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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: VII R 48/06 (1)
Rechtsgebiete: ZKDVO


Vorschriften:

ZKDVO Art. 551 Abs. 1 Unterabs. 1
ZKDVO Art. 552 Abs. 1 Unterabs. 1
ZKDVO Lfd. Nr. 2 Anhang 76
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) beantragte im Oktober 2001 die Bewilligung eines Umwandlungsverfahrens für (u.a.) gesinterte Stangen und Stäbe sowohl aus Wolfram als auch aus Molybdän zur Umwandlung dieser Waren zu Abfällen und Schrott durch manuelles Zerschlagen. Nach der Untersuchung mehrerer Proben kam die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion zu dem Ergebnis, dass es sich bei den gesinterten Molybdänstangen um Molybdän in Rohform handele. Durch Brechen oder Zerschneiden könne aus diesen Stangen kein Abfall oder Schrott werden, weil sie immer noch für Zwecke wie z.B. das Einschmelzen verwendet werden könnten. Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) folgte dieser Auffassung und lehnte die Bewilligung eines Umwandlungsverfahrens für (u.a.) Rohformen von Wolfram oder Molybdän, wie gesinterte Blöcke, Stangen oder Granalien, ab.

Auf die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage verpflichtete das Finanzgericht (FG) das HZA, die beantragte Bewilligung zu erteilen. Das FG urteilte, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung des Umwandlungsverfahrens (Art. 133 Buchst. e des Zollkodex --ZK--) erfüllt seien, weil die gesinterten Stangen durch das beabsichtigte manuelle Zerschlagen zu Abfällen und Schrott verarbeitet würden (Art. 551 Abs. 1 Unterabs. 1 der Zollkodex-Durchführungsverordnung --ZKDVO--, Art. 552 Abs. 1 Unterabs. 1 ZKDVO i.V.m. Anhang 76 ZKDVO). Durch das Zerschlagen der gesinterten Stangen würden diese endgültig unbrauchbar gemacht, weil damit ihre Weiterverarbeitung zu Blechen, Stangen oder Drähten ausgeschlossen werde.

Mit seiner Revision macht das HZA geltend, dass gesinterte Metallstangen nicht "Waren aus Metall" i.S. der Anm. 8 a zu Abschn. XV der Kombinierten Nomenklatur (KN), sondern Rohprodukte seien. Deshalb handele es sich bei den gesinterten Metallstangen auch nach dem Zerschlagen immer noch um die Rohform des jeweiligen Metalls der Unterpos. 8101 94 00 KN bzw. der Unterpos. 8102 94 00 KN.

Das HZA beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Auffassung des FG an und meint, dass es sich bei den gesinterten Stangen um Waren i.S. der Anm. 8 a zu Abschn. XV KN handele. Entgegen der Ansicht des HZA seien die gesinterten Stangen nicht schon vor dem Zerschlagen unbrauchbar. Erst durch das Zerschlagen würden sie endgültig unbrauchbar gemacht. Die dadurch entstehenden ungleichmäßig geformten Teilstücke seien erkennbar keine Stangen oder Stäbe mehr. Diese Teilstücke seien auch keine Rohformen i.S. der Unterpos. 8101 94 00 bzw. 8102 94 00 KN.

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 31. Juli 2007 (BFHE 217, 365, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2007, 275), auf den verwiesen wird, ausgesetzt und hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens die im Streitfall maßgebende zolltarifliche Auslegungsfrage vorgelegt, die der EuGH mit Urteil vom 27. November 2008 C-403/07 (ZfZ 2009, 15) wie folgt beantwortet hat:

"Die in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif enthaltene Kombinierte Nomenklatur in ihrer im Jahr 2001 geltenden Fassung, also in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2388/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung Nr. 2658/87, ist dahin auszulegen, dass 'nur gesinterte' Stangen aus Wolfram oder Molybdän zu ihren Unterpositionen 8101 91 10 und 8102 91 10 gehören. Solche Stangen, bei denen es sich um die betreffenden Metalle in Rohform und nicht um Waren daraus handelt, können nicht durch Zerbrechen oder Zerschlagen zu Schrott der Unterpositionen 8101 91 90 und 8102 91 90 der Kombinierten Nomenklatur umgewandelt werden."

Der Senat hat daraufhin das im Streitfall ausgesetzte Revisionsverfahren wieder aufgenommen. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu der Vorabentscheidung des EuGH zu äußern.

II.

Die Revision des HZA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der angefochtene Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist, soweit die Bewilligung eines Umwandlungsverfahrens für Rohformen von Wolfram oder Molybdän, wie gesinterte Blöcke, Stangen oder Granalien abgelehnt worden ist, rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1.

Da es sich nach dem EuGH-Urteil in ZfZ 2009, 15 bei nur gesinterten Stangen aus Wolfram oder Molybdän um die betreffenden Metalle in ihrer Rohform und nicht um Waren daraus handelt, können sie nicht durch Zerbrechen oder Zerschlagen zu Schrott umgewandelt werden. Daher gelten die Bewilligungsvoraussetzungen gemäß Art. 133 Buchst. e ZK (wirtschaftliche Voraussetzungen) nicht gemäß Art. 552 Abs. 1 Unterabs. 1 ZKDVO i.V.m. Lfd. Nr. 2 Anhang 76 ZKDVO als erfüllt. Dies hat zwar gemäß Art. 552 Abs. 1 Unterabs. 2 ZKDVO nur zur Folge, dass das HZA die wirtschaftlichen Voraussetzungen zu prüfen hätte, was bisher unterblieben ist. Gleichwohl ist diese Prüfung nicht nachzuholen, weil durch den Umstand, dass die gesinterten Stangen durch das Zerschlagen nicht zu Abfällen oder Schrott werden, jedenfalls die Bewilligungsvoraussetzung des Art. 551 Abs. 1 Unterabs. 1 ZKDVO nicht erfüllt ist, wonach das Umwandlungsverfahren nur für Waren anwendbar ist, deren Umwandlung zu Erzeugnissen führt, für die niedrigere Einfuhrabgabenbeträge gelten als für die Einfuhrwaren. Denn gesinterte Stangen aus Wolfram bzw. Molybdän sind, auch nachdem sie zerschlagen worden sind, weiterhin in die für diese Metalle in ihrer Rohform jeweils vorgesehenen Unterpositionen der KN einzureihen. Die von der Klägerin beantragte Umwandlung ist daher schon rechtstechnisch nicht möglich.

2.

Die vom EuGH in seinem vorgenannten Urteil angesprochene Frage, auf welche Fassung der KN im Streitfall abzustellen ist (Rz. 40 bis 43 des Urteils), hängt von der Auslegung des Antrags der Klägerin ab. Die für ein Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung erforderliche Bewilligung wird nach Art. 507 Abs. 1 Satz 1 ZKDVO grundsätzlich mit dem Tag ihrer Erteilung oder zu einem in ihr bestimmten späteren Zeitpunkt wirksam. Nach dem Tenor des FG-Urteils und seinen Gründen ist das FG offenbar davon ausgegangen, dass die Klägerin die Erteilung einer solchen für die Zukunft wirksamen Bewilligung begehrt und hat dementsprechend (zu Recht) die im Zeitpunkt seiner Entscheidung gültige KN in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1810/2004 der Kommission vom 7. September 2004 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. 1 327/1) seiner Rechtsprüfung zugrunde gelegt. Nur wenn man annehmen wollte, dass die Klägerin eine gemäß Art. 508 Abs. 1 ZKDVO auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkende Bewilligung begehrt, wäre dagegen die Ansicht des EuGH zutreffend, dass maßgeblich auf die KN in ihrer 2001 geltenden Fassung, d.h. in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2388/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur und den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. 1 264/1, berichtigt in Nr. 1 276/92) abzustellen ist.

Allerdings bedarf die Frage der Auslegung des Bewilligungsantrags keiner Klärung, weil sich --wie auch der EuGH ausgeführt hat (Urteil in ZfZ 2009, 15 Rz 41)-- die maßgeblichen KN-Positionen in den verschiedenen Fassungen nur hinsichtlich der Gliederung und die maßgeblichen Unterpositionen sich nur in ihrer Nummerierung unterscheiden, jedoch in ihrem Wortlaut übereinstimmen. Die Auslegung der KN gemäß dem EuGH-Urteil in ZfZ 2009, 15 Rz 41 gilt somit nicht nur für ihre im Jahr 2001, sondern auch für ihre im Jahr 2005 gültige Fassung.

Ende der Entscheidung

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