Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: VII R 33/07
Rechtsgebiete: MinöStG 1993, EnergieStG, FGO, Richtlinie 92/81/EWG


Vorschriften:

MinöStG 1993 § 3
MinöStG 1993 § 25 Abs. 1 Nr. 5a
MinöStG 1993 § 25 Abs. 3 Nr. 1.2
MinöStG 1993 § 25 Abs. 3 Nr. 4.1
MinöStG 1993 § 25 Abs. 3 Nr. 4.2
EnergieStG § 53 Abs. 1 Nr. 2
FGO § 118 Abs. 1
Richtlinie 92/81/EWG Art. 8 Abs. 2a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) setzt in einer zu 98% mit Kohle betriebenen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK-Anlage) zum Anfahren der Kesselanlage und im Bereich der Rauchgasentschwefelung bzw. Stickstoffminderung Erdgas ein. Dabei kommen zur Reinigung des Rauchgases zwei unterschiedliche Verfahren zur Anwendung. Bei zwei älteren Kesselanlagen erfolgt die Rauchgasentschwefelung mit Hilfe einer sog. Low-Dust-Schaltung. Bei zwei neueren Kesselanlagen kommt dagegen eine sog. High-Dust-Schaltung zum Einsatz. Der Unterschied der beiden Anordnungen besteht darin, dass das Rauchgas bei der Low-Dust-Schaltung zuerst in einer Rauchgasentschwefelungsanlage (RE-Anlage) entschwefelt und danach in einer Entstickungsanlage (Denox-Anlage) katalytisch gereinigt wird. Hierbei wird durch Zugabe von Ammoniak das Stickoxyd-Gas in Stickstoff und Wasser aufgespalten. Da für den Betrieb der Denox-Anlage eine Temperatur von ca. 290 Grad Celsius im Rauchgas erforderlich ist, erhitzt die Klägerin das in der RE-Anlage auf ca. 50 Grad Celsius abgekühlte Rauchgas zuerst in einem Wärmetauscher unter Ausnutzung der Abwärme aus der nachgeschalteten Denox-Anlage auf ca. 250 Grad Celsius um es sodann in einem der Denox-Anlage vorgeschalteten Brenner durch Verbrennen von Erdgas oder extra leichtem Heizöl auf die erforderliche Temperatur von ca. 290 Grad Celsius zu bringen. Durch diese Temperaturerhöhung wird auch die erforderliche Kamin-Eintritts-Temperatur von 90 Grad Celsius gewährleistet.

Im Gegensatz zum Verfahren bei der Low-Dust-Schaltung erfolgt bei der High-Dust-Schaltung die Entstickung vor der Entschwefelung. Hierzu ist ebenfalls eine Temperatur des Rauchgases in der Denox-Anlage von 290 Grad Celsius erforderlich. Bei diesem Verfahren wird die benötigte Energie für die Rauchgasreinigung bereits dem Kessel zugeführt. Ein Teil dieser Energie wird zunächst für die Denox-Anlage und danach zur Erreichung der notwendigen Kamineintrittstemperatur von 90 Grad Celsius verwendet. Nach der Entschwefelung liegt die Temperatur des Rauchgases ebenfalls bei ca. 50 Grad Celsius, so dass sie vor dem Kamineintritt wieder erhöht werden muss.

Für den Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Dezember 1999 gewährte das Hauptzollamt X, dessen Zuständigkeit auf den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Hauptzollamt --HZA--) übergegangen ist, für das eingesetzte Erdgas eine Mineralölsteuervergünstigung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993).

Nach Durchführung einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass bei der High-Dust-Schaltung die dem Kessel zugeführte Energie als Verlust der KWK-Anlage angesehen werden könne. Dagegen sei das Aufheizen des Rauchgases bei der Low-Dust-Schaltung nicht als Teil des KWK-Prozesses anzusehen, da es außerhalb des Kessels stattfinde. Infolgedessen könne die Klägerin für das im Rahmen der Low-Dust-Schaltung eingesetzte Mineralöl nur eine Vergünstigung nach § 25 Abs. 3 Nr. 1.2 und 4.2 MinöStG 1993 in Anspruch nehmen. Unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Außenprüfung forderte das HZA von der Klägerin mit Bescheid vom 20. Dezember 2001 die seiner Ansicht nach zu Unrecht gewährte Vergütung zurück. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das bei der Low-Dust-Schaltung für den Betrieb des Brenners zum Aufheizen des Rauchgases verwendete Mineralöl nicht nach § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 vergütungsfähig sei. Der Wortlaut der Vorschrift, der mit der Förderung von KWK-Anlagen verfolgte Gesetzeszweck, die Materialien und die Formulierung der Nachfolgeregelung in § 53 Abs. 1 Nr. 2 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) deuteten darauf hin, dass gezielt der Einsatz von Mineralöl zu bestimmten Zwecken, nämlich u.a. zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme, begünstigt werden sollte, so dass es auf eine Bestimmung bzw. Auslegung des Anlagenbegriffs nicht ankomme. Die Begünstigung jeglichen Mineralöleinsatzes, der in irgendeinem --wenn auch entfernten-- Zusammenhang mit dem Betrieb einer KWK-Anlage stehe, liefe dem gesetzgeberischen Ziel zuwider. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass es sich im Streitfall um eine zu 98% mit Kohle betriebene KWK-Anlage handle, deren Förderung der Gesetzgeber wohl nicht beabsichtigt haben dürfte. Nur aufgrund des Kohleeinsatzes sei eine Rauchgasentschwefelung in der RE-Anlage überhaupt erforderlich. Deren Betrieb führe zu einer Abkühlung des Rauchgases, das im Rahmen der Low-Dust-Schaltung für den Einsatz der Denox-Anlage wieder aufgeheizt werden müsse. Folglich diene das hierzu verwendete Mineralöl nicht mehr der gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme, weshalb eine Vergütung nach § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 nicht gewährt werden könne. Dieses Ergebnis werde durch die Dienstvorschrift zur mineralölsteuerlichen Behandlung von KWK-Anlagen nach den §§ 3 und 25 MinöStG 1993 gestützt. Bei dieser Betrachtung stelle auch die Mineralölverwendung im Rahmen einer High-Dust-Schaltung keine solche zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme dar. Dies sei jedoch im Streitfall unerheblich, da das HZA die hierfür gewährte Vergütung unbeanstandet gelassen habe.

Schließlich sei es unbeachtlich, dass die KWK-Anlage aus emissionsrechtlichen Gründen mit einer Rauchgasreinigungsanlage ausgestattet sein müsse. Auch käme es nicht darauf an, ob bei der Berechnung des Jahresnutzungsgrades der kleine oder der große Bilanzkreis zugrunde zu legen sei, denn nach beiden Berechnungsmethoden erreiche die Anlage der Klägerin den für die steuerliche Förderung notwendigen Nutzungsgrad von 70%.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin insbesondere, dass das FG § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a i.V.m. Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 rechtsfehlerhaft ausgelegt habe. Zwar treffe es zu, dass das von der Klägerin verwendete Mineralöl nicht unmittelbar zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme sondern zur Reinigung des Rauchgases eingesetzt werde, doch sei die RE-Anlage --nicht zuletzt aufgrund emissionsschutzrechtlicher Vorgaben-- ein unverzichtbarer Bestandteil der KWK-Anlage. Der vom Gesetzgeber verwendete Begriff der KWK-Anlage sei einer erweiternden Auslegung zugänglich. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch umfasse der Anlagenbegriff die Gesamtheit aller erforderlichen Bestandteile; bei einer KWK-Anlage erstrecke er sich folglich auch auf eine RE-Anlage, ohne die der Betrieb aus umweltschutzrechtlichen Gründen (z.B. zur Erfüllung der Vorgaben der 13. Bundesimmissionsschutzverordnung --BImSchV--) nicht möglich sei.

Zur Auslegung des Anlagenbegriffs könne die Richtlinie 96/61/EG (RL 96/61/EG) des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. 1 257/26) herangezogen werden; Art. 2 Nr. 3 RL 96/61/EG stelle auf einen notwendigen Gesamtzusammenhang verschiedener Anlagenbestandteile ab.

Entgegen der Auffassung des FG ergebe sich aus dem Wortlaut und den Materialien der Nachfolgeregelung (§ 53 Abs. 1 EnergieStG), dass auch das in einer RE-Anlage als notwendiger Bestandteil einer KWK-Anlage verwendete Mineralöl begünstigt sei. Danach seien alle in ortsfesten KWK-Anlagen verwendeten Energieerzeugnisse vollständig von der Steuer zu entlasten. Ausweislich der Gesetzesbegründung sei für die Vergütung das Erreichen eines Nutzungsgrades von 70% entscheidend, nicht aber die Unmittelbarkeit der Verwendung des Mineralöls zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme und der konkrete Aufbau der Anlage. Schließlich führe auch die systematische Auslegung der streitentscheidenden Bestimmungen zu dem Ergebnis, dass der Mineralöleinsatz im Rahmen der Low-Dust-Schaltung vergütungsfähig sei.

Die Klägerin stellt den Antrag, das erstinstanzliche Urteil sowie den Rückforderungsbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das HZA stellt den Antrag, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es schließt sich im Wesentlichen der Rechtsauffassung des FG an. Bei der Beurteilung der Vergütungsfähigkeit des eingesetzten Mineralöls komme es auf dessen konkrete Verwendung und nicht auf den Aufbau der Anlage an. Das bei der Rauchgasentschwefelung verwendete Mineralöl werde in keiner Weise zur Erzeugung von Kraft und Wärme verwendet. Würde als Begünstigungsmaßstab die Anlage in ihrer Gesamtheit herangezogen, führe dies dazu, dass ganze Chemiewerke als einheitliche KWK-Anlagen zu betrachten seien. Dies mache eine Steueraufsicht unmöglich. Aber selbst wenn es auf die Auslegung des Anlagenbegriffs ankomme, sei zu berücksichtigen, dass nur die zur Erzeugung von Kraft und Wärme notwendigen Anlagen-Bestandteile in den Anlagenbegriff einbezogen werden könnten. Zu diesem Zweck sei die RE-Anlage jedoch nicht erforderlich. Auch ohne sie könne die Anlage der Klägerin nach der 13. BImSchV für zumindest 72 Stunden weiter betrieben werden. Schließlich verbiete sich aufgrund der unterschiedlichen Regelungsbereiche ein Rückgriff auf die Begriffsbestimmungen der RL 96/61/EG.

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der Rückforderungsbescheid deshalb rechtmäßig ergangen ist, weil für das bei der Low-Dust-Schaltung für den Betrieb des Brenners zum Aufheizen des Rauchgases verwendete Mineralöl eine Vergütung nach § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 nicht in Betracht kommt.

1.

Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Mineralölsteuervergütung ist § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a i.V.m. § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 (in der damals anzuwendenden Fassung des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. März 1999, BGBl. I 1999, 378). Danach wird u.a. eine vollständige Entlastung von der Mineralölsteuer für versteuertes Erdgas gewährt, das von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, von Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft und von Versorgern, die nicht Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sind, zu den nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 sowie § 32 Abs. 1 MinöStG 1993 begünstigten Zwecken oder in sonstigen Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme verwendet worden ist. Nach § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 beträgt die Entlastung für 1 MWh Erdgas, das von Betreibern nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 in Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70% verwendet worden ist, 6,80 DM; dagegen beträgt die Entlastung für das von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zu den nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MinöStG 1993 begünstigten Zwecken verwendete Erdgas, welche das HZA aufgrund seines angesetzten Rückforderungsbescheids der Klägerin letztlich zubilligen will, lediglich 2,56 DM (§ 25 Abs. 3 Nr. 4.2 MinöStG 1993).

2.

Das Mineralölsteuergesetz setzt den Begriff der Anlage voraus, ohne ihn jedoch näher zu definieren. Allein dem Wortlaut der Entlastungsregelung in § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob sich die Zweckbestimmung "zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme" auf die Anlage als solche oder auf den konkreten Einsatz des Mineralöls bezieht. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung und der Systematik des Mineralölsteuergesetzes kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass es entscheidend auf die konkrete Verwendung des Mineralöls zur Erreichung des begünstigten Zwecks und nicht auf den bloßen Verbrauch von Mineralöl im Rahmen des Betriebs einer KWK-Anlage ankommt.

a)

Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, handelt es sich bei der Mineralölsteuer um eine verwendungsorientierte Verbrauchsteuer auf Energieleistungen; folglich knüpfen sowohl die Entstehungs- als auch die Entlastungstatbestände an einen bestimmten Ge- oder Verbrauch eines in § 1 Abs. 3 MinöStG 1993 als Steuergegenstand angesprochenen Erzeugnisses an (Senats-urteile vom 22. November 2005 VII R 33/05, BFHE 212, 335, und vom 6. Dezember 2005 VII R 43/04, BFHE 212, 340). Dies gilt auch für die Verwendung von Mineralöl zur gekoppelten, d.h. gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme. Nicht die KWK-Anlage als solche ist Gegenstand der steuerlichen Förderung, sondern die ressourcenschonende Verwendung des Mineralöls unter optimaler Nutzung der durch die Verbrennung gewonnenen Energie. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/440, S. 13) wollte der Gesetzgeber mit der Einführung einer vollständigen Steuerentlastung für das in KWK-Anlagen mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70% verwendete Mineralöl aus ökologischen Gründen, wie z.B. der Ressourcenschonung oder der Emissionsverminderung, die besonders effiziente Nutzung der durch Verbrennung fossiler Energieträger gewonnenen Energie fördern. Entscheidendes Kriterium für die Begünstigung ist die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme, also die doppelte und möglichst effiziente Nutzung des Energiegehalts des eingesetzten Mineralöls (Senatsurteil vom 1. April 2008 VII R 26/06, BFH/NV 2008, 1624, sowie Bongartz in Peters/ Bongartz/Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, Rz J 121).

b)

Die steuerliche Freistellung aller Mineralöle, die in irgendeinem räumlichen Zusammenhang mit dem Betrieb einer KWK-Anlage zum Einsatz kommen, liefe den Zielen des Gesetzgebers zuwider und rückte die Entlastungsregelung in die Nähe eines offensichtlich nicht beabsichtigten Herstellerprivilegs für Strom- und Wärmeproduzenten. Ausweislich der Sonderregelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 MinöStG 1993 wird ein solches Privileg, das sich auf die zur Aufrechterhaltung des Betriebs eingesetzten Mineralöle mit Ausnahme von in Beförderungsmitteln verwendeten Kraftstoffeen erstreckt, nur den Inhabern von Mineralölherstellungs- oder Gasgewinnungsbetrieben gewährt. Das Herstellerprivileg für Stromerzeuger bezieht sich nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes nur auf den zur Stromerzeugung entnommenen Strom. Im Gegensatz zur Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 MinöStG 1993 hat der Gesetzgeber zur Normierung des Entlastungsanspruchs in § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 eine Formulierung gewählt, die nicht an die generelle Verwendung von Mineralöl zur Aufrechterhaltung des Betriebs der KWK-Anlage anknüpft, sondern an die Verwendung in einer (sonstigen) Anlage zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme. Mineralöl, das zu anderen Zwecken als der Aufrechterhaltung des eigentlichen KWK-Prozesses, etwa zur Beheizung von Lager- oder Geschäftsräumen oder zum Antrieb von Förderbändern eingesetzt wird, ist danach von der Begünstigung ausgeschlossen.

In diese Richtung weist auch die Nachfolgeregelung des § 53 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG, die unter der Überschrift "Steuerentlastung für die Stromerzeugung und die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme" eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse vorsieht, die zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme in ortsfesten Anlagen mit einem Monats- oder Jahresnutzungsgrad von mindestens 70% verwendet worden sind. Eine wesentliche Änderung der bisherigen Rechtslage wurde mit der Neufassung der Vorschrift offensichtlich nicht beabsichtigt (vgl. BTDrucks 16/1172, S. 45). Der Wortlaut der Bestimmung stellt unmissverständlich auf die konkrete Verwendung des Mineralöls zur Stromerzeugung einerseits und zur Erzeugung von Kraft und Wärme andererseits und nicht auf den generellen Verbrauch von Energieerzeugnissen in KWK-Anlagen ab. Dabei kommen nach § 53 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG auch KWK-Anlagen in den Genuss der Förderung, die keinen Strom, aber andere Erzeugnisse, wie z.B. Druckluft, produzieren (Bongartz in Bongartz/Schröer-Schallenberg, Das neue Energiesteuergesetz, S. 97).

c)

Eine Auslegung von § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993, nach der es nicht auf den Verwendungszweck, sondern allein auf die Verwendung von Mineralöl in einer KWK-Anlage ankommen soll, ist auch nicht aufgrund der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts geboten.

aa)

Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der für den Streitfall noch maßgeblichen Richtlinie 92/81/EWG (RL 92/81/EWG) des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABlEG Nr. 1 316/12) können die Mitgliedstaaten uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen für Mineralöle gewähren, die bei der Elektrizitätserzeugung oder in Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung verwendet werden. Den Mitgliedstaaten ist es somit freigestellt, ob und in welchem Umfang sie von der Möglichkeit einer Förderung von KWK-Anlagen Gebrauch machen und ob sie zu diesem Zweck den im gemeinschaftlichen Verbrauchsteuerrecht nicht näher bestimmten Anlagenbegriff näher präzisieren.

bb)

Dabei sind sie entgegen der Auffassung der Klägerin weder an die Definitionen der RL 96/61/EG noch der Richtlinie 2003/87/EG (RL 2003/87/EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. 1 275/32) gebunden. Nach der Definition des Art. 3 Buchst. e RL 2003/87/EG sowie des Art. 2 Nr. 3 RL 96/61/EG ist eine "Anlage" eine ortsfeste technische Einrichtung, in der eine oder mehrere der in Anhang I der Richtlinie genannten Tätigkeiten sowie andere unmittelbar damit verbundene Tätigkeiten durchgeführt werden, die mit den an diesem Standort durchgeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und die Auswirkungen auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung haben können. Erfasst werden somit keineswegs emittierende Anlagen als solche, sondern lediglich bestimmte Arbeitsabläufe und Prozesse, die den Anlagenbegriff prägen und dem Ausmaß nach begrenzen. Nur wenn eine Tätigkeit Auswirkungen auf das Emissionsverhalten der Anlage und die damit verbundene Umweltverschmutzung haben könnte, wird dieser Bestandteil der genehmigungspflichtigen Anlage zugerechnet. Bestandteile, bei denen dies nicht der Fall ist, werden vom Anlagenbegriff nicht erfasst.

cc)

Das Ziel beider Richtlinien besteht in der Vermeidung und Verminderung der durch die im Anhang aufgeführten Tätigkeiten verursachten Umweltverschmutzung, insbesondere in der Reduzierung umweltschädlicher Emissionen. Zu diesem Zweck sehen beide Richtlinien das Erfordernis einer Genehmigung neuer Anlagen bzw. Genehmigungen zur Emission von Treibhausgasen vor (Art. 4 RL 96/61/EG bzw. Art. 4 RL 2003/87/EG). Um sämtliche Tätigkeiten zu erfassen, die sich auf das Emissionsverhalten der zur Beurteilung anstehenden Anlage auswirken können, ist es geboten, das Genehmigungserfordernis möglichst umfassend auszugestalten und auf alle Bereiche zu erstrecken, von denen Gefahren für die Umwelt ausgehen können. Aufgrund dieser Zielrichtung ist die in den Definitionen vorgenommene Präzisierung des Anlagenbegriffs entscheidend vom Präventionsgedanken geprägt.

Die verbrauchsteuerrechtlichen Regelungen in Art. 8 Abs. 2 Buchst. a RL 92/81/EWG und § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 haben dagegen eine andere Zielrichtung. Bei ihnen geht es um die Gewährung steuerlicher Begünstigungen, die einen Anreiz für den ressourcenschonenden Umgang mit fossilen Brennstoffen schaffen sollen. Die Verminderung von Emissionen ist lediglich ein willkommener Nebeneffekt, jedoch nicht der Hauptgrund für die Entlastungsregelung. Eine extensive Auslegung der steuerlichen Regelung ist nicht geboten, zumal nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, die einen steuerlichen Vorteil gewähren, eng auszulegen sind. Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzung der angesprochenen Gemeinschaftsrechtsakte lässt sich den Bestimmungen der RL 2003/87/EG und RL 96/61/EG nichts für die Auslegung des verbrauchsteuerrechtlichen Anlagenbegriffs entnehmen.

3.

Allein der Umstand, dass die Klägerin das im Rahmen der Rauchgasreinigung eingesetzte Mineralöl innerhalb der KWK-Anlage verwendet, begründet somit noch nicht den begehrten Vergütungsanspruch. Abzustellen ist vielmehr auf den konkreten Verwendungszweck. Nach Auffassung des Senats wird das zum Aufheizen des Rauchgases eingesetzte Mineralöl jedoch nicht nur innerhalb der Anlage als solcher, sondern gerade im Rahmen des eigentlichen KWK-Prozesses zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme verwendet. Die in dem Mineralöl enthaltene Energie wird zwar nicht in Kraft oder Wärme umgewandelt, aber --nicht anders als bei einer High-Dust-Schaltung-- innerhalb eines einheitlichen, wenn auch aus verschiedenen, aufeinander bezogenen physikalischen Prozeduren bestehenden Prozesses verwendet, welcher nicht auf das Geschehen im Kessel beschränkt werden kann. Die von der Klägerin betriebene Rauchgasreinigungsanlage ist zwar nicht aus technischen, jedoch aus emissionsschutzrechtlichen Gründen erforderlich, um die KWK-Anlage betreiben und somit gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen zu können. Denn nach der 13. BImSchV dürfen Großfeuerungsanlagen nur noch betrieben werden, wenn die dort festgelegten Umweltschutzauflagen erfüllt werden. Die Rauchgasreinigungsanlage wird dadurch zum unverzichtbaren Bestandteil des eigentlichen Prozesses, mit dem der Verwendungszweck des eingesetzten Mineralöls erreicht wird. Nur dieses Verständnis der streitentscheidenden Vorschrift wird dem bereits dargestellten Sinn und Zweck der mineralölsteuerlichen Begünstigung für besonders effiziente KWK-Anlagen mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70% gerecht. Wegen ihres hohen Energienutzungsgrades sollen diese Anlagen --unabhängig davon, ob sie mit Kohle oder Mineralöl betrieben werden-- in den Genuss einer umweltpolitisch motivierten Steuerentlastung kommen.

4.

Da das FG seiner Entscheidung eine andere Rechtsauffassung als der erkennende Senat zugrunde gelegt hat, war das erstinstanzliche Urteil aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif und war daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die Einbeziehung des zur Rauchgasreinigung verwendeten Mineralöls in den KWK-Prozess bedingt auch dessen Berücksichtigung als zugeführte Energie aus Mineralöl bei der Berechnung des Jahresnutzungsgrades. Das ist, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, vom HZA bisher nicht bei der Berechnung berücksichtigt worden. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.

Ende der Entscheidung

Zurück