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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.09.2005
Aktenzeichen: VIII B 40/05
Rechtsgebiete: EStG, AuslInvestmG, FGO, AO 1977, InvStG


Vorschriften:

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 34c
AuslInvestmG § 1 Abs. 1
AuslInvestmG § 1 Abs. 1 Satz 1
AuslInvestmG § 17
AuslInvestmG § 17 Abs. 2a
AuslInvestmG § 17 Abs. 3
AuslInvestmG § 17 Abs. 3 Nr. 3
AuslInvestmG § 18
AuslInvestmG § 18 Abs. 1
AuslInvestmG § 18 Abs. 1 Satz 3
AuslInvestmG § 18 Abs. 2
AuslInvestmG § 18 Abs. 2 Satz 1
AuslInvestmG § 18 Abs. 2 Satz 2
AuslInvestmG § 18 Abs. 3
AuslInvestmG § 18 Abs. 3 Satz 1
AuslInvestmG § 18 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative
AuslInvestmG § 18 Abs. 3 Satz 2
AuslInvestmG § 18 Abs. 3 Satz 4
AuslInvestmG § 18 Abs. 4
AuslInvestmG § 19 Abs. 1
FGO § 69 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3
FGO § 128 Abs. 3 d
KAGG § 39 Abs. 1 a
KAGG § 41 Abs. 4
KAGG § 43c
AO 1977 § 162
InvStG § 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) wurden für das Streitjahr 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Als freiberufliche Dolmetscherin und Übersetzerin arbeitete die Antragstellerin auch als Konferenzdolmetscherin bei der Europäischen Kommission und trat einer Versorgungskasse für Konferenzdolmetscher mit Sitz in Genf bei. Dabei handelt es sich um eine Genossenschaft i.S. von Art. 828 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht), deren satzungsmäßiger Zweck es ist, die Mitglieder und ihre Hinterbliebenen gegen die wirtschaftlichen Folgen des Alters und des Todes zu schützen. Die Kasse finanziert sich durch Einzahlungen, welche im Auftrag und für Rechnung der Mitglieder durch deren Arbeitgeber erfolgen, sowie durch freiwillige persönliche Beiträge der Mitglieder. Aus der Investition der Einzahlungen ergibt sich das Kapital der Kasse, an welcher die Mitglieder im Verhältnis der ihnen zustehenden Beiträge beteiligt sind. Dieses Verhältnis wird durch Aufteilung des Kapitals in Anteile eines bestimmten Ausgangswerts berechnet. Das Mitglied kann den ihm zustehenden Betrag ab dem Alter von 60 Jahren abziehen, es muss dies spätestens bei Erreichung eines Alters von 70 Jahren. Die Kasse schafft individuelle Konten für jedes Mitglied.

Mit Erreichen der Altersgrenze von 70 Jahren musste die Antragstellerin im Streitjahr ihre Anteile an der Versorgungskasse abziehen und erzielte daraus einen Erlös von 971 053,74 sfr (abzüglich schweizerische Quellensteuer in Höhe von 69 661 sfr und Verwaltungskosten in Höhe von 2 154,45 sfr; Gutschrift am 27. Mai 1999).

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) behandelte die Auszahlung als Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 1 191 553 DM. Dem Betrag von 971 053,74 sfr legte er dabei den von ihm ermittelten Umrechnungskurs (Euro-ReferenzKurs für den Tag der Gutschrift) in Höhe von 0,8149481 zugrunde. Er nahm einen Steuerabzug für ausländische Einkünfte in Höhe von 85 479 DM (69 661 sfr x 1/0,8149481) vor. Die Verwaltungskosten in Höhe von 2 154,45 sfr berücksichtigte er nicht.

In der Einspruchsentscheidung nahm das FA Anschaffungskosten in geschätzter Höhe von 256 975 DM an. Gegen die Einspruchsentscheidung erhoben die Antragsteller Klage und stellten gleichzeitig einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV), den das FA ablehnte.

Mit dem Antrag an das Finanzgericht (FG), die insgesamt bestrittenen Steuerbeträge Einkommensteuer 1999 bis einen Monat nach Abschluss des Verfahrens von der Vollziehung auszusetzen, haben die Antragsteller insbesondere geltend gemacht, dass die Anteile an der Versorgungskasse nicht steuerpflichtig seien.

Das FG hat den Antrag als teilweise begründet erachtet und den Einkommensteuerbescheid 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2004 bis einen Monat nach einer abschließenden Entscheidung im Klageverfahren in Höhe der steuerlichen Auswirkung von 580 037,81 DM (Differenz zwischen den bislang aus der Versorgungskasse berücksichtigten 934 860 DM und den zu berücksichtigenden Einkünften von 354 822,19 DM) von der Vollziehung ausgesetzt (Beschluss vom 7. Januar 2005 11 V 4042/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2005, 511).

Die nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 18 Abs. 1, 3 und 4 des Auslandsinvestmentgesetzes (AuslInvestmG) zu besteuernden Erträge und Auszahlungen aus der Versorgungskasse betrügen gemäß § 18 Abs. 3 AuslInvestmG 289 161,67 sfr, d.h. 354 822,19 DM.

Die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 AuslInvestmG seien erfüllt. Insbesondere finde eine Zuordnung zu den einzelnen Mitgliedern statt (Art. 7 Abs. 2 der Satzung). Die Versorgungskasse lege ihr Geld kapitalwertsichernd an. Sie erfülle weder die Voraussetzungen des § 17 AuslInvestmG noch sei ein inländischer Vertreter i.S. von § 18 Abs. 2 AuslInvestmG bestellt.

Ausschüttungen i.S. von § 18 Abs. 3 AuslInvestmG habe es nicht gegeben. Der maßgebliche Wert der Anteile habe zum 31. Dezember 1998 910 241,46 sfr betragen, zum 27. Mai 1999 971 053,74 sfr; 90 v.H. der Differenz von 60 812,28 sfr betrügen 54 731,05 sfr und damit weniger als 10 v.H. des Einlösungsbetrags von 971 053,74 sfr. Der nach § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 AuslInvestmG zu ermittelnde Betrag belaufe sich damit auf 97 105,37 sfr (10 v.H. von 971 053,74 sfr).

Da es sich um eine Rückgabe i.S. von § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG handele, seien zusätzlich 20 v.H. des Auszahlungsbetrags anzusetzen, d.h. 194 210,75 sfr.

Die einbehaltene Schweizer Quellensteuer sei gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen --DBA-Schweiz-- (§ 34c Abs. 1 EStG, § 19 AuslInvestmG) auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen. Die Verwaltungskosten in Höhe von 2 154,45 sfr seien als Werbungskosten abzugsfähig. Sollte sich bei einer umfassenden Prüfung im Hauptsacheverfahren etwa aufgrund neuer Erkenntnisse die Nichtanwendbarkeit des AuslInvestmG herausstellen, komme eine Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 EStG in Betracht.

Insgesamt setzte das FG 289 161,67 sfr, d.h. 354 822,19 DM als Einkünfte i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 18 AuslInvestmG an. Die zum Teil bestehenden ernstlichen Zweifel an der vom FA vorgenommenen Besteuerung der Einnahmen aus der Versorgungskasse führten zu einer Aussetzung des Einkommensteuerbescheids 1999 in Höhe der steuerlichen Auswirkung der Differenz in Höhe von 580 037,81 DM zwischen den bislang aus der Versorgungskasse (lt. Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2004) berücksichtigten 934 860 DM und den nach Auffassung des FG im Aussetzungsverfahren zu berücksichtigenden Einkünften von 354 822,19 DM.

Mit ihrer Beschwerde machen die Antragsteller geltend, dass § 18 Abs. 3 AuslInvestmG nicht anzuwenden sei; jedenfalls bestünden gegen diese Vorschrift gleichheitsrechtliche und europarechtliche Bedenken.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2004 in vollem Umfang bis einen Monat nach einer abschließenden Entscheidung im Klageverfahren 11 K 3788/04 auszusetzen.

Das FA beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde ist zum überwiegenden Teil begründet. Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist über den vom FG berücksichtigten Betrag hinaus auszusetzen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen (§ 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 FGO).

1. Die Vollziehung eines angefochtenen Steuerverwaltungsakts soll auf Antrag ganz oder teilweise ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen (§ 69 Abs. 2 und 3 FGO).

Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts sprechen, gewichtige Umstände zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen auslösen. Dies gilt auch für ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 und 3 FGO an der Verfassungsmäßigkeit einer für den angefochtenen Verwaltungsakt maßgeblichen Norm (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Juni 2003 IV B 47/03, BFHE 202, 346, BStBl II 2003, 661, m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen bestehen im Streitfall über den vom FG berücksichtigten Umfang hinaus ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids.

2. Im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist in Übereinstimmung mit dem FG davon auszugehen, dass die streitigen Auszahlungen der Versorgungskasse gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 18 Abs. 1 und 3 AuslInvestmG zu besteuern sind. In Höhe der Differenz zwischen der Einkommensteuer, die sich bei Anwendung dieser Vorschriften ergibt, und der vom FA festgesetzten (und um die anzurechnenden Steuerbeträge verminderten) Einkommensteuer 1999 ist die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung auszusetzen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids, die eine weiter gehende Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen, ergeben sich darüber hinaus aus einer etwaigen Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG.

a) Gemäß § 18 Abs. 1 AuslInvestmG gehören, sofern die Voraussetzungen von § 17 AuslInvestmG nicht erfüllt sind, Ausschüttungen auf ausländische Investmentanteile sowie die von dem ausländischen Investmentvermögen vereinnahmten, nicht zur Kostendeckung oder Ausschüttung verwendeten Zinsen, Dividenden, Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, sonstigen Erträge und Veräußerungsgewinne (als ausgeschüttet zu behandelnde Erträge) sowie Zwischengewinne i.S. von § 17 Abs. 2a AuslInvestmG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn sie nicht Betriebseinnahmen des Steuerpflichtigen sind.

Ausländische Investmentanteile sind gemäß § 1 Abs. 1 AuslInvestmG Anteile an einem ausländischem Recht unterstehenden Vermögen aus Wertpapieren, Forderungen aus Gelddarlehen, über die eine Urkunde ausgestellt ist, Einlagen oder Grundstücken, das nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist. Es muss sich nicht um einen sog. Publikumsfonds handeln. Ziel der Risikomischung ist die Kapitalwertsicherung (Pfüller/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, 2003, Kommentar, § 1 Rn. 46). Die Gesellschaft will die ihr zufließenden Mittel in einer Vielzahl von Wertpapieren, Grundstücken und/oder sonstigen Vermögensgegenständen i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG anlegen (vgl. BTDrucks V/3494, S. 17). Erfasst sind auch Erträge aus Anteilen an ausländischen Investmentfonds, die im Inland nicht öffentlich vertrieben werden (Brinkhaus/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., vor AuslInvestmG §§ 16 bis 20 Rn. 3). Die Legaldefinition der ausländischen Investmentanteile in § 1 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG umschließt nicht auch das Merkmal des Vertriebs im Wege des öffentlichen Anbietens, der öffentlichen Werbung oder in ähnlicher Weise. Insgesamt umfasst der weite Gesetzeswortlaut von § 1 Abs. 1 AuslInvestmG auch Strukturen, die dem Bild des klassischen Investmentfonds nicht entsprechen (vgl. etwa Brinkhaus in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., AuslInvestmG § 18 Rn. 38).

b) Die Beteiligung der Antragstellerin an der Versorgungskasse erfüllt bei summarischer Prüfung die Voraussetzungen ausländischer Investmentanteile i.S. von § 1 Abs. 1 AuslInvestmG. Nach den Feststellungen des FG und dem Inhalt der Akten ist davon auszugehen, dass der satzungsmäßige Geschäftszweck der Versorgungskasse auf eine entsprechende Geldanlage gerichtet war; der hinter dieser Anlage stehende Versorgungszweck schließt dies nicht aus. Im Hauptsacheverfahren wird jedoch abschließend zu klären sein, inwieweit der objektive Geschäftszweck der Versorgungskasse auf eine Vermögensanlage nach dem Grundsatz der Risikomischung ausgerichtet ist, d.h. auf eine kapitalwertsichernde Geldanlage (vgl. Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Urteil vom 16. Oktober 1979 I C 14.75, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1980, 2482; Pfüller/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., AuslInvestmG § 1 Rn. 45 ff., m.w.N.). Das gilt sowohl hinsichtlich des tatsächlichen Anlageverhaltens der Versorgungskasse als auch für die Frage, inwieweit diese Anlage dem Schutz der Mitglieder und ihrer Hinterbliebenen vor den wirtschaftlichen Folgen des Alters und Todes dient.

Das Vermögen der Versorgungskasse ist in der Weise ideell geteilt, die eine Zuordnung zu einer Vielzahl von Einzelpersonen zulässt (vgl. Pfüller/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., AuslInvestmG § 1 Rn. 27). Denn nach Art. 7 Abs. 2 der Satzung der Versorgungskasse wird der Kapitalwert durch die Anzahl der bestehenden Anteile der Mitglieder aufgeteilt; das Kapital wird den einzelnen Mitgliedern zugeteilt.

c) Die Versorgungskasse erfüllt weder die Voraussetzungen des § 17 AuslInvestmG (sog. "weißer" Investmentfonds), noch handelt es sich um einen sog. "grauen" Fonds i.S. des § 18 Abs. 2 AuslInvestmG. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Fonds, der nicht i.S. von § 17 AuslInvestmG registriert ist, die ausgeschütteten und die ausschüttungsgleichen Gewinne sowie die Zwischengewinne nachweist und zusätzlich einen steuerlichen Vertreter im Inland bestellt. Zu den nach § 18 Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 AuslInvestmG in deutscher Sprache nachzuweisenden Besteuerungsgrundlagen gehören insbesondere die aufgegliederten Gesamterträge und Gesamtkosten des Investmentvermögens sowie die anzurechnenden ausländischen Steuern (Brinkhaus in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., AuslInvestmG § 18 Rn. 28; Baur, Investmentgesetze, Kommentar, 2. Aufl., AuslInvestmG § 18 Rdnr. 25). Die von den Antragstellern vorgelegten Kontenstandslisten können nicht als ausreichender Nachweis i.S. des § 18 AuslInvestmG angesehen werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass für die Versorgungskasse kein steuerlicher Vertreter bestellt ist. Damit bestimmt sich die Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG, der die Besteuerung sog. "schwarzer" Fonds regelt.

aa) Gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG sind unter den dort genannten Voraussetzungen beim Empfänger als Einkünfte aus Kapitalvermögen die Ausschüttungen auf ausländische Investmentanteile sowie 90 v.H. des Mehrbetrages anzusetzen, der sich zwischen dem ersten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis eines ausländischen Investmentanteils ergibt. Mindestens sind 10 v.H. des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises anzusetzen. Nach § 18 Abs. 3 Satz 3 AuslInvestmG gilt der nach Satz 1 anzusetzende Teil des Mehrbetrages mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres als zugeflossen.

bb) Im Fall der Rückgabe von ausländischen Investmentanteilen sind gemäß § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG 20 v.H. des Entgelts für die Rückgabe anzusetzen. Die Anknüpfung an das Entgelt für die Rückgabe tritt an die Stelle der bei den sog. "weißen" und "grauen" Fonds i.S. von § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 2 AuslInvestmG geregelten Zwischengewinnbesteuerung (vgl. z.B. Brinkhaus in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., AuslInvestmG § 18 Rn. 53).

3. Im Streitfall ist --entgegen der Ansicht des FG-- keine Besteuerung der Ausschüttungen und ausschüttungsgleichen Erträge nach § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG vorzunehmen. Die vom FG ermittelten Einkünfte der Antragstellerin i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 18 AuslInvestmG sind deshalb um den vom FG angesetzten Mindestbetrag nach § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG in Höhe von 10 v.H. des Rückgabeentgelts (97 105,37 sfr = 119 155,28 DM) zu vermindern. Denn die als ausgeschüttet zu behandelnden (pauschal ermittelten) Beträge i.S. des § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG gelten gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 AuslInvestmG als mit Ablauf des Geschäftsjahrs, in dem sie vereinnahmt wurden, zugeflossen. Die Antragstellerin war zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr Inhaberin der Anteile. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes war danach im Streitfall der Pauschalbetrag des § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG nicht anzusetzen (vgl. auch Brinkhaus in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., AuslInvestmG § 18 Rn. 52).

4. Bei summarischer Prüfung ist mit dem FG davon auszugehen, dass die Rückgabe der Anteile der Antragstellerin nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG zu besteuern ist. Als Rückgabe i.S. des § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG ist jede Beendigung der Zugehörigkeit zur ausländischen Investmentgesellschaft gegen Entgelt zu verstehen. Nach dieser Vorschrift sind pauschal 20 v.H. des Entgelts für die Rückgabe der Anteile als Einnahmen aus Kapitalvermögen anzusetzen. Im Streitfall wären danach 20 v.H. des Rückgabepreises von 971 053,74 sfr, also 194 210,74 sfr (= 238 310,56 DM) zu versteuern.

5. Es bestehen jedoch ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit des § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

a) § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG fingiert einen Zwischengewinn, der bei inländischen Fonds gemäß §§ 39 Abs. 1 a, 43c des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) sowie bei "weißen" und "grauen" ausländischen Investmentfonds gemäß § 17 Abs. 2a AuslInvestmG bzw. § 18 Abs. 1 i.V.m. § 17 Abs. 2a AuslInvestmG realitätsgerecht erfasst wird. Bei den nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG zu besteuernden Einkünften tritt die Rechtsfolge der Fiktion unabhängig von den tatsächlichen Fondserträgen und Wertzuwächsen sowie der Besitzdauer ein (vgl. Baur, a.a.O., § 18 AuslInvestmG Rdnr. 39).

b) Im Streitfall erschließt sich nicht mit hinreichender Klarheit, dass der nach § 18 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative AuslInvestmG erforderliche Nachweis in deutscher Sprache erbracht ist (s. auch II.2.c). Die gleichheitsrechtliche Prüfung hat sich deshalb auf eine Fallgestaltung zu beziehen, bei der der Nachweis nach § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 bzw. Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative AuslInvestmG als nicht einwandfrei erbracht anzusehen ist.

Die maßgebliche Ungleichbehandlung i.S. von Art. 3 Abs. 1 GG besteht darin, dass es eine § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG entsprechende Pauschalbesteuerung weder für inländische Investmentanteile noch für ausländische i.S. von §§ 17, 18 Abs. 1 AuslInvestmG gibt, bei denen Zwischengewinne in tatsächlicher Höhe angesetzt werden. Die summarische Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ist dabei auf das Nachweiserfordernis des § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 AuslInvestmG sowie die Pauschalsteuer nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG zu beschränken.

c) Bei nicht ausreichendem Nachweis der Besteuerungsgrundlagen i.S. von § 18 Abs. 2 Satz 1 AuslInvestmG ersetzt die Pauschalsteuer nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG eine etwaige Schätzung des Zwischengewinns i.S. von § 162 der Abgabenordnung (AO 1977). Zwar ergeben sich bei Inlandsfonds und weißen Fonds keine parallelen Nachweisprobleme wie bei schwarzen Fonds. Denn nach § 41 Abs. 4 KAGG sind inländische Investmentgesellschaften verpflichtet, den Zwischengewinn börsentäglich zu ermitteln und mit dem Rücknahmepreis zu veröffentlichen. Gleiches gilt gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 3 AuslInvestmG für weiße Fonds. Auch für graue Fonds wird nach § 18 Abs. 2 AuslInvestmG ein Nachweis verlangt, den die ausländische Investmentgesellschaft typischerweise erbringt, indem sie mit den Finanzbehörden unmittelbar in Beziehung tritt (Baur, a.a.O., § 18 AuslInvestmG Rdnr. 24, m.w.N.). Dass daneben auch dem Anteilseigner die Möglichkeit eröffnet ist, die Besteuerungsgrundlagen nachzuweisen, rechtfertigt nach der Systematik des § 18 Abs. 2 AuslInvestmG --insbesondere im Vergleich zu den hohen Anforderungen bei weißen Fonds, die insoweit denen bei inländischen Fonds entsprechen-- keine geringeren Anforderungen an den Nachweis. Insoweit schafft die Pauschalierung den Ausgleich dafür, dass sich der schwarze Fonds den strengen Anzeige- und Nachweispflichten von § 17 Abs. 3 AuslInvestmG nicht unterwirft.

Geht man aber bei summarischer Prüfung zu Gunsten der Antragsteller davon aus, dass der individuellen Nachweismöglichkeit systematisch auch eine individualisierte Art des Nachweises entsprechen müsse, so spricht dies für eine Schätzung nach § 162 AO 1977.

d) Die mit der Pauschalsteuer des § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG verbundene Abweichung von einer individuellen Schätzung nach § 162 AO 1977 ist bei summarischer Prüfung nicht durch Praktikabilitätserwägungen gerechtfertigt (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, 6, BStBl II 1997, 518). Sie überschreitet die Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers bei gesetzlichen Typisierungen. Im Rahmen der Typisierung darf der Gesetzgeber zwar gerade im Steuerrecht Besonderheiten des Einzelfalls unberücksichtigt lassen, um letztlich Besteuerungsgleichheit zu verwirklichen. Die entsprechenden Praktikabilitäts- und Vereinfachungsmaßnahmen müssen jedoch zur Erreichung des Vereinfachungszwecks geeignet und erforderlich sein und dürfen keine unverhältnismäßigen Wirkungen nach sich ziehen (BVerfG-Urteil vom 25. September 1992 2 BvL 5/91, 8/91, 14/91, BVerfGE 87, 153, 172; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 96, 16, BStBl II 1997, 518, jeweils m.w.N., sowie BFH-Urteil vom 5. November 2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646). Insbesondere darf kein größerer Kreis von der Ungleichbehandlung betroffen sein. Im Einzelfall auftretende unbillige Härten können im Hinblick auf die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses (§ 227 AO 1977) hingenommen werden.

Bei summarischer Beurteilung ist im Streitfall nicht erkennbar, dass die Pauschalierung gemäß § 18 Abs. 3 AuslInvestmG dem typischen Fall einer individuellen Schätzung von Zwischengewinnen hinreichend nahe kommt (vgl. dazu auch Brinkhaus in Brinkhaus/ Scherer, a.a.O., § 18 Rn. 42, 43, 53 f., m.w.N.). Hiergegen spricht auch, dass der Gesetzgeber diese Pauschale im Rahmen von (§ 5 Abs. 3,) § 6 des Investmentgesetzes (InvStG) korrigiert hat (vg. BRDrucks 609/03, S. 295, 298 f, 310).

e) Den gleichheitsrechtlichen Bedenken gegen § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes durch eine möglichst realitätsgerechte Erfassung des nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG zu besteuernden Zwischengewinns Rechnung zu tragen. Der Senat schätzt den Zwischengewinn bei summarischer Prüfung mangels anderer zuverlässiger Anhaltspunkte auf 5 v.H. des Rückgabepreises (971 053,74 sfr), d.h. 48 552,69 sfr = 59 577,64 DM.

Bei der Ermittlung des anzusetzenden Betrages bestehen im summarischen Verfahren keine Bedenken gegen die Berücksichtigung der geltend gemachten Verwaltungskosten in Höhe von 2 154,45 sfr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

6. Im Streitfall ergeben sich keine weiter gehenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids im Hinblick auf eine mögliche Europarechtswidrigkeit des § 18 Abs. 2, Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG (Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 73b Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EGV-- = Art. 56 Abs. 1 nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften --EG--, sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1). Bei summarischer Beurteilung spricht schon der Umstand, dass es sich bei der Versorgungskasse um einen schweizer Investmentfonds handelt, gegen eine Unvereinbarkeit des § 18 Abs. 2 und 3 AuslInvestmG mit europarechtlichen Normen.

Zwar sind Beschränkungen des Kapitalverkehrs i.S. von Art. 56 EG nicht nur zwischen Mitgliedstaaten, sondern auch im Verhältnis zur Schweiz als Drittland grundsätzlich verboten (vgl. dazu Brinkhaus/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., vor §§ 16 bis 20 AuslInvestmG Rn. 69, m.w.N.). Jedoch sind diese Beschränkungen im Verhältnis zu Drittstaaten nach Art. 57 EG zulässig, soweit sie im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bereits mindestens seit dem 31. Dezember 1993 bestehen. Kapitalanlagegesellschaften erbringen insoweit Finanzdienstleistungen (Brinkhaus/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., vor §§ 16 bis 20 AuslInvestmG Rn. 70, m.w.N.). Dies ist bei summarischer Prüfung auch für die C.P.I.C. anzunehmen. Das AuslInvestmG gilt seit 1969 (BGBl I 1969, 986), § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG ab 30. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50, 71). Danach ist bei summarischer Prüfung --unabhängig davon, ob grundsätzlich von einer geminderten Schutzintensität des Art. 56 EG gegenüber Drittstaaten auszugehen ist, jedenfalls im Streitfall eine Verletzung von Art. 56 EG zu verneinen.

7. Die Rückgabe der Anlage ist nach dem DBA-Schweiz vom 11. August 1971 (BGBl II 1971, 2, 1022) nicht freigestellt. Zutreffend hat das FG insoweit die Vorschriften für Ausschüttungen aus Kapitalanlagegesellschaften (Art. 10 Abs. 1, 2 und 6 DBA-Schweiz) bzw. für Veräußerungsgewinne (Art. 13 Abs. 3 DBA-Schweiz) herangezogen, welche beiden Vertragsstaaten das Besteuerungsrecht zuweisen. Gemäß § 19 Abs. 1 AuslInvestmG, § 34c EStG ist die einbehaltene schweizer Quellensteuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen. Die im Streitfall erhobene Quellensteuer ist jedoch nicht in vollem Umfang, sondern nach § 34c EStG nur anteilig entsprechend den geminderten ausländischen Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl. II.5.) anzusetzen.

Ende der Entscheidung

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