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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.12.2007
Aktenzeichen: VII S 43/07 (PKH)
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 62a
FGO § 100 Abs. 1 Satz 4
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 2 Satz 1
FGO § 142
ZPO § 114 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) hatte nach wiederholten erfolglosen Vollstreckungsversuchen wegen erheblicher Abgabenrückstände Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers gestellt. Nachdem das Amtsgericht (AG) einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt hatte, erhob der Antragsteller Klage mit dem Ziel, das FA zur Rücknahme seines Insolvenzantrages zu verpflichten. Ein entsprechender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde vom Finanzgericht (FG) rechtskräftig abgelehnt. Mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse wies das AG die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab. Das FA erklärte daraufhin den finanzgerichtlichen Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Dem schloss sich der Antragsteller nicht an, sondern beantragte die Feststellung, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtswidrig gewesen sei.

Das FG wies die Klage mangels Feststellungsinteresses als unzulässig ab. Der Antragsteller habe keine Schadensersatzklage wegen eines amtspflichtwidrigen Insolvenzantrages gegen das FA erhoben und es sei auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer Klagerhebung auszugehen, da ein Prozesskostenhilfeantrag (PKH-Antrag) für ein solches Verfahren von dem zuständigen Landgericht (LG) rechtskräftig abgelehnt worden und nicht ersichtlich sei, weshalb ein angekündigter erneuter PKH-Antrag Erfolg haben sollte. Aus eigenen Mitteln sei der Antragsteller aber nach Aktenlage nicht in der Lage, den Gerichtskostenvorschuss für eine solche Klage aufzubringen. Im Übrigen fehle dem Antragsteller das Feststellungsinteresse auch deshalb, weil eine Schadensersatzklage wegen Amtspflichtverletzung offenbar aussichtslos sei.

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG möchte der Antragsteller Beschwerde einlegen. Für dieses Rechtsmittelverfahren beantragt er PKH unter Beiordnung eines von ihm benannten Rechtsanwalts.

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH hat keinen Erfolg, weil die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Für den beim Bundesfinanzhof (BFH) als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf PKH besteht kein Vertretungszwang (§ 78 Abs. 5, § 117 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 155 FGO; BFH-Beschluss vom 13. Juli 1995 VII S 1/95, BFH/NV 1996, 10).

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung im Wege einer Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht bereits deshalb erfolglos, weil die Beschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO durch eine vor dem BFH vertretungsbefugte Person oder Gesellschaft i.S. des § 62a FGO erhoben worden ist. Denn einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein Rechtsmittel, das dem Vertretungszwang unterliegt, wirksam zu erheben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt werden, wenn ihm PKH bewilligt worden ist.

2. Die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH liegen nicht vor. Die durch Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers keine Aussicht auf Erfolg. Bei der im PKH-Verfahren allein gebotenen überschlägigen Prüfung sind Gründe für eine Zulassung der Revision i.S. des § 115 Abs. 2 FGO nicht ersichtlich.

Die Entscheidung des FG beruht weder auf Verfahrensfehlern, noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung.

a) Der Antragsteller rügt als Verfahrensfehler Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht und Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens sowie Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das FG habe bei der Prüfung des Feststellungsinteresses nicht darauf abstellen dürfen, dass er einen Amtshaftungsprozess mangels gewährter PKH nicht würde führen können. Auf entsprechenden Hinweis hätte er sofort ein neues PKH-Gesuch beim LG eingereicht.

Abgesehen davon, dass diese Einwände des Antragstellers keine Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beschreiben, der Antragsteller damit vielmehr in der Art einer Revisionsbegründung die vermeintlich materiell-rechtlich fehlerhafte Verneinung des Feststellungsinteresses für die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO angreift, können sie der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil das FG das Feststellungsinteresse darüber hinaus auch deshalb verneint hat, weil es eine Schadensersatzklage mangels Amtspflichtverletzung für offensichtlich aussichtslos hielt.

Zwar meint der Antragsteller dazu, auf die Erfolgsaussicht einer solchen Klage habe das FG nicht abstellen dürfen, da die Klärung der Rechtsfragen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten sei. Er übersieht dabei zum einen, dass das Verhältnis zwischen der Fortsetzungsfeststellungsklage beim FG und dem Schadenersatzprozess beim Zivilgericht nicht mit dem zwischen PKH- und Hauptsacheverfahren vergleichbar ist, zum anderen, dass in ständiger Rechtsprechung des BFH geklärt ist, dass das Feststellungsinteresse nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO die substantiierte Darlegung voraussetzt, dass der Schadenersatzprozess nicht offenbar aussichtslos ist (BFH-Beschluss vom 14. Januar 2003 V R 93/01, BFH/NV 2003, 643, m.w.N.).

Die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs wird nicht hinreichend dargelegt. Der bloße Hinweis darauf, dass das FG eine unzutreffende Behauptung aufgestellt habe, reicht zur substantiierten Darlegung des vermeintlichen Verfahrensmangels nicht aus.

b) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist weder dem Vorbringen des Antragstellers zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Der gerügte Umstand, dass "die Bedeutung der EGMR-Entscheidung 'Dangeville' für die Verfahren vor deutschen Finanzgerichten noch nicht Gegenstand eines deutschen Finanzgerichtsprozesses war", lässt keine im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits klärungsbedürftige Rechtsfrage erkennen.

Ende der Entscheidung

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