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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: VII R 70/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Fa. M, deren Geschäftsführer der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war, erwarb zwölf Mischsendungen in Containern, welche z.T. Fässer mit vergälltem Ethylalkohol, bezeichnet als Ammonethan, überwiegend jedoch Fässer mit unvergälltem Ethylalkohol enthielten und welche die Fa. M an Abnehmer in Polen bzw. in der Ukraine weiterverkaufte. Die Sendungen wurden zunächst unter zutreffender Warenbezeichnung im vereinfachten gemeinsamen Versandverfahren von Deutschland in die Schweiz ausgeführt; Empfänger war die Fa. D in Basel. Um die hohen polnischen bzw. ukrainischen Einfuhrabgaben auf unvergällten Alkohol zu vermeiden, erstellte die Fa. M nunmehr neue Rechnungen für ihre Kunden und Gefahrguterklärungen, in denen die Waren nur noch als Ammonethan, Verdünner für Farben und Lacke, und nicht mehr als Ethylalkohol bezeichnet wurden, und übergab diese der mit dem Transport beauftragten Spedition mit der Anweisung, die Waren für den Weitertransport in gleicher Weise zu deklarieren. Die Spedition stellte die neuen Papiere der Fa. D zur Verfügung und beauftragte diese, Übergabescheine TR zu erstellen, in denen sämtliche Waren unter Angabe ihres zutreffenden Gesamtgewichts ebenfalls als "Ammonethan, Verdünner für Farben und Lacke" bzw. "Industriereiniger, entzündbare Flüssigkeit (not for human consumption)" zum gemeinsamen Versandverfahren angemeldet wurden; als Versandbahnhof war Basel SBB Containerterminal, als Bestimmungsbahnhof ein Ort in Polen bzw. der Ukraine angegeben. Die Deutsche Bahn übernahm die Container am Versandbahnhof mit den Übergabescheinen TR und transportierte diese über Deutschland zu dem jeweiligen drittländischen Bestimmungsbahnhof.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) sah den Ethylalkohol als vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht an und setzte mit Steuerbescheid vom ... Zoll, Branntweinsteuer und Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... DM gegen den Kläger fest, da dieser an dem vorschriftswidrigen Verbringen beteiligt gewesen sei.

Auf die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hob das Finanzgericht (FG) den angefochtenen Steuerbescheid auf und urteilte, dass die unvollständige Beschreibung der beförderten Waren nicht zur Folge habe, dass der Ethylalkohol als außerhalb des gemeinsamen Versandverfahrens befördert angesehen werden könne.

Mit der Revision wendet sich das HZA gegen die Ansicht des FG, dass grundsätzlich alle in einem Container beförderten Waren mit dem Übergabeschein TR in das vereinfachte Eisenbahnversandverfahren übergeführt würden, ohne dass es auf die korrekte Warenbezeichnung im Übergabeschein TR ankomme. Ebenso wie die Versandanmeldung mit dem Einheitspapier, an deren Stelle der Übergabeschein TR bei Beförderungen von Waren in Großbehältern trete, müsse dieser gewisse Mindestangaben zu den Waren enthalten, damit die Zollstelle feststellen könne, welche Waren in das gemeinsame Versandverfahren übergeführt werden sollen, sowie Prüfungen hinsichtlich etwaiger Verbote und Beschränkungen durchführen und die ordnungsgemäße Abwicklung des Versandverfahrens überwachen könne. Auch für die Eisenbahngesellschaften sei die richtige Warenbezeichnung erforderlich, um der Verpflichtung, die Waren unverändert und unter Beachtung der Nämlichkeitssicherung der Bestimmungsstelle zu gestellen, nachkommen zu können. So sehe die Anleitung zum Ausfüllen des Intercontainer-Übergabescheins u.a. die Angabe des Namens der Ware vor und verlange, dass alle im Übergabeschein TR einzutragenden Angaben vollständig und zuverlässig sein müssten. Auch in der Versandanmeldung T1 und ebenso im Übergabeschein TR müsse die Warenbezeichnung daher so genau, vollständig und richtig sein, dass die Beschaffenheit der im Container beförderten Waren zumindest im Kern richtig bezeichnet werde; nur in diesem Fall umfasse die Zollanmeldung alle Waren im Container. Mit der Warenbezeichnung "Ammonethan" in den Übergabescheinen TR und der weiteren Beschreibung "Verdünner für Farben und Lacke" bzw. "Industriereiniger, entzündbare Flüssigkeit (not for human consumption)" habe der Abfertigungsbeamte nicht erkennen können, dass sich in den Containern überwiegend hochsteuerbarer Ethylalkohol zu Trinkzwecken befunden habe. Daher habe die Zollanmeldung den Ethylalkohol nicht umfasst, so dass dieser nicht in das gemeinsame Versandverfahren übergeführt worden sei und mit seinem Verbringen nach Deutschland ohne Gestellung bei der ersten Haltestelle die hierauf entfallenden Einfuhrabgaben nach Art. 202 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften --ZK-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 302/1) bzw. nach Art. 203 ZK i.V.m. den entsprechenden verbrauchsteuerrechtlichen Vorschriften entstanden seien.

Das HZA beantragt, die Klage unter Aufhebung der Vorentscheidung abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er schließt sich im Wesentlichen der Rechtsauffassung des FG an.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat den angefochtenen Steuerbescheid zu Recht aufgehoben.

Die Vorschriften über das Entstehen einer Zollschuld finden sich in Art. 201 ff. ZK; für das Entstehen der Branntweinsteuer bei Erzeugnissen, die in das Steuergebiet verbracht werden oder die sich in einem Zollverfahren, einer Freizone oder einem Freilager befinden, sowie für das Entstehen der Einfuhrumsatzsteuer gelten diese Vorschriften sinngemäß (§ 147 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Branntweinmonopol, § 21 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes).

1. Eine Entstehung der Einfuhrabgabenschuld durch Entziehen der einfuhrabgabenpflichtigen Waren aus dem Versandverfahren und damit aus der zollamtlichen Überwachung gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK --was im Streitfall vom HZA in Betracht gezogen worden ist-- scheidet aus, da die streitigen Waren jedenfalls nicht im Zollgebiet der Gemeinschaft der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sind.

Nach den Feststellungen des FG sind die streitigen Waren in Großbehältern in dem dafür vorgesehenen sog. vereinfachten gemeinsamen Versandverfahren von Deutschland in die Schweiz verbracht worden und sollten von dort --ebenfalls im gemeinsamen Versandverfahren-- nach Polen bzw. in die Ukraine befördert werden. Die maßgebenden Rechtsvorschriften über dieses gemeinsame Versandverfahren finden sich in den Anlagen I und II des Übereinkommens über ein gemeinsames Versandverfahren zwischen der EWG und den EFTA-Ländern vom 20. Mai 1987 --Versandübereinkommen-- (ABlEG Nr. L 226/1) in der im Streitfall maßgeblichen Fassung des Beschlusses Nr. 1/91 des Gemischten Ausschusses EWG-EFTA "Gemeinsames Versandverfahren" vom 19. September 1991 (ABlEG 1992 Nr. L 402/1) sowie des Beschlusses Nr. 2/92 des Gemischten Ausschusses EWG-EFTA "Gemeinsames Versandverfahren" vom 24. September 1992 (ABlEG Nr. L 402/9). Bei gemeinsamen Versandverfahren gemäß dem Versandübereinkommen, die --wie im Streitfall-- in Großbehältern mit Übergabeschein TR durchgeführt werden, handelt es sich nach Art. 85 der Anlage II zum Versandübereinkommen um T1- oder T2-Verfahren gemäß Titel V bzw. VI der Anlage I zum Versandübereinkommen, für welche die Förmlichkeiten vereinfacht worden sind. Wird festgestellt, dass im Verlauf eines T1-Verfahrens in einem bestimmten Land Zuwiderhandlungen begangen worden sind, so werden nach Art. 34 Abs. 1 der Anlage I zum Versandübereinkommen (der nach Art. 37 Abs. 3 der Anlage I zum Versandübereinkommen für T2-Verfahren entsprechend gilt) hierdurch fällig gewordene Zölle und andere Abgaben von diesem Land nach dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhoben.

Wollte man daher annehmen, dass der Eintrag einer falschen Warenbezeichnung für den beförderten Ethylalkohol in den Übergabescheinen TR zu einem Entziehen des Ethylalkohols aus dem gemeinsamen Versandverfahren führte oder dass es sich hierbei jedenfalls um eine sonstige zur Entstehung der Einfuhrabgaben führende Zuwiderhandlung handelte, so wäre nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, dass diese Zuwiderhandlung in der Schweiz begangen wurde und die entstandenen Einfuhrabgaben somit von der Schweizer Zollverwaltung nach Schweizer Rechtsvorschriften zu erheben wären.

2. Als Tatbestand für im Zollgebiet der Gemeinschaft entstandene Einfuhrabgaben kommt daher allein Art. 202 Abs. 1 ZK in Betracht, der voraussetzt, dass eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird. Im Streitfall ließe sich diese Voraussetzung nur bejahen, wenn man --wie das HZA-- annehmen wollte, dass mit den Übergabescheinen TR und deren Annahme durch das Beförderungsunternehmen nur die Ammonethan enthaltenden Fässer, nicht aber die Fässer mit Ethylalkohol in das gemeinsame Versandverfahren übergeführt worden seien. Von dieser Annahme ist das FG aber zu Recht nicht ausgegangen.

Die Überführung von Waren in das gemeinsame T1-Versandverfahren erfordert nach Art. 10 und 13 der Anlage I zum Versandübereinkommen die Abgabe einer Versandanmeldung T1 für die Waren mit einem Vordruck nach dem Muster gemäß Anlage III zum Versandübereinkommen sowie die Annahme dieser Anmeldung durch die Abgangsstelle (für das T2-Verfahren gilt dies nach Art. 37 Abs. 3 der Anlage I zum Versandübereinkommen entsprechend). Für Waren in Großbehältern, welche die Eisenbahngesellschaften durch Beförderungsunternehmen mit Übergabescheinen TR durchführen lassen, werden nach Art. 85 der Anlage II zum Versandübereinkommen die Förmlichkeiten für die T1- oder T2-Verfahren nach den Art. 86 bis 101 der Anlage II zum Versandübereinkommen vereinfacht. Dabei gilt gemäß Art. 87 der Anlage II zum Versandübereinkommen der Übergabeschein TR je nach Erfordernis als Anmeldung oder Versandschein T1 oder T2. Bei dem Übergabeschein TR handelt es sich nach Art. 86 Nr. 3 der Anlage II zum Versandübereinkommen um das bei Abschluss des Frachtvertrags ausgestellte Papier, aufgrund dessen das Beförderungsunternehmen einen oder mehrere Großbehälter im grenzüberschreitenden Verkehr von einem Versender an einen Empfänger befördern lässt. Darüber hinaus enthält die genannte Vorschrift bestimmte Vorgaben zum äußeren Erscheinungsbild des Übergabescheins TR und regelt die Anzahl der Exemplare, aus denen der Übergabeschein TR zu bestehen hat. Eine Regelung des Inhalts, dass und ggf. welche Art von Warenbeschreibung der Übergabeschein TR zu enthalten hat oder dass gar diesbezügliche Mängel die Eigenschaft des Übergabescheins TR als Versandanmeldung zum T1- bzw. T2-Verfahren entfallen lassen, enthält jedoch weder diese noch eine andere Vorschrift des Versandübereinkommens.

Der amtliche Vordruck nach dem Muster der Anlage III zum Versandübereinkommen, mit dem Versandanmeldungen T1 oder T2 abzugeben sind, erfordert zwar eine Bezeichnung der zum Versandverfahren angemeldeten Waren, einen amtlichen Vordruck eines Übergabescheins TR enthält die Anlage III zum Versandübereinkommen jedoch nicht; in Art. 87 der Anlage II zum Versandübereinkommen ist lediglich von einem "von dem Beförderungsunternehmen verwendeten Übergabeschein TR" die Rede, für den --wie ausgeführt-- Art. 86 Nr. 3 der Anlage II zum Versandübereinkommen Anforderungen hinsichtlich seines äußeren Erscheinungsbildes enthält. Es sind für die Inanspruchnahme des vereinfachten Versandverfahrens mit Übergabeschein TR auch keine besonderen Anträge oder Bewilligungen gesetzlich vorgeschrieben (vgl. Abs. 61 der Dienstvorschrift gemeinschaftliches/gemeinsames Versandverfahren, Vereinfachungen, Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung --VSF Z-- 35 15).

Lediglich in der Anlage 4 der Dienstvorschrift "Warenbeförderung durch eine Eisenbahn" (VSF Z 37 15) findet sich ein Muster eines Übergabescheins TR, der in Feld 24 den Eintrag der Warenbezeichnung vorsieht. Anders als das HZA meint, lässt sich hieraus aber nicht schließen, dass der Übergabeschein TR den Eintrag der korrekten Warenbezeichnung mit Angabe der Codenummer der Kombinierten Nomenklatur (KN) bzw. des Harmonisierten Systems in jedem Fall zwingend erfordert. Vielmehr ist davon auszugehen, dass nicht jede Unrichtigkeit beim Eintrag der Waren im Übergabeschein TR dazu führt, dass die mit diesem Übergabeschein TR beförderten Waren als nicht in das Versandverfahren übergeführt anzusehen sind.

Der Senat hat mit Urteil vom 8. Mai 1990 VII R 130-131/87 (BFHE 161, 266) entschieden, dass es sich bei einer Zollanmeldung um eine Willenserklärung des Zollbeteiligten handelt, die im Zweifelsfall der Auslegung bedarf, für welche wiederum in sinngemäßer Anwendung der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der objektive Erklärungswert der Willenserklärung maßgebend ist. Welche der gestellten Waren von einer Zollanmeldung erfasst werden, richtet sich somit danach, wie der Erklärungsempfänger, die Zollstelle, die Zollanmeldung unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände verstehen durfte. Bei dieser gebotenen Auslegung kann nicht aus jeder Unrichtigkeit der Angaben in der Zollanmeldung geschlossen werden, dass sich diese nicht auf die jeweils gestellten Waren bezieht; allerdings muss die Zollanmeldung --hinsichtlich der geforderten Warenbezeichnung-- die Beschaffenheit der Ware zumindest "im Kern" richtig bezeichnen, damit diese als von der Zollanmeldung erfasst angesehen werden kann (vgl. auch: Witte/Henke, Zollkodex, 3. Aufl., Art. 65 Rz. 4; Witte, a.a.O., Art. 203 Rz. 7 und die dort aufgeführten Fallbeispiele; Anton, Nochmals: Entziehen aus zollamtlicher Überwachung, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1996, 326, 328).

Für eine Überführung von Waren in das vereinfachte gemeinsame Versandverfahren mit Übergabeschein TR gilt nichts anderes. Wie ausgeführt, handelt es sich bei dem Übergabeschein TR um das bei Abschluss des Frachtvertrags ausgestellte Papier, aufgrund dessen das Beförderungsunternehmen einen oder mehrere Großbehälter im grenzüberschreitenden Verkehr von einem Versender an einen Empfänger befördern lässt. Der Übergabeschein TR enthält ein Angebot an das Beförderungsunternehmen, bestimmte in Großbehältern befindliche Waren zu befördern, sowie die Annahme dieses Angebots durch das Beförderungsunternehmen. Welche Waren von dem Angebot und der entsprechenden Annahme erfasst werden, bedarf somit im Zweifelsfall ebenfalls einer Auslegung danach, wie das Beförderungsunternehmen das Angebot nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste, d.h. einer Auslegung nach dem objektiven Erklärungswert dieser Willenserklärung.

Die Auslegung einer Willenserklärung, mithin auch die Auslegung einer Zollanmeldung bzw. --wie im Streitfall-- des Inhalts eines Übergabescheins TR, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz (Senatsurteil vom 29. Juli 2003 VII R 49/02, BFH/NV 2004, 99). Ob eine zur Beförderung übergebene Ware von der mit dem jeweiligen Übergabeschein TR abgegebenen Willenserklärung und der dort enthaltenen Warenbezeichnung auch erfasst wird, ist daher eine Frage des Einzelfalls (vgl. Senatsurteil in BFHE 161, 266), deren Beantwortung aufgrund der dem Tatrichter vorbehaltenen Tatsachenwürdigung zu erfolgen hat. Der Senat als Revisionsgericht kann diese Auslegung der Willenserklärung durch das FG somit nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteil in BFH/NV 2004, 99).

So hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 161, 266 in einem Fall einer krassen Falschbezeichnung, in welchem die geladene Butter als tiefgefrorene Erdbeeren deklariert worden war, angenommen, dass sich die betreffende Zollanmeldung unter keinen Umständen auf eine Ware wie Butter habe beziehen lassen und diese Ware somit nicht habe umfassen können. Um eine solche krasse Falschbezeichnung handelte es sich jedoch im Streitfall nicht. Nach den Feststellungen des FG wurden die streitigen Waren unter Angabe ihres zutreffenden Gesamtgewichts je Container im Übergabeschein TR aufgeführt, allerdings als "Ammonethan, Verdünner für Lacke und Farben" bzw. als "Industriereiniger, entzündbare Flüssigkeit" deklariert. Für das übernehmende Beförderungsunternehmen war somit klar, dass die zur Beförderung angebotenen Container Fässer mit Ethylalkohol bzw. mit ähnlicher entzündbarer Flüssigkeit enthielten. Der Umstand, dass einige der in den Containern befindlichen Fässer statt des angegebenen als "Ammonethan" bezeichneten vergällten Ethylalkohols tatsächlich unvergällten Ethylalkohol enthielten, konnte aus objektiver Sicht des Empfängers des Übergabescheins TR nicht zu der Annahme führen, dass dieser Teil der Warensendung unter keinen Umständen von dem jeweiligen Übergabeschein TR umfasst sein sollte, zumal --wie auch das HZA meint-- sowohl der mit Ammoniak vergällte als auch der unvergällte Ethylalkohol von der Tarifpos. 2207 KN erfasst werden. Es sind auch keine Anhaltspunkte von der Revision aufgezeigt worden oder sonst ersichtlich, die den Schluss erlauben, dass die Frage, ob vergällter oder unvergällter Ethylalkohol zu befördern war, für das Beförderungsunternehmen von derart entscheidender Bedeutung war, dass es den Transportauftrag bei zutreffender Warenbezeichnung abgelehnt oder unter gänzlich anderen Bedingungen durchgeführt hätte. Hiergegen spricht jedenfalls, dass die Container bereits zuvor --unter zutreffender Bezeichnung ihres Inhalts-- im vereinfachten gemeinsamen Versandverfahren von Deutschland in die Schweiz ausgeführt worden waren.

Da nach alledem kein Fall einer krassen Falschbezeichnung vorliegt, ist die vom FG --wenn auch nicht ausdrücklich, so doch sinngemäß-- vorgenommene Würdigung, dass die Übergabescheine TR eine jedenfalls "im Kern" zutreffende Bezeichnung der im jeweiligen Container befindlichen Waren enthielten und dass die Übergabescheine TR nach ihrem objektiven Erklärungswert somit sämtliche in den Containern befindlichen Waren erfassten, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Auslegung verstößt weder gegen gesetzliche Auslegungsregeln noch gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Der Umstand, dass im Streitfall die unzutreffende Warenbezeichnung vorsätzlich gewählt worden ist, ist für die Ermittlung des objektiven Erklärungswerts der abgegebenen Willenserklärung ohne Bedeutung.

3. Der Antrag des Klägers, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren nicht zulässig, da diese Entscheidung zum Kostenfestsetzungsverfahren und damit zur Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszugs gehört.

Ende der Entscheidung

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