Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.03.2006
Aktenzeichen: VIII B 98/01
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 16 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Im Streitfall ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Rechtsfortbildung nicht erforderlich. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass eine allgemeine, für alle Fallgruppen geltende zeitliche Obergrenze für Betriebsunterbrechungen nicht besteht.

a) Eine Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetz (EStG) setzt u.a. voraus, dass der Unternehmer die bisher entfaltete gewerbliche Tätigkeit endgültig einstellt. Andernfalls ist die Einstellung der Tätigkeit als Betriebsunterbrechung zu beurteilen, die den Fortbestand des Betriebs unberührt lässt. Die Unterbrechung des Betriebs kann darin bestehen, dass der Betriebsinhaber die wesentlichen Betriebsgrundlagen --in der Regel einheitlich an einen anderen Unternehmer-- verpachtet oder darin, dass er die gewerbliche Tätigkeit ruhen lässt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, und vom 22. September 2004 III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160). Beides setzt voraus, dass der bisherige Betriebsinhaber die Absicht hat, die gewerbliche Tätigkeit künftig wieder aufzunehmen und fortzuführen. Es reicht aber aus, wenn die Absicht durch einen Rechtsnachfolger verwirklicht werden soll (BFH-Urteile vom 27. Februar 1985 I R 235/80, BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456, und vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; BFH-Beschluss vom 18. Juli 2003 IV B 60/03, BFH/NV 2004, 31). Der Steuerpflichtige kann die endgültige Aufgabe des Betriebs während der Dauer der Verpachtung jederzeit erklären. Solange eine Aufgabeerklärung nicht abgegeben wird, geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Absicht besteht, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter dies ermöglichen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; BFH-Urteil in BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456; Senatsurteil vom 17. April 1997 VIII R 2/95, BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388).

b) Zwar ist begrifflich von einer Unterbrechung nur auszugehen, wenn dieser Zustand zeitlich begrenzt ist. Dies setzt voraus, dass der Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums wieder aufgenommen werden soll (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392, m.w.N.). Der BFH hat es aber abgelehnt, insofern eine feste zeitliche Grenze anzunehmen. Er geht lediglich davon aus, dass die zulässige Höchstdauer der Unterbrechung in Fällen des ruhenden, wie des verpachteten Gewerbebetriebs gleich lang sein müsse, da es sich um Unterfälle derselben Fallgruppe handele. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls (vgl. BFH-Urteil vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276). Dies entspricht der ganz überwiegenden Ansicht im Schrifttum (vgl. Hörger/Rapp in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 16 Rn. 81a; Kulosa in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 16 EStG Anm. 417; Schoor, Finanz-Rundschau --FR-- 1994, 449, 452; Stahl in Korn, § 16 EStG Rz. 275; Blümich/Stuhrmann, § 16 EStG Rz. 331; Schmidt/Wacker, EStG, 24. Aufl., § 16 Rz. 181; Wendt, FR 1998, 264, 272; a.A.: Paus, FR 2004, 198, 200).

In Anwendung dieser Grundsätze hat es der beschließende Senat für die Annahme einer Betriebsunterbrechung als unschädlich angesehen, dass zwischen der Einstellung der Produktion und der Veräußerung der Betriebsgrundstücke 25 Jahre lagen (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Oktober 1998 VIII B 43/97, BFH/NV 1999, 350; offen gelassen vom IX. Senat im Urteil vom 3. Juni 1997 IX R 2/95, BFHE 183, 413, BStBl II 1998, 373 für 23-jährige Betriebsunterbrechung). Für den gewerblichen Grundstückshandel ist der BFH sogar noch bei der Bestellung eines 99-jährigen Erbbaurechts an allen zum Umlaufvermögen gehörenden Grundstücken von einer Betriebsunterbrechung ausgegangen (BFH-Urteil vom 22. April 1998 XI R 28/97, BFHE 186, 210, BStBl II 1998, 665; vgl. auch BFH-Urteil vom 11. März 2003 IX R 77/99, BFH/NV 2003, 911). Ist der zeitliche Rahmen, innerhalb dessen der Betrieb an den Steuerpflichtigen zurückfällt, allerdings so weit in die Zukunft verlagert, dass er mehrere Generationen umspannt, kann im Regelfall nicht mehr von einem ruhenden Gewerbebetrieb ausgegangen werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. Februar 2004 III R 1/03, BFH/NV 2004, 1231).

c) Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben keine Gründe aufgezeigt, die eine Revision dieser Grundsätze erforderlich machen. Insbesondere ergibt sich allein aus dem Umstand, dass die Frist von 30 Jahren im Verjährungsrecht Bedeutung hat, keine Veranlassung, die zulässige Höchstdauer einer Betriebsunterbrechung auf diesen Zeitraum zu begrenzen. Die im Streitfall demnach entscheidende Frage, ob die Kläger bis zur Veräußerung der Betriebsgrundstücke in der Lage gewesen wären, den ruhenden Gewerbebetrieb als solchen wieder aufzunehmen, hängt entscheidend von den tatsächlichen Besonderheiten des Einzelfalls ab (vgl. auch: BFH-Beschlüsse vom 5. Februar 2003 VIII B 134/01, BFH/NV 2003, 909; vom 29. Juli 2003 X B 12/03, BFH/NV 2003, 1575, und vom 1. März 2005 X B 53/04, juris). Die Würdigung des Finanzgerichts (FG), wonach im Streitfall beim Abschluss des Unternehmenspachtvertrags (Kfz-Handel mit Vertragswerkstatt) im Jahr 1975 (mit einer festen Laufzeit von 30 Jahren und einer Verlängerungsoption zu Gunsten des Pächters für weitere 10 Jahren) noch von einer Betriebsunterbrechung auszugehen war, kann mit der Revision nicht angegriffen werden.

2. Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt ebenfalls nicht vor. Das FG hat im Ergebnis angenommen, dass nach dem Konkurs des ersten Pächters und dem Abschluss eines weiteren Pachtvertrags im Jahr 1986 auch weiterhin eine Betriebsverpachtung vorgelegen habe, obwohl die ursprünglich vorhandene Werkstatteinrichtung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden gewesen und auch nicht mitverpachtet worden sei. Es hat jedoch nicht --wie die Kläger behaupten-- verfahrensfehlerhaft einen speziellen Erfahrungssatz ungeprüft angewandt, wonach die Reparaturwerkstatt für einen Kfz-Vertragshandel generell nur noch von untergeordneter Bedeutung ist. Selbst wenn ein Satz der Entscheidungsgründe in diesem Sinne zu verstehen sein sollte, beruht das Urteil ersichtlich nicht auf dieser Erwägung. Vielmehr hat das FG ausführlich und nachvollziehbar im Einzelnen begründet, weshalb die Werkstatteinrichtung speziell in dem zu entscheidenden Fall für die Wiederaufnahme der ursprünglichen gewerblichen Tätigkeit nicht mehr von wesentlicher Bedeutung war.



Ende der Entscheidung

Zurück