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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.10.1998
Aktenzeichen: VIII R 58/95
Rechtsgebiete: EStG, UmwStG 1977


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5 b
UmwStG 1977 § 5 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4
UmwStG 1977 § 6 Abs. 3
BUNDESFINANZHOF

Wird eine Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft umgewandelt, hat die Personengesellschaft die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter und die aus dem Privatvermögen der Gesellschafter eingelegten wesentlichen Beteiligungen an der Kapitalgesellschaft nach dem UmwStG 1977 mit den Teilwerten anzusetzen. Ein Übernahmeverlust entsteht bei der Personengesellschaft grundsätzlich nicht.

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5 b UmwStG 1977 § 5 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, § 6 Abs. 3

Urteil vom 19. Oktober 1998 - VIII R 58/95 -

Vorinstanz: FG Berlin (EFG 1996, 768)


Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --eine KG-- wurde am 2. Mai 1986 gegründet; sie ist durch Umwandlung aus der I-GmbH entstanden. Die Umwandlung erfolgte unter Ausschluß der Abwicklung durch Übertragung des Vermögens und der Schulden der GmbH auf der Grundlage der Umwandlungsbilanz zum 31. Dezember 1985. In diesem Zeitpunkt war der spätere persönlich haftende Gesellschafter D der Klägerin mit 330 800 DM, die spätere Kommanditistin P mit 159 200 DM am Stammkapital der I-GmbH von 490 000 DM beteiligt. Die Geschäftsanteile befanden sich im Privatvermögen der Gesellschafter. Die Anschaffungskosten für die Anteile betrugen 1 681 018,78 DM (bei D) und 640 000 DM (bei P).

Die Klägerin ist der Ansicht, daß ihr anläßlich der Umwandlung ein Übernahmeverlust in Höhe von 2 215 925,41 DM entstanden sei. Der Verlust ergebe sich aus der Gegenüberstellung der Anschaffungskosten der Gesellschafter für die Geschäftsanteile und ihrer Beteiligung an den von der GmbH auf die Klägerin übergegangenen Wirtschaftsgüter im Werte von 105 093,37 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat demgegenüber die Auffassung, daß ein Übernahmeverlust nicht entstanden sei. Bei dem geltend gemachten Verlust handele es sich vielmehr um Veräußerungsverluste der Gesellschafter i.S. von § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG); mit ihrer Umwandlung sei die GmbH im Sinne dieser Vorschrift aufgelöst worden. Die Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes sei aber nach § 6 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG) 1977 ausgeschlossen.

Einspruch und Klage blieben erfolglos (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1996, 768).

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§§ 6 Abs. 1 Nr. 5 b, 17 Abs. 4 EStG, §§ 5, 6 Abs. 3 UmwStG 1977).

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und unter Abänderung des Gewinnfeststellungsbescheides 1986 vom 30. März 1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. September 1992 die den Gesellschaftern der Klägerin durch die Umwandlung entstandenen Übernahmeverluste mit insgesamt 2 215 926 DM festzustellen und mit 1 610 071 DM auf den Gesellschafter D und mit 605 855 DM auf die Gesellschafterin P aufzuteilen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Der Senat kann im vorliegenden Verfahren nicht prüfen, ob den Gesellschaftern der Klägerin im Zeitpunkt der Umwandlung ein nach § 17 Abs. 2 und Abs. 4 EStG zu berücksichtigender Auflösungsverlust entstanden ist. Auf § 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung (AO 1977) kann die gesonderte und einheitliche Feststellung des Verlustes nicht gestützt werden, weil der streitige Besteuerungstatbestand nicht von mehreren Personen, sondern jeweils alleine von den Inhabern der wesentlichen Beteiligungen verwirklicht wurde. Da die Gesellschafter jeweils alleinige Inhaber der wesentlichen Beteiligungen waren, scheidet auch § 180 Abs. 2 AO 1977 i.V.m. der hierzu ergangenen Rechtsverordnung vom 19. Dezember 1986 (BGBl I 1986, 2663, BStBl I 1987, 2, zuletzt geändert am 15. Dezember 1995 BGBl I, 1783) als Rechtsgrundlage für eine gesonderte und einheitliche Feststellung aus. Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Regelungen allein aus Zweckmäßigkeitsgründen ist nicht zulässig (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1993 X R 49/92, BFHE 172, 315, BStBl II 1994, 86; vom 25. Juli 1995 VIII R 25/94, BFHE 178, 418, BStBl II 1996, 684, unter 2. c bb der Gründe).

Der Senat kann somit im vorliegenden Verfahren nur über die Frage entscheiden, ob ein Übernahmeverlust auf der Ebene der KG entstanden ist. Er geht dabei davon aus, daß die Klägerin einen entsprechenden Antrag zumindest hilfsweise stellen wollte.

2. Auf der Ebene der Klägerin ist kein Übernahmeverlust entstanden.

a) Wird eine Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft umgewandelt, hat die Personengesellschaft die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlußbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert zu übernehmen; mit diesem Wert gelten sie bei der Personengesellschaft als angeschafft (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1977).

Dieser Wert ist im Streitfall der Teilwert der Wirtschaftsgüter. Denn mit diesem sind sie --von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen-- in der steuerlichen Schlußbilanz für das letzte Wirtschaftsjahr der übertragenden Körperschaft anzusetzen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1977).

Zu einem Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust bei der Klägerin kann es infolge dieses Vermögensübergangs also nur hinsichtlich eines evtl. Unterschiedsbetrags zwischen dem Buchwert der von ihr aufgegebenen Anteile an der I-GmbH und dem Teilwert der auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter kommen (§ 5 Abs. 5 UmwStG 1977). Da die Klägerin als übernehmende Personengesellschaft am steuerlichen Übertragungsstichtag 31. Dezember 1985 an der I-GmbH nicht beteiligt war und deshalb in ihrer Steuerbilanz ein Buchwert der Anteile nicht ausgewiesen sein konnte, muß dieser unter Berücksichtigung der in § 6 Abs. 3 UmwStG 1977 getroffenen Regelungen ermittelt werden.

b) Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1977 gelten die Anteile an der übertragenden Körperschaft, die an dem steuerlichen Übertragungsstichtag zu dem Privatvermögen eines Gesellschafters der übernehmenden Personengesellschaft gehört haben, für die Ermittlung des Gewinns als an diesem Stichtag in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft eingelegt. Die Werte, mit denen sie einzulegen sind, sind aber entgegen der Ansicht der Klägerin nicht ihre Anschaffungskosten, sondern ihre Teilwerte.

aa) Der Ansatz der Beteiligungen mit den Anschaffungskosten ergibt sich insbesondere nicht aus § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG.

Der erkennende Senat hat zwar für das Einkommensteuerrecht entschieden, daß eine wesentliche Beteiligung auch dann mit ihren Anschaffungskosten in das (Sonder-)Betriebsvermögen einzulegen sei, wenn ihr Teilwert unter den Anschaffungskosten liege (Urteil in BFHE 178, 418, BStBl II 1996, 684). Das gilt jedoch nicht für den --hier vorliegenden-- Fall der Übertragung eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen der Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.

§ 6 Abs. 3 UmwStG 1977 enthält zudem insoweit eine Sonderregelung. Die Vorschrift fingiert eine Übertragung der Anteile an der Beteiligungsgesellschaft auf die Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und bestimmt, daß dieser Vorgang als Einlage zu behandeln sei. Eine Abweichung von den allgemeinen Einlageregeln sieht sie in Satz 2 lediglich für den in § 6 Abs. 1 Nr. 5 a EStG geregelten Fall vor, daß die Anteile innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung in das Betriebsvermögen angeschafft oder hergestellt worden sind; für diesen Fall schließt sie die Bewertung der Einlage mit den Anschaffungskosten zugunsten der Bewertung mit dem Teilwert ausdrücklich aus.

Der Gesetzgeber ist in § 6 Abs. 3 UmwStG ersichtlich auch davon ausgegangen, daß § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG entsprechend seinem Wortlaut den Ansatz von Anschaffungskosten bei wesentlichen Beteiligungen nur zuläßt, wenn diese unter dem Teilwert liegen. Das wird durch § 5 Abs. 2 UmwStG 1995 bestätigt. Die Bestimmung fingiert nunmehr, daß Anteile an der übertragenden Körperschaft i.S. von § 17 EStG, die nicht zum Betriebsvermögen des Gesellschafters gehören, für die Ermittlung des Gewinns als mit ihren Anschaffungskosten eingelegt gelten. Damit soll für den Anwendungsbereich des UmwStG 1995 die für den Gesellschafter bisher nachteilige Rechtsfolge vermieden werden, daß die Gesellschaft den Übernahmeverlust in Höhe der Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem niedrigeren Teilwert nicht geltend machen kann (vgl. dazu die Regierungsbegründung zu § 5 Abs. 2 UmwStG 1995, BTDrucks 12/6885).

Mit Rücksicht auf diese für das Umwandlungsrecht getroffenen Regelungen kann § 6 Abs. 1 Nr. 5 b EStG nicht mit dem vom Senat in seinem Urteil in BFHE 178, 418, BStBl II 1996, 684 vertretenen Ergebnis angewendet werden, daß die Einlage wesentlicher Beteiligungen in ein Betriebsvermögen stets mit den Anschaffungskosten zu erfolgen habe.

bb) An dem Ergebnis, daß die wesentlichen Beteiligungen mit dem Teilwert einzulegen waren, ändert sich auch nichts dadurch, daß die Finanzverwaltung die Härten, die sich aus der bisherigen Rechtslage für den wesentlich beteiligten Gesellschafter ergaben, in Abschn. 140 Abs. 7 Satz 11 der Einkommensteuer-Richtlinien 1990 --EStR 1990-- (R 140 Abs. 6 Satz 11 EStR ab 1992, R 140 Abs. 8 EStR ab 1996) dadurch mildern will, daß der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem niedrigeren Teilwert der Beteiligung im Zeitpunkt der Einlage festgehalten und bei einem späteren Ausscheiden der Beteiligung aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft gewinnmindernd berücksichtigt wird. Der Senat braucht zu dieser Regelung im Streitfall nicht Stellung zu nehmen (zu den Bedenken gegen das "Einfrieren" der im Privatvermögen entstandenen Wertverluste vgl. BFH-Urteil in BFHE 178, 418, BStBl II 1996, 684, unter II. 2. c bb der Gründe). Es handelt sich um eine sachliche Billigkeitsmaßnahme. Das bedeutet nicht nur, daß diese Maßnahme, wie der Senat in dem erwähnten Urteil ausgeführt hat, im vorliegenden Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung nicht berücksichtigt werden kann, sondern vor allem, daß die Entscheidung über diese Maßnahme einem besonderen Verfahren vorbehalten ist (zum "gestuften Verfahren" bei Billigkeitsmaßnahmen vgl. u.a. BFH-Urteil vom 21. Januar 1992 VIII R 51/88, BFHE 168, 500, BStBl II 1993, 3, unter 4. b aa der Gründe; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 6. Aufl., § 163 Anm. 18, m.w.N.).

c) Muß demnach die Klägerin so behandelt werden, als hätten ihre Gesellschafter die Beteiligungen an der I-GmbH zum steuerlichen Übertragungsstichtag mit den Teilwerten in das Gesellschaftsvermögen eingelegt, kann es bei ihr zu einem Übernahmeverlust nur noch dann kommen, wenn diese Teilwerte höher sind als die auf die Gesellschafter entfallenden anteiligen Teilwerte an den Wirtschaftsgütern, die von der I-GmbH auf die Klägerin übergegangen sind. Denn die Klägerin gibt die eingelegten Anteile auf, um das Betriebsvermögen der übertragenden Kapitalgesellschaft zu erwerben. Dieses Vermögensopfer kann höher sein als der Teilwert des Betriebsvermögens der übertragenden I-GmbH (zur möglichen Divergenz der Teilwerte vgl. u.a. Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 6 UmwStG 1977 Rz. 5221).

Davon ist aber im Streitfall nicht auszugehen. Soweit sich die unterschiedlichen Wertansätze daraus ergeben, daß bei der Ermittlung des Teilwerts der Anteile ein selbstgeschaffener Firmenwert bzw. andere selbstgeschaffene Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen, diese aber nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG in der steuerlichen Schlußbilanz der übertragenden Körperschaft und damit in den Teilwerten des auf die Klägerin übergegangenen Betriebsvermögens nicht enthalten sind, sind sie unbeachtlich; denn der dadurch entstehende Übernahmeverlust bleibt gemäß § 5 Abs. 4 UmwStG 1977 unberücksichtigt (vgl. u.a. Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 5 UmwStG 1977 Anm. 56 ff.; Widmann/Mayer, a.a.O., § 5 UmwStG 1977 Rz. 5069, m.w.N.). Davon abgesehen entsprechen die Teilwerte der Anteile an der übertragenden Körperschaft grundsätzlich den auf sie entfallenden Teilwerten des übergegangenen Betriebsvermögens. Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung sind im Streitfall nicht ersichtlich.

Eine der Umwandlung vorausgehende Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG kommt bei einer Einlage von Beteiligungen aus dem Privatvermögen der Gesellschafter nicht in Betracht.



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