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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 28.10.2008
Aktenzeichen: VII R 38/07
Rechtsgebiete: StromStG, MinöStG, StromStV


Vorschriften:

StromStG § 9 Abs. 4
MinöStG § 3
MinöStG § 25 Abs. 1 Nr. 5a
StromStV § 15 Abs. 1
1. Im Rahmen der Gewährung einer Energiesteuerbegünstigung steht den Hauptzollämtern bei der Einordnung eines Unternehmens in die Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes eine eigene Prüfungskompetenz zu. An eine von den Statistikbehörden vorgenommene Einordnung sind sie nicht gebunden.

2. Ein Unternehmen, das Heil- und Gewürzpflanzen wäscht, zerkleinert, trocknet, schneidet und fraktioniert und diese Erzeugnisse ohne Aufmachung für den Einzelverkauf ungemischt und undosiert an andere Unternehmen weiterverkauft, ist kein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. von § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993, sondern betreibt einen Großhandel mit Nahrungsmitteln.


Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) verarbeitet landwirtschaftliche Rohstoffe, insbesondere eine bestimmte Wurzelart sowie Kraut- und Blütendrogen. Gemäß ihrer Gewerbeanmeldung besteht ihre Tätigkeit im Waschen, Zerkleinern, Trocknen und Schneiden von Wurzeln, Trocknen, Schneiden, Sichten, Fraktionieren von Kraut- und Blütendrogen (1. Verarbeitungsstufe). Darüber hinaus lagert sie Agrarprodukte und handelt mit diesen. Für diese Tätigkeiten verwendet sie Strom, Erd- und Flüssiggas. Die Wertschöpfung für beide Tätigkeitsbereiche ermittelte sie für das Jahr 2000 mit 38 v.H. für den Großhandel mit Getreide, Saaten und Futtermittel sowie mit 81 v.H. für die Sonderkulturen. Auf ihren Antrag ordnete das Thüringer Landesamt für Statistik die Klägerin in den Abschnitt D "Verarbeitendes Gewerbe" und dort in die Klasse 15.86 --Verarbeitung von Kaffee und Tee-- der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93) ein.

Neben der Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms gemäß § 9 des Stromsteuergesetzes (StromStG) beantragte die Klägerin nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) eine Mineralölsteuererstattung für das von ihr im Jahr 2000 zu Produktionszwecken verwendete Erd- und Flüssiggas, die ihr vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) auch gewährt wurde. Im Rahmen einer Außenprüfung kam der Prüfer nach Einholung einer schriftlichen Auskunft beim Statistischen Bundesamt zu dem Ergebnis, dass das Unternehmen der Klägerin nicht dem Produzierenden Gewerbe, sondern dem Großhandel mit Getreide, Saaten und Futtermitteln (Klasse 51.21.0 WZ 93) zuzuordnen sei, so dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Mineralölsteuerbegünstigung nicht vorlägen. Daraufhin widerrief das HZA die Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms und forderte mit Bescheid vom 9. Januar 2003 die für 2000 erstattete Mineralölsteuer zurück. Den von der Klägerin für das Jahr 2001 eingereichten Erstattungsantrag lehnte es ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass sowohl der Rückforderungsbescheid als auch der Ablehnungsbescheid rechtmäßig seien. Hinsichtlich der Entscheidung über die Mineralölsteuererstattung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 habe das HZA ein vom Stromsteuerrecht unabhängiges Prüfungsrecht, das unabhängig von einem Antrag auf eine Zuordnung des Unternehmens zu einem Abschnitt oder einer Klasse der WZ 93 bestehe, auch wenn eine § 15 Abs. 1 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) entsprechende Regelung im Mineralölsteuerrecht fehle. Durch die Einräumung einer eigenständigen Prüfungskompetenz der Finanzverwaltung habe der Verordnungsgeber zum Ausdruck gebracht, dass er die vom Bundesfinanzhof (BFH) entwickelte Rechtsprechung zum Investitionszulagengesetz, nach der von einer Bindungswirkung der Einordnung durch die Statistischen Landesämter auszugehen ist, auf das Energiesteuerrecht nicht habe übertragen wollen. An die von einer Statistikbehörde vorgenommene Einordnung in die WZ 93 sei das HZA deshalb nicht gebunden.

Die Bearbeitung der Ausgangsstoffe durch die Klägerin stelle sich lediglich als handelsübliche Manipulation dar, denn sie bewirke keinen Positionswechsel innerhalb der Kombinierten Nomenklatur (KN). Aus diesem Grund erweise sich die vom HZA vorgenommene Einordnung als Handelsbetrieb als zutreffend. Zu derselben Einschätzung des Sachverhalts sei das vom FG um Auskunft gebetene Statistische Bundesamt gelangt, das die Tätigkeit der Klägerin trotz der mit der Bearbeitung der Ausgangsstoffe verbundenen Marktpreiserhöhung lediglich als handelsübliche Manipulation qualifiziert habe. Obgleich die Klägerin außer dem Rollen und Fermentieren vier Merkmale (nämlich Welken, Trocknen, Sieben und Sortieren der Blätter) für die Herstellung von Tee erfülle und einen erheblichen materiellen Aufwand für die Bearbeitung betreibe, sei kein Anhaltspunkt ersichtlich, von dieser Einordnung abzuweichen.

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, dass das FG zu Unrecht ein eigenständiges Prüfungsrecht des HZA angenommen habe. Ein solches bestehe nur dann, wenn ein Unternehmen noch keine konkrete Klassifikation vorweisen könne und die Einordnung ausdrücklich beantrage. Die vom Thüringer Landesamt für Statistik vorgenommene Einordnung entfalte auch für die strom- und mineralölsteuerrechtliche Behandlung des Unternehmens der Klägerin Bindungswirkung. Zudem hätte das HZA nicht auf die KN Bezug nehmen dürfen, vielmehr hätte die Einordnung allein anhand der WZ 93 vorgenommen werden müssen. In der Antwort an das FG habe das Statistische Bundesamt die Betätigung der Klägerin nur unzureichend gewürdigt und verkannt, dass die Klägerin sämtliche Anforderungen erfülle, die das Bundesamt an eine verarbeitende Tätigkeit gestellt habe. Bereits im finanzgerichtlichen Verfahren sei darauf hingewiesen worden, dass die Bearbeitungsmerkmale des Rollens und Fermentierens im Streitfall nicht in Betracht kämen, da die Fermentierung nur bei der Herstellung von Schwarztee anfalle, die Klägerin jedoch ausschließlich Tee aus Kräutern und Früchten herstelle. Es sei zu klären, ob das FG in seiner Anfrage die Tätigkeit der Klägerin umfassend dargestellt habe. Zudem sei das Antwortschreiben des Statistischen Bundesamtes unter Verletzung des Gehörsanspruchs erst in der mündlichen Verhandlung übergeben worden. Die Abnehmer der von der Klägerin hergestellten Erzeugnisse könnten nicht als die eigentlichen Verarbeiter von Tee angesehen werden, da sich deren Tätigkeit im Wesentlichen auf das Abfüllen und Mischen beschränke. Schließlich habe das FG verfahrensfehlerhaft den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag übergangen, die dem HZA vorgelegten Stromsteueranmeldungen als Antrag auf Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 StromStG zu deuten. Aus diesem Grund sei die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das HZA schließt sich der Rechtsauffassung des FG an und verweist auf den Bericht über die Außenprüfung, nach dem die von der Klägerin direkt von landwirtschaftlichen Erzeugern erworbenen Erzeugnisse der Position 1211 KN gelagert, getrocknet, gereinigt, im Falle von Wurzeln gewaschen, sortiert, geschnitten, getrennt, fraktioniert und schließlich ungemischt, nicht dosiert und nicht in Aufmachungen für den Einzelverkauf verpackt verkauft werden. Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin liege unter Wertschöpfungsgesichtspunkten im Großhandel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Zur Prüfung dieses Schwerpunkts habe das HZA u.a. zu Recht das Güterverzeichnis für Produktionsstatistiken des Statistischen Bundesamtes (GP 2002) und die KN herangezogen. Die Struktur des GP 2002 sei eng mit der Struktur der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE) verknüpft, auf der die WZ 93 beruhe. Die von der Klägerin vertriebenen Produkte stellten weder Mischungen aus Pflanzen, Pflanzenteilen, Samen oder Früchten der Position 2106 KN noch dosierte oder für den Einzelverkauf aufgemachte Erzeugnisse der Position 3004 KN dar. Infolgedessen seien sie in die Position 1211 KN einzureihen. Die von der Klägerin vorgenommenen Tätigkeiten bewirkten keinen Positionswechsel, so dass sie sich lediglich als handelsübliche Manipulationen darstellten. Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit liege daher auf dem Ankauf und dem Verkauf von Waren ein und derselben Verarbeitungsstufe und nicht auf der Herstellung von neuen Erzeugnissen, so dass die Klägerin insgesamt betrachtet ein Großhandelsunternehmen betreibe.

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Da die Klägerin kein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes betreibt, steht ihr ein Erstattungsanspruch nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 nicht zu.

1.

Nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 wird auf Antrag die Mineralölsteuer erlassen, erstattet oder vergütet für u.a. nachweislich gemäß § 3 MinöStG 1993 versteuerte Erd- und Flüssiggase, die von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes (§ 2 Nr. 3 StromStG in der jeweils geltenden Fassung) zu den nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 sowie § 32 Abs. 1 MinöStG 1993 begünstigten Zwecken verwendet worden sind. Ein Entlastungsanspruch wird somit nur gewährt, wenn der Betrieb als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes einzustufen ist.

Durch den Klammerzusatz in § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 wird ausdrücklich die Definition der Unternehmen des Produzierenden Gewerbes in § 2 Nr. 3 StromStG in Bezug genommen, nach der es sich u.a. um Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes handeln muss, die einem entsprechenden Wirtschaftszweig der WZ 93 zuzuordnen sind. Wie der Senat wiederholt entschieden hat, handelt es sich bei der Verweisung auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige um eine an das Gemeinschaftsrecht (NACE) angelehnte und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Typisierung (Senatsurteil vom 24. August 2004 VII R 23/03, BFHE 207, 88).

a)

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin sind die Finanzbehörden nicht an die Einordnung eines Unternehmens in die WZ 93 durch die Statistikbehörden gebunden. Vielmehr steht dem jeweils zuständigen Hauptzollamt ein eigenständiges Prüfungsrecht zu, dessen Ausübung in Einzelfällen zu einem abweichenden Ergebnis führen kann.

aa)

Wie das FG zu Recht geurteilt hat, weist § 15 Abs. 1 und 8 StromStV auf eine eigenständige Prüfungskompetenz hin. Denn bei Annahme einer unbedingten Bindungswirkung einer von den Statistikbehörden vorgenommenen Einordnung bliebe für das HZA kein Handlungsspielraum, auf Antrag über die Zuordnung eines Unternehmens nach § 2 Nr. 3 und 5 StromStG zu einem Abschnitt oder gegebenenfalls einer Klasse oder Unterklasse der WZ 93 eigenständig zu entscheiden. Da eine diesbezügliche Einschränkung nicht vorgenommen worden ist, kann ein solcher Antrag selbst dann gestellt werden, wenn dem Unternehmen bereits eine Auskunft der Statistikbehörden vorliegt. Über die Gewährung der energiesteuerrechtlichen Begünstigung, für die eine Einordnung des Unternehmens in die WZ 93 zwingend erforderlich ist, entscheidet das Hauptzollamt in eigener Zuständigkeit; dabei ist es nach den mineralölsteuerrechtlichen Vorschriften nicht verpflichtet, die Einstufung des Betreibers in die Klassifikation der Wirtschaftszweige in Abstimmung mit den Statistikbehörden vorzunehmen. Wie der Senat entschieden hat, gilt dies selbst in den Fällen, in denen sich die Tätigkeit des Antragstellers einer eindeutigen und daher ohne Schwierigkeiten vorzunehmenden Klassifizierung entzieht, so dass Unsicherheiten hinsichtlich der zutreffenden Einordnung in die Klassifikation der Wirtschaftszweige bestehen und gegebenenfalls verbleiben (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2008 VII B 88/07, BFH/NV 2008, 991). Selbst in diesen Fällen liegt die Entscheidungskompetenz bei den Hauptzollämtern, denn ein formalisiertes Konsultationsverfahren hat der Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehen. Aufgrund der Zielsetzung und der Systematik der energiesteuerrechtlichen Vorschriften liegt es auf der Hand, dass sich diese Prüfungsbefugnis nicht nur auf stromsteuerrechtliche, sondern auch auf mineralölsteuerrechtliche Begünstigungen bezieht, die an die Einstufung eines Unternehmens als solches des Produzierenden Gewerbes anknüpfen.

bb)

Die zum Investitionszulagengesetz 1993 ergangenen Entscheidungen (z.B. BFH-Urteile vom 7. März 2002 III R 44/97, BFHE 198, 169, BStBl II 2002, 545; vom 23. März 2005 III R 20/00, BFHE 209, 186, BStBl II 2005, 497, und vom 29. Januar 1991 III R 55/89, BFH/NV 1991, 559), nach denen das Finanzamt in aller Regel eine solche Einordnung zu übernehmen hat, sofern diese nicht offensichtlich unzutreffend ist, lassen sich auf das Energiesteuerrecht nicht übertragen. Abgesehen davon, dass diese Rechtsprechung den Finanzämtern keine starre Bindung an die von den Statistikbehörden getroffene Einordnung auferlegt, steht einer Übertragung dieser Rechtsprechung auf das Energiesteuerrecht bereits der schlichte Umstand, dass der Gesetzgeber den Hauptzollämtern gemäß § 11 Nr. 4 StromStG i.V.m. § 15 Abs. 1 und Abs. 8 StromStV eine eigenständige Entscheidungsbefugnis zuerkannt hat, entgegen. Auch eine Pflicht zur Abstimmung des Einordnungsergebnisses mit den Statistikbehörden ist nicht vorgesehen, so dass davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber den Entscheidungsträgern eine eigene Sachkompetenz zugetraut und unterstellt hat.

Dies schließt nicht aus, dass in Einzelfällen die Einholung einer Auskunft des zuständigen Landesamtes für Statistik oder des Statistischen Bundesamtes durchaus sinnvoll sein und die Entscheidungsfindung des Hauptzollamts wesentlich erleichtern kann.

2.

Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Klägerin nicht als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. von § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 eingestuft werden kann. Vielmehr liegt der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Handel mit zum menschlichen Verzehr bestimmten Heil- und Gewürzpflanzen, die lediglich handelsüblichen Manipulationen unterzogen werden, so dass die Tätigkeit insgesamt Abschnitt G Unterklasse 51.38.3 WZ 93 (Großhandel mit Nahrungsmitteln a.n.g.) zuzuordnen ist.

a)

Nach den Feststellungen des FG liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin (81 v.H. der Wertschöpfung) im Handel mit Sonderkulturen. Die Klägerin bezieht erntefrisch Heil- und Gewürzpflanzen, die sie verschiedenen Behandlungen unterzieht. Die einzelnen Behandlungen liegen im Waschen, Zerkleinern, Trocknen und Schneiden von Wurzeln sowie im Trocknen, Schneiden, Sichten und Fraktionieren von Kraut- und Blütendrogen. Diese Produkte werden von der Klägerin --allerdings nicht in Aufmachung für den Einzelverkauf-- verpackt und ungemischt und nicht dosiert an andere Unternehmen weiterverkauft, die Tees z.B. in Aufgussbeutel abfüllen, verschiedene Teesorten zu offenen Tees mischen oder Extraktionsschnitte für spezielle Extrakte sowie Pulver für Kapseln und andere Darreichungsformen herstellen.

Nach den für den Abschnitt G (Handel) maßgeblichen Regeln für die Klassifizierung statistischer Einheiten (vgl. Vorbemerkungen Ziffer 3.5) besteht die Haupttätigkeit der von Abschnitt G erfassten Unternehmen im Handel mit Waren, die vom Verkäufer nicht mehr als im Handel üblich verändert wurden. Zur handelsüblichen Manipulation, die die wesentliche Beschaffenheit der Ware nicht beeinträchtigt, zählen z.B. Sortieren, Trennen, Zusammenstellen und Verpacken. Dieser nicht als abschließend zu betrachtenden Aufzählung ist zu entnehmen, dass für statistische Zwecke nur solche Tätigkeiten als Verarbeitung oder Herstellung anzusehen sind, bei denen das Einwirken auf die Ware zu einer nicht unerheblichen Veränderung ihrer stofflichen Zusammensetzung führt, so dass ein Produkt entsteht, das von den verwendeten Ausgangsstoffen verschieden ist. Selbst das Mischen von Kaffee-Extrakten hat der erkennende Senat lediglich als handelsübliche Manipulation eingestuft (BFH-Urteil in BFHE 207, 88). Dieses Ergebnis wird durch die Neufassung der Klassifikation der Wirtschaftszweige (Ausgabe 2003) gestützt, nach der im Rahmen der Erläuterungen zum Abschnitt G "Handel" beispielhaft das Verschneiden von Wein als geringfügige Verarbeitung eingestuft wird, die keine für die Einstufung des Vorgangs als Tätigkeit des verarbeitenden Gewerbes erforderliche echte Umwandlung darstellt.

Sofern die Tätigkeiten im Lohnauftrag ausgeführt werden, handelt es sich beim Reinigen, Beschneiden, Sortieren, Schälen, Rösten, Kühlen und Verpacken landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach Abschnitt A Unterklasse 01.41.1 WZ 93 um die Erbringung von Dienstleistungen auf der landwirtschaftlichen Erzeugerstufe im Pflanzenbau. Diese Zuordnung belegt, dass unter statistischen Gesichtspunkten Dienstleistungen vorliegen, die nach den mineralölsteuerrechtlichen Vorgaben --sofern sie nicht der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet werden können-- von einer Begünstigung ausgeschlossen sind. Im Streitfall kommt eine Zuordnung der Tätigkeiten zu Abschnitt A WZ 93 jedoch nicht in Betracht, da die Klägerin nicht auf der Erzeugerstufe und auch nicht im Lohnauftrag tätig ist.

b)

Dass die bloße Sichtung, Sortierung und Lagerung von Pflanzen und Pflanzenteilen keine Verarbeitung darstellt, bedarf keiner näheren Erläuterung. Auch die mechanische Reinigung (z.B. Befreiung einer Wurzel von Erdresten) sowie das Waschen und anschließende Trocknen können nicht als Bearbeitungsvorgänge angesehen werden, die über eine handelsübliche Manipulation hinausgehen. Allenfalls das Schneiden und Zerkleinern (einschließlich des sog. Rollens als Vorstufe zur Fermentierung) könnte unter bestimmten Voraussetzungen Teil eines Verarbeitungsprozesses zur Herstellung eines neuen Produktes sein.

c)

Weder in der Einzelbetrachtung noch in einer wertenden Gesamtschau können die Tätigkeiten der Klägerin als Tätigkeiten des verarbeitenden Gewerbes (Herstellung von teeähnlichen Getränken, wie Kräuter- oder Früchtetees) eingestuft werden. Erst bei den Abnehmern der Produkte dürfte eine Bearbeitung stattfinden, die zur Entstehung eines neuen Erzeugnisses führt. Nach den statistischen Vorgaben gehört zum verarbeitenden Gewerbe die Herstellung von Tee, Mate und Kräutertees sowie das Verpacken von Tee, auch in Teebeuteln (Unterabschnitt DA Unterklasse 15.86.1 WZ 93). Die ausdrückliche Erwähnung von Teebeuteln deutet darauf hin, dass die Verpackung für den Einzelverkauf --und nicht für den Großhandel-- erfolgen muss. Die Herstellung von Schwarztee nach der sog. orthodoxen Methode erfolgt durch Welken, Rollen, Fermentieren, Trocknen, Sieben und Sortieren. Auch bei Kräutertees kommt eine Fermentierung (einschließlich des hierzu notwendigen Rollens) in Betracht. Früchtetees werden zu einem großen Teil im sog. "Trommel-Verfahren" durch Mischen von Fruchtstücken, Fruchtschalen, Blüten, Gewürzen, teilweise unter Zugabe von ätherischen Ölen, Aromen oder Vitamin C hergestellt. Die Gesamtheit dieser Tätigkeiten übt die Klägerin unstreitig nicht aus, vielmehr stellt sie den Abnehmern unvermischt Blätter, Blüten und andere Teile von Heil- und Gewürzpflanzen zur Verfügung, die erst von den Abnehmern, die über die endgültige Verwendung entscheiden, für den Einzelverkauf gemischt bzw. hergerichtet werden. Folglich betreibt die Klägerin einen Großhandel mit Rohstoffen und Vorerzeugnissen pflanzlichen Ursprungs für Nahrungsmittel und Getränke. Das HZA hat die Tätigkeit somit zutreffend in Abschnitt G Unterklasse 51.38.3 WZ 93 eingeordnet. Dabei ist der angefochtenen Einspruchsentscheidung, deren Begründung sich das FG ausdrücklich zu eigen gemacht hat, nicht zu entnehmen, dass das HZA seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt hat, dass die Behandlung der Erzeugnisse durch die Klägerin nicht zu einem Positionswechsel innerhalb der KN führt. Ergänzende Überlegungen des HZA in dieser Hinsicht sowie die Ausführungen des FG können somit nicht als allein streitentscheidend angesehen werden. Es bedarf daher keiner Entscheidung darüber, ob die Einordnung der Tätigkeit eines Unternehmens in die WZ 93 ausschließlich auf eine Einreihung der vertriebenen Erzeugnisse in die KN gestützt werden könnte.

3.

Soweit die Klägerin eine Verletzung des Gehörsanspruchs aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes durch verspätete Vorlage des Antwortschreibens des Statistischen Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung rügt, genügt das Vorbringen nicht den an eine ordnungsgemäße Darlegung dieses Verfahrensmangels zu stellenden Anforderungen. Der bloße Hinweis der Klägerin, dass sie in Kenntnis dieses Schriftstücks in der mündlichen Verhandlung darauf eingegangen wäre, reicht nicht aus. Im Übrigen war der Klägerin die erste Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes, die der Prüfer des HZA im Rahmen der Außenprüfung eingeholt hatte, spätestens seit der Zustellung der Einspruchsentscheidung bekannt. Die zweite Stellungnahme deckt sich im Ergebnis weitgehend mit der ersten, so dass es der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen wäre, sich rechtliches Gehör zu verschaffen und auf das vorgelegte, zweiseitige Schreiben einzugehen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat sie den vermeintlichen Verfahrensverstoß in der mündlichen Verhandlung auch nicht gerügt und keine sachentsprechenden Anträge gestellt.

4.

Schließlich kommt eine Zurückverweisung der Sache an das FG wegen des behaupteten Übergehens des Antrages, die von der Klägerin dem HZA vorgelegten Steueranmeldungen als Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 StromStG zu deuten, nicht in Betracht. Denn es trifft nicht zu, dass das FG auf diesen Vortrag nicht eingegangen sei. Vielmehr hat das FG in der Urteilsbegründung ausgeführt, dass es offenbleiben könne, ob die Steuererklärungen für die nachfolgenden Jahre als Antrag nach § 9 Abs. 4 StromStG zu werten seien. Damit hat es den Vortrag hinreichend berücksichtigt, jedoch im Rahmen seiner Entscheidungsfindung nicht als erheblich angesehen. Zudem geht es im vorliegenden Streitfall nicht um eine stromsteuerrechtliche Begünstigung, sondern ausschließlich um einen Erstattungsanspruch nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993. In diesem Zusammenhang hat das FG darauf hingewiesen, dass die Klage gegen den Widerruf der Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms von der Klägerin zurückgenommen worden ist.

Ende der Entscheidung

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