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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.07.1998
Aktenzeichen: VIII B 59/98
Rechtsgebiete: AO 1977, EStG, FGO, AO


Vorschriften:

AO 1977 § 174 Abs. 4
AO 1977 § 179 Abs. 3
EStG § 16
EStG § 34
EStG § 16 Abs. 4
FGO § 68
FGO § 79a Abs. 1 Nr. 1
FGO § 74
AO § 179 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat gegen den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am 6. März 1997 einen Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 1982 erlassen, durch den der ursprüngliche Feststellungsbescheid vom 17. Mai 1985 geändert wurde. Der Bescheid betrifft die Einkünfte der aufgelösten A-KG (KG), an der der Kläger als Kommanditist beteiligt war. In diesem Bescheid, der aufgrund der Änderungsvorschrift des § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangen ist, werden für die KG gewerbliche Einkünfte in Höhe von 421 082 DM festgestellt. Diese Einkünfte hat das FA in voller Höhe als Gewinnanteil des Klägers aus der Auflösung seines negativen Kapitalkontos festgestellt. Für die beiden weiteren ehemaligen Gesellschafter werden Gewinnanteile von 0 DM festgestellt. In der Anlage ESt 3 BM (93) zum Feststellungsbescheid hat das FA die Spalte b) "Anteile an Veräußerungsgewinnen" nicht ausgefüllt. Der Gewinnanteil des Klägers ist in der Anlage in der Spalte Nr. 5 ("Vergütungen für Tätigkeiten im Dienst der Gesellschaft oder der Gemeinschaft") als Anteil an "a) laufenden Einkünften" mit dem erläuternden Zusatz "Auflösung neg. Kapitalkonto XY" erfaßt. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1997 Klage erhoben.

Mit seinem Hauptantrag begehrt der Kläger die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Feststellungsbescheides, weil die Voraussetzungen für den Erlaß eines erstmaligen Feststellungsbescheides nach § 174 Abs. 4 AO 1977 nicht erfüllt seien. Hilfsweise beantragt er, den festgestellten Gewinn als tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn nach §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) festzustellen.

Aufgrund dieses Hilfsantrags erließ das FA mit Schreiben vom 18. Februar 1998, das an den Prozeßbevollmächtigten des Klägers gerichtet ist, einen weiteren Feststellungsbescheid 1982 mit folgendem Inhalt: "Aufgrund Ihres anläßlich des Klageverfahrens in der Feststellungssache 1982 gestellten Antrags ... ergänze ich den am 6. März 1997 ergangenen Feststellungsbescheid 1982, soweit er auf ... Herrn XY entfällt, wie folgt: Der Gewinnanteil von 421 084 DM für 1982 ist als Aufgabegewinn zu versteuern. Die steuerfrei bleibenden Teile des Aufgabegewinns (Spalte 16 der Anlage ESt 3 BM (93) werden bei der Einkommensteuerveranlagung nach Maßgabe der persönlichen Verhältnisse des XY berücksichtigt. ... Weiterhin wird der Feststellungsbescheid 1982 vom 6. 3. 97 wie folgt ergänzt: Der Bescheid ändert den Feststellungsbescheid 1982 vom 17. 5. 85 gemäß § 174 Abs. 4 AO (Abgabenordnung)." In der dem Bescheid vom 18. Februar 1988 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung wird der Kläger darauf hingewiesen, daß gegen den Bescheid der Rechtsbehelf des Einspruchs zulässig ist. Der Kläger wird ferner darüber belehrt, daß er den Bescheid innerhalb eines Monats durch Erklärung nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens machen könne. Mit Schreiben an das FA vom 19. März 1998 hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers gegen den "Ergänzungsbescheid (§ 179 Abs. 3 AO) vom 18.02.1998" Einspruch eingelegt mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben.

Durch Beschluß des Einzelrichters nach § 79a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 FGO vom 1. April 1998 hat das Finanzgericht (FG) das Klageverfahren gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1982 bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens gegen den Änderungsbescheid vom 18. Februar 1998 ausgesetzt. In den Gründen führt der Einzelrichter aus, bei der Ergänzung des Bescheides vom 6. März 1997 durch den Verwaltungsakt vom 18. Februar 1998 handelte es sich um einen Änderungsbescheid i.S. von § 68 FGO (Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. März 1993 VIII B 96/92, BFH/NV 1993, 711). Einen Antrag nach § 68 FGO habe der Kläger nicht gestellt. Das anhängige Klageverfahren sei daher nach § 74 FGO bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Änderungsbescheid vom 18. Februar 1998 auszusetzen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Klägers, der das FG nicht abgeholfen hat.

Der Kläger macht geltend, sein Einspruch gegen den Bescheid vom 18. Februar 1998 berühre nicht das anhängige Klageverfahren gegen den Feststellungsbescheid vom 6. März 1997. Dieser sei als selbständig anfechtbarer Ergänzungsbescheid i.S. von § 179 Abs. 3 AO 1977 zu beurteilen. Die Voraussetzungen einer Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO seien daher nicht erfüllt.

Er beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Das FA beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht das Klageverfahren gegen den Gewinnnfeststellungsbescheid 1982 vom 6. März 1987 bis zum Abschluß des Verfahrens gegen den geänderten Feststellungsbescheid 1982 vom 18. Februar 1998 ausgesetzt. Das folgt aus einer sinngemäßen Anwendung des § 74 FGO. Nach dieser Vorschrift kann das FG, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei. Der BFH wendet diese Vorschrift entsprechend an, wenn der angefochtene Bescheid während des anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens geändert wird und der Kläger den Änderungsbescheid mit dem Einspruch oder der Klage angreift, ohne einen Antrag nach § 68 FGO zu stellen (st. Rspr. des BFH seit dem Beschluß des Großen Senats vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Er ist dabei davon ausgegangen, daß der Berichtigungsbescheid den ursprünglichen Bescheid in seinen Regelungsgehalt mit aufnehme. Der ursprüngliche Bescheid werde in dem Umfang, in dem er in den Berichtigungsbescheid aufgenommen sei, in seiner Wirkung suspendiert und bleibe dies für die Dauer der Wirksamkeit des Änderungsbescheides.

Für die Frage der Aussetzung des Klageverfahrens gegen den ursprünglich angefochtenen Bescheid ist allein von Bedeutung, ob ein Änderungsbescheid den ursprünglichen Bescheid formell geändert oder ersetzt hat (BFH-Beschluß vom 16. Januar 1991 IV B 23/88, BFH/NV 1992, 390). Diese Frage hat das FG zutreffend bejaht. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei dem Bescheid vom 18. Februar 1998 nicht nur um einen Ergänzungsbescheid nach § 179 Abs. 3 AO 1977, der nach Auffassung des I. Senats nicht gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 1987 I R 381/83, BFH/NV 1989, 141; vgl. aber Urteil vom 16. März 1988 I R 188/84, BFHE 153, 219, BStBl II 1988, 683). Zwar ergänzt der Bescheid vom 18. Februar 1998 den Feststellungsbescheid vom 6. März 1997 insofern, als er erstmals Feststellungen über die Aufteilung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG trifft. Hinsichtlich der übrigen Feststellungen zum Gewinnanteil des Klägers handelt es sich jedoch um einen Änderungsbescheid. Das FA hatte im angefochtenen Feststellungsbescheid den Anteil des Klägers an den gewerblichen Einkünften der KG in vollem Umfang den "laufenden Einkünften" zugewiesen. Laufender Gewinn und steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn schließen sich gegenseitig aus (BFH-Urteil vom 26. November 1975 I R 44/74, BFHE 117, 539, BStBl II 1976, 304). Die nachträglich getroffene Feststellung im Bescheid vom 18. Februar 1998, es handele sich bei dem für den Kläger festgestellten Gewinn um einen begünstigten Veräußerungsgewinn, ändert deshalb notwendig die im Bescheid vom 6. März 1997 festgestellte Besteuerungsgrundlage "Anteil des Klägers an den laufenden Einkünften". Einer sinngemäßen Anwendung des § 74 FGO steht im Streitfall nicht entgegen, daß der Bescheid vom 18. Februar 1998 den Regelungsgehalt des mit der Klage angefochtenen Feststellungsbescheides nicht nur in einem Änderungsbescheid, sondern auch in einem Ergänzungsbescheid aufgenommen hat (vgl. BFH-Beschluß vom 13. März 1985 II B 32/84, BFH/NV 1986, 221).

Ende der Entscheidung

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