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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 13.08.2002
Aktenzeichen: VIII R 97/01
Rechtsgebiete: EStG, Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Verordnung (EG) Nr. 1606/98


Vorschriften:

EStG § 31
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 2 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 4 Abs. 1 Buchst. h
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 13 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 13 Abs. 2 Buchst. d
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 14f
Verordnung (EG) Nr. 1606/98 Erläuterung zu Nr. 9

Entscheidung wurde am 07.11.2002 korrigiert: der Volltext der Entscheidung ist veröffentlicht worden
1. Das nach den Vorschriften des EStG als Steuervergütung gezahlte deutsche Kindergeld fällt in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern; es ist eine Familienleistung i.S. des Art. 4 Abs. 1 Buchst. h dieser Verordnung.

2. Eine Beamtin des griechischen Staates, die im Auftrag ihrer Behörde für einen bestimmten Zeitraum ausschließlich als Lehrerin in einer Schule in Deutschland tätig ist und vom griechischen Staat besoldet wird, unterliegt nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 weiterhin den griechischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit mit der Rechtsfolge, dass ein Anspruch auf Kindergeld nach den Vorschriften des EStG ausgeschlossen ist.

3. Art. 14f der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfordert, dass der Beamte seine Tätigkeit gleichzeitig in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten ausübt.


Gründe:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Beamtin des griechischen Staates. Sie ist von einer griechischen Behörde beauftragt, für fünf Jahre als Lehrerin Kinder in der Bundesrepublik Deutschland zu unterrichten. Sie ist an einer Schule in Deutschland tätig. Sie wird vom griechischen Staat besoldet und erhält für ihre beiden minderjährigen Kinder, die in ihrem Haushalt leben, einen Familienzuschlag.

Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (Beklagter) der Klägerin zunächst teilweise Kindergeld gewährt hatte, lehnte er mit dem angefochtenen Bescheid vom 2. Juni 2000 die für die Zeit ab Januar 2000 beantragte Festsetzung von Kindergeld ab. Er ist der Auffassung, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Kindergeld zu, weil Beamte eines anderen EU-Staates bei auswärtiger Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat ausschließlich den Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit des Herkunftslandes unterlägen.

Die Klägerin machte zur Begründung ihrer Klage, mit der sie die Festsetzung von Kindergeld ab dem 1. Januar 2000 begehrt, geltend, die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Verordnung Nr. 1408/71) des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1971 Nr. L 149/2) in der im Streitjahr 2000 gültigen Fassung stehe der Gewährung von Kindergeld nicht entgegen. Denn diese Verordnung sei durch die am 25. Oktober 1998 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 1606/98 (Verordnung Nr. 1606/98) des Rates vom 29. Juni 1998 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zwecks Einbeziehung der Sondersysteme für Beamte und ihnen gleichgestellte Personen (ABlEG 1998 Nr. L 209/1) geändert worden und die Beamten seien den übrigen Arbeitnehmern gleichgestellt worden, so dass nunmehr auch für Beamte das Recht des Beschäftigungsstaates und nicht dasjenige des Herkunftslandes maßgebend sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es führte aus, dass zwar die Grundvoraussetzungen für den Kindergeldanspruch nach §§ 62, 63 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfüllt seien. Aber dem Kindergeldanspruch stehe Art. 13 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 1408/71 entgegen, wonach für Beamte ausschließlich das Recht des Mitgliedstaats maßgebend sei, "in dessen Behörde" der Beamte beschäftigt sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin lägen die Voraussetzungen des Art. 14f der Verordnung Nr. 1408/71 nicht vor, wonach Leistungen teilweise auch nach dem Recht des Tätigkeitsstaates zu gewähren seien. Denn diese Vorschrift setze den im Streitfall nicht vorliegenden Sachverhalt voraus, dass die betreffende Person gleichzeitig in (mindestens) zwei Mitgliedstaaten als Beamter tätig sei. Das Urteil der Vorinstanz ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 850 veröffentlicht.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor, dass auch Beamte Arbeitnehmer im Sinne des EG-Vertrages seien und deshalb in Fragen der Familienleistungen ebenso wie Arbeitnehmer behandelt werden müssten, die für mehr als 12 Monate in einen anderen Mitgliedstaat entsandt würden und die Kindergeld nach den Rechtsvorschriften des Staates erhielten, in dem sie tätig seien. Diese Auffassung werde auch durch Art. 14f der Verordnung Nr. 1408/71 gestützt. Diese Vorschrift setze entgegen der Auffassung des FG keine gleichzeitige Beamtentätigkeit in mehr als einem Mitgliedstaat voraus, weil dies sonst ebenso wie in Art. 14c und 14e der Verordnung ausdrücklich hätte erklärt werden müssen.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und Kindergeld nach Maßgabe der Vorschriften in § 66 EStG für zwei Kinder festzusetzen.

Der Beklagte beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. /++

++/ Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass ein (möglicher) Anspruch der Klägerin auf Kindergeld nach den Vorschriften des EStG durch das europäische Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen ist.

Der Senat kann offen lassen, ob der Klägerin ein Anspruch auf Kindergeld ab dem 1. Januar 2000 nach den Vorschriften des EStG zustünde. Denn selbst wenn man dies zugunsten der Klägerin unterstellt, ist ein derartiger Anspruch nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 1408/71 ausgeschlossen.

a) Die Klägerin fällt nach zutreffender und zwischen den Beteiligten auch nicht umstrittener Rechtsauffassung des FG in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71. Nach Art. 2 Abs. 1 gilt die Verordnung u.a. für Arbeitnehmer, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind. Durch die Verordnung Nr. 1606/98, die am 25. Oktober 1998 in Kraft getreten ist, sind auch die Sondersysteme für Beamte vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 erfasst worden; in Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1408/71 sind die Worte "noch auf Sondersysteme für Beamte und ihnen Gleichgestellte" gestrichen worden. Außerdem ist nach der nunmehr maßgeblichen Definition in Art. 1 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 1408/71 "Arbeitnehmer" u.a. jede Person, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist. "Rechtsvorschriften" sind nach Art. 1 Buchst. j der Verordnung Nr. 1408/71 u.a. die in jedem Mitgliedstaat bestehenden und künftigen Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art. 4 Abs. 1 und 2 genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit.

Die Klägerin ist als Griechin Staatsangehörige eines Mitgliedstaats und als Beamtin dieses Mitgliedstaats in Deutschland tätig. Sie wird von ihrer Heimatbehörde besoldet und unterliegt insoweit unstreitig weiterhin den griechischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71.

b) Das FG hat auch rechtsfehlerfrei entschieden, dass das Kindergeld nach den Vorschriften des EStG, das Gegenstand der vorliegenden Klage ist, in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 fällt und eine Familienleistung i.S. des Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 1408/71 ist.

Nach der Definition in Art. 1 Buchst. u Ziff. i der Verordnung Nr. 1408/71 sind "Familienleistungen" alle Sach- oder Geldleistungen, die zum Ausgleich von Familienlasten im Rahmen der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. h genannten Rechtsvorschriften bestimmt sind, jedoch mit Ausnahme der in Anhang II aufgeführten besonderen Geburts- oder Adoptionsbeihilfen. Nach Art. 5 der Verordnung Nr. 1408/71 geben die Mitgliedstaaten in Erklärungen die Rechtsvorschriften und Systeme an, die unter Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung fallen. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) in der jeweils geltenden Fassung zu Familienleistungen i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 erklärt (vgl. die Mitteilung in ABlEG 1980 Nr. C 139/6 und ABlEG 1983 Nr. C 351/1). Dementsprechend ist unstreitig, und auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Bundessozialgericht (BSG) gehen als selbstverständlich davon aus, dass das Kindergeld nach dem BKGG eine "Familienleistung" im dargestellten Sinne ist und in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 fällt (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 5. März 1998 in der Rs. C-194/96, EuGHE 1998, I-895; BSG-Urteil vom 15. Dezember 1992 10 Rkg 18/91, SozR 3-6050 Art. 13 Nr. 3 EWGV 1408/71).

Auch das seit dem 1. Januar 1996 nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gezahlte Kindergeld ist eine Familienleistung i.S. des Art. 4 Abs. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 1408/71. Es dient, soweit es nicht die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes bewirkt, der Förderung der Familie (§ 31 Sätze 1 und 2 EStG).

Die Unterscheidung zwischen Leistungen, die vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 ausgeschlossen sind, und solchen, die darunter fallen, hängt nach der Rechtsprechung des EuGH allein von den Merkmalen der jeweiligen Leistung ab, insbesondere von ihrer Zielsetzung und den Voraussetzungen ihrer Gewährung, nicht dagegen davon, ob eine Leistung von den nationalen Rechtsvorschriften als eine Leistung der sozialen Sicherheit eingestuft wird und der Mitgliedstaat insoweit eine Erklärung i.S. des Art. 5 der Verordnung Nr. 1408/71 abgegeben hat; eine Leistung fällt unter die Verordnung Nr. 1408/71, wenn sie dem Empfänger unabhängig von jeder auf Ermessensausübung beruhenden Einzelfallbeurteilung der persönlichen Bedürftigkeit aufgrund einer gesetzlich umschriebenen Stellung gewährt wird und sich auf eines der in Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ausdrücklich aufgezählten Risiken bezieht (vgl. EuGH-Urteil vom 10. Oktober 1996 in den Rs. C-245/94 und C-312/94, EuGHE 1996, I-4895, Randnr. 17 und 18, m.w.N.; vom 12. Mai 1998 Rs. C-85/96, EuGHE 1998, I-2691, Randnr. 28). Diese Voraussetzungen treffen für das Kindergeld nach dem X. Abschnitt des EStG ebenso zu wie für das Kindergeld nach dem BKGG. Denn auch das nach dem EStG gezahlte Kindergeld, auf das bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen unabhängig von einer individuellen Bedürftigkeit des Kindergeldberechtigten ein Rechtsanspruch besteht, dient weiterhin dem Zweck, Familien wegen der Aufwendungen für ihre Kinder zu entlasten (vgl. auch BFH-Beschluss vom 10. November 1998 VI B 125/98, BFHE 187, 477, BStBl II 1999, 137).

c) Der Vorentscheidung ist auch darin zu folgen, dass ein Anspruch der Klägerin auf Kindergeld nach den Rechtsvorschriften des EStG durch Art. 13 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 1408/71 ausgeschlossen ist.

aa) Die Art. 13 bis 17a des Titels II der Verordnung Nr. 1408/71 legen fest, welche Rechtsvorschriften auf Arbeitnehmer und Selbständige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, anwendbar sind. Sie bilden nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ein geschlossenes System von Kollisionsnormen und bezwecken, dass die Betroffenen (zu einem bestimmten Zeitpunkt) nur dem System der sozialen Sicherheit eines einzigen Mitgliedstaats unterliegen, so dass die Kumulierung anwendbarer Rechtsvorschriften und die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, vermieden werden (vgl. EuGH-Urteile vom 17. Mai 1984 Rs. 101/83, EuGHE 1984, 2223, Randnr. 14; vom 12. Juni 1986 Rs. 302/84, EuGHE 1986, 1821, Randnr. 19; vom 10. Juli 1986 Rs. 60/85, EuGHE 1986, 2365, Randnr. 12). Dementsprechend bestimmt Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71, dass --vorbehaltlich der Art. 14c und 14f-- Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegen. Nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 1408/71 gilt, soweit die Art. 14 bis 17 nicht etwas anderes bestimmen, dass Beamte und ihnen gleichgestellte Personen den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats unterliegen, in dessen Behörde sie beschäftigt sind.

Zwar hat der EuGH entschieden, dass die Verordnung Nr. 1408/71 nicht zum Verlust von Ansprüchen führen dürfe, die allein nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats erworben worden sind (Urteil vom 21. Oktober 1975 Rs. 24/75, EuGHE 1975, 1149, sog. Petroni-Prinzip). Aber er hat in der Folgezeit klargestellt, dass dieser Grundsatz nicht die in Titel II der Verordnung Nr. 1408/71 niedergelegten Regeln über die anwendbaren Rechtsvorschriften betrifft und deshalb nicht bewirken kann, dass der Betroffene entgegen Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 für einen bestimmten Zeitraum den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten unterliegt; er hat auch im Hinblick auf Familienleistungen betont, die Mitgliedstaaten könnten nicht auch bestimmen, inwieweit ihre eigenen Rechtsvorschriften anwendbar seien; sie seien vielmehr verpflichtet, die geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, also auch die Kollisionsnormen des Titels II der Verordnung Nr. 1408/71, zu beachten (Urteil in EuGHE 1986, 2365, Randnr. 14, 15 und 16; vgl. auch BSG-Urteil in SozR 3-6050 Art. 13 Nr. 3 EWGV 1408/71).

Die Klägerin unterliegt danach gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 1408/71 ausschließlich den griechischen Rechtsvorschriften. Denn sie ist unstreitig als Beamtin für eine griechische Behörde in Ausübung ihrer dienstlichen Pflichten als Lehrerin in Deutschland tätig.

bb) Soweit nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 der Grundsatz, dass eine Person den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegt, u.a. vorbehaltlich des Art. 14f der Verordnung Nr. 1408/71 gilt, hat das FG zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift im Streitfall nicht erfüllt sind. Art. 14f der Verordnung Nr. 1408/71 trägt die Überschrift "Sonderregelung für in mehr als einem Mitgliedstaat tätige Beamte, die in einem dieser Staaten im Rahmen eines Sondersystems versichert sind". Er bestimmt, dass in zwei oder mehr Mitgliedstaaten tätige Beamte und ihnen gleichgestellte Personen, die in mindestens einem dieser Mitgliedstaaten im Rahmen eines Sondersystems für Beamte versichert sind, den Rechtsvorschriften jedes dieser Mitgliedstaaten unterliegen.

Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift verlangt dadurch, dass der Begriff "tätig" im Präsens verwendet wird, dass der Beamte seine Tätigkeit gleichzeitig in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten ausübt. Daran ändert nichts, dass dies --anders als in Art. 14c und 14e der Verordnung Nr. 1408/71-- in der deutschen Fassung nicht noch durch die ausdrückliche Verwendung des Begriffs "gleichzeitig" verdeutlicht wird. Dass eine gleichzeitige Tätigkeit als Beamter in mehr als einem Mitgliedstaat vorliegen muss, ergibt sich außerdem eindeutig aus der englischen Fassung des Art. 14f der Verordnung Nr. 1408/71. Die Überschrift enthält den Hinweis auf "servants simultaneously employed" und der Text lautet: "A person who is simultaneously employed in two or more Member States as a civil servant ...". Entsprechend setzt die französische Fassung des Art. 14f der Verordnung Nr. 1408/71 ("Article 14 septies") eine Person voraus, "qui est simultanément employée ...". Im Übrigen ergibt sich die Notwendigkeit einer gleichzeitigen Beschäftigung in mehr als einem Mitgliedstaat auch aus dem Zweck der Vorschrift und daraus, dass anderenfalls die in Art. 13 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 1408/71 getroffene Regelung überflüssig wäre. Nach der Erläuterung Nr. 9 zu der Verordnung Nr. 1606/98, durch die die Sondersysteme der Beamten in den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 einbezogen worden sind, hat den Besonderheiten der Sondersysteme der Beamten auch dadurch Rechnung getragen werden müssen, dass eine begrenzte Abweichung von den üblichen Regelungen für die Bestimmung der geltenden Rechtsvorschriften vorgesehen werde, da es in bestimmten Situationen unter Umständen angebracht sei, dass die Rechtsvorschriften von mehr als einem Mitgliedstaat gelten. Eine derartige Situation besteht aber nicht, wenn der von Art. 13 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 1408/71 erfasste Sachverhalt vorliegt, dass der Beamte ausschließlich für die Behörde seines Heimatlandes in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die in Art. 13 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 1408/71 für Beamte getroffene Regelung nicht gegen das Gebot der Gleichbehandlung mit nicht beamteten Arbeitnehmern. Zwar gilt für nicht beamtete Arbeitnehmer nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71, dass sie den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates unterliegen, in dessen Gebiet sie abhängig beschäftigt sind.

Dem Verordnungsgeber kann es aber nicht verwehrt werden, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Sondersysteme für Beamte in den verschiedenen Mitgliedstaaten Besonderheiten aufweisen, die eine Maßgeblichkeit der Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, dem die Behörde angehört, als zweckmäßig erscheinen lassen.

Ende der Entscheidung

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