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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 13.07.1999
Aktenzeichen: VIII R 29/97
Rechtsgebiete: BGB, FGO, EStG, AO 1977


Vorschriften:

BGB § 1795 Abs. 2
BGB § 1629 Abs. 2
BGB § 181
BGB § 184 Abs. 1
BGB § 1909 Abs. 1
BGB § 1795
BGB § 177 Abs. 1
BGB § 812
BGB § 951
FGO § 126 Abs. 2
EStG § 4 Abs. 4
EStG § 12
AO 1977 § 41 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine KG. Ihre Komplementäre waren im Streitjahr A (15. v.H. der Einlagen des Festkapitals), B (22,5 v.H.) und C (5 v.H.), ihre Kommanditisten D (15 v.H.), E (22,5 v.H.) und F (20 v.H.). B und E sind die Kinder der Eheleute A und F. Die Gesellschafter C und D sind familienfremd.

Es besteht Streit darüber, ob im Streitjahr 1991 geleistete Pachtzahlungen der Klägerin für ein Grundstück als Betriebsausgaben abziehbar sind. Das von der Klägerin gepachtete Grundstück hatte die Kommanditistin F mit Kaufvertrag vom 16. November 1990 erworben. Mit Vertrag vom 7. Juni 1991 schenkte sie das Grundstück ihren drei Enkeln, die die Kinder des Komplementärs B bzw. des Kommanditisten E sind. Die Kinder waren in diesem Zeitpunkt zwischen einem Jahr und drei Jahren alt. Mit Vertrag vom 11. Juni 1991 verpachteten die Enkel das Grundstück rückwirkend ab dem 1. April 1991 an die Klägerin. Der Pachtvertrag wurde von den Eltern als den Vertretern ihrer minderjährigen Kinder und dem Komplementär A als Vertreter der Klägerin unterschrieben. In § 2 Buchst. a des Pachtvertrages ist vereinbart, daß alle baulichen Veränderungen und Erweiterungen zu Lasten der Pächterin gehen, bei Beendigung des Pachtvertrages auf den Grundstücken zu belassen sind und ein Anspruch auf Ausgleich etwaiger Wertverbesserungen nicht besteht.

Während einer Außenprüfung vertrat die Prüferin am 11. Juni 1993 die Auffassung, der Pachtvertrag sei steuerlich nicht anzuerkennen, weil es sich um einen Vertrag unter Angehörigen in gerader Linie handele, für dessen zivilrechtliche Wirksamkeit es der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedurft hätte. Außerdem halte der Vertrag inhaltlich einem Fremdvergleich nicht stand. Daraufhin wurde am 29. Juni 1993 die Bestellung eines Ergänzungspflegers beantragt, der im Dezember 1993 den Vertragsabschluß genehmigte.

In dem Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr 1991 vom 9. November 1993 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Pachtzahlungen nicht als Betriebsausgaben. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das FA entschied, daß die ursprüngliche Unwirksamkeit des Pachtvertrages gemäß §§ 1795 Abs. 2 i.V.m. 1629 Abs. 2 sowie § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zwar zivilrechtlich durch die nachträgliche Bestellung des Ergänzungspflegers und aufgrund der Genehmigung gemäß § 184 Abs. 1 BGB geheilt worden sei. Dies sei jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für die steuerliche Beurteilung unbeachtlich.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Maßgabe statt, daß ab dem Monat Juni 1991 Pachtzahlungen in der vereinbarten Höhe als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien. Es entschied, daß der Pachtvertrag zivilrechtlich wirksam sei. Die vereinbarte Höhe der monatlichen Pacht sei auch angemessen. Soweit ein fremder Dritter anders als die Klägerin nicht auf einen Wertausgleich wegen der Baumaßnahmen verzichtet hätte, wirke sich dies im Streitjahr nicht aus; denn die Verpflichtung zum Wertausgleich werde üblicherweise erst für das Ende der Pachtzeit vereinbart.

Das FA rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Es ist der Auffassung, der Pachtvertrag sei zunächst zivilrechtlich unwirksam gewesen. Außerdem halte er --wie das FG zutreffend entschieden habe-- einem Fremdvergleich nicht stand. Dies habe aber entgegen der Ansicht des FG zur Folge, daß der Vertrag insgesamt steuerlich nicht anzuerkennen sei (vgl. Spindler, Der Betrieb --DB-- 1997, 643, 648, m.w.N.). Daraus folge, daß die Pachtzahlungen nicht als Betriebsausgaben abziehbar seien.

Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, daß der Pachtvertrag zwischen der Klägerin einerseits und den drei minderjährigen Kindern von zwei Gesellschaftern andererseits steuerlich anzuerkennen ist. Die Pachtzahlungen der Klägerin sind deshalb in der vom FG berücksichtigten Höhe als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) abziehbar.

1. Bei Aufwendungen aufgrund eines Vertrages zwischen nahen Angehörigen ist der BFH in ständiger Rechtsprechung von einer betrieblichen Veranlassung (§ 4 Abs. 4 EStG) grundsätzlich nur ausgegangen, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes bei nahen Angehörigen könne nur auf diese Weise sichergestellt werden, daß die Vertragsbeziehungen tatsächlich im betrieblichen und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzelten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 290/82, BFHE 163, 423, BStBl II 1991, 391, 394).

Die Grundsätze über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gelten auch für einen Vertrag mit einer Personengesellschaft, wenn ein naher Angehöriger oder ein Ehegatte beherrschender Gesellschafter der Personengesellschaft ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. April 1979 IV R 14/76, BFHE 128, 207, BStBl II 1979, 622; vom 24. März 1983 IV R 240/80, BFHE 138, 427, BStBl II 1983, 663; vom 24. März 1983 IV R 76/80, BFHE 139, 144, BStBl II 1983, 770; 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; vom 20. Oktober 1983 IV R 116/83, BFHE 140, 190, BStBl II 1984, 298; vom 15. Dezember 1988 IV R 29/86, BFHE 155, 543, BStBl II 1989, 500; vom 20. September 1990 IV R 17/89, BFHE 162, 90; in BFHE 163, 423, BStBl II 1991, 391; vom 25. Juli 1995 VIII R 38/93, BFHE 178, 331, BStBl II 1996, 153). Beherrscht nicht ein Angehöriger die Personengesellschaft allein, reicht eine gemeinsame Beherrschung durch mehrere Familienangehörige dann aus, wenn sie einen Gegenstand von gemeinsamen Interesse in gegenseitiger Abstimmung regeln (vgl. BFH-Urteil in BFHE 155, 543, BStBl II 1989, 500, m.w.N.).

Im Streitfall ist die Annahme der Vorinstanz, die Grundsätze der Verträge zwischen nahen Angehörigen seien anwendbar, weil die Klägerin von nahen Angehörigen der minderjährigen Verpächter beherrscht worden ist, nicht zu beanstanden. Denn das FG hat feststellt, daß der jeweilige Vater gemeinsam mit den Großeltern der minderjährigen Verpächter eine Mehrheit der Anteile am Festkapital der Klägerin innehatte. Da der Gesellschaftsvertrag für die Beschlußfassung eine einfache Mehrheit vorsah, war die Klägerin --wie zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist-- von nahen Familienangehörigen der minderjährigen Verpächter beherrscht. Bei dem Pachtvertrag handelt es sich aus der Sicht der beherrschenden Gesellschafter, des jeweiligen Vaters und der Großeltern, auch um einen Gegenstand von gemeinsamen Interesse.

2. Der Vorinstanz ist im Ergebnis auch darin zu folgen, daß dem Pachtvertrag die steuerliche Anerkennung nicht bereits deshalb insgesamt zu versagen ist, weil bei seinem Abschluß kein Ergänzungspfleger (§ 1909 Abs. 1 BGB) mitgewirkt hat. Soweit das FG entschieden hat, daß für die zivilrechtliche Wirksamkeit des Pachtvertrages die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers nicht erforderlich war, kann der Senat die Richtigkeit dieser Rechtsansicht dahingestellt sein lassen. Die Entscheidung des Streitfalles erfordert es nicht, die im Zivilrecht ungeklärte Frage abschließend zu entscheiden, ob bei einem Vertrag zwischen einer Personenhandelsgesellschaft einerseits und einem minderjährigen Kind andererseits ein Ergänzungspfleger mitwirken muß, wenn die Gesellschaft von den Großeltern und dem Vater des minderjährigen Kindes beherrscht wird.

a) Auch wenn Verträge zwischen nahen Angehörigen abweichend von der in § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) getroffenen Regelung grundsätzlich steuerlich nur dann anzuerkennen sind, wenn sie formwirksam geschlossen worden sind, kann dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gelten. Vielmehr muß sich die unterschiedliche Behandlung von Verträgen zwischen fremden Dritten einerseits und Angehörigen andererseits sachlich rechtfertigen lassen. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß der BFH die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Anerkennung von Arbeitsverträgen zwischen Ehegatten (vgl. Beschlüsse vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34; vom 15. August 1996 2 BvR 3027/95, DB 1996, 2470) zum Anlaß genommen hat, seine Rechtsprechung zur steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen insgesamt fortzuentwickeln. Danach ist beispielsweise für die steuerliche Anerkennung eines Mietvertrages nach Maßgabe des sog. Fremdvergleichs zwar weiterhin Voraussetzung, daß die Hauptpflichten der Mietvertragsparteien, wie das Überlassen einer konkret bestimmten Mietsache und die Höhe der zu entrichtenden Miete, stets klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteile vom 20. Oktober 1997 IX R 38/97, BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106; vom 17. Februar 1998 IX R 30/96, BFHE 185, 397, BStBl II 1998, 349). Aber es schließt nicht mehr jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen ohne weiteres die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus (Urteile vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196; vom 29. Oktober 1997 I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573, 575). Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluß auf eine privat veranlaßte Vereinbarung zulassen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573, 575; vom 26. Juni 1996 X R 155/94, BFH/NV 1997, 182, 183; BFHE 185, 397, BStBl II 1998, 349).

Dementsprechend hat der BFH in seiner jüngeren Rechtsprechung dann, wenn für die Vertragspartner nicht erkennbar war, daß bestimmte zivilrechtliche Erfordernisse zu beachten waren, nicht allein aus der Nichtbeachtung der Formvorschriften den Schluß auf einen fehlenden Bindungswillen gezogen (vgl. BFH-Urteile vom 21. Oktober 1997 IX R 57/96, BFH/NV 1998, 525; vom 31. Mai 1995 I R 64/94, BFHE 178, 321, BStBl II 1996, 246; vom 23. Oktober 1996 I R 71/95, BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35, 36). Die entgegenstehende Entscheidung des BFH vom 31. Oktober 1989 IX R 216/84 (BFHE 159, 319, BStBl II 1992, 506) ist durch die zitierten späteren Urteile überholt.

Das bedeutet, daß tatsächlich durchgeführte Verträge zwischen nahen Angehörigen, bei deren Abschluß Formvorschriften nicht beachtet worden sind, ausnahmsweise dann von vornherein steuerlich zu berücksichtigen sind, wenn aus den besonderen übrigen Umständen des konkreten Einzelfalles zweifelsfrei abgeleitet werden kann, daß die Vertragspartner einen ernsthaften Bindungswillen hatten. Erste und notwendige Voraussetzung dafür ist, daß den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften nicht angelastet werden kann. Dieses Erfordernis ist jedenfalls dann erfüllt, wenn sich für den konkreten Fall die Anwendbarkeit der Formvorschriften nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern nur im Wege erweiternder Auslegung oder eines Analogieschlusses ergibt, diese Auslegung oder Analogie sich nicht ohne weiteres aufdrängt, keine veröffentlichte Rechtsprechung existiert, die eine derartige Auslegung oder Analogie bejaht, und die analoge Anwendung der Formvorschriften auf vergleichbare Fälle auch in der allgemein zugänglichen Literatur nicht erörtert wird. Außerdem muß hinzukommen, daß die Angehörigen zeitnah nach dem Erkennen der Unwirksamkeit oder dem Auftauchen von Zweifeln an der Wirksamkeit des Vertrages die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet haben, um die Wirksamkeit herbeizuführen oder klarzustellen. Diesen besonderen Anforderungen ist im Streitfall genügt.

b) Die Rechtslage ist in bezug auf die Frage, ob für die Wirksamkeit eines Vertrages zwischen den minderjährigen Kindern bzw. Enkeln der beherrschenden Gesellschafter einer Personengesellschaft und der Personengesellschaft ein Ergänzungspfleger mitwirken muß, unsicher und ungeklärt. Auch das BMF räumt ein, daß sich die Notwendigkeit, einen Ergänzungspfleger zu bestellen, nur durch eine erweiternde Auslegung oder eine analoge Anwendung der §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795, 181 BGB ergeben könnte. Nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz gibt es auch keine zivilrechtliche oder sonstige veröffentlichte Rechtsprechung, die für mit dem Streitfall vergleichbare Sachverhalte eine analoge Anwendung des § 181 BGB verlangt. Die in der Stellungnahme des BMF angeführten Entscheidungen und Literaturstellen, in denen die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 181 BGB erörtert wird, betreffen allesamt andere Sachverhalte. Bedenkt man ferner, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs § 181 i.V.m. § 1795 BGB eine formale Ordnungsvorschrift darstellt, bei der ein Interessengegensatz zwischen den mehreren von dem Vertreter repräsentierten Personen zwar gesetzgeberisches Motiv, aber zur Tatbestandserfüllung grundsätzlich weder erforderlich noch ausreichend ist (vgl. Urteil vom 23. Februar 1968 V ZR 188/64, BGHZ 50, 8, 11), so mußte sich im Streitfall die Annahme, die §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1729, 181 BGB seien analog auf den Pachtvertrag anwendbar, für die Angehörigen auch nicht aufdrängen. Nach alledem war es den Angehörigen nicht anzulasten, daß sie zunächst nicht davon ausgegangen sind, daß ein Ergänzungspfleger hinzuzuziehen sei.

Die Angehörigen haben die Ernsthaftigkeit ihres Bindungswillens auch zeitnah dadurch dokumentiert, daß sie die Bestellung eines Ergänzungspflegers beantragt haben, sobald sie sich der Möglichkeit, daß ein Formfehler vorliegt, bewußt geworden sind. Nachdem die Außenprüferin der Klägerin am 11. Juni 1993 ihre Rechtsauffassung, daß der Vertrag unwirksam sei, mitgeteilt hatte, ist am 29. Juni 1993 die Bestellung eines Ergänzungspflegers beantragt worden. Dieses Verhalten der Eltern läßt zweifelsfrei erkennen, daß sie sich auf jeden Fall und von vornherein wirksam vertraglich binden wollten. Die Genehmigung des Ergänzungspflegers ist im Dezember 1993 erteilt worden, so daß eine eventuelle schwebende Unwirksamkeit des Vertrages auf jeden Fall gemäß §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB rückwirkend geheilt worden wäre.

3. Danach sind in Übereinstimmung mit der Auffassung der Vorinstanz die ab Juni des Streitjahres 1991 geleisteten Pachtzahlungen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abziehbar. Dies gilt selbst dann, wenn die von der Klägerin in Frage gestellte Auffassung des FG richtig wäre, daß der Pachtvertrag inhaltlich einem Fremdvergleich insoweit nicht standhält, als die Klägerin auf ihren Anspruch auf Wertausgleich gemäß §§ 812, 951 BGB bei Beendigung des Pachtverhältnisses verzichtet hat. Denn selbst wenn der Pachtvertrag in diesem Punkt unangemessen wäre, hätte dies entgegen der Auffassung des BMF und des FA nicht zur Folge, daß er steuerlich insgesamt nicht anzuerkennen wäre. Denn soweit in dem Verzicht auf Wertausgleich eine unangemessen hohe und damit privat veranlaßte Gegenleistung der Klägerin für die Nutzungsüberlassung läge, hätte dies nicht zur Folge, daß auch die Pachtzahlungen nicht anzuerkennen wären.

a) Der BFH hat bei tatsächlicher Durchführung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen einen Abzug von Betriebsausgaben für den laufenden Lohn anerkannt und lediglich die Aufwendungen für die unübliche zusätzliche Leistung, eine Direktversicherung oder Versorgungszusage, ganz oder teilweise als nicht i.S. des § 4 Abs. 4 EStG betrieblich veranlaßt gewertet (vgl. BFH-Urteile vom 28. Juli 1983 IV R 103/82, BFHE 139, 376, BStBl II 1984, 60; vom 21. August 1984 VIII R 106/81, BFHE 142, 231, BStBl II 1985, 124; vom 10. März 1993 I R 118/91, BFHE 171, 53, BStBl II 1993, 604; vom 10. Dezember 1992 IV R 118/90, BFHE 170, 336, BStBl II 1994, 381). Er hat mithin allein daraus, daß eine von dem laufenden Lohn abgrenzbare zusätzliche Leistung vereinbart und erbracht worden war, die fremden Arbeitnehmern bereits dem Grund nach nicht gewährt worden wäre, nicht den Schluß gezogen, daß der Arbeitsvertrag steuerlich insgesamt nicht anzuerkennen sei. Vielmehr hat er die tatsächlich gezahlten und ohne weiteres abgrenzbaren Aufwendungen in der Höhe als Betriebsausgaben anerkannt, wie sie dem Fremdvergleich standhalten.

Dementsprechend hat er auch bei einem Nießbrauchvertrag zwischen nahen Angehörigen nur dem vom Üblichen abweichenden Vertragsbestandteil die steuerliche Anerkennung versagt; er hat darauf hingewiesen, daß er eine abgrenzbare Regelung betreffe und nicht als prägender Bestandteil des gesamten Vertragswerks nur im Zusammenhang mit den übrigen Vereinbarungen betrachtet werden dürfe (BFH-Urteil vom 17. September 1997 IV R 54/96, BFH/NV 1998, 164, 165).

Diese Rechtsauffassung steht auch im Einklang mit den Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung an beherrschende Gesellschafter. Hier zielt nach der Rechtsprechung des BFH dann, wenn eine tatsächlich getroffene Entgeltsvereinbarung nicht bereits dem Grunde nach unüblich ist, der Fremdvergleichsmaßstab auf die Ermittlung des unangemessenen Teils des Entgelts (vgl. BFH-Urteile vom 25. Oktober 1995 I R 9/95, BFHE 179, 270, BStBl II 1997, 703; vom 29. Mai 1996 I R 70/95, BFH/NV 1997, 65). Es sind keine Gründe dafür erkennbar, weshalb dies bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen anders zu beurteilen sein sollte.

b) Zu Unrecht beruft sich das BMF zur Stützung seiner Auffassung, daß ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen dann, wenn einzelne Regelungen dem Fremdvergleich nicht standhalten, stets steuerlich insgesamt nicht anzuerkennen sei, auf Spindler (DB 1997, 643, 648). Dieser hat zwar ausgeführt, daß ein Vertragsverhältnis zwischen nahen Angehörigen, das dem Fremdvergleich nicht standhält, insgesamt der Besteuerung nicht zugrunde zu legen sei; er hat sich dabei auf das BFH-Urteil vom 28. März 1995 IX R 14/93 (BFH/NV 1995, 964) bezogen. Dieses Urteil betrifft einen Sachverhalt, bei dem bereits die Höhe der Miete, also die Höhe einer vertraglichen Hauptpflicht, ebenso wie die tatsächliche Durchführung unklar war. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hatte der Kläger als der Vermieter rückwirkend eine höhere Miete als die in dem schriftlichen Mietvertrag vereinbarte gefordert.

c) Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall sind die Pachtzahlungen ab Juni 1991 in der vom FG anerkannten Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Es steht außer Frage, daß die Klägerin das gepachtete Grundstück für ihre betrieblichen Zwecke genutzt und die vereinbarte Pacht regelmäßig gezahlt hat. Anhaltspunkte dafür, daß der monatlich gezahlte Pachtzins unangemessen hoch gewesen wäre, hat das FG nicht festgestellt und sind mit der Revision auch nicht geltend gemacht worden. Selbst wenn der Verzicht auf einen Anspruch auf Wertausgleich gemäß §§ 812, 951 BGB als privat veranlaßt zu werten wäre, kann er von den angemessenen monatlichen Pachtzinsen ebenso eindeutig abgegrenzt werden, wie der Anspruch auf eine Direktversicherung oder eine Pensionszusage von dem vereinbarten Monatsgehalt eines Arbeitnehmers trennbar ist. Die vom FG vorgenommene Kürzung der abziehbaren Pachtzahlungen um 12 500 DM hat die Klägerin, die keine Revision eingelegt hat, akzeptiert.

Ende der Entscheidung

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