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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.03.2009
Aktenzeichen: VII R 44/07
Rechtsgebiete: VO Nr. 1782/2003/EG, VO Nr. 1788/2003/EG


Vorschriften:

VO Nr. 1782/2003/EG Art. 95
VO Nr. 1788/2003/EG Art. 5
VO Nr. 1788/2003/EG Art. 11 Abs. 2 S. 1
VO Nr. 1788/2003/EG Art. 11 Abs. 3 S. 1
1. Hat ein Erzeuger während eines Zwölfmonatszeitraums Milch an eine Molkerei geliefert und dadurch von seiner Referenzmenge Gebrauch gemacht, kann in demselben Zwölfmonatszeitraum weder von ihm noch von einem anderen Erzeuger auf die so ausgenutzte Referenzmenge Milch abgabenfrei geliefert werden. Die Übertragung einer bereits ausgenutzten Referenzmenge kann das Recht zur abgabenfreien Milchlieferung in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum nicht wieder aufleben lassen.

2. Dem EuGH wird folgende Frage vorgelegt:

Ist das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, dahin zu verstehen, dass die Referenzmenge eines Erzeugers in dem Zwölfmonatszeitraum, in welchem ihm von einem anderen Erzeuger eine Referenzmenge übertragen worden ist, nicht die Menge umfasst, auf die während des betreffenden Zwölfmonatszeitraums von jenem anderen Erzeuger bereits Milch geliefert worden ist?


Gründe:

I.

Das vorlegende Gericht hat über folgenden Streitfall zu entscheiden:

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) betreiben in GbR Milcherzeugung und verkaufen ihre Milch an eine Molkerei (im Folgenden: Molkerei). Den Klägern stand im Milchwirtschaftsjahr 2004/2005 zunächst eine Anlieferungs-Referenzmenge (Milchquote) von 553 678 kg zur Verfügung. Einen Teil ihrer ursprünglichen Referenzmenge hatten sie in Höhe von 50 000 kg seit 2000 verpachtet. Der Pachtvertrag wurde jedoch im Februar 2005 aufgelöst. Den Klägern ist über die dadurch ausgelöste Rückgewähr der verpachteten Referenzmenge von der dazu nach der nationalen Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung vom 9. August 2004 (Milchabgabenverordnung, BGBl. I, 2143) berufenen Landwirtschaftsbehörde ein Bescheid erteilt worden, dass mit Wirkung vom 1. März 2005 eine Anlieferungs-Referenzmenge von 50 000 kg auf sie übergegangen sei. Diese Menge war allerdings von dem Pächter bereits beliefert worden. Die nach vorgenannter Verordnung dazu berufene Molkerei hat den Klägern deshalb eine Bescheinigung über eine ihnen am 31. März 2005 in dem Milchwirtschaftsjahr zur Verfügung stehende Referenzmenge erteilt, in der ungeachtet der Rückübertragung der bislang verpachteten, von dem Pächter belieferten Menge nur die den Klägern von Beginn des Zwölfmonatsraums an zustehende Menge von 553 678 kg erfasst ist. Gegen diese Bescheinigung richtet sich die gegen das Hauptzollamt (HZA) --Beklagter und Revisionskläger-- erhobene Klage, das den Einspruch gegen die Bescheinigung zurückgewiesen hatte.

Das Finanzgericht (FG) hat die Bescheinigung dahin geändert, dass den Klägern für den Zeitraum 1. bis 31. März 2005 eine Referenzmenge von 603 678 kg zur Verfügung gestanden habe. Es meint sinngemäß, die Kläger könnten zwar in dem Zwölfmonatszeitraum 2004/2005 nur den noch nicht von dem vormaligen Pächter belieferten Teil der Referenzmenge ausnutzen. Die zurückübertragene Referenzmenge von 50 000 kg habe ihnen gleichwohl im Sinne der Verordnung über die Durchführung der Milchprämie und der Ergänzungszahlung zur Milchprämie vom 18. Februar 2004 (Milchprämienverordnung, BGBl. I, 267) "zur Verfügung" gestanden. Insbesondere für den Erhalt einer Prämie nach Art. 62, 95, 96 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (VO Nr. 1782/2003) vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe ... (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. 1 270/1 mit Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 583/2004, ABlEU Nr. 1 91/1), wofür die Kläger die Bescheinigung offenbar benutzen möchten, komme es nicht auf eine etwaige durch den vormaligen Pächter erfolgte Belieferung der Referenzmenge an, welcher Umstand folglich bei der Erteilung der Referenzmengenbescheinigung von der Molkerei nicht berücksichtigt werden dürfe.

Das HZA hat gegen das Urteil des FG Revision eingelegt, über die der beschließende Senat nunmehr zu entscheiden hat.

II.

Der rechtliche Rahmen der von dem Senat zu treffenden Entscheidung wird --abgesehen von der allgemeinen Bedeutung des in der Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse in verschiedenen Vorschriften verwendeten Begriffes "Referenzmenge"-- durch folgende Vorschriften bestimmt:

Die VO Nr. 1782/2003 bestimmt in Art. 95:

"(1)

Von 2004 bis 2007 kommen Milcherzeuger für eine Milchprämie in Betracht. Die Prämie wird je Kalenderjahr und Betrieb und je Tonne prämienfähiger einzelbetrieblicher Referenzmenge, über die der Betrieb verfügt, gezahlt.

...

(3)

Einzelbetriebliche Referenzmengen, die bis zum 31. März des jeweiligen Kalenderjahres Gegenstand einer zeitweiligen Übertragung gemäß Artikel 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor oder Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor waren, gelten als Mengen, die in diesem Kalenderjahr im Betrieb des Empfängers verfügbar sind.

..."

Da diese Prämienregelung auf der Milchabgabenregelung der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (VO Nr. 1788/2003) des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (ABlEU Nr. 1 270/123) aufbaut und ihre Begriffe grundsätzlich in Übereinstimmung mit dieser zu verstehen sein dürften, ist bei der Ermittlung des rechtlichen Rahmens der vom Senat zu treffenden Entscheidung Art. 5 Buchst. j und k VO Nr. 1788/2003, der hier noch in seiner ursprünglichen Fassung anzuwenden ist, zu berücksichtigen, auf welchen Art. 97 VO Nr. 1782/2003 für den Begriff des Erzeugers ausdrücklich Bezug nimmt. Die Vorschrift lautet:

"Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck ...

-j)

'einzelbetriebliche Referenzmenge' die Referenzmenge eines Erzeugers zum 1. April eines jeden Zwölfmonatszeitraums;

-k)

'verfügbare Referenzmenge' die Referenzmenge, die dem Erzeuger am 31. März des Zwölfmonatszeitraums, für den die Abgabe berechnet wird, zur Verfügung steht, wobei alle in dieser Verordnung vorgesehenen Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen und zeitweiligen Neuzuweisungen, die während dieses Zwölfmonatszeitraums erfolgt sind, berücksichtigt werden."

Ferner mag Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 dieser Verordnung, der die Rolle des Abnehmers bei der Erhebung der Beiträge von den Erzeugern betrifft, in Betracht zu ziehen sein, welcher Folgendes regelt:

"(2)

Tritt ein Abnehmer ganz oder teilweise an die Stelle eines oder mehrerer Abnehmer, so werden für den Rest des laufenden Zwölfmonatszeitraums die für die Erzeuger verfügbaren einzelbetrieblichen Referenzmengen, abzüglich der bereits gelieferten Mengen unter Berücksichtigung von deren Fettgehalt, in Rechnung gestellt. ...

(3)

Überschreiten die von einem Erzeuger gelieferten Mengen im Laufe des Referenzzeitraums die für ihn verfügbare Referenzmenge, so kann der Mitgliedstaat entscheiden, dass der Abnehmer nach Bedingungen, die vom Mitgliedstaat festgelegt werden, bei jeder Lieferung des Erzeugers, die die für ihn verfügbare Referenzmenge für Lieferungen überschreitet, einen Teil des Milchpreises als Vorauszahlung auf den Beitrag des Erzeugers zur Abgabe einbehält. ..."

III.

Der beschließende Senat geht davon aus, dass die Gewährung von Milch- und Betriebsprämien nach Maßgabe der in der Bescheinigung der Landwirtschaftsverwaltung bzw. derjenigen der (ihrerseits an diese Bescheinigung gebundenen) Molkerei festgestellten Referenzmenge zu erfolgen hat. Der Senat wird jedoch ohne Bindung an die Rechtsauffassung der Landwirtschaftsbehörde, welche die erwähnte Referenzmengen-Bescheinigung erteilt hat, zu entscheiden haben, ob die von dem vormaligen Inhaber der Referenzmenge gelieferten Milchmengen bei der Bestimmung der für die Kläger zu berücksichtigenden Referenzmenge mitzurechnen sind oder nicht, weil diese Frage durch die vorliegende Bescheinigung nicht entschieden wird.

Die Bedeutung der für diese mithin dem Senat obliegende Entscheidung maßgeblichen Begriffe und Grundsätze erscheint dem Senat im Fall des Übergangs einer Referenzmenge während eines Zwölfmonatszeitraums nach teilweiser Belieferung der Anlieferungs-Referenzmenge durch den vormaligen Inhaber nicht zweifelsfrei, weshalb der Senat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) um eine diesbezügliche Entscheidung ersucht.

1.

Die Referenzmenge, die dem Erzeuger zugeteilt wird, beziffert den Umfang seines Rechts, in seinem Betrieb erzeugte Milch an einen Abnehmer zu liefern, ohne dafür eine Milchabgabe abführen zu müssen; auf diesem Wege wird sein Recht garantiert, aber auch begrenzt, an der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse teilzunehmen und in den Genuss der durch dieses System garantierten Erzeugerpreise zu gelangen. Die Referenzmenge als das Recht zur abgabenfreien Lieferung von Milch bezieht sich auf die Summe der Milchlieferungen in einem jeden Zwölfmonatszeitraum. Soweit während eines Zwölfmonatszeitraums --nach Maßgabe des einschlägigen Rechts-- Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen oder zeitweilige Neuzuweisungen von Referenzmengen erfolgt sind, sind diese, wie aus Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 zu folgern ist, bei der nach Ablauf des Zwölfmonatszeitraums erfolgenden Prüfung, ob der Erzeuger mehr Milch geliefert hat, als seinem Lieferrecht entspricht, zu berücksichtigen; die zum 1. April des betreffenden Zwölfmonatszeitraums zugeteilte einzelbetriebliche Referenzmenge ist also entsprechend zu korrigieren, woraus sich die in Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 als verfügbare Referenzmenge bezeichnete Menge ergibt.

Von dem in dieser Weise durch die Referenzmenge kenntlich gemachten Lieferrecht kann der Erzeuger, für den dieses festgesetzt bzw. für den es bei Ablauf eines Zwölfmonatszeitraums am 31. März eines Jahres verfügbar ist, ganz oder teilweise Gebrauch machen, in dem er entsprechende Milchmengen an Abnehmer liefert. Tut er dies, und zwar mit Hilfe in seinem eigenen Betrieb erzeugter Milch, nicht, schöpft er also mit der Summe seiner Milchlieferungen bis zum Ablauf eines Zwölfmonatszeitraums am 31. März eines Jahres die Referenzmenge nicht aus, so verfällt sein Lieferrecht für den betreffenden Zwölfmonatszeitraum und geht insoweit ggf. in die in Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 vorgesehene Saldierung zugunsten anderer Betriebe ein.

Liefert ein Erzeuger während eines Zwölfmonatszeitraums Milch an eine Molkerei und macht er dabei von seiner Referenzmenge Gebrauch, so kann in demselben Zwölfmonatszeitraum weder von ihm noch von irgendeinem anderen Erzeuger auf die so ausgenutzte Referenzmenge Milch abgabenfrei geliefert werden. Denn die Referenzmenge stellt, wie dargelegt, das Recht zu einer einmaligen Milchlieferung in jedem Zwölfmonatszeitraum in der festgesetzten Höhe dar und dieses Recht ist verbraucht, wenn es genutzt worden ist. Die Übertragung einer einmal bereits ausgenutzten Referenzmenge kann also, in welchem rechtlichen Zusammenhang sie auch immer vorgenommen wird, das Recht zur abgabenfreien Milchlieferung in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum nicht wieder aufleben lassen. Der beschließende Senat hat daher keinen Zweifel, dass derjenige, dem eine einem anderen zeitweise überlassene Referenzmenge --wie es früher zulässig war und in dem Streitfall geschehen ist-- zurückübertragen worden ist, die in dem Zwölfmonatszeitraum der Übertragung festgesetzte oder sonst i.S. des Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 aufgrund von Übertragungs- oder Umwandlungsvorgängen verfügbare Referenzmenge nur noch in dem Umfange zur abgabenfreien Milchlieferung nutzen kann, in dem sie nicht von dem vormaligen Inhaber der Referenzmenge bereits genutzt und dadurch verbraucht worden ist.

Anders als das HZA meint, ließe sich allerdings die Ansicht vertreten, dass durch ein solches Gebrauchmachen von der Referenzmenge und den dadurch bewirkten Verbrauch derselben für den betreffenden Zwölfmonatszeitraum die Referenzmenge als das abstrakte Recht, in jedem Zwölfmonatszeitraum eine bestimmte Milchmenge abgabenfrei liefern zu können, nicht verändert oder sonst wie beeinträchtigt wird. Dementsprechend erwähnt das Gemeinschaftsrecht auch für den Fall eines Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums nicht die Festsetzung oder Berechnung einer zweiten Referenzmenge, sondern spricht stets nur von einer einzigen Referenzmenge, deren Gebrauch allerdings zunächst dem einen und dann einem anderen Erzeuger zu Gebote steht, wobei sie von dem Letzteren nur insoweit gebraucht werden kann, als sie nicht durch die Milchlieferungen des Ersteren bereits verbraucht ist. Auch im Falle des Übergangs einer Referenzmenge während eines Zwölfmonatszeitraums scheint es also nicht geboten, die Referenzmenge nach irgendeinem Schlüssel auf den vormaligen und den späteren Erzeuger aufzuteilen --etwa zeitanteilig oder gar nach dem Verhältnis der von den beiden Erzeugern tatsächlich vorgenommenen Milchlieferungen--.

Wenn Art. 95 Abs. 1 VO Nr. 1782/2003 den Milcherzeugern nach Maßgabe der Referenzmenge, über die der Betrieb verfügt, eine Prämie in Aussicht stellt, so könnte folglich auch im Fall des Übergangs der Referenzmenge von einem Erzeuger auf einen anderen während eines Zwölfmonatszeitraums die Zuteilung nach Maßgabe jener einheitlichen Referenzmenge vorzunehmen zu sein, welche in dem für die Gewährung einer solchen Prämie maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich am Ende des Zwölfmonatszeitraums, demjenigen zur Verfügung steht, der die Referenzmenge übernommen hat, auch wenn er aus ihr niemals das volle --nämlich teilweise von dem vormaligen Betriebsinhaber verbrauchte-- Recht zur abgabenfreien Milchlieferung herleiten konnte und es erst recht nicht mehr in dem für die Saldierung maßgeblichen Zeitpunkt, dem Ende des Zwölfmonatszeitraums, besitzt. Denn eine Aufspaltung der Referenzmenge in eine solche, die dem vormaligen Inhaber zustand, und eine solche, die dem Übernehmer verblieben ist, ist, soweit erkennbar, im Gemeinschaftsrecht (und auch im deutschen Recht) nicht vorgesehen oder angelegt.

Art. 95 Abs. 3 VO Nr. 1782/2003 scheint die Richtigkeit dieser Betrachtung zu bestätigen, wenn er vorschreibt, dass in bestimmten Fällen einer zeitweiligen Übertragung der Referenzmenge in einem Zwölfmonatszeitraum diese Menge als Menge gelten soll, die im Betrieb desjenigen verfügbar ist, dem sie übertragen worden ist. Denn diese Regelung stellt nicht darauf ab, in welchem Umfang der Empfänger der Referenzmenge bzw. der Übertragende die betriebliche Referenzmenge beliefert haben, und wäre, wenn man darauf abstellen müsste, in dem praktisch gerade bedeutsamen Fall überflüssig, dass der Empfänger und nicht der Übertragende den betreffenden Teil der übertragenen Referenzmenge beliefert hat.

Diese vom Senat erwogene Betrachtungsweise läuft mithin darauf hinaus, dass auch bei Übertragung einer Referenzmenge während eines Zwölfmonatszeitraums dem Erzeuger, der die Referenzmenge übernommen hat, die Milch- bzw. Betriebsprämie auf der Grundlage der vollen, nicht um die Lieferungen des vormaligen Inhabers gekürzten einzelbetrieblichen bzw. nach den in Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 vorgesehenen Korrekturen verfügbaren Referenzmenge zu gewähren ist.

2.

Hiergegen wird allerdings eingewandt, der vormalige Inhaber der Referenzmenge könne das in ihr ausgedrückte Recht nur auf einen anderen übertragen, wenn er dieses Recht noch innehabe. Durch die Belieferung der Referenzmenge, d.h. die Inanspruchnahme dieses Rechts für Milchlieferungen, gehe dieses Recht jedoch verloren; es könne folglich auf den übernehmenden Milcherzeuger nur insoweit übertragen werden, als es von dem vormaligen Inhaber noch nicht genutzt worden ist. Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 mache dies deutlich; wenn dort die verfügbare Referenzmenge als diejenige angesprochen wird, die demjenigen zur Verfügung steht, "für den die Abgabe berechnet wird", lasse dies erkennen, dass die Referenzmenge gemeinschaftsrechtlich allein abgabenrechtliche Bedeutung hat. Zu der am 31. März eines Zwölfmonatszeitraums abgabenrechtlich "verfügbaren Referenzmenge" gehöre demnach nicht derjenige Teil einer in diesem Zwölfmonatszeitraum dem Milcherzeuger (vorgeblich) übertragenen Referenzmenge, der von dem Vorgänger bereits beliefert worden ist. Der Grundsatz, dass eine einmal belieferte Referenzmenge nicht mehr übertragen werden könne, also der von dem vormaligen Inhaber der Referenzmenge belieferte Teil derselben nicht zur am 31. März des Zwölfmonatszeitraums verfügbaren Referenzmenge des Betriebsübernehmers gehören könne, ergebe sich zudem aus Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 VO Nr. 1788/2003.

Es könne auch kein Unterschied zwischen dem Recht, Milch abgabenfrei liefern zu dürfen, und der Referenzmenge gemacht werden, auf deren Grundlage der Prämienanspruch eines Erzeugers berechnet wird.

Zu berücksichtigen sind außerdem die weiteren, insbesondere vom HZA vorgetragenen Einwände. Die Gewährung der Prämie nach Maßgabe der vollen Referenzmenge des Betriebs ungeachtet der von dem vormaligen Inhaber der Referenzmenge bereits auf diese vorgenommenen Milchlieferungen stelle eine durch das Gemeinschaftsrecht nicht zugelassene "doppelte Nutzung" der Referenzmenge dar. Eine solche doppelte Nutzung sei mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz unvereinbar, dass eine Referenzmenge für dasselbe Milchwirtschaftsjahr nicht "zugleich" zwei Personen zustehen könne; dies widerspreche der ebenfalls gemeinschaftsrechtlich verankerten "Höchstpersönlichkeit der Milchabgabenpflicht". Diese Einwände wären jedenfalls dann nicht überzeugend, wenn in der Tat, wie unter 1. ausgeführt, zwischen der Referenzmenge als abstraktem Recht und dem konkreten Gebrauchmachen von diesem Recht zu differenzieren wäre.

Schließlich wäre zu erwägen, ob es nicht besser dem Sinn der Prämie, Einnahmeausfälle infolge der Senkung des Milchpreises auszugleichen, entspräche, die Prämie demjenigen, der am 31. März Betriebsinhaber ist, nur nach Maßgabe der Referenzmenge zu gewähren, die er selbst beliefert hat (oder zumindest hätte abgabenfrei beliefern können); in Fällen, in denen die Referenzmenge während des Bezugszeitraums von unterschiedlichen Erzeugern beliefert worden ist, wäre folglich die Prämie aufzuteilen und diesen Milcherzeugern anteilig zu gewähren, wobei die damit verbundenen Erschwernisse des Vollzugs der Prämienregelung in Kauf genommen werden müssen. Das ist in der VO Nr. 1782/2003 freilich weder ausdrücklich vorgesehen noch, soweit erkennbar, angelegt.

3.

Der Senat vermag nach alledem nicht auszuschließen, dass aufgrund der (unter 2.) angeführten Gesichtspunkte eine gedankliche Differenzierung zwischen der Ausnutzung der Referenzmenge für Lieferungen --welche nur in Betracht kommt, soweit die Referenzmenge noch nicht, ggf. von einem anderen Erzeuger, beliefert worden ist-- und der Berücksichtigung der vollen Referenzmenge im Rahmen der Prämienregelung (und ggf. der Saldierung gemäß Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003) als der i.S. des Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 "verfügbaren Referenzmenge" dem Buchstaben und dem Geist des Gemeinschaftsrechts oder allgemeinen Grundsätzen des Milchmarktordnungsrechts widerspricht. Er ersucht deshalb den EuGH gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um eine entsprechende Vorabentscheidung folgender Frage:

Ist das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 5 Buchst. k der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, dahin zu verstehen, dass die Referenzmenge eines Erzeugers in dem Zwölfmonatszeitraum, in welchem ihm von einem anderen Erzeuger eine Referenzmenge übertragen worden ist, nicht die Menge umfasst, auf die während des betreffenden Zwölfmonatszeitraums von jenem anderen Erzeuger bereits Milch geliefert worden ist?



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