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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.12.2002
Aktenzeichen: VIII B 77/02
Rechtsgebiete: FGO, GG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 104 Abs. 1
FGO § 104 Abs. 2
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757).

Gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen in der Begründung der Beschwerde die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden, d.h. in der Beschwerdeschrift muss entweder dargetan werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert, oder dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.

1. Entgegen der Auffassung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, der zur Zulassung der Revision führt, nicht gegeben.

a) Insbesondere liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) auf Grund einer Überraschungsentscheidung des Finanzgerichts (FG) vor. Eine solche ist nach der Rechtsprechung des BFH anzunehmen, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 29. Mai 1991 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188; BFH-Urteil vom 17. Februar 1998 VIII R 28/95, BFHE 186, 29, BStBl II 1998, 505; Senatsurteil vom 23. Februar 2000 VIII R 80/98, BFH/NV 2000, 978). Im Streitfall ist eine Überraschungsentscheidung bereits deshalb zu verneinen, weil das FG ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 19. Februar 2002 die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich erörtert und sich in den Urteilsgründen insbesondere mit dem Problem der Versteuerung der Zinsen aus dem Sparkassenbrief einschließlich der von den Klägern erhobenen Einwendungen auseinander gesetzt hat. Im Übrigen hat das FG auf die von ihm vertretene Rechtsauffassung bereits in der Terminsladung vom 21. Januar 2002 hingewiesen. Wenn der Kläger diese Rechtsauffassung des FG als unzutreffend rügt, verkennt er, dass er damit keinen Verfahrensfehler, sondern falsche materielle Rechtsanwendung geltend macht. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann er damit nicht gehört werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1998 X B 132/98, BFH/NV 1999, 510; vom 4. August 1999 IV B 96/98, BFH/NV 2000, 70).

b) Die Rüge, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, weil es die Akten des Landgerichts ... und die Akten des Nachlassgerichts nicht beigezogen habe, ist nicht zulässig erhoben. Bei einer derartigen Rüge bedarf es der Darlegung, welche Tatsachen sich aus den vom FG nicht beigezogenen Akten voraussichtlich ergeben hätten und welchen Einfluss diese Tatsachen auf das Entscheidungsergebnis hätten haben können (BFH-Beschluss vom 6. Mai 1998 II B 109/97, BFH/NV 1998, 1498). Der bloße Hinweis, das FG wäre bei einer Auswertung dieser Akten betreffend die Versteuerung der Zinsen aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem anderen Ergebnis gekommen, reicht dafür nicht aus, zumal das FG ausweislich der Urteilsgründe den Vortrag des Klägers hinsichtlich der Umstände der Zuwendung des Sparkassenbriefes als richtig unterstellt hat. Das folgt bereits aus dem zweiten Absatz des Tatbestandes des angefochtenen Urteils. Der Umstand, dass das FG hinsichtlich der Versteuerung der Zinsen aus dem Sparkassenbrief eine andere rechtliche Auffassung als die Kläger vertritt, reicht --wie oben bereits ausgeführt-- für die Zulassung der Revision nicht aus.

c) Auch die Rüge, das FG hätte am Tage der mündlichen Verhandlung kein klageabweisendes Urteil verkünden dürfen, nachdem es die mündliche Verhandlung mit dem Hinweis geschlossen habe, den Beteiligten werde eine Entscheidung schriftlich zugehen, ist nicht geeignet, einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zu bezeichnen. Denn abgesehen davon, dass dieser Umstand durch den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom Februar 2002 nicht belegt wird und es sich bei der Verkündung eines Urteils nach § 104 Abs. 1 FGO und der Zustellung nach § 104 Abs. 2 FGO lediglich um zwei gleichwertige Bekanntgabevarianten des Urteils handelt (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 104 Rz. 8), erfordert die Rüge eines Verfahrensmangels nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO den schlüssigen Vortrag, inwiefern das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruht, es also ohne den Verfahrensfehler möglicherweise anders ausgefallen wäre (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 49, m.w.N.). Dazu fehlt jegliches Vorbringen.

2. Ebenso wenig haben die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., vgl. zu den Anforderungen Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 23 ff.; BFH-Beschluss vom 31. Mai 2000 IV B 55/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). U.a. sind Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung, s. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. November 1989 VII S 10/89, BFH/NV 1990, 585, 586; vom 25. Mai 1999 V B 162/98, BFH/NV 1999, 1497, sowie vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Denn insbesondere eine Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zum Problem der Versteuerung von Zinsen aus vom Erblasser angeschafften Wertpapieren vertretenen Auffassungen fehlt gänzlich. Inhaltlich wendet sich die Beschwerdeschrift vielmehr gegen die vom FG vertretene Rechtsauffassung. Wie bereits ausgeführt rechtfertigen (etwaige) Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts jedoch nicht die Zulassung der Revision.

3. Die Kläger haben auch nicht dargelegt, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative FGO). Dazu fehlt in der Beschwerdeschrift jeglicher substantiierter Vortrag.

Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz FGO).



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