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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 13.11.2001
Aktenzeichen: VII R 31/00
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 136 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten und Revisionsbeklagten (die Oberfinanzdirektion --OFD--) erteilte der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) am 29. Januar 1996 eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) für ein Metallrädchen bestehend aus Stahl, mit einem Außendurchmesser von 6,74 mm, einer Dicke von 3,54 mm sowie eingefrästen Zähnen auf der Umlaufseite, und wies darin diese Ware der Unterpos. 9613 90 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zu (bestätigt durch Einspruchsentscheidung vom 20. August 1996).

Die Klage, mit der die Einreihung der Ware in die Pos. 8207 KN begehrt wurde, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und führte in seinem in der Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 2000, 282 veröffentlichten Urteil als tragende Begründung aus, dass die Ware zu Recht von der OFD in die Pos. 9613 KN eingereiht worden sei, weil der Verwendungszweck der Ware als Teil eines Feuerzeugs im Augenblick der Zollabfertigung erkennbar sei. Durch die Beschaffenheit aus oberflächengehärtetem Stahl mit einer eingekerbten Lauffläche sei das streitige Metallrädchen geeignet, an Feuersteinen Funken zu schlagen.

Mit ihrer Revision gegen das vorinstanzliche Urteil verfolgt die Klägerin ihren von der OFD abweichenden Tarifstandpunkt weiter.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die angefochtene vZTA sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die OFD zu verpflichten, das Metallrädchen der Unterpos. 8207 70 90 KN, hilfsweise der Unterpos. 8207 90 91 KN oder der Unterpos. 8207 90 99 KN zuzuweisen.

Die OFD beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Im Laufe des Revisionsverfahrens gewährte der Senat den Beteiligten rechtliches Gehör zu der Frage, ob die Klägerin tatsächlich Reibrädchen oder vollständig gefertigte Feuerzeuge einführt, da sich für letzteres Anhaltspunkte aus den Behördenakten ergaben. Die Klägerin erklärte daraufhin, dass sie bereits vollständig hergestellte Feuerzeuge aus X eingeführt habe, in denen das streitgegenständliche Reibrädchen enthalten sei.

II. Die als Revision gegen ein Urteil in Zolltarifsachen zulassungsfrei statthafte Revision (§ 116 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung) der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage, soweit diese auf die Aufhebung der vZTA gerichtet war (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin begehrte Auskunft in Gestalt einer vZTA ergehen konnte, da die Voraussetzungen zur Erteilung einer solchen Auskunft nicht vorliegen. Auf die zutreffende zolltarifliche Einreihung des Reibrädchens kommt es daher nicht an. Aus diesem Grund kann auch die von der Klägerin begehrte Verpflichtung zur Einreihung des Reibrädchens in die Pos. 8207 KN nicht ausgesprochen werden.

1. Eine vZTA entfaltet die für sie typische, in allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft eintretende und nicht auf bestimmte Zollstellen beschränkte Bindungswirkung nur hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung bei nachfolgenden Zollabfertigungen von Waren, d.h. nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex --ZK--) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 302/1) bei Erfüllung der Zollförmlichkeiten. Neben der zeitlichen Komponente --Bindung nur für die Zeit nach Auskunftserteilung-- setzt die Erteilung einer vZTA auch voraus, dass die Ware, für die die Auskunft beantragt wird, Gegenstand einer Amtshandlung durch die Zollstellen werden soll. Das Institut der vZTA soll der Wirtschaft zuverlässige Kalkulationsgrundlagen vermitteln, damit für einen bestimmten Zeitraum (die vZTA ist im Regelfall sechs Jahre gültig, vgl. Art. 12 Abs. 4 ZK) rechtzeitig die Abgabenbelastung für die (beabsichtigte) Einfuhr von Waren errechnet werden kann (vgl. zur Problematik bei der Ausfuhr: Senatsurteil vom 14. November 2000 VII R 84/99, BFH/NV 2001, 501).

a) Ein rechtliches Interesse auf Erteilung einer vZTA besteht nicht, wenn die im Antrag bezeichnete Ware weder zum Zeitpunkt der Antragstellung eingeführt wird noch Derartiges zukünftig beabsichtigt ist. Soll eine vZTA für einen Teil einer Ware erteilt werden, muss dieser selbst Gegenstand einer Einfuhr sein; es reicht nicht aus, dass die einzureihende Ware als integrierter Teil einer bereits im Drittland komplett fertiggestellten Ware eingeführt wird. Die Tarifierung eines Einzelteils kann zwar ausschlaggebend dafür sein, ob die fertige Ware im Rahmen eines bestehenden Präferenzabkommens zollbegünstigt eingeführt werden kann oder nicht. Diese Umstände sind jedoch nicht durch eine vZTA, sondern ausschließlich durch eine Ursprungsauskunft zu klären, die seit dem 1. Januar 1997 auch als verbindliche Ursprungsauskunft ergehen kann (vgl. Art. 12 ZK). Die Erteilung einer solchen Auskunft ist jedoch von anderen Voraussetzungen abhängig als die Erteilung einer vZTA (vgl. Art. 6 Abs. 3 Buchst. B der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 253/1 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 12/97 der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 ..., ABlEG 1997 Nr. L 9/1), weil sie Fragen zum Ursprung der Ware beantwortet und sich im Gegensatz zur vZTA nicht in der Einreihung einer Ware oder eines Warenbestandteils erschöpft.

b) Wie die Klägerin mitgeteilt hat, führt bzw. führte sie die hier streitgegenständlichen Reibrädchen nur in fertiggestellten Feuerzeugen aus X ein; die OFD hat der Klägerin demnach zu Unrecht eine vZTA für das Reibrädchen erteilt.

Für die Klägerin bestand im Dezember 1994 nur die Möglichkeit, eine unverbindliche Ursprungsauskunft zu beantragen, in der die Zollverwaltung dann auch zu der Problematik hätte Stellung nehmen müssen, ob Feuerzeuge aus X, die Reibrädchen aus anderen Drittländern enthalten, im Rahmen eines bestehenden Präferenzabkommens als Ursprungserzeugnisse X eingeführt werden können. Der Antrag der Klägerin auf Erteilung einer vZTA konnte schließlich auch nicht als Ursprungsauskunft behandelt werden, weil er sich ausdrücklich auf ein Reibrädchen bezog und nicht, wie es für die Ursprungsauskunft erforderlich gewesen wäre, auf das Feuerzeug und deswegen auch keine weiteren Angaben zur Herkunft der übrigen Bestandteile des fertiggestellten Feuerzeugs enthielt.

2. Die OFD hat die Auskunft als vZTA --einen Verwaltungsakt-- erlassen. Sie hätte indessen, wie ausgeführt, nicht als solche ergehen dürfen. Sie war demgemäß aufzuheben (zu dieser Rechtsfolge in vergleichbaren Fällen Senatsurteile vom 2. April 1987 VII R 148/83, BFHE 149, 482, 484, 489, BStBl II 1987, 536; vom 19. Mai 1994 VII R 99, 100/93, BFH/NV 1995, 558; vom 17. März 1992 VII R 70/90, BFHE 167, 478, 480, sowie Senatsurteil in BFH/NV 2001, 501). Dass die Klägerin selbst die vZTA beantragt hatte, ändert daran nichts (vgl. Senatsurteil vom 6. Mai 1997 VII R 99/96, BFH/NV 1997, 727).

3. Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 121, 90 Abs. 2 FGO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, da die Klägerin im Ergebnis mit ihrem Anfechtungsbegehren Erfolg hatte, mit ihrem Verpflichtungsbegehren jedoch unterlegen ist.



Ende der Entscheidung

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