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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.11.2005
Aktenzeichen: VIII B 3/96
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, ZPO, GVG, VwGO, GKG


Vorschriften:

AO 1977 § 352 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 40
FGO § 46
FGO § 46 Abs. 1
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 4
FGO § 66
FGO § 73 Abs. 1 Satz 1
FGO § 74
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 a.F.
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 5
FGO § 116 Abs. 6
FGO § 116 Abs. 7
FGO § 135 Abs. 1
FGO § 155
ZPO § 239
GVG § 17 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 133 Abs. 6
GKG § 8 Abs. 1 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger), HM, ist der frühere persönlich haftende Gesellschafter der M-KG (KG), die bis zum Jahre 1978 von den Eltern des Klägers, KM und TM, in der Rechtsform der OHG betrieben wurde.

Im Februar 1978 gründeten die Eheleute KM und TM und der Kläger die KG. Der Kläger übernahm die persönliche Haftung, die Eheleute KM und TM wurden Kommanditisten. TM ist im Jahre 1985, KM im April 1996 verstorben.

Im Gemeinschaftseigentum der Eheleute KM und TM befanden sich zwei von der KG unentgeltlich genutzte Grundstücke, die in der Bilanz der KG aktiviert waren. Im Jahr 1978 begann die KG mit der Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf einem dieser Grundstücke, das nach der Fertigstellung im Jahr 1979 zum Teil für eigenbetriebliche Zwecke der KG, zum Teil durch Vermietung an einen Dritten genutzt wurde. Die Kredite zur Finanzierung des Bauvorhabens hatte die KG im eigenen Namen aufgenommen. Diese hatte auch den Bauantrag gestellt. Die Mieterträge wurden als betriebliche Erträge, die von der KG getragenen Kreditzinsen und die Abschreibungen auf das Gebäude als betriebliche Aufwendungen der KG verbucht. Nach dem Tod von TM wurden die betrieblich genutzten Grundstücke der Eheleute KM und TM auf die KG übertragen.

Zum 31. Dezember 1989 wurde der Betrieb der KG aufgegeben. Zugleich wurde die KG in eine vermögensverwaltende GbR, bestehend aus den bisherigen Gesellschaftern der KG, umgewandelt und das Betriebsvermögen der KG auf die GbR übertragen. Im Jahr 1990 wurde die KG im Handelsregister gelöscht.

Im Anschluss an eine Außenprüfung bei der KG für die Jahre 1979 bis 1982 erkannte der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) die bis dahin vorgenommene Gewinnverteilung nicht mehr an. In den geänderten Feststellungsbescheiden für die Jahre 1979 bis 1981 und im erstmaligen Feststellungsbescheid 1982 behandelte es die Erträge und Aufwendungen aus dem von der KG auf dem Grundstück der Eheleute KM und TM errichteten Gebäude als deren Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben und rechnete diese ausschließlich den Eheleuten KM und TM entsprechend ihren Eigentumsanteilen zu. Den danach verbleibenden Gewinn verteilte es entsprechend dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel auf alle Gesellschafter.

Das FA erließ aufgrund der Feststellungen des Betriebsprüfers am 30. März 1984 entsprechend geänderte Feststellungsbescheide 1979 bis 1981 und einen erstmaligen Feststellungsbescheid für 1982.

Gegen die geänderte Gewinnverteilung in diesen Bescheiden legte der frühere Bevollmächtigte des Klägers und der Eheleute KM und TM fristgerecht "namens und im Auftrag der M-KG" Einspruch ein.

Mit Schreiben vom 19. Juli 1990 wandte sich das FA an den Bevollmächtigten und wies darauf hin, dass es sich bei der im Einspruchsverfahren allein streitigen Gewinnverteilung um eine Feststellung handele, für die jeder betroffene Gesellschafter gemäß § 352 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) einspruchsbefugt sei. Es werde deshalb um Klarstellung gebeten, in wessen Namen die Einsprüche eingelegt worden seien. Der Bevollmächtigte teilte daraufhin mit, die Einsprüche seien "namens und im Auftrag des Gesellschafters HM" eingelegt worden. Das FA zog daraufhin den Kommanditisten KM zum Einspruchsverfahren hinzu und wies mit Einspruchsentscheidung vom 16. April 1991 den Einspruch des "HM als Gesellschafter der M-KG" als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde auch dem hinzugezogenen Gesellschafter KM bekannt gegeben.

Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Bevollmächtigte des Klägers am 15. Mai 1991 "in der Steuerstreitsache der M-KG" Klage mit dem Antrag, die Einspruchsentscheidung und die angefochtenen Feststellungsbescheide ersatzlos aufzuheben. Die vom Kläger unterzeichnete Prozessvollmacht wurde "in Sachen des Steuerpflichtigen M-KG" erteilt.

In einem an die Beteiligten gerichteten Schreiben vom 10. Mai 1995 vertrat der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) die Ansicht, die Einsprüche gegen die aufgrund der Außenprüfung ergangenen Feststellungsbescheide seien eindeutig für die KG eingelegt worden. Für eine Auslegung des Einspruchsschreibens sei deshalb kein Raum. Das FA habe bisher über die Einsprüche der KG nicht entschieden, sondern mit der Einspruchsentscheidung einen tatsächlich nicht --oder jedenfalls nicht fristgerecht-- eingelegten Einspruch des Gesellschafters HM zurückgewiesen. Der Berichterstatter äußerte ferner Zweifel an der Zulässigkeit der von der KG erhobenen Klage, da die KG im Zeitpunkt der Klageerhebung vermutlich bereits vollbeendet gewesen sei. Er regte an, das Ruhen des anhängigen Klageverfahrens bis zur Rechtskraft der noch ausstehenden Entscheidung über den Einspruch der KG zu beantragen.

Das FA widersprach dieser Auffassung. Der Einspruch sei entgegen seinem Wortlaut dahin auszulegen, dass er für den Kläger HM eingelegt worden sei. Auch der Bevollmächtigte habe ausdrücklich erklärt, er habe Einspruch nur für HM eingelegt. Da ein Einspruch der KG beim FA tatsächlich nicht anhängig sei, werde das FA auch keine weitere Einspruchsentscheidung in dieser Sache erlassen. Es bestehe im Übrigen auch kein Anlass, das anhängige Klageverfahren ruhen zu lassen, wenn die von der KG erhobene Klage unzulässig sei.

Mit Schriftsatz vom 4. Juli 1995 haben der Kläger und KM "als ehemalige Gesellschafter der ehemaligen M-KG und zugleich als Rechtsnachfolger der .... verstorbenen Mitgesellschafterin TM" Untätigkeitsklage nach § 46 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen Gewinnfeststellung 1979 bis 1982 erhoben mit den Antrag, die Feststellungsbescheide ersatzlos aufzuheben. Der 3. Senat des FG, bei dem die in 1991 "namens der M-KG" erhobene Klage anhängig war, hat durch Beschluss vom 28. August 1995 die im Juli 1995 erhobene Klage der Gesellschafter HM und KM (Az. 4 K 3848/95), für die nach dem Geschäftsverteilungsplan 1995 des FG Köln der 4. Senat des FG zuständig war, gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO wegen des Sachzusammenhangs und der Identität der Feststellungsbeteiligten mit dem beim 3. Senat anhängigen Klageverfahren der KG verbunden.

In der mündlichen Verhandlung vom 22. September 1995 haben die Beteiligten übereinstimmend beantragt, das Ruhen des Klageverfahrens der KG anzuordnen. Daraufhin hat das FG das Verfahren der KG (neues Az. 3 K 5608/95) abgetrennt und dessen Ruhen bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Verfahren 3 K 2944/91 angeordnet.

Das FG hat die Klage als zulässige Untätigkeitsklage angesehen und die in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden vorgenommene Gewinnverteilung dahin geändert, dass die Erträge und Aufwendungen aus den Betriebsgrundstücken als Betriebseinnahmen und -ausgaben der KG entsprechend der Gewinnverteilungsabrede den auf alle Gesellschafter zu verteilenden Restgewinn erhöhen oder mindern. Es hat die Revision nicht zugelassen (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1997, 102).

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beantragt das FA, die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 FGO zuzulassen.

Das Urteil sei unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen und beruhe auch auf den Verfahrensmängeln. Das FA rügt folgende Verfahrensverstöße:

- Das FG habe zu Unrecht ein Sachurteil erlassen. Da be- reits gegen dieselben Gewinnfeststellungsbescheide eine im Jahr 1991 erhobene Klage mit demselben Klageantrag beim FG anhängig sei, stehe der in 1995 erhobenen Klage der Ein- wand der Rechtshängigkeit entgegen (§ 66 FGO); die vorlie- gende Klage sei deshalb unzulässig.

- Das Urteil verletze ferner § 74 FGO. Das FG habe zunächst über die rechtshängige Klage in der gleichen Streitsache entscheiden müssen. Es habe allenfalls das vorliegende Klageverfahren aussetzen können, nicht aber das früher anhängig gemachte Verfahren mit dem identischen Klagebe- gehren.

- Die Entscheidung sei ferner unter Verstoß gegen § 46 Abs. 1 FGO ergangen. Das FA habe nicht über den Antrag auf Erlass einer Einspruchsentscheidung in Sachen der KG entscheiden können, sondern habe die Entscheidung über diesen Antrag bis zum Ergehen eines Urteils über die seit 1991 anhängige Klage der KG aussetzen müssen.

- Das FG habe --bei konsequenter Beachtung seiner eigenen Rechtsauffassung-- die vorliegende Klage wegen Versäumung der Klagefrist (§ 47 FGO) abweisen müssen. Denn die Ein- spruchsentscheidung sei gegen dieselben Personen (HM und KM) ergangen, die das FG als klagebefugt angesehen habe.

Die Revision sei auch deshalb zuzulassen, weil das FG in der Sachentscheidung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Dabei könne es nicht entscheidend sein, dass das FG in seinem Urteil keinen ausdrücklich von der Rechtsprechung des BFH abweichenden Rechtssatz aufgestellt habe. Es müsse genügen, dass dem angefochtenen Urteil konkludent eine bestimmte Rechtsauffassung zu entnehmen sei, die mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vereinbar sei.

Das FG habe bei seiner Entscheidung, dass Aufwendungen und Erträge aus dem von der KG errichteten Gebäude nicht das Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten, sondern den Gesellschaftsgewinn beträfen, zu Unrecht die Bilanzierung der Grundstücke als maßgeblich angesehen. Nach der Rechtsprechung des BFH komme es aber für die steuerrechtliche Beurteilung nicht entscheidend darauf an, ob und wie ein dem Gesellschafter gehörendes Grundstück von der Personengesellschaft bilanziert worden sei (BFH-Urteil vom 26. Mai 1982 I R 163/78, BFHE 136, 217, BStBl II 1982, 693).

Die Kläger beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 116 Abs. 6 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BGBl I, 1757).

Zwar bestimmt sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften der FGO (FGO a.F.), wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist (Art. 4 2.FGOÄndG). Die Art und Weise der Entscheidungen, die im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ergehen können, richtet sich jedoch bereits nach § 116 Abs. 5 bis 7 FGO in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (BFH-Beschlüsse vom 3. Juli 2001 II B 132/00, BFH/NV 2002, 30, und vom 3. Mai 2001 XI B 141/00, BFH/NV 2001, 1420).

1. Soweit das FA geltend macht, das angefochtene Urteil weiche von der Rechtsprechung des BFH ab, ist der Zulassungsgrund nicht schlüssig dargelegt (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.).

Eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt einen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem --ebenfalls tragenden-- abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht (Senatsbeschluss vom 23. Juni 2000 VIII B 52/99, BFH/NV 2000, 1487, m.w.N.). Zur Bezeichnung einer Divergenz in diesem Sinne ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer die abstrakten Rechtssätze im vorinstanzlichen Urteil und in der Divergenzentscheidung so genau bezeichnet, dass eine Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. Januar 1991 VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309; vom 19. August 1999 III B 20/97, BFH/NV 2000, 212). Des Weiteren müssen sich die in der Beschwerdeschrift aufgeführten Rechtssätze aus den Entscheidungen hinreichend deutlich ergeben (Senatsbeschluss in BFH/NV 2000, 1487). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift nicht gerecht. Das FA hat zwar ein BFH-Urteil in BFHE 136, 217, BStBl II 1982, 693 bezeichnet, von dem das FG abgewichen sei. Der dort aufgestellte Rechtssatz, dass die Bilanzierung eines Grundstücks für seine steuerrechtliche Einordnung als Gesellschaftsvermögen oder als Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters unerheblich sei, betraf jedoch einen anderen Sachverhalt als der vorliegende Fall. In dem zitierten BFH-Urteil war über die Frage zu entscheiden, ob in der unentgeltlichen Übertragung des bürgerlich-rechtlichen Eigentums an dem betrieblich genutzten Grundstück des Gesellschafters einer OHG auf einen nicht an der Gesellschaft beteiligten Angehörigen eine Entnahme des Grundstücks zu sehen sei. Dagegen war im Streitfall zu prüfen, ob Mieterträge und Aufwendungen (Darlehenszinsen und Absetzung für Abnutzung --AfA--) für ein Gebäude, das eine KG für betriebliche Zwecke auf dem Grundstück einzelner Gesellschafter errichtet hatte, als Betriebsausgaben und -einnahmen entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel allen Gesellschaftern zuzurechnen sind oder ob sie als Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben nur die Gewinnanteile der Grundstückseigentümer beeinflussen. Davon abgesehen hat das FG keinen abstrakten Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass für die Zurechnung von Mieterträgen eines Betriebsgrundstücks und von Aufwendungen für ein betrieblich genutztes Gebäude auf diesem Grundstück allein die bilanzmäßige Behandlung des Grundstücks maßgeblich sei.

2. Die Beschwerde ist zulässig und begründet, soweit das FA mit der Verfahrensrüge beanstandet, das FG habe unter Verstoß gegen § 66 FGO durch Sachurteil über die vorliegende Klage entschieden, obwohl bereits seit 15. Mai 1991 eine Klage gegen dieselben Feststellungsbescheide beim FG anhängig gewesen sei.

Die Rechtshängigkeit der im Mai 1991 angebrachten Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1979 bis 1982 vom 30. März 1984 hat eine Sperrwirkung mit der Folge ausgelöst, dass jede spätere Klage mit demselben Streitgegenstand zwischen denselben Prozessbeteiligten bei jedem anderen oder demselben Gericht unzulässig war (§ 66, § 155 FGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes --GVG--; vgl. auch BFH-Beschluss vom 23. November 1999 VII B 186/99, BFH/NV 2000, 476; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 5. Aufl., Vor § 33 Rz. 5 und § 66 Rz. 6).

Der Identität der Streitgegenstände steht nicht entgegen, dass sich die in 1991 erhobene Anfechtungsklage gegen die Feststellungsbescheide vom 30. März 1984 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. April 1991 richtete, während die im Jahr 1995 erhobene unmittelbare Klage als Untätigkeitsklage i.S. des § 46 FGO bezeichnet wurde. Eine Klage nach § 46 Abs. 1 FGO, mit der die Aufhebung oder Abänderung eines Steuer- oder Feststellungsbescheids begehrt wird, ist ihrem Wesen nach eine Anfechtungsklage i.S. des § 40 FGO. Die vorliegende Klage ist nicht darauf gerichtet, die Behörde zum Erlass einer Entscheidung über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf zu verpflichten, sondern zielt --ebenso wie die Klage vom Mai 1991-- auf den Erlass einer gerichtlichen Sachentscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 1975 VII R 116/73, BFHE 117, 210, BStBl II 1976, 116). Danach betreffen beide Klagen als Anfechtungsklagen mit dem Ziel einer Änderung der Gewinnverteilung in den angefochtenen Feststellungsbescheiden 1979 bis 1982 denselben Streitgegenstand.

Beide Anfechtungsklagen sind auch von denselben Personen erhoben worden (vgl. zu dieser Voraussetzung der §§ 66 FGO, 17 Abs. 1 Satz 2 GVG: Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 66 FGO Rz. 29).

Die Klage vom 15. Mai 1991 ist zwar nach ihrem Wortlaut von der KG erhoben worden, während Kläger des vorliegenden Verfahrens die ehemaligen Gesellschafter der KG, HM und KM, sind. Für die Beteiligtenstellung ist jedoch die Bezeichnung in der Klageschrift nicht allein ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. In diese Beurteilung ist auch das tatsächliche Vorbringen im weiteren Verlauf des Verfahrens miteinzubeziehen (BFH-Urteil vom 14. November 1986 III R 12/81, BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178). Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (vgl. BFH-Urteile vom 25. September 1985 IV R 180/83, BFH/NV 1986, 171; in BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178; vom 7. Juli 1987 VII R 94/84, BFHE 150, 492, BStBl II 1987, 804; BFH-Beschlüsse vom 6. Mai 1998 IV B 108/97, BFH/NV 1999, 146; vom 31. August 1999 VIII B 29/99, BFH/NV 2000, 442). Auch bei scheinbar eindeutiger Erklärung hängt die Bestimmung des Klägers von allen dem FA und dem FG als den Empfängern der Klageschrift bekannten oder erkennbaren Umständen tatsächlicher oder rechtlicher Art ab (BFH-Urteil vom 8. Januar 1991 VII R 61/88, BFH/NV 1991, 795). Dabei ist im Allgemeinen nicht anzunehmen, dass eine Klage für jemanden erhoben wird, der nicht mehr existent ist (BFH-Urteil in BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178).

Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Klage --entgegen ihrem Wortlaut-- von den beiden früheren Gesellschaftern der KG erhoben worden ist. Zweifel an der Richtigkeit der Bezeichnung der KG als Klägerin in der Klageschrift waren bei objektiver Beurteilung des Erklärungsinhalts schon deshalb begründet, weil die mit dieser Klage angefochtene Einspruchsentscheidung als Adressaten nicht die KG, sondern den Gesellschafter HM als Einspruchsführer und seinen Mitgesellschafter KM als Hinzugezogenen benannte. Da der Bevollmächtigte der KG im Einspruchsverfahren auf Anfrage des FA ausdrücklich erklärt hatte, der Einspruch sei namens des HM eingelegt worden, kann nicht angenommen werden, dass der Bevollmächtigte Klage für die Personengesellschaft erheben wollte. Vielmehr sprechen diese Umstände wie auch der weitere Vortrag der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren dafür, dass die Klägerbezeichnung in der Klageschrift auf einem Versehen beruhte. In einem solchen Fall kann die erkennbar unrichtige ebenso wie eine inhaltlich unklare Parteibezeichnung auch noch nach Ablauf der Klagefrist berichtigt oder ergänzt werden (BFH-Urteile vom 12. Mai 1989 III R 132/85, BFHE 157, 296, BStBl II 1989, 846; vom 23. Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401; zur Ergänzung vgl. BFH-Urteile vom 26. März 1980 I R 87/79, BFHE 131, 1, BStBl II 1980, 586, und vom 7. April 1992 VIII R 86/87, BFHE 168, 572, BStBl II 1993, 21). Eine Berichtigung der Klägerbezeichnung in der Klageschrift vom 15. Mai 1991 war auch deshalb veranlasst, weil nach den Feststellungen des FG und dem unstreitigen Vorbringen der Kläger davon auszugehen ist, dass die KG zum 31. Dezember 1989, also noch während des Einspruchsverfahrens, durch Aufgabe ihres gewerblichen Unternehmens und Übertragung ihres Betriebsvermögens auf eine vermögensverwaltende GbR, bestehend aus den bisherigen Gesellschaftern der KG, aufgelöst und vollbeendet worden ist (vgl. zur Abgrenzung der übertragenden von der nur formwechselnden Umwandlung: Senatsurteile vom 21. Juni 1994 VIII R 5/92, BFHE 174, 451, BStBl II 1994, 856, und vom 28. November 1989 VIII R 40/84, BFHE 159, 410, BStBl II 1990, 561). Die Vollbeendigung der KG während des anhängigen außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens hatte zur Folge, dass die Personengesellschaft ihre Prozessfähigkeit und Klagebefugnis verlor (zum Klageverfahren: vgl. BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 90/84, BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326, und VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359; zum Einspruchsverfahren: Birkenfeld in HHSp, § 363 AO Rz. 223). Eine Unterbrechung des Einspruchsverfahrens in sinngemäßer Anwendung des § 239 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO ist dadurch nicht eingetreten, da die Gesellschaft im Einspruchsverfahren durch einen Bevollmächtigten vertreten war (vgl. § 246 ZPO i.V.m. § 155 FGO und Birkenfeld in HHSp, § 363 AO Rz. 228). Die Rechtsbehelfsbefugnis ist mit der Vollbeendigung der Personengesellschaft uneingeschränkt auf die betroffenen Feststellungsbeteiligten übergegangen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 155, 250, BStBl II 1989, 326, und vom 26. Oktober 1989 IV R 23/89, BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333). Gegen die vollbeendete KG konnte deshalb keine Einspruchsentscheidung mehr gerichtet werden. Diese musste vielmehr gegen HM und KM als ehemalige Gesellschafter der KG ergehen. Da die Einspruchsentscheidung im Ergebnis zu Recht nicht gegen die KG gerichtet worden und auch nicht anzunehmen ist, dass für eine nicht mehr existente Personengesellschaft Klage erhoben werden sollte, ist die Klägerbezeichnung in der Klageschrift unter Berücksichtigung der Äußerungen des Bevollmächtigten im Klageverfahren dahin auszulegen, dass Klage für die früheren Gesellschafter HM und KM erhoben werden sollte. Diese waren für die streitige Frage der Gewinnverteilung auch persönlich klagebefugt nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO.

Das FG hätte deshalb der vorliegenden Klage der Gesellschafter HM und KM nicht stattgeben dürfen, sondern hätte sie wegen anderweitiger Rechtshängigkeit i.S. der §§ 66 FGO, 17 Abs. 1 Satz 2 GVG i.V.m. § 155 FGO als unzulässig abweisen müssen.

3. Da die Nichtzulassungsbeschwerde schon wegen des Verstoßes gegen § 66 FGO, § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG i.V.m. § 155 FGO Erfolg hat, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob auch die weiteren Verfahrensrügen des FA die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils rechtfertigen.

4. Da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vorliegen, kann der Senat nach § 116 Abs. 6 FGO das angefochtene Urteil aufheben und die Klage abweisen. Zwar ermächtigt diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut den BFH nur dazu, den Rechtsstreit nach Aufhebung des angefochtenen Urteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Eine solche Zurückverweisung verliert jedoch ihren Sinn, wenn eine zutreffende Handhabung der Verfahrensvorschriften, deren Nichtbeachtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils geführt hat, zur Beurteilung der Klage als unzulässig zwingt. In diesem Fall könnte das FG, das bei seiner Entscheidung an die rechtliche Beurteilung des BFH gebunden ist (§ 126 Abs. 5 FGO), nur die gesetzlich vorgeschriebene Rechtsfolge der Klageabweisung aussprechen. Eine solche Zurückverweisung widerspräche dem Gedanken der Verfahrensökonomie, der § 116 Abs. 6 FGO zugrunde liegt. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) und des Bundessozialgerichts (BSG) zu den mit § 116 Abs. 6 FGO übereinstimmenden §§ 133 Abs. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung --VwGO--, 160a Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes --SGG-- (vgl. BVerwG-Beschlüsse vom 2. April 1996 7 B 48/96, juris, und vom 19. November 1997 7 B 265/97, juris; BSG-Beschluss vom 26. Januar 2005 B 12 KR 62/04 B, juris) ist der Senat deshalb der Ansicht, dass der BFH in einem solchen Fall durch Beschluss nach § 116 Abs. 6 FGO selbst abschließend entscheiden und die Klage abweisen kann.

5. Zur Förderung des noch anhängigen Verfahrens 3 K 5608/95 und ohne das FG zu binden weist der Senat darauf hin, dass die Entscheidung über die streitige Gewinnverteilung davon abhängen dürfte, ob die KG die Herstellungskosten für das von ihr auf dem Grundstück der Eheleute KM und TM errichtete Gebäude in den Streitjahren zu Recht in ihrer Bilanz aktiviert hat. Eine Aktivierung der Herstellungskosten für das Gebäude "wie ein materielles Wirtschaftsgut" und der Abzug der Aufwendungen der KG auf dieses Wirtschaftsgut als Betriebsausgaben kommt auch dann in Betracht, wenn die KG nicht das wirtschaftliche Eigentum an dem von ihr hergestellten Gebäude erlangt haben sollte (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281). Der Senat weist ferner auf die neuere Rechtsprechung des BFH zu den Voraussetzungen wirtschaftlichen Eigentums an Gebäuden auf fremdem Grund und Boden hin (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2002 VIII R 30/98, BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741, m.w.N.).

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird gemäß § 8 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) a.F. (entspricht § 21 GKG n.F. --GKG 2004--) abgesehen. Nach dieser Vorschrift sind Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht zu erheben. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt, weil die Kläger offensichtlich durch die rechtlichen Hinweise im Schreiben des FG an die Beteiligten vom 10. Mai 1995 veranlasst worden sind, die unzulässige zweite Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1979 bis 1982 zu erheben.

Ende der Entscheidung

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