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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.07.1998
Aktenzeichen: VIII B 82/97
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht begründet. Dabei kann der Senat offen lassen, ob alle gerügten Abweichungen ausreichend "bezeichnet" i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind. Jedenfalls weicht das erstinstanzliche Urteil nicht von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) ab.

1. Eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) in dem angefochtenen Urteil einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem --ebenfalls tragenden-- abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht (ständige Rechtsprechung; vgl. Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und vom 18. Januar 1991 VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309, m.w.N.). Ein abstrakter Rechtssatz in diesem Sinne muß nicht notwendig nach Art eines Leitsatzes in den Gründen des angefochtenen Urteils formuliert sein; er kann sich auch aus scheinbar nur fallbezogenen Rechtsausführungen des FG ergeben. Auch in diesem Fall muß sich jedoch der vom FG konkludent aufgestellte Rechtssatz deutlich aus dem gedanklichen Zusammenhang der Entscheidungsgründe entnehmen lassen. Aus diesem Grund liegt keine Divergenz vor, wenn ein FG eine Rechtsfrage nicht stillschweigend entschieden, sondern übersehen hat (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479; vom 24. Oktober 1990 II B 31/90, BFHE 162, 483, BStBl II 1991, 106; vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671, und vom 31. Oktober 1996 VIII B 42/96, BFH/NV 1997, 490). Ebenfalls liegt keine Divergenz vor, wenn das FG --ohne einen abstrakten Rechtssatz aufzustellen-- das "Gesamtbild der Verhältnisse" des Einzelfalls tatsächlich würdigt und dabei trotz teilweise vergleichbarer Umstände zu einem anderen Ergebnis als in einem vom BFH entschiedenen Fall kommt (§ 118 Abs. 2 FGO).

2. Die Beschwerde macht geltend, das FG sei konkludent von höchstrichterlichen Rechtsgrundsätzen abgewichen. Indes läßt die Entscheidung des FG die behaupteten Abweichungen nicht erkennen.

In den Urteilen vom 23. November 1988 X R 1/86 (BFHE 155, 521, BStBl II 1989, 376) und vom 29. April 1993 IV R 88/92 (BFH/NV 1994, 694) hat der BFH --ausgehend von der ständigen Rechtsprechung, daß die Abgrenzung Teilbetrieb/unselbständiger Betriebsteil eine Beurteilung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beim Veräußerer erfordert-- entschieden, daß trotz enger räumlicher Verbindung und einer gewissen Überschneidung der Tätigkeiten zwei Teilbetriebe vorliegen können. Im Urteil vom 15. März 1984 IV R 189/81 (BFHE 140, 563, BStBl II 1984, 486) bestätigte der BFH das Ergebnis der Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse durch ein FG, denn er hielt es nicht für zwingend erforderlich, daß für einen Teilbetrieb eine eigene Buchführung erstellt wird. Neben den sonstigen für einen Teilbetrieb sprechenden Umständen war es daher ausreichend, daß in den Büchern eigene Aufwands- und Ertragskonten und ein eigener Debitorenbereich geführt wurde. Weiterhin erfordert nach dem BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 62/87 (BFHE 158, 48, BStBl II 1989, 973) eine Teilbetriebsveräußerung nicht, daß der Veräußerer seine gewerbliche Tätigkeit in vollem Umfang beendet. Der Verkauf einer von zwei Tankstellen konnte daher vom FG als Teilbetriebsveräußerung gewürdigt werden.

Gegen eine konkludente Abweichung von diesen Grundsätzen spricht, daß das FG in den Entscheidungsgründen zunächst die allgemeinen Rechtsgrundsätze, von denen es ausgegangen ist, dargelegt und zu ihrer Begründung u.a. auch die o.g. Rechtsprechung (mit Ausnahme des Urteils in BFH/NV 1994, 694) ausdrücklich zitiert hat. Dagegen sind keine Gesichtspunkte dafür erkennbar, daß das FG bei der anschließenden Anwendung der allgemeinen Rechtssätze auf den Sachverhalt des Streitfalls stillschweigend nach anderen --abweichenden-- Kriterien entschieden hat.

Hinzu kommt, daß das FG auf das Gesamtbild der Verhältnisse beim Veräußerer abstellt und als Indizien --neben anderen Umständen-- die örtliche Trennung, die (gesonderte) Buchführung und den eigenen Kundenstamm anführt. Dieser rechtliche Ausgangspunkt entspricht der BFH-Rechtsprechung. Eine Abweichung kann sich dagegen nicht daraus ergeben, daß der BFH in den o.g. Urteilen FG-Entscheidungen bestätigte, bei denen die Berücksichtigung dieser Kriterien zur Annahme von Teilbetrieben führten, während im Streitfall das FG einen Teilbetrieb verneint hat. Das FG hat sein Urteil auf die räumliche Nähe zur Firmenzentrale und die organisatorischen Verflechtungen gestützt. Ferner hat es auf die Besonderheiten der Buchführung und des Wettbewerbsverbots abgestellt. Eine hiergegen gerichtete Divergenzrüge kann grundsätzlich keinen Erfolg haben. Denn mit der Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse des Streitfalls stellt das FG keinen abstrakten Rechtssatz auf. Vielmehr ist die Würdigung einerseits einzelfallbezogen und gehört andererseits zum Bereich der Tatsachenfeststellungen durch das FG, an die der Senat grundsätzlich gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 118 Rz. 23).

Im übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.



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