforderlichen Tätigkeiten verhinderten Erzeuger nicht mehr sicher unterschieden werden könne.

Aus diesen Entscheidungen ist indes nicht zu folgern, dass die Dauer der angeblichen Pachtzeit für die tatrichterliche Würdigung, ob jemand Milcherzeuger geworden ist (oder nicht vielmehr lediglich die Stellung einer Stallhilfe oder sogar eines Strohmanns hatte), ohne Bedeutung oder jedenfalls ohne erhebliches Gewicht wäre. Vielmehr spricht bei kurzer Pachtzeit, in der sich ein eigenes Bewirtschaftungskonzept aufzustellen und in der Praxis tatsächlich umzusetzen, statt alles beim Alten und den Betrieb so wie bisher vom Verpächter betrieben weiterlaufen zu lassen, für den angeblichen Pächter in der Regel als schwierig und wenig lohnend darstellen muss, eine erste Vermutung dafür, dass der Verpächter während dieser Zeit Betriebsinhaber in dem hier maßgeblichen, eben erläuterten Sinn geblieben ist. Es bedarf folglich bei kurzfristiger Überlassung der für die Milcherzeugung benutzten Produktionsmittel, insbesondere wenn es sich um den Stall und zugleich auch die Kühe handelt, besonders gewichtiger Umstände, die bei der Gesamtwürdigung dem Fall das Gepräge geben, wenn trotz der kurzen Pachtzeit der Pächter als Betriebsinhaber angesehen werden soll.

Solche Umstände fehlen im Streitfall weitgehend. Es ist nicht festgestellt und auch nicht einmal substantiiert behauptet worden, dass die GmbH ein eigenes Bewirtschaftungskonzept aufgestellt und umgesetzt hat --was nicht unabdingbare Voraussetzung einer Milcherzeugerstellung, aber gleichwohl für einen Betriebsinhaber typisch ist--. Es ist überhaupt nichts festgestellt, worin sich die vom FG angenommene Dispositionsbefugnis der GmbH tatsächlich geäußert hätte und dass diese in irgendeiner Form von dieser Gebrauch gemacht hätte. Die Betreuung der Kuhherde hat sie jedenfalls einer Person überlassen, der sie offenbar nicht aus eigenem Urteil und aufgrund eigener Erfahrung vertraut hat, sondern weil ihr dies der Kläger abverlangt hat. Es ist indes für einen Milcherzeuger nicht typisch, dass er die Betreuung seiner Herde jemandem überlässt, den er nicht selbst ausgesucht hat. Es ist auch nicht typisch, dass ein Milcherzeuger die sonstige Betriebsführung jemandem überlässt, der sich, mag er auch in seinen Diensten stehen, nicht unter seiner Aufsicht und Anleitung befindet. Dass eine solche Aufsicht und Anleitung seitens der GmbH bei M bestanden hat, ist nicht festgestellt; dass M überhaupt in irgendeiner Weise bei der Bewirtschaftung der Kuhherde tatsächlich tätig geworden ist oder nach seinen Kenntnissen und Erfahrungen betreffend die Milchwirtschaft auch nur hätte tätig werden können, ist ebenfalls nicht festgestellt. Weshalb es, wie das FG offenbar meint, die Dispositionsbefugnis der GmbH nicht beeinträchtigen soll, dass diese ihre Bevollmächtigten und Mitarbeiter vor Ort nicht nach eigenem Gutdünken auswählen, bestellen und abberufen durfte, sondern sich gegenüber dem Kläger zur Beauftragung von K und M verpflichten musste, ist dem erkennenden Senat nicht recht verständlich.

Ob es im Übrigen für einen Milcherzeuger, wenn er die Rechtsform einer juristischen Person hat, typisch ist, mehrere hunderte Kilometer von seinem Stammsitz entfernte Betriebsstätten zu unterhalten, mag auf sich beruhen; das diesbezügliche Vorbringen des Klägers gibt jedoch Anlass zu dem Hinweis, dass es insofern nicht darauf ankommt, ob eine solche Gestaltung (marktordnungs-)rechtlich zulässig ist und (zur Ausnutzung sonst ungenutzter Referenzmengen) tatsächlich angewandt wird, sondern wie sie bei der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen ist. Gegen die (vorübergehende) Übertragung der Milcherzeugerstellung auf die GmbH spricht allemal, dass der Kläger es offenbar nötig fand, wöchentlich Einblick in deren Betriebs-Sonderkonto nehmen zu können, mag er auch von der betreffenden Vertragsklausel später tatsächlich keinen Gebrauch gemacht haben, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat vorgetragen hat.

Das Viehfutter hat die GmbH nicht nur offenbar zumindest weitgehend vom Kläger bezogen, sondern es ist auch weder festgestellt noch auch nur behauptet, dass nicht dieser, sondern die GmbH bzw. M in diesem Zusammenhang irgendwelche Entscheidungen oder Anordnungen z.B. über die Art und Menge des zu liefernden Futters, Preise, Lieferzeitpunkt oder dergleichen getroffen und dazu eigene Überlegungen angestellt hätten. Über die wichtige und für einen Milcherzeuger kennzeichnende Befugnis zur Befruchtung der Tiere konnte sie ohnehin nicht entscheiden.

Was danach als Merkmal einer Milcherzeugerstellung der GmbH verbleibt, ist, dass diese ein freilich sehr begrenztes wirtschaftliches Risiko übernommen hat. Dieses fällt nicht nur deshalb gering aus, weil sie gegen Ausfall und entscheidenden Leistungsabfall von Kühen geschützt war, sondern weil das vom FG hervorgehobene Risiko des --durch mangelhafte Milchlieferungen bedingten-- Ausfalls des Milchgeldes von der GmbH ohne weiteres steuerbar gewesen wäre, das Insolvenzrisiko der Molkerei bei einer nur zweimonatigen Pachtzeit relativ gut einzuschätzen gewesen sein dürfte und die Belastung mit der Stallpacht trotz Ausfalls von Kühen selbst im Falle ausbleibenden Ersatzes derselben wirtschaftlich schwerlich als ins Gewicht fallend beurteilt werden kann.

Die angebliche Betriebsinhaberstellung der GmbH lässt sich mithin weitgehend nur daraus herleiten, dass sich der Kläger und die GmbH in ihren vertraglichen Abmachungen darum bemüht haben, die GmbH so weitgehend als Betriebsinhaberin erscheinen zu lassen, wie dies ohne ernstliche Gefährdung der tatsächlichen Stellung des Klägers möglich war, welcher seinen Betrieb wie bisher fortgeführt wissen und dies auch kontrollieren wollte. Die Erzeugerstellung der GmbH stand mit anderen Worten auf dem Papier, war aber an den tatsächlichen Verhältnissen nicht erkennbar und hat sich in ihnen in kaum einer Hinsicht niedergeschlagen.

Es überschreitet unter diesen Umständen die Beurteilungsfreiheit des Tatrichters, den Nachweis als geführt anzusehen, dass der bisher vom Kläger unterhaltene Betrieb für die Dauer der Pacht auf einen anderen übergegangen ist. Dieser Nachweis obliegt, wenn in dem Betrieb äußerlich alles beim Alten geblieben ist, dem Verpächter, nicht nur was Inhalt und Abschluss der --hier undatierten-- Verträge angeht (so schon Urteil des Senats in BFHE 218, 448, ZfZ 2007, 329); er obliegt ihm auch in dem Sinne, dass verbleibende Zweifel am Vorliegen für einen (zeitweiligen) Betriebsübergang ausreichender Merkmale zu seinen Lasten gewürdigt werden müssen, weil er es ist, der sich auf einen außergewöhnlichen Vorgang sowie Vorgänge und Umstände beruft, die in seiner Sphäre liegen.

3.

Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die Würdigung des Tatsachengerichts muss, um für das Revisionsgericht bindend zu sein, zwar nicht zwingend, sie muss aber auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen vertretbar und nachvollziehbar begründet sein. Daran fehlt es hier. Den Erwägungen des FG ist allenfalls zu entnehmen, dass es die zwischen dem Kläger und der GmbH getroffenen Vereinbarungen als eine in (zivil-)rechtlicher Hinsicht taugliche Grundlage für eine Übergabe der Betriebsführung an die GmbH ansieht, nicht aber, dass festgestellt worden ist, dass die Betriebsführung tatsächlich an die GmbH übergegangen ist. Es reicht indes insbesondere nicht aus, Verträge zu schließen, die einen rechtlichen Rahmen für einen Übergang der Milcherzeugung an einen anderen bereitstellen, wenn in dem tatsächlichen Vollzug dieser Verträge dem Verpächter die Betriebsführung (hier z.B. die Futterbereitstellung) überlassen wird, mag dies von Anfang gewollt oder erst später so praktiziert worden sein.

Da bei einer dem Bundesrecht entsprechenden Würdigung der getroffenen Feststellungen und des Vorbringens der Beteiligten im Streitfall keine andere Beurteilung als die in Betracht kommt, dass der Kläger auch während der Pachtzeit Milcherzeuger geblieben ist, muss das Urteil des FG aufgehoben und die Klage abgewiesen werden. Die Abgabenfestsetzung gegen den Kläger ist rechtmäßig.

Ende der Entscheidung

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