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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.05.2002
Aktenzeichen: X B 137/01
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 79b
FGO § 79b Abs. 3 Satz 1
FGO § 79b Abs. 1 Satz 1
FGO § 79b Abs. 3 Satz 2
FGO § 79b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie keine hinreichende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) enthält.

1. Hinreichend dargelegt ist die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nur dann, wenn die Beschwerdebegründung die Rechtsfragen bezeichnet, deren Beantwortung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dabei ist darzulegen, dass es sich um aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame, auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Fragen handelt und diese Fragen im konkreten Verfahren klärungsbedürftig sowie klärungsfähig sind (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605; vom 1. Februar 1994 VII B 127/93, BFH/NV 1994, 873; vom 18. Januar 1995 VIII B 41/94, BFH/NV 1995, 807). Insbesondere muss bei Vorliegen von Entscheidungen des BFH zu der streitigen Rechtsfrage dargestellt werden, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung im Interesse der Allgemeinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich gehalten wird. Diesem Erfordernis ist nur Rechnung getragen, wenn die Beschwerdebegründung eine eingehende Auseinandersetzung mit dem betreffenden Rechtsproblem enthält und ausführt, worin der Beschwerdeführer eine noch ungeklärte Frage sieht (BFH-Beschlüsse vom 16. April 1998 X B 186/97, BFH/NV 1998, 1244; vom 10. Dezember 1998 VIII B 56/98, BFH/NV 1999, 804; vom 7. Juli 1999 X B 37/99, BFH/NV 2000, 59; Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 116 FGO Rz. 66; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 33, jeweils m.w.N.).

2. Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.

a) Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der seinen Bevollmächtigten im Verfahren des Finanzgerichts (FG) gesetzten Ausschlussfrist zur Darlegung der entscheidungserheblichen Tatsachen nach § 79b FGO und der insoweit eingetretenen Fristversäumnis allein damit geltend gemacht, dass das FG seine abschließende Entscheidung von dem Ergebnis spezieller, auch seine Belange einbeziehender Präklusionsvoraussetzungen hätte abhängig machen müssen. Das FG sei in der Verhandlung nicht an den Umständen interessiert gewesen, die zu der Fristversäumnis geführt hätten, obwohl dem Steuerbescheid erkennbar zwar nicht die steuerrechtliche, aber die wirtschaftliche Grundlage gefehlt habe. Auch habe das FG nicht verlangt, einen Entschuldigungsgrund glaubhaft zu machen. Seine Bevollmächtigten hätten ihn längere Zeit nicht erreichen können, weil er sich aus beruflichen Gründen in der Türkei habe aufhalten und u.a. auch aus Krankheitsgründen nicht habe zurückreisen können.

b) Diese Ausführungen lassen nicht erkennen, inwieweit der Kläger in der Rechtsprechung des BFH ungeklärte Rechtsfragen zur Anwendbarkeit des § 79b FGO sieht, weil sie sich auch nicht ansatzweise mit den zu dieser Vorschrift ergangenen Entscheidungen des BFH auseinander setzen.

aa) Nach § 79b Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die --wie im Streitfall-- erst nach Ablauf einer vom Berichterstatter gesetzten Ausschlussfrist (vgl. zur Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 1 Satz 1 FGO in Schätzungsfällen BFH-Urteil vom 12. September 1995 IX R 78/94, BFHE 178, 549, BStBl II 1996, 16, 17, m.w.N.) vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn u.a. ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Fristversäumnis nicht genügend entschuldigt wird (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Oktober 1996 VII B 119/96, BFH/NV 1997, 514).

Die Beschwerde behauptet selbst nicht, dass die in der mündlichen Verhandlung --verspätet-- vorgelegten Unterlagen eine sofortige umfassende Prüfung der Besteuerungsgrundlagen ermöglicht hätten.

bb) In der Rechtsprechung des BFH ist des Weiteren geklärt, dass eine Hinweispflicht des FG auf die Fristversäumnis und die Möglichkeit einer Entschuldigung bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nicht besteht. Sie folgt auch nicht aus § 79b Abs. 3 Satz 2 FGO, wonach das FG verlangen kann, dass ein (vorgebrachter) Entschuldigungsgrund glaubhaft zu machen ist (BFH-Beschluss vom 8. März 1995 X B 243-244/94, BFHE 177, 201, BStBl II 1995, 417). Im Übrigen muss der säumige Kläger vor einer entsprechenden Aufforderung Entschuldigungsgründe (§ 79b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO) zunächst schlüssig vorgetragen haben; nur solche Gründe sind überhaupt der Glaubhaftmachung zugänglich (BFH-Beschluss vom 3. Juni 1997 VIII B 69/96, BFH/NV 1997, 875, m.w.N.).

cc) Für den erforderlichen schlüssigen Vortrag solcher Entschuldigungsgründe --spätestens in der mündlichen Verhandlung-- ist nach der BFH-Rechtsprechung, bezogen auf den Streitfall, die Darlegung erforderlich, dass es dem Kläger und seinen Bevollmächtigten im Hinblick auf den geltend gemachten berufs- und krankheitsbedingten längeren Auslandsaufenthalt unmöglich war, die Ausschlussfrist für die Bezeichnung des Klagebegehrens selber oder mit Hilfe von Dritten zu wahren (BFH-Beschlüsse vom 14. September 1994 I B 174/93, BFH/NV 1995, 977; vom 24. März 1995 VIII B 155/94, BFH/NV 1995, 908, 909).

Der Vortrag des Klägers lässt nicht erkennen, dass die von ihm vorgetragenen Umstände zu seinem berufs- und krankheitsbedingten Auslandsaufenthalt in der Türkei Fragen zur Entschuldbarkeit der versäumten Ausschlussfrist aufwerfen, die durch die dargestellte Rechtsprechung nicht geklärt sind. Dies gilt umso mehr, als er bereits in der Zeit des Auslandsaufenthalts durch seine Prozessbevollmächtigten vertreten war.

3. Sollte das Vorbringen des Klägers als Rüge eines Verfahrensfehlers zu verstehen sein, wäre ein solcher nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt. Der Kläger hat nicht vorgetragen, welche Entschuldigungsgründe im Einzelnen er --spätestens in der mündlichen Verhandlung-- dem FG mitgeteilt hat. Der diesbezügliche Vortrag ergibt sich auch nicht aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2001. Der Kläger hat in der Beschwerdebegründung lediglich ausgeführt, das FG sei "an einer näheren Betrachtung der Umstände, welche zu der Fristversäumnis geführt haben, nicht interessiert" gewesen. Hierauf könnte die Feststellung, dass das FG den nunmehr in der Beschwerdeschrift mitgeteilten Sachverhalt übergangen und/oder nicht beschieden hat, nicht gegründet werden.

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Ende der Entscheidung

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