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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 25.02.2003
Aktenzeichen: VIII R 65/01
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 62 Abs. 1
EStG § 63 Abs. 1
EStG § 70 Abs. 3
EStG § 32 Abs. 1
EStG § 32 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kinder T und U sind von dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) auf Veranlassung der zuständigen Jugendämter in Dauerpflege in seinen Haushalt aufgenommen worden.

Der Kläger erhält ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 727 DM für T und 748 DM für U. Zudem erhält er einen monatlichen Erziehungsbeitrag in Höhe von 1 190 DM für T und 1 230 DM für U. Der Beklagte und Revisionskläger (Beklagter) gewährte zunächst Kindergeld für T. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. Oktober 1999 hob er die Festsetzung jedoch gemäß § 70 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Wirkung ab Oktober 1999 auf. Den Antrag des Klägers auf Kindergeld für U lehnte der Beklagte mit dem ebenfalls angefochtenen Bescheid vom selben Tage ab. Den Einspruch des Klägers beschied der Beklagte zunächst nicht. Nach Klageerhebung erließ er Einspruchsentscheidungen, mit denen er die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurückwies.

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 903 veröffentlichten Gründen statt.

Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, dass der Kläger T und U nicht zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seine Kosten unterhalte.

Der Beklagte beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist hinsichtlich des Anspruchs des Klägers auf Kindergeld für T für den Monat Oktober 1999 unbegründet. Sie war insoweit zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Im Übrigen ist die Revision begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

1. Im Ergebnis zu Recht hat das FG entschieden, dass dem Kläger Kindergeld für T für den Monat Oktober 1999 zusteht. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 5. Oktober 1999 die Festsetzung des Kindergeldes für T mit Wirkung ab Oktober 1999 aufgehoben und diese Aufhebung auf § 70 Abs. 3 EStG 1997 (im Folgenden: EStG) gestützt. Dies ist rechtswidrig, weil § 70 Abs. 3 EStG eine Aufhebung nur mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung folgenden Monat zulässt, hier also ab November 1999.

2. Der Senat kann nach den Feststellungen der Vorinstanz jedoch nicht entscheiden, ob dem Kläger im Übrigen Kindergeld für T und U zustand.

a) Anspruch auf Kindergeld besteht gemäß §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 EStG für Kinder i.S. des § 32 Abs. 1 EStG. Gemäß § 32 Abs. 1 EStG sind Kinder im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sowie Pflegekinder (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Im Streitfall kommt nur die Berücksichtigung der Kinder T und U als Pflegekinder in Betracht.

Ein Pflegekind ist nach der Legaldefinition des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG eine Person, mit der der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie in seinen Haushalt aufgenommen hat, das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht und der Steuerpflichtige sie mindestens zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seine Kosten unterhält.

b) Unstreitig hat der Kläger T und U in seinen Haushalt aufgenommen und ist mit ihnen durch ein familienähnliches, auf Dauer berechnetes Band verbunden. Auch das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern der Kinder besteht nicht mehr.

c) Der Senat kann jedoch aufgrund der Feststellungen des FG nicht abschließend dazu entscheiden, ob T und U zu einem nicht unwesentlichen Teil auf Kosten des Klägers unterhalten wurden. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 29. Januar 2003 VIII R 71/00 (BFHE 201, 292) im Einzelnen dargelegt hat, bedarf es nach der Neuregelung des Familienleistungsausgleichs ab 1996 für die Berücksichtigung eines Kindes als Pflegekind der Prüfung des Einzelfalls, ob die den Pflegeeltern entstandenen --und grundsätzlich nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen der Pflegeeltern zu berücksichtigenden-- Unterhaltskosten (einschließlich der Kosten für die Betreuung, Ausbildung und Erziehung) die Aufwandserstattungen (z.B. Pflegegeld) mit der Folge überschreiten, dass die Pflegeeltern zumindest 20 v.H. --und damit einen nicht unwesentlichen Teil (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1996)-- der gesamten (angemessenen) Unterhaltskosten des Pflegekindes tragen. Die hierfür erforderlichen Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen und hiernach erneut über den Klageantrag zu entscheiden haben.

3. Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 121 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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