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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 14.05.2003
Aktenzeichen: X R 35/99
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10e Abs. 1
EStG § 10e Abs. 1 Satz 1
EStG § 10e Abs. 4 Satz 2
EStG § 10e Abs. 5 Satz 2
EStG § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2
EStG § 10e Abs. 6
EStG § 26b
EStG § 26 Abs. 1
EStG § 34f Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) waren Eheleute und wurden im Streitjahr 1993 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war Eigentümerin des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks A in S. Die Kläger nutzten das Grundstück seit Juli 1990 zusammen mit ihren 1975 und 1983 geborenen Kindern zu eigenen Wohnzwecken. In den Jahren 1990 bis 1992 nahm die Klägerin Wohneigentumsförderung nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von jährlich 15 000 DM in Anspruch.

Im Mai 1992 verließ der Kläger die eheliche Wohnung. Mit Vertrag vom 7. Dezember 1992 veräußerte die Klägerin "im Rahmen einer Scheidungsfolgenregelung" das Grundstück A an den Kläger gegen Zahlung eines Betrags in Höhe ... DM und Übernahme der Grundschulden, die zu diesem Zeitpunkt in Höhe von ... DM valutierten. Die Klägerin war nach dem Vertrag berechtigt, das Haus bis Ende Mai 1993 weiter zu nutzen.

Mit Vertrag vom 8. Dezember 1992 erwarb die Klägerin das Grundstück B in S und bebaute es mit einem im Dezember 1993 fertiggestellten Einfamilienhaus. Wegen eines Versöhnungsversuchs zog der Kläger Mitte April 1993 wieder in die eheliche Wohnung A ein. Der Versöhnungsversuch hatte keinen Erfolg. Mitte Juni 1993 zog der Kläger erneut aus; im Juli 1993 verließ die Klägerin zusammen mit den Kindern die Wohnung A. Im weiteren Verlauf des Jahres 1993 zog der Kläger in die Wohnung A ein. Die Ehe wurde 1996 geschieden.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger für die Wohnung A --ebenso wie in den Vorjahren-- einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 15 000 DM sowie die Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 2 EStG für beide Kinder. Darüber hinaus machten sie für die Wohnung B Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG in Höhe von 9 878 DM geltend. Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr gewährte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) nur den Vorkostenabzug gemäß § 10e Abs. 6 EStG.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 821 veröffentlichten Urteil statt.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das FG-Urteil vom 20. April 1999 aufzuheben.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet, das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Zu Unrecht hat das FG den Steuerabzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger für das Streitjahr berücksichtigt, nachdem die Klägerin das Objekt am 7. Dezember 1992 an den Kläger veräußert hatte. Die Kläger können den Steuerabzug insoweit nicht fortsetzen. Aufgrund des Erwerbs vom 7. Dezember 1992 steht ihnen kein neuer Anspruch zu.

1. Anspruch auf die Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 EStG hat nur der Eigentümer einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung. Auch bei Ehegatten ist derjenige abzugsberechtigt, der in seiner Person die Abzugsvoraussetzungen des § 10e EStG erfüllt. Das ist bei Alleineigentum nur der Eigentümer-Ehegatte, bei gemeinschaftlichem Eigentum jeder Ehegatte nach Maßgabe seines Miteigentumsanteils. Allerdings ist es bei einer Zusammenveranlagung für die Inanspruchnahme der Förderung unerheblich, wer die Abzugsvoraussetzungen erfüllt, weil die Ehegatten hinsichtlich des Abzugs "wie Sonderausgaben" gemäß § 26b EStG als ein Steuerpflichtiger behandelt werden. Sie bilden eine Veranlagungsgemeinschaft. Abzugsberechtigter ist aber (nur) der Eigentümer (Senatsentscheidungen vom 29. November 2000 X R 13/99, BFHE 194, 93, BStBl II 2002, 132; vom 13. Dezember 2000 X R 93/98, BFHE 194, 147, BStBl II 2001, 237).

Die Abzugsberechtigung endet vorzeitig mit der Veräußerung der Wohnung. Dies trifft auch im Fall der Veräußerung eines selbständigen Objekts an den Ehegatten zu. Eine Besonderheit gilt, wenn die Ehegatten Miteigentümer eines begünstigten Objekts sind. Erwirbt ein Ehegatte während des Abzugszeitraums von dem anderen Ehegatten nach Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG dessen Miteigentumsanteil, kann nach § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG der erwerbende Ehegatte die Abzugsbeträge --auch soweit sie auf den hinzuerworbenen Anteil entfallen und nicht vom anderen Ehegatten beansprucht werden-- weiter in der bisherigen Höhe abziehen (s. dazu Senatsentscheidung vom 20. März 2002 X R 9/00, BFHE 198, 523, BStBl II 2002, 415). Im Übrigen ist die Anschaffung einer Wohnung vom Ehegatten nicht begünstigt, wenn bei den Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen (§ 10e Abs. 1 Satz 8 EStG).

2. Nach den vorstehenden Grundsätzen, die durch die im Schriftsatz des Klägers vom 16. April 2003 genannten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) keine Änderung erfahren haben, endete im Streitfall die Abzugsberechtigung für das Objekt A mit Ablauf des Jahres 1992. Die Klägerin verlor wegen der Aufgabe des Eigentums die Abzugsberechtigung. Da sie Alleineigentümerin des Objekts war, kommt § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG nicht zur Anwendung.

a) Die Auffassung des FG, bei Anschaffung vom Alleineigentümer-Ehegatten könne der Sonderausgabenabzug für den Restbegünstigungszeitraum fortgesetzt werden, solange die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, ist mit § 10e Abs. 1 EStG nicht vereinbar. Die Abzugsberechtigung richtet sich, wie dargestellt, ausschließlich nach dieser Vorschrift. Die Tatsache, dass die Kläger Ehegatten sind und nach § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, ist, was die Anspruchsberechtigung angeht, unmaßgeblich. § 26b EStG führt nicht zu einer Abzugsberechtigung der Ehegattengemeinschaft (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1995 X R 59/95, BFHE 179, 286, BStBl II 1996, 356; so für das Eigenheimzulagengesetz ausdrücklich Urteil des BFH vom 6. April 2000 IX R 90/97 (BFHE 191, 377, BStBl II 2000, 414; a.A. Ramisch, Der Betrieb 1991, 2354, 2358).

b) Der Gesetzgeber hat lediglich bei Erwerb eines Miteigentumsanteils die Fortführung des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10e Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 3 EStG zugelassen. Dies ist im Hinblick auf die Besonderheiten des Objektverbrauchs bei Miteigentumsanteilen gerechtfertigt.

Steht eine Wohnung im Miteigentum von Ehegatten, sind nach § 10e Abs. 5 Satz 2 EStG, der § 10e Abs. 4 Satz 2 EStG ergänzt, die Miteigentumsanteile als ein Objekt i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG anzusehen, solange die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen. Ein Miteigentumsanteil eines Ehegatten ist danach erst dann als selbständiges Objekt zu behandeln, wenn bei den Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG entfallen sind. Daraus hat die Rechtsprechung gefolgert, dass die Übertragung eines Miteigentumsanteils von einem Ehegatten auf den anderen bei einem ihnen gemeinsam gehörenden Bauwerk keine Anschaffung darstellt, solange die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllt sind. Vielmehr "vereinigen" sich in diesem Fall die Miteigentumsanteile der Ehegatten zum Alleineigentum des übernehmenden Ehegatten mit der Folge, dass dieser die Begünstigung fortsetzen kann (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1986 IX R 78/82, BFH/NV 1987, 236; vom 24. Januar 1989 IX R 64/84, BFH/NV 1989, 777, jeweils zu § 7b EStG). Nach § 10e Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 EStG kann der übernehmende Ehegatte den gemeinsamen Abzugsbetrag in der bisherigen Höhe darüber hinaus auch dann fortsetzen, wenn während des Abzugszeitraums die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG fortfallen. Die Vorschrift trifft insoweit eine Sonderregelung, die sich nicht bereits aus § 10e Abs. 5 Satz 2 EStG ergibt (Meyer in Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10e EStG Anm. 458). In beiden Fallgestaltungen ist der übernehmende Ehegatte bereits vor der Übernahme des Miteigentumsanteils des anderen Ehegatten im Hinblick auf das Förderobjekt selbst anspruchsberechtigt. Anders ist es, wenn, wie im Streitfall, der abgebende Ehegatte Alleineigentümer ist.

c) Das zum Eigenheimzulagengesetz ergangene Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Februar 1998 IV B 3 -EZ 1010- 11/98 (BStBl I 1998, 190) führt zu keinem anderen Ergebnis. Soweit sich, wie das FA annimmt, aus Rdnr. 19 entnehmen lassen sollte, dass auch bei Erwerb von Volleigentum eine Fortführung der Begünstigung bis zum Ende des Förderzeitraums möglich sei, könnte sich der Senat dem aus den dargelegten Gründen nicht anschließen. Eine Bindung an diese Verwaltungsvorschrift besteht für den Senat nicht (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 4 AO 1977 Rz. 84).

3. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG liegen nicht vor, soweit der Kläger das Objekt A am 7. Dezember 1992 von der Klägerin angeschafft hat. Dabei kann dahinstehen, ob der Inanspruchnahme der Umstand entgegensteht, dass die Kläger im Anschaffungszeitpunkt getrennt lebten (vgl. zur Maßgeblichkeit des Anschaffungszeitpunkts Senatsentscheidung vom 22. April 1998 X R 163/94, BFH/NV 1999, 24). Denn die Steuerbegünstigung kommt jedenfalls wegen des Förderausschlusses nach § 10e Abs. 5 a EStG nicht in Betracht. Diese Regelung, deren Voraussetzungen ausweislich des Einkommensteuerbescheids hier vorliegen, gelangt zur Anwendung, wenn das Objekt aufgrund eines nach dem 31. Dezember 1991 abgeschlossenen obligatorischen Vertrags erworben wurde (§ 52 Abs. 14 Satz 5 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25. Februar 1992, BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146).

4. Mit dem Wegfall der Abzugsberechtigung entfällt auch die Steuerermäßigung gemäß § 34f Abs. 2 EStG. Denn diese ist an die Inanspruchnahme der Abzugsbeträge nach § 10e EStG geknüpft.

5. Da der angefochtene Bescheid nicht zum Nachteil der Kläger geändert werden darf, muss der Senat nicht entscheiden, ob das FA Kosten in Höhe von 9 878 DM zu Recht nach § 10e Abs. 6 EStG in Abzug gebracht hat.

Ende der Entscheidung

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