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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.04.2005
Aktenzeichen: VII S 29/04 (PKH)
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, FGO


Vorschriften:

HGB § 13e Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 2
FGO § 56
FGO § 142
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Als Direktor und ständiger Vertreter einer inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft i.S. von § 13e Abs. 2 Nr. 3 des Handelsgesetzbuches wurde der Antragsteller, Kläger und Revisionskläger (Kläger) vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) wegen rückständiger Umsatzsteuerschulden nebst steuerlicher Nebenleistungen der Gesellschaft als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Einspruch und Klage gegen den Haftungsbescheid blieben erfolglos.

Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2004 legte der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision und Revision ein und beantragte, ihm für diese Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. Zu seinen Vermögensverhältnissen wird ausgeführt, dass er vermögenslos sei. Beigefügt hat der Kläger eine Mitteilung zur Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung über eine Rentenanpassung vom Juli 2003, eine Lohnabrechnung für den Monat September 2004 sowie eine Nichtveranlagungsbescheinigung des FA für Kapitalerträge der Jahre 2002 bis 2004. Ein Formblatt nach § 117 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) hat der Kläger nicht vorgelegt.

Seine Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger nicht in der hierfür vorgesehenen Frist begründet. Auf einen entsprechenden Hinweis der Geschäftsstelle hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt und diesen damit begründet, dass sich der Kläger im Zeitpunkt des Fristablaufs in seiner eigenen Wohnung wegen kritischer Gesundheitslage (mehrere Bypässe) in ambulanter Behandlung befunden habe und es ihm deshalb nicht möglich gewesen sei, zur "Auskunftserteilung in tatsächlichen steuerlichen Vorgängen" zur Verfügung zu stehen. Aus dem beigefügten ärztlichen Attest geht lediglich hervor, dass der Kläger im Zeitraum vom 2. bis zum 7. Januar 2005 nicht in der Lage gewesen sei, das Haus zu verlassen.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierzu ist der vorgeschriebene amtliche Vordruck zu benutzen.

Im Streitfall kommt eine Gewährung von PKH bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger kein ausgefülltes Formblatt nach § 117 Abs. 2 ZPO vorgelegt hat. Darüber hinaus ist der beschließende Senat auch nicht in der Lage, die Bedürftigkeit des Klägers hinreichend zu überprüfen. Die eingereichten Bescheinigungen vermögen den amtlichen Vordruck nicht zu ersetzen. Es ist z.B. nicht ersichtlich, ob der Kläger Unterhaltsleistungen bezieht oder andere Einnahmen erzielt. Auch Angaben über die Wohnverhältnisse fehlen. Solche Angaben hätten bei ordnungsgemäßer Benutzung des Formblattes vorgelegen.

2. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aber auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

a) Das Finanzgericht (FG) hat die Revision nicht zugelassen. Eine Zulassung könnte auch nicht erfolgen, denn die innerhalb der Beschwerdefrist durch eine postulationsfähige Person eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wäre als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet worden ist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO). Das erstinstanzliche Urteil ist dem Kläger am 4. November 2004 zugestellt worden. Die Begründungsfrist war am 4. Januar 2005 abgelaufen, so dass die am 12. Januar 2005 eingegangene Beschwerdebegründung verspätet war.

b) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO wegen Versäumung der Begründungsfrist käme bei in der im PKH-Verfahren gebotenen und ausreichenden summarischen Überprüfung nicht in Betracht. Das Rechtsmittel wäre als unzulässig zu verwerfen.

In Fällen, in denen die Nichtzulassungsbeschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten fristgerecht eingelegt, jedoch nicht fristgerecht begründet worden ist, kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist nur dann gewährt werden, wenn der Antragsteller das Formblatt gemäß § 117 Abs. 2 ZPO zumindest innerhalb der Begründungsfrist nachgereicht hat (BFH-Beschluss vom 22. September 2004 III S 10/04 (PKH), BFH/NV 2005, 363). Im Streitfall ist dies jedoch nicht erfolgt.

c) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur nachträglichen Vorlage des Formblattes ist ebenfalls nicht möglich. Wird die Fristversäumung mit einer Erkrankung begründet, so ist zur Begründung des Wiedereinsetzungsbegehrens die Angabe von Tatsachen erforderlich, aus denen sich Art und Schwere der Erkrankung sowie die Regelung der Vertretung ergeben (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 56 FGO Rdnr. 338, m.w.N.). Für den Fall der Erkrankung gilt die Fristversäumung als entschuldigt, wenn es dem Erkrankten unmöglich oder unzumutbar war, die in einer Fristsache notwendigen Überlegungen anzustellen bzw. eine sachgemäße Beratung durch Dritte in Anspruch zu nehmen oder die fristwahrende Handlung selbst oder durch Dritte vornehmen zu lassen. Dies ist nur der Fall, wenn die Krankheit plötzlich eingetreten und/oder so schwer war, dass der Erkrankte zur Fristwahrung außerstande war (BFH-Beschluss vom 9. März 1990 V B 159/88, BFH/NV 1991, 245, und BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 380/83, BFH/NV 1986, 742). Im Streitfall fehlt es an den erforderlichen Darlegungen. Wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers selbst einräumt, ist die Gesundheit des Klägers durch mehrere Bypässe und aufgrund seines hohen Alters beeinträchtigt. Die Angaben rechtfertigen die Annahme, dass eine dauerhafte Gesundheitsstörung und nicht eine unerwartete und plötzlich eingetretene Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems vorliegt. Bei dieser Ausgangslage hätte es des Vortrags bedurft, warum --in Kenntnis des angegriffenen Gesundheitszustandes-- eine vorausschauende Regelung im Falle einer akuten Erkrankung und auch eine kurzfristige Inanspruchnahme fremder Hilfe zur Beschaffung und Erledigung des Formblattes nicht möglich gewesen ist. Im Übrigen geht aus dem ärztlichen Attest lediglich hervor, dass der Kläger über mehrere Tage das Haus nicht verlassen konnte. Über die Art und Schwere der Erkrankung sagt dieser Befund nichts aus. Die Unzumutbarkeit der Fristwahrung wird damit nicht belegt.

3. Die Entscheidung über die Revision stellt der Senat bis vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses zurück, um dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, zu prüfen, ob er ggf. das Rechtsmittel zur Reduzierung von Gerichtskosten zurücknehmen möchte.

Ende der Entscheidung

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