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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 05.09.2001
Aktenzeichen: X R 50/99
Rechtsgebiete: FördG, EStG


Vorschriften:

FördG § 7 Abs. 1 Satz 1
FördG § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
EStG § 10 e Abs. 1
EStG § 10 e Abs. 2
Die die Höchstbemessungsgrundlage für die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG übersteigenden Kosten für die Herstellung einer eigengenutzten Wohnung sind nicht nach § 7 FördG begünstigt.
Gründe:

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Sie erwarben im Jahr 1993 im Beitrittsgebiet ein Grundstück und bebauten es mit einem Wohn- und Geschäftshaus (Büroeinheit --Sondereigentum-- und zwei Eigentumswohnungen), für dessen Herstellung ihnen Rechnungen über insgesamt 541 946,05 DM erteilt wurden. Eine Eigentumswohnung nutzten die Kläger seit der Fertigstellung am 28. Dezember 1995 zu eigenen Wohnzwecken. Die andere Eigentumswohnung und die Büroeinheit, die im Streitjahr noch nicht fertiggestellt waren, sollten vermietet werden.

Für die eigengenutzte Eigentumswohnung machten die Kläger einen Abzugsbetrag in Höhe von 19 800 DM (Höchstbetrag) nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Die anteiligen Anschaffungskosten für den Grund und Boden bezifferten sie mit 47 194,71 DM, die anteiligen Herstellungskosten für die Wohnung mit 359 359,01 DM, die sie in Höhe von 319 359,01 DM in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG einbezogen. Für die nicht berücksichtigten Herstellungskosten in Höhe von 40 000 DM begehrten sie einen Abzugsbetrag nach § 7 Abs. 1 des Fördergebietsgesetzes (FördG) in Höhe von 4 000 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den beantragten Abzugsbetrag nach § 7 FördG im Einkommensteuerbescheid für 1995 ab. Der Einspruch der Kläger war erfolglos. Das FA war der Auffassung, § 7 FördG begünstige nur Aufwendungen für ein bereits fertiggestelltes Gebäude. Zur Herstellung gehörten auch nach Bezug durchgeführte Baumaßnahmen, sofern sie im Bauplan vorgesehen gewesen seien. Da die Kläger die Wohnung nach Fertigstellung am 28. Dezember 1995 bezogen hätten, seien alle Aufwendungen für bis zu diesem Zeitpunkt angefallene Arbeiten dem Herstellungsprozess zuzuordnen.

Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 972 veröffentlicht.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des § 7 Abs. 1 FördG.

Sie tragen im Wesentlichen vor, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung werde als Gebäude ein Bauwerk bezeichnet, das durch räumliche Umschließung Menschen oder Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewähre, fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie von Beständigkeit und standfest sei (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Juni 1969 III 17/65, BFHE 96, 57, BStBl II 1969, 517). Diese Merkmale seien in der Regel bereits vor Abschluss aller Herstellungsarbeiten an einem Gebäude gegeben, so dass der Abschluss keine Voraussetzung für die Begünstigung nach § 7 Abs. 1 FördG sein könne.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer sowie den Solidaritätszuschlag für 1995 unter Berücksichtigung des Abzugsbetrags nach § 7 Abs. 1 FördG in Höhe von 4 000 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet.

Zu Recht hat das FG den Abzugsbetrag nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FördG nicht berücksichtigt, weil die Aufwendungen keine Herstellungsarbeiten "an einem Gebäude" betreffen.

a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FördG können Aufwendungen für Herstellungs- und Erhaltungsarbeiten "an einem eigenen Gebäude" im Beitrittsgebiet im Jahr der Zahlung und den folgenden neun Jahren jeweils bis zu 10 v.H. wie Sonderausgaben abgezogen werden. Voraussetzung ist unter anderem, dass die Aufwendungen nicht in die Bemessungsgrundlage für einen Abzugsbetrag nach § 10e EStG einbezogen werden, 40 000 DM nicht übersteigen und auf Gebäude oder Gebäudeteile entfallen, die im jeweiligen Jahr des Abzugszeitraums zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 4 FördG).

b) Entgegen der Auffassung der Kläger erfasst § 7 Abs. 1 FördG schon nach seinem Wortlaut ("an" einem Gebäude) nur Aufwendungen für Herstellungsarbeiten an einem bereits vorhandenen, d.h. fertiggestellten Gebäude, nicht aber --wie im Streitfall geltend gemacht-- Aufwendungen für die der Fertigstellung des Gebäudes dienenden Baumaßnahmen (ebenso FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. September 1997 2 K 510/97 E, EFG 1998, 48; Finanzministerium Brandenburg, Erlass vom 19. März 1996, 34 -S 1988- 14/96, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1996, 1087; Kaligin in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 7 FördG Rz. 5 ff.; Roland/Masuch in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 7 FördG Rz. 1; Stuhrmann in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 7 FördG Rz. 12; Diemel-Metz, DStR 1996, 1641).

c) Dafür spricht auch die Auslegung des Merkmals "Herstellungskosten ... für Ausbauten und Erweiterungen an einem Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder an einer Eigentumswohnung" in § 7b Abs. 2 EStG sowie des Merkmals "Herstellungskosten zu ... Ausbauten und Erweiterungen an ... einer Wohnung" in § 10e Abs. 2 EStG, denen die Regelung in § 7 Abs. 1 FördG ersichtlich nachgebildet ist. Ausbauten und Erweiterungen an einem Gebäude oder an einer Wohnung i.S. der §§ 7b Abs. 2 und 10e Abs. 2 EStG sind nur solche Baumaßnahmen, die in einem gegenüber der Gebäudeerrichtung deutlich getrennten und hinsichtlich ihres Beginns wie ihrer Fertigstellung abgrenzbaren Bauabschnitt vorgenommen werden (BFH-Urteil vom 4. Dezember 1979 VIII R 188/78, BFHE 129, 365, BStBl II 1980, 203; zustimmend hierzu Stephan, Die Wohneigentumsförderung, 6. Aufl., S. 199, und Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 2 Rz. 30). Hiermit stimmt überein, dass es sich bei einem Ausbau oder einer Erweiterung i.S. von § 7b Abs. 2 EStG jeweils um ein selbständiges, vom bisherigen Gebäude unabhängiges Objekt handelt (BFH-Urteil vom 15. März 1990 IV R 30/88, BFHE 160, 244, BStBl II 1990, 623, m.w.N. der Rechtsprechung).

In demselben Sinne hat der Senat durch Urteil vom 17. April 1996 X R 29/93 (BFH/NV 1996, 805, m.w.N.) entschieden, dass nach § 10e Abs. 2 EStG nur die Herstellungskosten für den Ausbau oder die Erweiterung einer schon vorhandenen Wohnung begünstigt sind; die Herstellungskosten für die Wohnung selbst fallen unter die Grundförderung gemäß § 10e Abs. 1 EStG, sie gehören deshalb nicht, auch nicht teilweise --etwa in Höhe eines Restwerts-- zu den nach § 10e Abs. 2 EStG begünstigten Herstellungskosten eines Anbaus. Danach dürfen die Herstellung der Wohnung und eine weitere Bautätigkeit nicht von vornherein als eine einheitliche, planmäßig fortschreitende Baumaßnahme erscheinen.

Für eine hiervon abweichende Auslegung des Merkmals "Herstellungsarbeiten an einem Gebäude" in § 7 Abs. 1 Satz 1 FördG im Sinne der Rechtsauffassung der Kläger ist kein sachlicher Grund erkennbar. Da sich der Begriff "Gebäude" --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- unmittelbar aus den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften erschließt, bedarf es keines Rückgriffs auf das Bewertungsrecht und damit keiner Entscheidung über den verwendeten Begriff des Gebäudes.

d) Im Streitfall kann dahinstehen, ob Aufwendungen für Herstellungsarbeiten, die nach Bezugsfertigkeit der Wohnung (des eigengenutzten Gebäudeteils) ausgeführt worden sind, unter § 7 FördG fallen können (so z.B. Diemel-Metz, DStR 1996, 1641). In der mündlichen Verhandlung vor dem FG haben die Kläger zwar vorgebracht, ein Gebäude sei im steuerrechtlichen Sinne schon dann fertiggestellt, wenn der Bezug zumutbar sei. Jedenfalls die Aufwendungen für nach diesem Zeitpunkt angefallene Restarbeiten seien nach § 7 Abs. 1 FördG begünstigt. Die Kläger haben die Wohnung (den eigengenutzten Gebäudeteil) nach eigenen Angaben jedoch erst mit Fertigstellung am 28. Dezember 1995 bezogen, so dass im Streitjahr 1995 keine Herstellungsarbeiten nach Bezugsfertigkeit angefallen sein können. Auch sind die Aufwendungen in Höhe von 40 000 DM, für welche die Kläger den Abzugsbetrag nach § 7 FördG geltend machen, nicht bestimmten Herstellungsarbeiten zuzuordnen. Denn die Kläger haben die für Herstellungsarbeiten im Streitjahr 1995 insgesamt angefallenen Aufwendungen zusammengerechnet, hiervon 40 000 DM abgezogen und den Restbetrag als Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG behandelt.

Ende der Entscheidung

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