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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.08.2008
Aktenzeichen: X B 46/08
Rechtsgebiete: FGO, EStG, GG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 96 Abs. 2
EStG § 15
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet.

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die Revision nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit zugelassen werden.

a) Zwar ist die Revision auch dann zuzulassen, wenn ein Rechtsfehler des Finanzgerichts (FG) zu einer "greifbar gesetzwidrigen" Entscheidung geführt hat (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juli 2003 V B 72/02, BFH/NV 2003, 1597; vom 31. Mai 2005 III B 143/04, BFH/NV 2005, 1632; vom 12. Januar 2006 II B 65/05, BFH/NV 2006, 813).

Voraussetzung ist, dass die Entscheidung des FG in einem solchen Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28. August 2007 VII B 357/06, BFH/NV 2008, 113). Diese Voraussetzung kann z.B. vorliegen, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1597) oder wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116). Unterhalb dieser Grenze liegende erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031).

b) Die Klägerin meint, ein solcher schwerwiegender Rechtsfehler sei im Streitfall in zweifacher Hinsicht gegeben. Zum einen sei das FG rechtsirrig davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Person der Klägerin erfüllt seien. Diese Wertung ließe sich aufgrund des vom FG bindend festgestellten Sachverhalts nicht nachvollziehen und lasse daher nur den Schluss zu, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhe. Das FG sei den Feststellungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) sklavisch gefolgt ohne den Sachverhalt hinreichend zu würdigen und habe aufgrund dessen völlig verkannt, dass die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zum gewerblichen Grundstückshandel offenkundig nicht erfüllt seien. Zum anderen habe das FG völlig übersehen, dass die Ermittlung der Einkünfte durch das FA, die das Gericht offensichtlich und ausweislich der Urteilsgründe in keinster Weise gewürdigt habe, unter Verstoß gegen § 182 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) zustande gekommen sei.

c) Mit diesen Ausführungen hat die Klägerin keine greifbare Gesetzwidrigkeit der Vorentscheidung dargelegt.

Sie verkennt mit ihren Einwendungen, dass die sog. Drei-Objekt-Grenze nach der Rechtsprechung des BFH nicht als Frei- oder Mindestgrenze zu verstehen ist. Die Zahl der veräußerten Objekte hat für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Betätigung gegeben ist oder nicht, vielmehr nur eine indizielle Bedeutung (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291). Auch mit ihren Ausführungen, das FG habe zu Unrecht das Tatbestandsmerkmal von § 15 EStG "Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" bejaht bzw. § 182 Abs. 1 AO im Rahmen der Urteilsfindung nicht berücksichtigt, legt die Klägerin keinen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler dar. Hiermit bringt sie lediglich zum Ausdruck, das FG habe ihrer Ansicht nach den Streitfall falsch entschieden. Die schlichte Rüge der Unrichtigkeit der Vorentscheidung eröffnet jedoch die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO nicht. Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 X B 38/06, BFH/NV 2007, 757).

2. Die Klägerin rügt ferner ohne Erfolg, das FG-Urteil leide an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Sie bringt vor, das Urteil beruhe nicht auf dem Gesamtergebnis des Verfahrens, weil es den Akteninhalt übergangen habe. Zudem habe das FG ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

a) Die Klägerin bemängelt, das FA habe allein für das Objekt V eine tatsächliche Veräußerungsabsicht festgestellt. Das Bestehen einer Veräußerungsabsicht für das Objekt N I werde hingegen lediglich im Wege eines "Analogieschlusses" begründet. Diese Annahme beruhe jedoch auf der Unterstellung eines bestimmten Sachverhalts und nicht auf dessen Ermittlung. Zudem habe das FG die vom FA ermittelte Höhe der Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel nur in Bezug auf die außerordentliche Abschreibung und die Mieterzuschüsse überprüft. Ansonsten habe es zur Höhe der Einkünfte keine Feststellungen getroffen und die für beide Objekte ergangenen bindenden Feststellungsbescheide seien unberücksichtigt geblieben. Damit rügt die Klägerin schon im Ansatz keinen Verfahrensfehler. Ein solcher kann vorliegen, wenn das FG bei seiner Überzeugungsbildung eine nach Aktenlage feststehende Tatsache unberücksichtigt lässt oder bei seiner Entscheidung vom Nichtvorliegen einer solchen Tatsache ausgeht (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 10. Januar 2007 X B 51/06, BFH/NV 2007, 718). Kein Verfahrensfehler, sondern ein materieller Fehler liegt hingegen vor, wenn das Gericht den Inhalt des Verfahrens zwar vollständig zur Kenntnis genommen hat, ihn jedoch fehlerhaft würdigt. Hierauf kann eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nicht gestützt werden.

b) Auch der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) ist nicht verletzt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt daher nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 26. März 2007 II S 1/07, BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier weder vorgetragen worden noch sind sie gegeben; die bloße gegenteilige Vermutung reicht angesichts der vom FG vorgenommenen Gesamtwürdigung nicht aus.



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