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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.10.2006
Aktenzeichen: VIII B 159/05
Rechtsgebiete: EStG, FGO, GewStG


Vorschriften:

EStG § 7g
EStG § 7g Abs. 3
FGO § 115 Abs. 2
GewStG § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auf die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage stützt, ob die Rücklagenbildung i.S. von § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Gründungsjahr einer verbindlichen Bestellung des jeweiligen Wirtschaftsgutes bedarf, ist diese Rechtsfrage durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. April 2002 IV R 30/00 (BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182) geklärt. Danach ist, um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der für bestehende oder zukünftige Betriebe vorgesehenen Förderung zu vermeiden, für erst noch zu eröffnende Betriebe zu verlangen, dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert ist. Sollen die wesentlichen Betriebsgrundlagen angeschafft werden, setzt das ihre verbindliche Bestellung voraus. Die Nichtzulassungsbeschwerde legt zwar unter umfassender Heranziehung von Gesetzesmaterialien, der Sicht der Finanzverwaltung sowie sonstiger Rechtsprechung und diverser Literaturmeinungen dar, wie der Diskussionsstand zu dieser Regelung ist und erläutert umfänglich, weshalb sie eine allgemeine Auslegung im Sinne des BFH-Urteils in BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182 für sachlich unrichtig erachtet. Daraus folgt jedoch nicht der Bedarf nach einer erneuten Klärung der genannten Rechtsfragen durch den BFH. Es ergeben sich keine noch nicht geprüften Argumente in Rechtsprechung oder Literatur gegen die Rechtsauffassung des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, BFHE 202, 231, BStBl II 2003, 790, m.w.N.). Vielmehr erweist sich die im BFH-Urteil in BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182 getroffene Auslegung der Begünstigungsnorm des § 7g Abs. 3 EStG als am Gesetzeszweck orientierte typisierende Erfassung der Begünstigungsvoraussetzungen für noch zu eröffnende Betriebe, bei denen die wesentlichen Betriebsgrundlagen angeschafft werden sollen.

Der BFH hat seine Rechtsprechung im Urteil in BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182 durch nachfolgende Entscheidungen bestätigt (vgl. BFH-Urteil vom 19. September 2002 X R 51/00, BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184; BFH-Beschlüsse vom 7. Oktober 2004 XI B 210/03, BFH/NV 2005, 204, sowie vom 11. Mai 2005 XI B 49/04, BFH/NV 2005, 1551). Er hat diese Rechtsprechung auch nicht auf Fallgestaltungen beschränkt, bei denen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Förderung nach § 7g EStG vorliegt, weil die geplante Investition nicht durchgeführt worden ist.

2. Soweit die Klägerin die Rechtsfrage stellt, ob mit der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks die Betriebseröffnungsphase abgeschlossen und damit der Betrieb einer Personengesellschaft eröffnet sei, beschränkt sich der Vortrag der Sache nach auf eine inhaltliche Kritik an der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Finanzgerichts (FG). Mit dem bloßen Hinweis, eine Auseinandersetzung in Rechtsprechung und Literatur mit dieser Thematik sei bislang nicht erfolgt, wird die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht schlüssig dargelegt. Die Zulassung der Revision wegen Fortbildung des Rechts kommt nur in Betracht, wenn der Streitfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Erforderlich ist eine Entscheidung des BFH nur dann, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt und die Rechtsfrage klärungsbedürftig ist. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. April 2000 VIII B 99/99, BFH/NV 2000, 985; vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz. 32, 38, m.w.N.). Indem die Klägerin darauf verweist, dass die Handhabung der Finanzverwaltung bei der Rücklagenbildung für eine wesentliche Erweiterung eines bereits bestehenden Betriebs in der Literatur Kritik erfahre, soweit generell die verbindliche Bestellung verlangt werde, ist diese Thematik im Streitfall nicht klärungsfähig, da es nicht um eine wesentliche Betriebserweiterung geht. Mit dem bloßen Verweis auf die Vielzahl vergleichbarer Fälle ist zudem die Klärungsbedürftigkeit nicht dargetan.

Soweit die Klägerin als zu klärende Rechtsfrage formuliert, ob in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht "der Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft mit der Ausfüllung des Gesellschafts- (neben-)Zwecks in Gang gesetzt oder die in Gangsetzung des Gewerbebetriebs erst mit der Ausfüllung des im Gesellschaftsvertrag geregelten (Haupt-)Gesellschaftszwecks begründet" werde und damit alle ebenfalls im Gesellschaftsvertrag geregelten sonstigen Handelsgeschäfte, Handlungen und Rechtsgeschäfte aller Art bis zur vollständigen Realisierung des "Hauptzwecks" nicht der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte darstellen, beschränkt sich ihr Vortrag auf eine sachliche Kritik an der Entscheidung des FG. Dies kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen (vgl. zur ständigen Rechtsprechung BFH-Beschluss vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040). Denn mit allgemeinen Angriffen gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung wird ein Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 FGO nicht geltend gemacht.

Soweit die Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH, wonach bei einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG sofort eine Gewerbesteuerpflicht begründet wird (BFH-Urteil vom 20. November 2003 IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464) die mögliche Auffassung herausstreicht, dass eine GmbH & Co. KG, die nach der bisherigen Rechtsprechung einen nicht in Gang gesetzten Hauptbetrieb führe, keine Tätigkeit i.S. von § 7 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG-- (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) ausübe, und die Frage stellt, warum in solchen Fällen nicht auch die nun geänderte Rechtsprechung des BFH zum sofortigen Beginn der Gewerbesteuerpflicht anwendbar sein solle, ist damit nicht in schlüssiger Weise die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Denn dies erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen des Klägers darauf, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchen Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Dezember 1986 V B 61/86, BFH/NV 1987, 309, m.w.N.). Daran fehlt es hier. Letztlich richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde auch insoweit gegen die sachliche Richtigkeit des finanzgerichtlichen Urteils.

Im Übrigen ist die Frage, wann vom Bestand eines Gewerbebetriebs auszugehen ist, in der Rechtsprechung geklärt. Bereits im BFH-Urteil vom 22. November 1994 VIII R 44/92 (BFHE 176, 138, BStBl II 1995, 900) hat der Senat hierfür verlangt, dass die Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt sein müssen, so dass das Unternehmen sich mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen kann (Abgrenzung von unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen wie z.B. Anmietung eines Geschäftslokals). Er hat festgestellt, dass der Zeitpunkt des Beginns bzw. der Einstellung der werbenden Tätigkeit nicht weitergehend generell definiert werden könne. Insoweit betrifft eine etwaige über das Senatsurteil in BFHE 176, 138, BStBl II 1995, 900 hinausgehende Fragestellung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht eine abstrakte Rechtsfrage, sondern die Sachverhaltsfeststellung des FG im Einzelfall.

Was die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin als gewerblich geprägte Personengesellschaft betrifft, hat der BFH im Urteil in BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464 geklärt, dass insoweit eine GmbH & Co. KG mit originär gewerblichen Einkünften keine gewerblich geprägte Personengesellschaft ist.

3. Auch die gerügte Divergenz ist nicht schlüssig dargelegt. Hierfür hätte die Klägern tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen müssen, um so die gerügte Abweichung zu verdeutlichen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 7. Oktober 2003 X B 52/03, BFH/NV 2004, 80, m.w.N.). Daran fehlt es hier.

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