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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.03.2008
Aktenzeichen: VIII B 212/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 3
EStG § 6c Abs. 1 Nr. 2 a.F.
EStG § 7g
EStG § 7g Abs. 3
EStG § 7g Abs. 4 Satz 2
EStG § 7g Abs. 7
EStG § 7g Abs. 7 Satz 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) ist Rechtsanwalt und ermittelt den Gewinn aus seiner im Jahre 1999 eröffneten Rechtsanwaltskanzlei durch Einnahme-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

Nachdem er für die Jahre 2000 und 2001 bestandskräftig zur Einkommensteuer veranlagt worden war, teilte er dem Antragsgegner und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) erstmals im Jahre 2003 --im Zusammenhang mit einem Schriftverkehr zur Höhe der Einkommensteuervorauszahlungen ab dem Jahre 2002-- mit, er habe wegen seiner Kanzleieröffnung am 1. Dezember 1999 Ansparabschreibungen für Existenzgründer im Jahr der Gründung und in den nächsten fünf Jahren in Anspruch nehmen können. Für das Jahr 2002 machte er ebenfalls eine Ansparabschreibung in Höhe von 95 000 € geltend und erklärte mit der Gewinnermittlung für das Jahr 2003 Erträge aus der Auflösung von Ansparabschreibungen in Höhe von 19 500 €.

Dementsprechend veranlagte ihn das FA für die Jahre 2002 und 2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Diesen Vorbehalt hob es nach einer Außenprüfung für die Jahre 2001 und 2002 --ohne Änderung hinsichtlich der Rücklage nach § 7g EStG-- auf und hielt in der Hinweisakte zu dem Bericht über die Außenprüfung fest, dass die Rücklage § 7g EStG ergebnislos geprüft worden sei, aber beachtet werden müsse, "dass der Steuerpflichtige wegen seiner Tätigkeit in 1996 nicht zum Kreis der Existenzgründer zählt und somit die Zweijahresfrist für die Auflösung gilt".

Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 erklärte der Antragsteller sodann Erträge aus der Auflösung einer Ansparabschreibung in Höhe von 24 000 €, die das FA erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung berücksichtigte.

Aufgrund einer Außenprüfung für die Jahre 2003 und 2004 löste die Prüferin des FA die noch verbliebene Ansparabschreibung aus dem Jahr 2000 und die Ansparabschreibung aus dem Jahr 2001 auf. Die im Jahr 2002 vorgenommene Ansparabschreibung wurde im Jahr 2004 aufgelöst.

Auf der Grundlage dieser Prüfungsfeststellungen änderte das FA die Einkommensteuerbescheide für 2003 und für 2004 und hob jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Dagegen hat der Antragsteller nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben, die vor dem Finanzgericht (FG) unter dem Aktenzeichen ... anhängig ist.

Nachdem er des Weiteren bei dem FA erfolglos die Aussetzung der Vollziehung beantragt hatte, stellte er einen entsprechenden Antrag bei dem FG, das die Vollziehung des Einkommensteueränderungsbescheides für 2003 teilweise, nicht aber für 2004 ausgesetzt hat.

Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde des FA. Es trägt vor, auch bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sei --ebenso wie nach den Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG-- eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG bei fehlender Investition innerhalb der Zweijahresfrist in § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG bzw. innerhalb der Fünfjahresfrist für Existenzgründer in § 7g Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 EStG im Folgejahr nach Ablauf der Frist aufzulösen, wenn der Einkommensteuerbescheid für das Jahr des Fristablaufs --wie im Streitfall-- nicht mehr geändert werden könne.

Es beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 2003 als unbegründet zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Er trägt vor, wegen seiner unstreitig fehlenden Existenzgründereigenschaft hätte die streitige Ansparrücklage aus dem Jahre 2000 bereits im Veranlagungszeitraum 2002 aufgelöst werden müssen. Der für jenes Jahr ergangene Einkommensteuerbescheid könne indessen nicht mehr entsprechend geändert werden, nachdem er nach Außenprüfung bestandskräftig geworden und dem FA aufgrund der Hinweisakte seit 2005 die fehlende Existenzgründereigenschaft des Antragstellers bekannt gewesen sei. Ein den Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs vergleichbarer Wertezusammenhang zwischen den Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG für aufeinander folgende Veranlagungszeiträume bestehe nicht.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht hat das FG die Vollziehung des angefochtenen Bescheids wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Auflösung der Rücklage nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG im Streitjahr 2003 ausgesetzt, soweit das FA die im Jahr 2000 gebildete Ansparabschreibung und einen Gewinnzuschlag für drei Jahre als Betriebseinnahme erfasst hat.

Nach den --von den Beteiligten zu Recht geteilten-- tatsächlichen Feststellungen des FG lagen die Voraussetzungen für die vom Antragsteller nach § 7g Abs. 7 EStG geltend gemachte Ansparrücklage wegen fehlender Existenzgründereigenschaft von Anfang an nicht vor. Infolgedessen war die (im Jahre 2000) gebildete Rücklage ausschließlich als (Investitions-)Rücklage i.S. des § 7g Abs. 3 EStG anzusehen und mangels Investition nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Jahres, wie es ausdrücklich in der Vorschrift heißt, "zu diesem Zeitpunkt" aufzulösen. Dieser maßgebliche Zeitpunkt war indessen nicht das Ende des Streitjahres 2003, sondern das Ende des Vorjahres 2002.

a) Gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG ist nämlich eine Ansparabschreibung, sofern sie am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist, gewinnerhöhend aufzulösen. Bei Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung --wie im Streitfall-- wird die Auflösung durch den Ansatz einer Betriebseinnahme berücksichtigt (§ 7g Abs. 3 und Abs. 6 EStG), unabhängig davon, ob die begünstigten Anlagegüter später angeschafft oder hergestellt worden sind, die Investition geringer als geplant ausgefallen oder gar völlig ausgeblieben ist.

b) Diese Korrektur ist am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres --wie das Gesetz ausdrücklich in § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG betont-- spätestens "zu diesem Zeitpunkt" vorzunehmen. In diesem Zeitpunkt ist die Rücklage danach ebenso wie diejenige nach § 6c Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. zwingend im Jahr des Fristablaufs als Betriebseinnahme zu erfassen (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. April 1997 IV R 47/96, BFH/NV 1997, 757), soweit sie nicht bei von vornherein fehlender Rechtmäßigkeit noch im Jahr ihrer Bildung zu korrigieren ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 2005 IV R 30/04, BFHE 209, 496, BStBl II 2005, 704).

c) Die dem widersprechende Auffassung des FA, bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG könne die als Betriebsausgabe (Zuschlag) zu erfassende Auflösung der Rücklage im nächsten noch offenen Veranlagungszeitraum vorgenommen werden, wenn sie --aus welchen Gründen auch immer-- nicht innerhalb der Frist des § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG erfolgt sei, ist vom FG zu Recht als ernstlich zweifelhaft angesehen worden. Denn sie steht im Widerspruch zu der Anordnung des Gesetzgebers in § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG, die Rücklage kraft gesetzlicher Anordnung im (End-)Zeitpunkt des zweiten Jahres nach ihrer Bildung zwangsweise aufzulösen (vgl. zur Zwangsauflösung der Rücklage in diesem Zeitpunkt BFH-Entscheidung in BFHE 209, 496, BStBl II 2005, 704). Eine Nachholung dieser Zwangsauflösung in Folgejahren kann danach bei Einnahme-Überschuss-Rechnung ebenso wenig in Betracht kommen wie die Erfassung von Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben in anderen Jahren als denen, in denen sie entstanden sind (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juni 2006 XI R 49/05, BFHE 214, 218, BStBl II 2006, 712).

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