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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.12.2004
Aktenzeichen: VII R 6/04
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 118 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete im ... 1999 Zuchtrinder zur Ausfuhr in den Libanon an. Die Tiere wurden per LKW über Italien nach Slowenien transportiert und im Hafen von Koper nach dem Libanon verladen.

Den Antrag der Klägerin, für diese Sendung Ausfuhrerstattung zu gewähren, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) mit Bescheiden vom 11. November 1999 ab, weil eine Bescheinigung einer internationalen Kontroll- und Überwachungsgesellschaft über die Entladung der Tiere im Bestimmungsland nicht vorgelegt worden war.

Zuvor hatte die Klägerin die Kopie der Bescheinigung eines libanesischen Tierarztes über eine im Quarantänestall des Käufers durchgeführte Kontrolle sowie die Entladebescheinigung des Zollagenten und den Kontrollbericht der X-Ltd. sowie einen Bericht der Y-GmbH vorgelegt. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auch die Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen. Das FG urteilte, der nach der Verordnung (EG) Nr. 615/98 (VO Nr. 615/98) der Kommission vom 18. März 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (Amtsblatt der europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 82/19) erforderliche Kontrollbericht einer internationalen Kontroll- und Überwachungsgesellschaft über die erste Entladung der Tiere im Bestimmungsland liege nicht vor. Die X-Ltd. verfüge ebenso wenig wie die Z-S.A.R.L. über eine Zulassung als internationale Kontroll- und Überwachungsgesellschaft gemäß vorgenannter Verordnung. Der libanesische Tierarzt sei zwar von einer internationalen Kontroll- und Überwachungsgesellschaft beauftragt worden; sein Bericht genüge jedoch den Anforderungen der Verordnung nicht. Er beruhe auf einer Kontrolle, die erst zwei Monate nach Ankunft und Entladung der Tiere durchgeführt worden sei; ob die Tiere während des Transports entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 91/628/EWG (RL 91/628/EWG) des Rates vom 19. November 1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG (ABlEG Nr. L 340/17) und der Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport vom 25. Februar 1997 (BGBl I 1997, 348) behandelt worden sind, lasse sich jedoch verlässlich nur feststellen, wenn die Kontrolle am Entladeort selbst entweder noch auf dem Transportmittel oder im unmittelbaren Anschluss an die Entladung erfolge. Schließlich reiche auch der Bericht des Veterinärinspekteurs des Beiruter Hafens nicht aus, um der vorgenannten Verordnung zu genügen, weil dieser keine im Sinne der Verordnung mit der Durchführung der Kontrolle beauftragte amtliche Stelle eines Mitgliedsstaats sei.

Die Klägerin könne sich auch nicht auf Art. 5 Abs. 6 VO Nr. 615/98 berufen. Die Kontrolle sei nicht im Sinne dieser Vorschrift aus Gründen vorgenommen worden, die ihr nicht anzulasten sind. Denn diese Vorschrift normiere keinen Verschuldensgrad, sondern berechtige zur Vorlage von Ersatzdokumenten nur dann, wenn die Ursachen für die nicht vorgenommene Kontrolle bzw. die nicht fristgemäße Vorlage des Kontrollberichts nicht in die Risikosphäre des Ausführers fallen. So sei es hier aber nicht gewesen. Die Klägerin habe sich durch die Lektüre des Amtsblattes, auf dessen Unkenntnis sie sich nicht berufen könne, ggf. die Hinzuziehung sachkundiger Dritter die erforderliche Kenntnis des einschlägigen Gemeinschaftsrechts verschaffen können und müssen. Die einschlägigen Vorschriften enthielten zwar eine umfangreiche Regelung; der Wortlaut sei jedoch verständlich und eindeutig gefasst, der Aufbau und ihre Systematik seien klar und strukturiert. Auch die zu der Verordnung inzwischen erlassene Änderungsverordnung (EG Nr. 639/2003, ABlEG Nr. L 93/10), die hier noch nicht anwendbar sei, habe im Übrigen an dieser Rechtslage trotz einer Neufassung des Verordnungstextes nichts geändert.

Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei nicht verletzt. Die Erfüllung der in der Verordnung normierten Nachweisförmlichkeiten bezüglich der Einhaltung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts über den Schutz der Tiere während des Transports sei als Teil der Hauptpflicht des Ausführers anzusehen. Ihre Verletzung dürfe daher ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit dem Verlust des Erstattungsanspruchs geahndet werden. Übermäßige Härten würden durch Art. 5 Abs. 6 VO Nr. 615/98 abgefedert.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Klägerin, die im Wesentlichen folgendermaßen begründet wird:

Sie sei nicht verpflichtet gewesen, Kontrollberichte über die Einhaltung der Vorschriften der RL 91/628/EWG vorzulegen. Denn die Richtlinie sei nicht unmittelbar anwendbar, weil sie an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. Überdies enthalte die Richtlinie keine Vorschriften über Einfuhren lebender Rinder in Drittländer.

Das FG habe zudem Art. 5 Abs. 6 VO Nr. 615/98 unzutreffend ausgelegt. Diese Bestimmung solle unbillige Härten ausgleichen und einem Ausführer ermöglichen, einen Kontrollbericht zumindest dann durch gleichwertige andere Unterlagen zu ersetzen, wenn ihm weder Vorsatz noch offensichtliche Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Der Klägerin könne weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 615/98 sei eine komplexe Regelung, die sie nicht auf Anhieb richtig verstanden habe. Das Erfordernis des Kontrollberichts sei nicht nur im Verordnungstext versteckt und für einen juristischen Laien schwer erkennbar, sondern keineswegs zu erwarten gewesen, nachdem die Rinder sowohl an der Grenze zu Slowenien als auch bei der Verladung in Koper von den zuständigen Veterinärbeamten untersucht worden seien. Es gehe im Streitfall entgegen der Auffassung des FG überhaupt nicht um Unkenntnis des Gemeinschaftsrechts, sondern um dessen richtiges Verständnis. Die Klägerin sei ein Ein-Mann-Unternehmen; sie sei zwar nicht im Export von Rindern in den Libanon unerfahren gewesen, aber ebenso wie das HZA unerfahren in dem Verständnis der Verordnung. Die Nichtvorlage des Berichts dürfe ihr daher nicht angelastet werden.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Klägerin die Nichtvorlage des Kontrollberichts "anzulasten" sei, sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass die Klägerin in einem einige Monate vorher abgewickelten Ausfuhrfall, der Gegenstand des beim Senat anhängigen Revisionsverfahrens VII R 4/04 ist, vom HZA ohne Vorlage eines Kontrollberichts Ausfuhrerstattung erhalten habe. Hätte das HZA, damals die Vorlage eines Kontrollberichts verlangt, so hätte die Klägerin bei der hier fraglichen Ausfuhr ohne Schwierigkeiten den Kontrollbericht in Auftrag geben und vorlegen können.

Entscheidend sei, dass die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zum Schutz der Tiere während des Transports eingehalten worden sind. Die Vorlage eines Kontrollberichts eines Tierarztes, der von einer internationalen Kontroll- und Überwachungsgesellschaft im Bestimmungsland beauftragt worden ist, sei demgegenüber eine reine Formalie. Es widerspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Gewährung der Ausfuhrerstattung wegen Fehlens eines Kontrollberichts zu versagen, obwohl durch Ersatzunterlagen nachgewiesen werden kann, dass die Vorschriften zum Schutz der Tiere während des Transports eingehalten worden sind.

Jedenfalls sei es weder erforderlich noch mit dem Übermaßverbot zu vereinbaren, die Gewährung der Ausfuhrerstattung wegen fehlender Vorlage eines Kontrollberichts insgesamt zu versagen, während nach Art. 5 Abs. 3 oder Abs. 7 VO Nr. 615/98 die Ausfuhrerstattung nur für Tiere nicht zu gewähren oder zurückzufordern ist, hinsichtlich derer die Vorschriften über den Schutz beim Transport nicht eingehalten worden sind. Die Vorlage eines Kontrollberichts, der nur ein mögliches Nachweismittel sei, obliege dem Ausführer nicht als eine Hauptpflicht, sondern nur als Nebenpflicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des Urteils des FG, der Ablehnungsbescheide des HZA vom 11. November 1999 und der Einspruchsentscheidung vom 27. April 2001 das HZA zu verpflichten, der Klägerin Ausfuhrerstattung in Höhe von 25 023,50 € zu gewähren.

Das HZA beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des FG verletzt nicht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die angefochtenen Bescheide des HZA rechtmäßig sind (§ 101 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Ausfuhrerstattung.

1. Nach Art. 13 Abs. 9 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 (VO Nr. 805/68) des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABlEG Nr. L 148/24) i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 2634/97 (VO Nr. 2634/97) des Rates vom 18. Dezember 1997 (ABlEG Nr. L 356/13) setzt die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von lebenden Tieren die Einhaltung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zum Wohlbefinden der Tiere, insbesondere zum Schutz der Tiere während des Transports, voraus. Hierzu gehören, wie sich auch aus dem 1. Erwägungsgrund zur VO Nr. 2634/97 ergibt, insbesondere die Regelungen der RL 91/628/EWG. Dementsprechend macht Art. 1 VO Nr. 615/98 die Zahlung der Ausfuhrerstattungen für lebende Rinder davon abhängig, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Vorschriften der RL 91/628/EWG eingehalten werden. Folglich hatte die Klägerin wegen des Wechsels des Transportmittels in Koper nach Art. 3 Abs. 3 Anstrich 1 VO Nr. 615/98 die in Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 615/98 vorgeschriebene Kontrolle vornehmen zu lassen und nach Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 Anstrich 2 VO Nr. 615/98 den in Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 615/98 vorgesehenen Kontrollbericht eines Tierarztes vorzulegen, der von einer internationalen Kontroll- und Überwachungsgesellschaft, die von einem Mitgliedstaat oder von der Kommission zu diesem Zweck zugelassen wurde, oder von einer amtlichen Stelle eines Mitgliedstaats beauftragt worden ist (Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 615/98).

Dies ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht geschehen. Die Klägerin hat zwar den Bericht eines Tierarztes vorgelegt, der offenbar von einer Gesellschaft beauftragt worden ist, von deren Zulassung als Kontroll- und Überwachungsgesellschaft das FG auszugehen scheint. Das FG hat jedoch in den Senat bindender, weil nachvollziehbarer, ja nahe liegender Würdigung der tatsächlichen Umstände, unter denen dieser Bericht erstellt worden ist, sinngemäß festgestellt, dass dieser Bericht keinen gesicherten Aufschluss über die Beachtung der RL 91/628/EWG während des Transports der von der Klägerin ausgeführten Rinder zu geben vermag. Dann ist mit der Vorlage dieses Berichts indes den Anforderungen des Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 615/98 nicht Genüge getan.

Die VO Nr. 615/98 der Kommission ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb zu beanstanden, weil sie auf die RL 91/628/EWG Bezug nimmt. Es ist zwar zutreffend, dass die RL 91/628/EWG an die Mitgliedstaaten gerichtet ist (Art. 22 RL 91/628/EWG) und keine Regelungen über den Transport von Tieren in Drittländern enthält. Das schließt es indes nicht aus, ihre materiellen Regelungen, insbesondere die des Anhangs, auf Transporte außerhalb der Gemeinschaft anzuwenden und dies durch eine pauschale Bezugnahme auf die Richtlinie anzuordnen. Die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie ist, wie ausgeführt, schon nach Art. 13 Abs. 9 VO Nr. 805/68 eine Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen. Es lag in der Regelungsbefugnis der Kommission, in Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 Anstrich 2 VO Nr. 615/98 von dem Ausführer zu verlangen, hierüber einen Kontrollbericht nach Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 615/98 vorzulegen. Art. 13 Abs. 12 Unterabs. 2 VO Nr. 805/68 sieht ausdrücklich vor, dass die von der Kommission zu erlassenden Durchführungsbestimmungen zur Anwendung des Art. 13 Abs. 9 Unterabs. 2 VO Nr. 805/68 --um eine solche handelt es sich zweifelsfrei bei Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 Anstrich 2 VO Nr. 615/98-- auch Bedingungen über die Einfuhren in Drittländer enthalten können. Die Regelungen der RL 91/628/EWG, insbesondere Art. 3 Abs. 1 Buchst. a Anstrich 1 RL 91/628/EWG i.V.m. Kap. I des Anhangs, sind daher bei der Bestimmung der den Ausführer treffenden Obliegenheiten in den Fällen der Einfuhr lebender Rinder in ein Drittland entsprechend anzuwenden, ohne dass hierdurch der Geltungsbereich der RL 91/628/EWG selbst erweitert wird.

2. Dem FG ist auch darin zu folgen, dass die Klägerin sich hinsichtlich der von ihr vorgelegten Unterlagen nicht auf Art. 5 Abs. 6 VO Nr. 615/98 berufen kann. Hiernach kann die zuständige Behörde auf begründeten Antrag des Ausführers andere Dokumente akzeptieren, die den Schluss zulassen, dass die RL 91/628/EWG eingehalten worden ist, wenn die Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 615/98 aus Gründen, die dem Ausführer nicht anzulasten sind, nicht vorgenommen werden kann. An den Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschriften fehlt es im Streitfall freilich schon deshalb, weil die vorgeschriebenen Kontrollen im Libanon nicht deshalb unterblieben sind, weil sie nicht vorgenommen werden konnten, sondern weil es die Klägerin aus vermeidbarer Rechtsunkenntnis unterlassen hat, sie vornehmen zu lassen. Art. 5 Abs. 6 VO Nr. 615/98 eröffnet die Möglichkeit eines Alternativnachweises nur dann, wenn die Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 615/98 aus Gründen unterblieben ist, die außerhalb des Einflussbereichs des Ausführers liegen.

Aber selbst wenn, was offen bleibt, Art. 5 Abs. 6 VO Nr. 615/98 dahin zu verstehen sein sollte, dass Alternativnachweise zuzulassen sind, wenn die Erstellung vorgenannter Kontrollberichte ohne Verschulden des Ausführers unterblieben ist, käme die Vorschrift der Klägerin im Streitfall nicht zu Hilfe.

Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass der Klägerin das Unterbleiben der Durchführung der Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 615/98 anzulasten ist, weil sie sich nicht durch eine aufmerksame Lektüre des ABlEG über dieses Erfordernis informiert hat. Niemand kann sich auf Nichtkenntnis des im ABlEG veröffentlichten Gemeinschaftsrechts berufen (vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften --EuGH--, Urteile vom 12. Juli 1989 Rs. 161/88 --Binder--, EuGHE 1989, 2415 Rdnr. 19; vom 26. November 1998 Rs. C-370/96 --Covita--, EuGHE 1998, I-7711 Rdnr. 26; Beschluss vom 11. Oktober 2001 Rs. C-30/00 --William Hinton & Sons--, EuGHE 2001, I-7511 Rdnr. 71; Senatsurteil vom 23. März 1999 VII R 16/98, BFHE 188, 164, 167). Insbesondere hat sich ein Wirtschaftsteilnehmer daher über das auf seine Geschäfte anwendbare Gemeinschaftsrecht anhand des Amtsblattes zu informieren (vgl. EuGH-Urteile in EuGHE 1989, 2415 Rdnr. 20 und 22; in EuGHE 1998, I-7711 Rdnr. 26). Diese Informationspflicht besteht unabhängig von dem Maß an Erfahrung, über das er verfügt (vgl. EuGH, Gericht erster Instanz, Urteil vom 5. Juni 1996 Rs. T-75/95 --Günzler Aluminium--, EuGHE 1996, II-497 Rdnr. 50; Senatsurteile in BFHE 188, 164, 167, sowie vom 9. Mai 2000 VII R 61/98, BFH/NV 2000, 1508, 1510).

Bei Art. 3 Abs. 3 Anstrich 1 VO Nr. 615/98 handelt es sich nicht einmal um eine besonders komplexe Vorschrift, deren Beachtung durch den Ausführer außergewöhnliche Schwierigkeiten machen konnte. Der Bestimmung lässt sich vielmehr eindeutig entnehmen, dass die Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 615/98 unter anderem dann vorzunehmen ist, wenn das Transportmittel --wie im Streitfall-- zwischen dem Ort der Ausgangsstelle im Zollgebiet der Gemeinschaft (Art. 2 VO Nr. 615/98) und dem Ort der Entladung im Bestimmungsdrittland gewechselt wurde.

3. Anders als die Klägerin meint, ist die nach Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 Anstrich 2 VO Nr. 615/98 erforderliche Vorlage eines Kontrollberichts nach Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 615/98 nicht nur eine verzichtbare Formalie. Durch die Kontrolle bei der ersten Entladung der Tiere im Bestimmungsdrittland, die grundsätzlich durch einen Tierarzt zu erfolgen hat, der von einer der in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 615/98 genannten unabhängigen Institution beauftragt worden ist, soll --wie bei der durch einen amtlichen Tierarzt (Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 615/98) vorzunehmenden Kontrolle bei der Ausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft-- eine zuverlässige und zugleich einfache belegmäßige Überprüfung der Einhaltung der RL 91/628/EWG sichergestellt werden. Hierfür sind eine Bewertung erfordernde Angaben vonnöten, ob der Zustand und/oder die Gesundheit der entladenen Tiere den Schluss rechtfertigen, dass die Gemeinschaftsvorschriften über den Schutz von Tieren beim Transport eingehalten worden sind. Dies rechtfertigt es, dass der Kontrollbericht nicht ohne weiteres durch einen Alternativnachweis ersetzt werden kann, dessen Beweiseignung im Einzelfall der Prüfung bedürfte.

Art. 5 Abs. 6 VO Nr. 615/98 verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, soweit hiernach ein Alternativnachweis nur zugelassen ist, wenn die Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 615/98 aus Gründen, die dem Ausführer nicht anzulasten sind, nicht vorgenommen werden konnte.

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müssen die von einer gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung eingesetzten Mittel zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet sein und dürfen nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen (vgl. EuGH-Urteile vom 29. Januar 1998 Rs. C-161/96 --Südzucker--, EuGHE 1998, I-281 Rdnr. 31; vom 11. Juli 2002 Rs. C-210/00 --Käserei Champignon Hofmeister--, EuGHE 2002, I-6453 Rdnr. 59). Unterscheidet eine gemeinschaftsrechtliche Regelung zwischen einer Hauptpflicht, deren Erfüllung erforderlich ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen, und einer Nebenpflicht, die im Wesentlichen administrativer Natur ist, so kann die Nichtbeachtung der Nebenpflicht nicht ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit einer ebenso strengen Sanktion belegt werden wie die Nichtbeachtung der Hauptpflicht (vgl. EuGH-Urteile vom 24. September 1985 Rs. 181/84 --Man Sugar--, EuGHE 1985, 2889 Rdnr. 20, sowie in EuGHE 1998, I-281 Rdnr. 31).

Bei der Verpflichtung, in den Fällen des Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 615/98 eine Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 615/98 vornehmen zu lassen und gemäß Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 Anstrich 2 VO Nr. 615/98 einen Bericht nach Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 615/98 vorzulegen, handelt es sich nicht nur um eine Nebenpflicht, die im Wesentlichen administrativer Natur ist. Wie dem 2. Erwägungsgrund zur VO Nr. 615/98 zu entnehmen ist, ist es ein wesentlicher Zweck dieser Verordnung, eine wirksame Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zum Schutz der Tiere während des Transports zu gewährleisten. Der vom Ausführer vorzulegende Kontrollbericht soll die zuständige Behörde in die Lage versetzen, zuverlässig beurteilen zu können, ob die beantragte Ausfuhrerstattung für diejenigen Tiere zu versagen ist, bei denen der Schluss gerechtfertigt ist, dass die Vorschriften der RL 91/628/EWG nicht eingehalten worden sind (Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 1 VO Nr. 615/98). Der Kontrollbericht kann überdies Grundlage für eine weitere Kürzung der Erstattung nach Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 oder eine Rückforderung einer bereits gezahlten Erstattung nach Art. 5 Abs. 7 VO Nr. 615/98 sein. Unterbleibt die Vorlage eines Kontrollberichts, ist die zuverlässige Prüfung der Einhaltung der RL 91/628/EWG erheblich erschwert oder gar vereitelt. Da der Kontrollbericht nach Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 615/98 mithin eine wesentliche Grundlage für die ordnungsgemäße Durchführung des Erstattungsverfahrens ist, kann die den Ausführer nach Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 Anstrich 2 VO Nr. 615/98 treffende Obliegenheit, einen solchen Bericht in den Fällen des Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 615/98 vorzulegen, nicht nur als Nebenpflicht angesehen werden.

Es ist auch nicht unverhältnismäßig, dass das Unterbleiben der Durchführung einer Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 615/98 und der Vorlage eines Berichts nach Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 615/98 zum gänzlichen Verlust eines Anspruchs auf Gewährung der Ausfuhrerstattung führt, falls die Kontrolle aus Gründen, die dem Ausführer anzulasten sind, nicht vorgenommen worden ist, während die Prüfung der Behörde auf der Grundlage eines vorgelegten Kontrollberichts nach Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 1 VO Nr. 615/98 nur zu einer teilweisen Versagung einer beantragten Ausfuhrerstattung oder nach Art. 5 Abs. 7 VO Nr. 615/98 zu einer teilweisen Rückforderung einer gezahlten Erstattung führen kann. Denn unterbleibt die Vorlage eines Berichts nach Art. 3 Abs. 2 VO Nr. 615/98, fehlt es an einer Grundlage für die Prüfung nach Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 1 VO Nr. 615/98 oder nach Art. 5 Abs. 7 VO Nr. 615/98. Dass der Verlust des Anspruchs auf die --von der Klägerin bei ihren wirtschaftlichen Dispositionen einkalkulierte-- Ausfuhrerstattung Folge der der Klägerin, wie ausgeführt, anzulastenden Nichterfüllung ihrer Obliegenheiten als Ausführer ist, macht die Regelung des Art. 5 Abs. 6 VO Nr. 615/98 nicht als solche unverhältnismäßig (vgl. EuGH-Urteil in EuGHE 2002, I-6453 Rdnr. 66).

4. Der Senat hält die von ihm vorgenommene Auslegung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts aufgrund der Rechtsprechung des EuGH für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 --C.I.L.F.I.T.--, EuGHE 1982, 3415 Rdnr. 16).

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