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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.09.2007
Aktenzeichen: X B 192/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist unbegründet, weil der von ihnen geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht vorliegt.

Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn das Finanzgericht (FG) mit einem das angegriffene Urteil tragenden und für das Urteil entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene FG-Urteil und die (vorgebliche) Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 48 und 53, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Keine Abweichung in diesem Sinne liegt vor, wenn das FG erkennbar von den in der Rechtsprechung des BFH entwickelten und auch den (mutmaßlichen) Divergenzentscheidungen zugrunde liegenden Rechtsgrundsätzen ausgeht, diese aber (möglicherweise) fehlerhaft auf die Besonderheiten des Streitfalls angewendet hat (vgl. die Nachweise aus der Rechtsprechung des BFH bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 55). Denn nicht schon die Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils im Einzelfall rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO. Bloße Subsumtionsfehler des Tatsachengerichts sind im Zulassungsverfahren grundsätzlich unbeachtlich (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 55, m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben kommt im vorliegenden Fall eine Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht in Betracht. Entgegen der Auffassung der Kläger ist das FG in der angefochtenen Entscheidung nicht von der ständigen Rechtsprechung des BFH zum gewerblichen Grundstückshandel abgewichen. Das angefochtene Urteil folgt vielmehr den abstrakten Grundsätzen und Voraussetzungen, die in der Rechtsprechung des BFH zum gewerblichen Grundstückshandel sowohl zur Abschirmwirkung einer Kapitalgesellschaft (unten 1.) als auch zur Drei-Objekt-Grenze (unten 2.) aufgestellt wurden.

1. Eine Divergenz zur Rechtsprechung des BFH zur Abschirmwirkung einer Kapitalgesellschaft vermag der Senat nicht zu erkennen. Zwar enthält das Urteil des FG einige Hinweise nicht nur auf Aktivitäten des Klägers, sondern auch auf Aktivitäten der den Klägern unmittelbar oder mittelbar gehörenden bzw. vom Kläger beherrschten Kapitalgesellschaften. Hieraus ist dem Urteil des FG jedoch --entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht-- kein abstrakter Rechtssatz mit dem Inhalt zu entnehmen, dass bei der Prüfung der Frage, ob eine natürliche Person gewerblich tätig ist, die Tätigkeiten von Kapitalgesellschaften, an denen die natürliche Person als Gesellschafter-Geschäftsführer beteiligt ist, wie eigene Tätigkeiten der natürlichen Person zu berücksichtigen sind.

a) Der Kläger hat sich bei der Projektierung, Bebauung und Vermietung des Projekts B der von ihm beherrschten Gesellschaften bedient, und zwar durch Beauftragung der U-GmbH als Vermittlerin von Mietverträgen und als Auftraggeberin bzw. Bauherrin für die Erstellung verschiedener Baupläne durch die P-GmbH und durch Einschaltung der E-GmbH aufgrund des Generalübernehmervertrags vom 22. Januar 1992. Dass diese Gesellschaften für ihre Tätigkeiten angemessen honoriert wurden, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Der Kläger muss sich die Aktivitäten der von ihm beauftragten Gesellschaften vielmehr deshalb bei der Prüfung seiner Einzelaktivitäten zurechnen lassen, weil die Gesellschaften nicht auf eigene Gefahr und Rechnung tätig wurden, sondern in seinem Auftrag (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 20. September 1995 X R 34-35/93, BFH/NV 1996, 302). Eine solche Zurechnung wäre auch vorgenommen worden, wenn der Kläger fremde Dritte mit den diversen Einzelaktivitäten der Erstellung und Vermarktung des Einkaufszentrums beauftragt hätte. Der Kläger hatte als Auftraggeber eine Herrschaft über das Bau- und Marktgeschehen, die faktisch noch dadurch verstärkt wurde, dass der Kläger auch auf Seiten der beauftragten Gesellschaften das Geschehen kontrollieren konnte.

Diese Art der Zurechnung von Aktivitäten einer Kapitalgesellschaft ist von den Fällen zu unterscheiden, in denen die Kapitalgesellschaft --unabhängig von Vertragsbeziehungen zu dem dahinterstehenden beherrschenden Gesellschafter-- auf eigenes Risiko einen Sachverhalt verwirklicht (z.B. ein Grundstück verkauft) und dieser Sachverhalt dem Gesellschafter dann zugerechnet wird. Diese Sachlage war in den von den Klägern zitierten Entscheidungen gegeben, nicht aber im Streitfall.

Dem BFH-Beschluss vom 20. Mai 1998 III B 9/98 (BFHE 186, 236, BStBl II 1998, 721) lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Antragsteller ein Grundstück erwarb, es mit einem Mehrfamilienhaus bebaute und dann --noch ungeteilt-- an eine von ihm beherrschte GmbH veräußerte. Nach Aufteilung in mehrere Eigentumswohnungen veräußerte die GmbH die Wohnungen innerhalb von drei Jahren an unterschiedliche Erwerber. In dem Beschluss vom 24. Juli 2003 X B 123/02 (BFH/NV 2003, 1571) ging es ebenfalls um die Zusammenrechnung von eigenen Veräußerungsgeschäften des Steuerpflichtigen, die --isoliert betrachtet-- nicht als gewerblich zu beurteilen gewesen wären, mit solchen einer Personengesellschaft, an der er beteiligt war. In dem Urteil vom 18. März 2004 III R 25/02 (BFHE 205, 470, BStBl II 2004, 787) veräußerte der Alleingesellschafter-Geschäftsführer ein von ihm erworbenes ungeteiltes Mehrfamilienhaus an die ihm gehörende GmbH, die er zur Aufteilung bevollmächtigte. Die entstandenen vier Eigentumswohnungen wurden noch im selben Jahr von der GmbH an verschiedene Erwerber veräußert. Dem Urteil vom 17. Juni 1998 X R 68/95 (BFHE 186, 288, BStBl II 1998, 667) lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Kläger ein bis dahin als landwirtschaftliches Grünland genutztes Grundstück erworben hatte und dieses Grundstück nach Genehmigung des Bebauungsplans in Bauparzellen aufteilen ließ. Im Anschluss daran veräußerte er das gesamte parzellierte Areal in einem Vertrag an die ihm und seinem Sohn gehörende GmbH, die dann die Erschließung des Baugebietes durchführte und die einzelnen Parzellen an Bauwillige veräußerte.

Allen genannten Entscheidungen war damit gemein, dass die Grundstücksverkäufe einer Kapitalgesellschaft dem dahinterstehenden Gesellschafter bei der Beurteilung, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, unmittelbar als eigene Veräußerungen zugerechnet werden sollten. Eine solche unmittelbare Zurechnung von Grundstücksverkäufen ist im Streitfall jedoch, wie oben erläutert, nicht gegeben.

b) Soweit die Kläger darauf verweisen, dass das FG bei der Prüfung der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr auch den Aspekt herangezogen hat, dass der Kläger an diversen Gesellschaften beteiligt war, die in der Bau- und Immobilienbranche tätig waren, ist dies nicht ausschlaggebend, da das FG auch ohne den Hinweis auf diese Beteiligungen das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bejaht hat.

Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert eine Tätigkeit, die gegen Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird. Das Merkmal dient dazu, solche Betätigungen auszugrenzen, die zwar von einer Gewinnerzielungsabsicht getragen, aber nicht auf einen Güter- und Leistungsaustausch gerichtet sind. Erkennbar angeboten wird die Tätigkeit nach der ständigen Rechtsprechung des BFH auch dann, wenn sie nur einem einzigen Marktteilnehmer angeboten wird. Entscheidend ist, dass sich der Verkäufer insoweit an den allgemeinen Markt wendet, als er an jeden, der die Kaufbedingungen erfüllt, verkaufen will (BFH-Urteile vom 1. Dezember 2005 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259, unter II. 1. a; vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, unter 1. d). Das ist bereits dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige bereit gewesen wäre, das fragliche Objekt an einen anderen Erwerber zu veräußern, falls sich der Verkauf an den ursprünglich vorgesehenen Käufer zerschlagen hätte (BFH-Urteile vom 22. Mai 1987 III R 212/83, BFH/NV 1987, 717; vom 3. Juni 1987 III R 209/83, BFHE 150, 418, BStBl II 1988, 277, unter 1. b). Die aufgrund der gesamten Umstände gebildete Überzeugung des FG, der Kläger hätte bei Scheitern des Verkaufs an die KG das Objekt anderen Interessenten angeboten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG konnte ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder allgemeinen Erfahrungssätze aus dem ursprünglichen Konzept des Projekts B, dessen Realisierung u.a. mit der Gründung der B GbR begonnen wurde, schlussfolgern, dass es dem Kläger nicht notwendigerweise darauf ankam, selbst auf der Erwerberseite beteiligt zu sein.

2. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung des BFH im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels zur Drei-Objekt-Grenze aufgestellt hat, wurden vom FG ebenfalls nicht verkannt. Seiner Urteilsbegründung legte das FG sowohl die Grundsätze des Großen Senats des BFH im Beschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) als auch die darauf beruhende Rechtsprechung des erkennenden Senats rechtsfehlerfrei zugrunde. Danach können neben den vom Großen Senat ausdrücklich anerkannten Ausnahmefällen, die in diesem Fall zweifelsfrei nicht vorliegen, andere gewichtige Umstände auf eine gewerbliche Betätigung auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten schließen lassen, und zwar dann, wenn sich aus diesen Umständen ergibt, dass die maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung) in unbedingter Veräußerungsabsicht vorgenommen worden sind. Die Auffassung der Kläger, das FG habe bei seiner Subsumtion nicht mehr den Nachweis einer unbedingten Veräußerungsabsicht für notwendig gehalten, sondern es für ausreichend erachtet, dass die Kläger in lediglich bedingter Veräußerungsabsicht maßgebliche Tätigkeiten vornahmen, geht fehl. Das FG hat erkennbar eine unbedingte Veräußerungsabsicht festgestellt.

Es ist den Klägern zuzugeben, dass die Erläuterungen des FG auf S. 15 des Urteils missverstanden werden können. Das FG hat in dieser Urteilspassage ausgeführt, dass der sehr enge zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung des Objekts zumindest für eine bedingte Veräußerungsabsicht bereits bei Erwerb spreche und dass diese Vermutung durch den Kläger nicht widerlegt worden sei. Dies ist anschließend vom FG näher ausgeführt worden.

Hieraus ist jedoch nicht zwingend zu schließen, dass das FG, nachdem es unmittelbar zuvor präzise und rechtsfehlerfrei die Rechtsprechung des BFH zur unbedingten Veräußerungsabsicht dargelegt hat, seiner Rechtsauffassung konkludent einen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz mit dem Inhalt zugrunde legen wollte, dass in dem Fall einer Veräußerung von weniger als vier Objekten bereits das Vorliegen einer bedingten Veräußerungsabsicht ausreichend sei. Aus anderen Passagen des Urteils ergibt sich nämlich klar, dass das FG bei dem Kläger eine unbedingte Veräußerungsabsicht erkannt und festgestellt hat. So hat das FG bereits zu Beginn seiner Subsumtion auf S. 14 des Urteils ausgeführt: "Wegen der Bebauung und Veräußerung dieses Grundstücks hat sowohl der Kläger selbst ... eine Reihe von Einzelaktivitäten entfaltet ..." Etwas später (auf S. 15) hat das FG festgestellt, dass "der Umstand, dass die Grundstücke - kurz nach Ablauf der damals geltenden zweijährigen Spekulationsfrist - mit erheblichen Gewinn veräußert wurden, sowie der Umstand, dass der Kläger und seine Ehefrau an der Erwerberin, der K-GmbH & Co. KG als Kommanditisten beteiligt waren, dafür spreche, dass eine solche Vorgehensweise bei Erwerb beabsichtigt war". Auf S. 16 des Urteils findet sich die Passage "... der Erwerb eines rd. 13.000 qm großen, aus mehreren Parzellen bestehenden Grundstücks durch den Kläger zum Zwecke der Errichtung und des anschließenden Verkaufs ...". Diese Zitate zeigen, dass das FG bei dem Kläger nicht nur eine bedingte Veräußerungsabsicht zugrunde gelegt hat, sondern von dem Vorliegen einer unbedingten Veräußerungsabsicht ausgegangen ist.

Ob Tatsachen vorhanden sind, die für eine unbedingte Veräußerungsabsicht sprechen, hat das FG jeweils im Einzelfall zu prüfen. Welche Tatsachen für eine Widerlegung geeignet sind und welches Gewicht ihnen für die Entscheidung des Streitfalls beizumessen ist, ist Gegenstand der Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG (vgl. BFH-Beschluss vom 20. April 1994 X B 100/93, BFH/NV 1994, 853). Erscheint das vom FG aufgrund der festgestellten Tatsachen gewonnene Ergebnis zumindest als möglich, genügt dies, um einer revisionsgerichtlichen Prüfung standzuhalten (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2002 III R 20/01, BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297, m.w.N.). Dies ist hier der Fall, da aufgrund der von den Klägern in ihrem Schriftsatz vom 17. Mai 2004 vorgetragenen ursprünglichen Projektplanung und -entwicklung B, aufgrund der Möglichkeit, die Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 14. Oktober 2002 VIII R 70/98, BFH/NV 2003, 742) in Anspruch zu nehmen, sowie aufgrund der anderen von dem FG genannten Umstände im Einzelfall eine unbedingte Veräußerungsabsicht angenommen werden kann.

Im Kern richtet sich die Beschwerde nicht gegen die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden abstrakten Rechtssätze, sondern gegen die vom FG vorgenommene Würdigung der konkreten und besonderen Umstände des Streitfalls.

Ende der Entscheidung

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