Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.10.1998
Aktenzeichen: X R 27/96
Rechtsgebiete: EStG, FGO, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 10e
EStG § 10h Satz 2 Nr. 2
EStG § 7c
FGO § 118 Abs. 2
AO 1977 § 15 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1992 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Kläger ließen auf dem zuvor erworbenen Grundstück ein Zweifamilienhaus errichten, in dem sie seit Mitte November 1992 die untere Wohnung selbst nutzen. Die obere Wohnung überließen sie unentgeltlich ihrem 27jährigen Sohn zur Nutzung. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1992 beantragten die Kläger, von den Herstellungskosten und den hälftigen Kosten für den Grund und Boden (insgesamt 462 022 DM) entsprechend dem Flächenverhältnis der beiden Wohnungen für die selbstgenutzte Wohnung (60 %) die Vergünstigung nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) und für die Wohnung im Obergeschoß die steuerliche Förderung nach § 10h EStG (Bemessungsgrundlage: 277 213 DM bzw. 184 809 DM) zu gewähren.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat im Einkommensteuerbescheid für 1992 die Auffassung, die Voraussetzungen des § 10h EStG seien nicht erfüllt, weil diese Vorschrift nur Baumaßnahmen an einem bereits bestehenden Gebäude begünstige. Der Einspruch der Kläger blieb insoweit ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 473 abgedruckt.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts. Sie führen aus:

Die Worte "Baumaßnahme an einem Gebäude" ständen im Zusammenhang mit der Tatbestandsvoraussetzung der Eigennutzung. Dies zeige, daß es dem Gesetzgeber ersichtlich um die Förderung des Zusammenlebens der Generationen unter einem Dach, in einem Haus, gehe. Unverständlich sei, daß die Finanzverwaltung an dieser Stelle den bewertungsrechtlichen Wohnungsbegriff in das Gesetz hineinlese. Nicht Anschaffungskosten einer bereits fertiggestellten, sondern nur Herstellungskosten einer erst durch Baumaßnahmen zu schaffenden neuen Wohnung würden gefördert; dies bestätige, daß es für die Erreichung des Gesetzeszwecks nicht darauf ankommen könne, ob das Gebäude bereits fertiggestellt sei. Auch nach Ansicht von Schmidt/Drenseck (Einkommensteuergesetz, § 10h Anm. 3) und Meyer (in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10h EStG Rz. 4) führe die Auffassung des FA zu unsinnigen wirtschaftlichen Gestaltungen: Der Steuerpflichtige sei dann zum Bau in Bauabschnitten mit den damit verbundenen und vom Gesetzeszweck nicht vorgesehenen Belastungen gezwungen. Im Streitfall sei das Gebäude in seinen wesentlichen Merkmalen fertiggestellt und lediglich der Innenausbau nicht sukzessive, sondern in einem Zug durchgeführt worden. Zwischen diesem und dem Fall, daß in einem fertiggestellten bewohnten Haus eine weitere Wohnung ausgebaut würde, seien viele Zwischenstufen denkbar. Die Auslegung durch das FG führe zu einer Reihe von Zweifelsfragen, die bei einem anderen Gesetzesverständnis entfielen.

Hilfsweise sei die Bemessungsgrundlage für die eigengenutzte Wohnung von 277 213 DM auf 330 000 DM aufzustocken. Zu der abgeschlossenen, von den Klägern selbst bewohnten Wohnung könnten auch zusätzliche Räume außerhalb des Wohnungsabschlusses, wie z.B. im Dachgeschoß, gehören. Die Kläger hätten die Möglichkeit, die Außentür zu den Dachgeschoßräumen entfernen zu lassen, um dann dem Sohn keine Wohnung, sondern lediglich einzelne Räume zur Nutzung zu überlassen. Diese Gestaltungsmöglichkeit müßte den Klägern eingeräumt werden.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1992 i.d.F. der Einspruchsentscheidung in der Weise abzuändern, daß ein weiterer Abzugsbetrag gemäß § 10h EStG in Höhe von 11 089 DM berücksichtigt wird, hilfsweise, den Abzugsbetrag nach § 10e EStG unter Berücksichtigung einer Bemessungsgrundlage von 330 000 DM zu erhöhen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Aufwendungen für eine Wohnung, die im Zuge einer einheitlichen Baumaßnahme mit dem Gebäude selbst hergestellt wird, sind nicht nach § 10h EStG begünstigt.

1. Die Begünstigung nach § 10h EStG setzt gemäß Satz 2 Nr. 2 der Vorschrift voraus, daß die Baumaßnahmen an einem Gebäude im Inland durchgeführt worden sind, in dem der Steuerpflichtige im jeweiligen Jahr des Begünstigungszeitraums eine eigene Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Begünstigt ist nach dem Wortlaut also die Schaffung von Wohnraum durch Baumaßnahmen (Ausbau, Umbau oder Aufstockung) an einem bereits vorhandenen Gebäude. Nicht begünstigt ist dagegen die Schaffung einer Wohnung im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes selbst (ebenso Stephan in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 10h EStG Rz. 2, 3; Stuhrmann in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10h Rdnr. 6; Drenseck in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 17. Aufl., § 10h Rz. 3, m.w.N.; vgl. auch Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10h EStG Rdnr. 22; anderer Auffassung, allerdings ohne Begründung, Blümich/Erhard, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 10h EStG Rz. 16).

2. Die im Wortlaut des § 10h Satz 2 Nr. 2 EStG zum Ausdruck kommende Beschränkung auf Baumaßnahmen an bereits bestehenden Gebäuden entspricht auch dem Zweck der Regelung:

Durch diese Steuerbegünstigung wollte der Gesetzgeber Reserven im Eigenheimbereich mobilisieren, dadurch den Wohnungsmarkt entlasten und das Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach fördern (vgl. BTDrucks 12/1506, S. 171). Einen vergleichbaren Anreiz, vorhandene Gebäudeflächen zu Mietwohnungen um- oder auszubauen, enthält § 7c EStG. Beide Vorschriften begünstigen ersichtlich die Gestaltung, daß bereits überbaute Flächen durch Schaffung zusätzlicher Wohnungen in den schon vorhandenen Gebäuden intensiver für Wohnzwecke genutzt werden.

Die Einschränkung der Förderung auf Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude mag in den Fällen unbefriedigend erscheinen, in denen der Steuerpflichtige --wie im Streitfall-- nicht nur für sich eine Wohnung herstellt, sondern von vornherein den Wohnbedarf von Angehörigen i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung (AO 1977) mitbedenkt, deshalb gleichzeitig eine zusätzliche Wohnung errichtet und anschließend Angehörigen unentgeltlich überläßt. Dem Gesetzgeber steht jedoch bei Regelungen, die eine steuerrechtliche Förderung zum Gegenstand haben, ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Beschränkung auf Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden ist ersichtlich an dem erkennbaren Ziel orientiert, Baumaßnahmen zu fördern, die zu einer intensiveren Nutzung bereits überbauter Flächen führen. Der Ausschluß von Neubauten ist deshalb auch sachlich gerechtfertigt.

3. Das FG hat die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Übereinstimmung mit den Angaben der Kläger in der Steuererklärung nach dem Verhältnis der jeweiligen Nutzflächen der einzelnen Wohnungen aufgeteilt und der von den Klägern zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung zugeordnet.

Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen die von den Klägern geplante Maßnahme --Einbeziehung der Dachgeschoßwohnung in die von ihnen selbst bewohnte Wohnung durch Entfernung des Wohnungsabschlusses-- dazu führen würde, daß auch die Herstellungskosten für die Dachgeschoßwohnung ganz oder teilweise in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e EStG einbezogen werden könnten. Abgesehen davon, daß allenfalls eine tatsächliche, nicht lediglich eine geplante Änderung des Wohnungszuschnitts zu berücksichtigen wäre, können die Kläger im Revisionsverfahren mit neuem tatsächlichen Vorbringen nicht gehört werden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).



Ende der Entscheidung

Zurück