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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.09.2002
Aktenzeichen: X R 68/00
Rechtsgebiete: EStG, GewStG


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 2
GewStG § 2 Abs. 1 Satz 1
GewStG § 8 Nr. 1
GewStG § 12 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Rechtsanwalt und erzielte im Streitjahr 1989 neben den Einkünften aus selbständiger Arbeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb als gewerblicher Grundstückshändler durch Beteiligung an verschiedenen Grundstücksgemeinschaften, die Mehrfamilienhäuser erwarben, in Wohnungseigentum aufteilten und veräußerten.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 1. Oktober 1983 erwarb er das Grundstück A-Straße, mit Wirkung zum 1. Dezember 1983 und führte umfangreiche Instandsetzungs- und Renovierungsmaßnahmen durch, deren Kosten im Umfang von 384 160 DM durch den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) als anschaffungsnaher Aufwand behandelt wurden. Weiterhin entstand ein Aufwand von ca. 300 000 DM als sofort abziehbare Kosten.

Der Kläger nutzte das erste Obergeschoss (OG) des Objekts ab dem 1. Januar 1984 zu eigenen Wohnzwecken (43,14 %) sowie das Erdgeschoss (28,34 %) ab 1. August 1984 als Rechtsanwaltskanzlei. Das zweite OG (28,52 %) diente ab dem 1. Januar 1985 zur Fremdvermietung. Die Räume waren befristet vermietet vom 10. Oktober 1987 bis 31. Dezember 1988 als Atelier sowie gemäß Mietvertrag vom 15. Dezember 1987 mit Wirkung ab 1. Januar 1988 als Rechtsanwaltskanzlei an den Rechtsanwalts-Partner des Klägers.

Um das Erdgeschoss als Rechtsanwaltskanzlei nutzen zu können, führte der Kläger ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung der beantragten Nutzungsänderung durch.

Die Räume im Gebäude B-Straße, in denen er vor Bezug des Objekts A-Straße seine Rechtsanwaltskanzlei betrieben hatte, kündigte er zum 31. März 1984, blieb aber in der Folgezeit Mieter und vermietete die Räume durch Untermietvertrag bis 31. Dezember 1988. Ab Mitte 1989 nutzte der Kläger die Räumlichkeiten wieder selbst für seine Rechtsanwaltspraxis.

Nach erfolglos gebliebenen Bemühungen um eine Aufteilung des Grundstücks A-Straße in drei Wohnungseinheiten im Zusammenhang mit Finanzierungsproblemen hinsichtlich des Objekts teilte der Kläger mit Schreiben an die X-Bank vom 16. Januar 1989 mit, dass er für das Grundstück einen Käufer gefunden habe. Nachdem es zu dem Verkauf nicht gekommen war und die Bank die unverzügliche Zahlung der Kreditverbindlichkeiten gefordert hatte, veräußerte der Kläger das Objekt mit notariellem Kaufvertrag vom 10. Juli 1989 zum Kaufpreis von 3,55 Mio. DM.

Aufgrund einer Außenprüfung ordnete das FA den aus der Veräußerung des Grundstücks A-Straße entstandenen Veräußerungsgewinn (insgesamt 1 099 517 DM) in Höhe von 787 650 DM --ohne den auf die Rechtsanwaltskanzlei entfallenden Anteil-- den Einkünften aus Gewerbebetrieb mit der Begründung zu, der Veräußerungsvorgang sei dem gewerblichen Grundstückshandel des Klägers im Zeitraum zwischen 1985 und 1988 zuzurechnen. Dementsprechend setzte es den Gewerbesteuermessbetrag für 1989 mit Bescheid vom 11. September 1995 fest.

Der dagegen gerichtete Einspruch, mit dem die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen in Höhe von 59 252 DM sowie die Einbeziehung des Veräußerungsgeschäftes A-Straße in den gewerblichen Grundstückshandel gerügt wurde, hatte keinen Erfolg. Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet abwies.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts und des Verfahrensrechts.

Er trägt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seinen Vortrag im Finanzgerichtsverfahren sowie im Verfahren über seine Nichtzulassungsbeschwerde vor:

Er habe durch seine Erklärung gegenüber der Baubehörde vom 10. Oktober 1983 bereits beim Ankauf des Objekts A-Straße unzweifelhaft seine dauernde Eigennutzungsabsicht dokumentiert, die Immobilie sei langfristig finanziert und es seien zur Finanzierung Darlehensmittel seiner Eltern eingesetzt worden. Ferner habe er in dem Haus tatsächlich selbst gewohnt, seine Rechtsanwaltskanzlei dorthin verlegt und für einige Zeit nicht benötigte Räume vermietet. Dass er die Immobilie nach 6 Jahren aus finanziellen Gründen habe verkaufen müssen, führe nicht zu einer Umqualifizierung des Grundstücks; das Einfamilienhaus sei Bestandteil des Privatvermögens geblieben. Trotz seiner nebenberuflichen gewerblichen Immobilientätigkeit müsse es ihm möglich sein, privaten Grundbesitz zu erwerben.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil sowie den Bescheid für das Jahr 1989 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom 11. September 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es trägt vor:

Zu Recht habe das FG ausgeführt, dass von einer langfristigen Eigennutzung im Streitfall nicht die Rede sein könne und der Kläger keine die Vermutungswirkung entkräftenden objektiven Umstände, die eine Veräußerung im Rahmen privater Vermögensverwaltung nahe legten, dargetan habe.

II. Die Revision ist begründet. Das FG-Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob das veräußerte Grundstück entsprechend dem Vortrag des Klägers seinem privaten Vermögen und nicht dem Betriebsvermögen seines gewerblichen Grundstückshandels zuzurechnen ist. Diese Feststellungen hat das FG nachzuholen.

1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Die Tätigkeit muss --als selbständige, nachhaltige und mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr-- die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen und darf sich nach den Umständen des Einzelfalls nicht als private Vermögensverwaltung darstellen. Die Absicht, gewerbliche Gewinne zu erzielen, muss durch eine Tätigkeit verfolgt werden, die nach allgemeiner Auffassung als unternehmerisch gewertet wird (Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Januar 1972 GrS 10/70, BFHE 106, 84, BStBl II 1972, 700, unter II. 2.; vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).

a) Für die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und Vermögensverwaltung andererseits stellt die Rechtsprechung dabei auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung ab. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C. I.; BFH-Urteil vom 29. Oktober 1998 XI R 80/97, BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448, zum Wertpapierhandel).

b) Indiz für einen solchen gewerblichen Grundstückshandel ist die Veräußerung von --wie im Streitfall-- mehr als drei Objekten innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs (sog. Drei-Objekt-Grenze, vgl. Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, m.w.N.).

c) Ein danach anzunehmender gewerblicher Grundstückshandel schließt indessen nicht aus, dass der gewerbliche Grundstückshändler neben seinen für den Handel bestimmten Grundstücken seines Betriebsvermögens Grundstücke in seinem Privatvermögen hat und deren Veräußerung deshalb dem gewerblichen Grundstückshandel nicht zuzurechnen ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Februar 1994 X R 98/91, BFH/NV 1994, 627; Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, m.w.N.).

aa) Allerdings ist ein solches Grundstück dem Privatvermögen nicht schon deshalb zuzurechnen, weil es der Steuerpflichtige zeitweise fremdvermietet (BFH-Urteile vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, und vom 18. September 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135). Ebenso kann der Grundstückshändler den Zusammenhang mit dem gewerblichen Betrieb nicht allein dadurch lösen, dass er eine zur Veräußerung bestimmte Immobilie nur vorübergehend zu eigenen Wohnzwecken bezieht. Dementsprechend hat der BFH mit Urteil vom 11. April 1989 VIII R 266/84 (BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621) einen gewerblichen Grundstückshandel angenommen und alle Objekte als Betriebsvermögen angesehen, weil der Steuerpflichtige in einem Zeitraum von sechs Jahren sieben Objekte angeschafft und in der Regel nach Bebauung wieder veräußert hatte, obwohl er vier davon jeweils für gewisse Zeit selbst bewohnt hatte.

bb) Dagegen gehören Grundstücke, deren Nutzung in nicht unwesentlichem Umfang auf Dauer zu eigenen Wohnzwecken des Grundstückshändlers angelegt ist, zu dessen Privatvermögen und bleiben es, selbst wenn sie später trotz ursprünglich fehlender Wiederveräußerungsabsicht veräußert werden.

Denn das Wohnen im eigenen Heim rechnet nach den Wertungen des EStG grundsätzlich zur ureigenen Privatsphäre. Folglich gehören eigengenutzte Wohnobjekte in aller Regel --abgesehen von besonders gelagerten Ausnahmefällen insbesondere bei nur kurzfristiger, vorübergehender Eigennutzung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621)-- zum notwendigen Privatvermögen und nicht zum (notwendigen oder auch nur gewillkürten) Betriebsvermögen. Diese Sichtweise liefert nach Auffassung des Senats auch den tieferen Grund dafür, dass nach der Rechtsprechung des BFH selbst nur vorübergehend (über einen Zeitraum von weniger als fünf Jahren) eigengenutzte Wohnobjekte --anders als vermietete Objekte-- nicht dem Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels zugeordnet werden, wenn der Steuerpflichtige den Verkauf mit "offensichtlichen Sachzwängen" --wie etwa beruflich bedingten örtlichen Veränderungen, dem Umzug in eine näher am Arbeitsplatz gelegene Wohnung, größerem Raumbedarf durch Familienzuwachs, Trennung der Eheleute oder anderen plausiblen Gründen-- zu rechtfertigen vermag (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 23. April 1996 VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170 unter 1. b, cc, m.w.N.; in BFH/NV 1994, 627 unter 3.; vom 2. Februar 2000 X B 83/99, BFH/NV 2000, 946).

Auf dieser Grundlage ist jeweils für den Einzelfall zu prüfen, ob die nur vorübergehende Nutzung auf einer von vornherein bestehenden Wiederveräußerungsabsicht oder auf außerbetrieblichen Gründen beruhte. Sind die Gründe für eine außerbetriebliche Veranlassung plausibel dargelegt, ist das eigengenutzte Grundstück nicht dem gewerblichen Grundstückshandel zuzurechnen (vgl. Senatsentscheidungen in BFH/NV 1994, 627, und in BFH/NV 2000, 946); Voraussetzung ist aber, dass dafür auch objektive Beweisanzeichen vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 1991 X R 105-107/88, BFHE 163, 382, BStBl II 1991, 519). An dieser Rechtsprechung hat der Große Senat festgehalten (Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).

2. Nach diesen Maßstäben reichen die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht aus, den Verkauf des Grundstücks A-Straße dem gewerblichen Grundstückshandel des Klägers zuzurechnen.

a) Den tatsächlichen Feststellungen des FG ist nicht zu entnehmen, welcher Art die vom Kläger vorgenommenen Baumaßnahmen an dem Gebäude waren, insbesondere soweit diese das vom Kläger zu eigenen Wohnzwecken genutzte erste Obergeschoss betrafen.

aa) Für die Beantwortung der Frage, ob der Kläger eine dauerhafte Nutzung des Objekts A-Straße zu eigenen Wohnzwecken ins Auge gefasst hatte, ist auch der Umstand von Bedeutung, welches Finanzierungskonzept dem Erwerb des Objekts und dem nicht unerheblichen Aufwand für die Ausbau- und Renovierungsmaßnahmen des Klägers zugrunde lag. Eine lediglich kurzfristige Finanzierung kann dabei gegen die Absicht dauerhafter Eigennutzung sprechen. In diesem Zusammenhang wird das FG den Inhalt der Kreditverträge festzustellen und zu würdigen sowie ggf. die betreffenden Gläubiger bzw. deren --an den Kreditverhandlungen beteiligte-- Vertreter als Zeugen zu vernehmen haben.

bb) Des Weiteren wird das FG aufzuklären haben, inwieweit der Verkauf des Objekts auf "offensichtlichen Sachzwängen" (vgl. oben II. 1. c, bb) beruhte. Die insoweit vom Kläger aufgestellte Behauptung, er habe das Objekt "auf Druck der Banken" verkaufen müssen, hat das FA bestritten. Sollten die Feststellungen des FG ergeben, dass erst nach dem Erwerb entstandene und vom Kläger nicht vorausgesehene Finanzierungsschwierigkeiten für den Verkauf der Immobilie ursächlich waren, kann dies gegen das Bestehen einer bereits beim Erwerb vorhandenen Veräußerungsabsicht sprechen.

cc) Auch soweit die in dem Gebäude durchgeführten Baumaßnahmen individuell auf die besonderen Wohnbedürfnisse des Klägers ausgerichtet waren, können sie wesentliches Indiz für eine auf Dauer angelegte Wohnnutzung sein, so dass entsprechende Feststellungen durch das FG nachzuholen sind.

b) Gegen die Zurechnung zum gewerblichen Grundstückshandel kann auch die nach Erwerb des Objekts tatsächlich vorgenommene Verlegung der Anwaltskanzlei des Klägers in das Gebäude sprechen. Denn wer ein Gebäude in (Weiter-)Veräußerungsabsicht erwirbt, wird in der Regel nicht seine Anwaltskanzlei wegen des damit verbundenen Aufwands durch einen mehrmaligen Umzug und der dadurch möglicherweise eintretenden Beeinträchtigung der Mandantenbeziehungen dorthin verlegen.

Ob diese Indizwirkung für die Annahme einer fehlenden Wiederveräußerungsabsicht wesentlich dadurch beeinträchtigt wird, dass der Kläger im Hinblick auf die nur geringfügigen Einkünfte aus selbständiger Arbeit keine erheblich ins Gewicht fallende Anwaltstätigkeit entfaltet zu haben scheint sowie die Nutzung der früheren --angemieteten-- Kanzleiräume trotz Verlegung der Kanzlei nicht aufgegeben, sondern diese vielmehr untervermietet und nach Veräußerung des Grundstücks A-Straße wieder zum Betrieb seiner Kanzlei genutzt hat, wird das FG unter näherer Aufklärung der Motive des Klägers für diese Vereinbarung sowie unter Berücksichtigung des Umstandes würdigen müssen, dass der Kläger seinen Wohnsitz in dem Gebäude genommen hat.

Denn diese Tatsache spricht regelmäßig für die Absicht der Dauerwohnnutzung, soweit nicht ein Fall häufigen Wohnungswechsels vorliegt (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1994, 627, m.w.N). Dieser Umstand bleibt auch durch die Absichten hinsichtlich einer Dauernutzung des Hauses A-Straße für Zwecke der Anwaltskanzlei unberührt. Denn in dem für Zwecke der Anwaltskanzlei genutzten Gebäude B-Straße hat der Kläger nach eigenem Vortrag nicht gewohnt.

c) Sollte das FG auch im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis gelangen, dass das in Rede stehende Grundstück, soweit es nicht freiberuflichen Zwecken des Klägers diente, in den von ihm betriebenen gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen ist, wird des Weiteren aufzuklären sein, ob --wie bisher geschehen-- auch der anteilig auf das zweite Obergeschoss entfallende Veräußerungsgewinn das Ergebnis des gewerblichen Grundstückshandels erhöht. Dies trifft nur dann zu, wenn dieser Grundstücksteil nicht freiberuflichen Zwecken des Klägers --wie die Praxisräume im Erdgeschoss-- diente. Letzteres wäre auch dann zu bejahen, wenn die Räume im zweiten Obergeschoss, die nach den Feststellungen des FG mit Wirkung ab 1. Januar 1988 als Rechtsanwaltskanzlei an den Partner des Klägers vermietet waren, zum Sonderbetriebsvermögen des Klägers im Rahmen einer mit seinem Partner gemeinschaftlich betriebenen Kanzlei (Sozietät) gehörten.

3. Soweit der Kläger sich gegen den Ansatz der Dauerschulden im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks A-Straße wendet, ist die Revision begründet, wenn das FG im zweiten Rechtszug auf der Grundlage der nachzuholenden tatsächlichen Feststellungen den Erlös aus dem Verkauf dieses Grundstücks nicht mehr dem gewerblichen Grundstückshandel des Klägers zurechnet. Im Übrigen ist die Hinzurechnung der Darlehensverbindlichkeiten als Dauerschulden zum Gewerbeertrag durch das FG aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

a) Nach § 8 Nr. 1 GewStG i.d.F. des Streitjahres werden zur Berechnung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der bei seiner Ermittlung abgezogenen Zinsen für Schulden wieder hinzugerechnet, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Dementsprechend sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG zur Berechnung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs die bei seiner Ermittlung abgezogenen Verbindlichkeiten wieder hinzuzurechnen, die den Schuldzinsen i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG entsprechen.

aa) Schulden dienen der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals, wenn der Gegenwert der Schulden aufgrund ihrer tatsächlichen Laufzeit das Betriebskapital für längere Zeit, d.h. im Allgemeinen länger als ein Jahr, verstärkt. Sie sind Dauerschulden aufgrund ihrer Laufzeit.

Den Gegensatz dazu bilden die laufenden Verbindlichkeiten, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr eines Unternehmens entstehen, soweit sie in der nach Art des Geschäftsvorfalls üblichen Frist getilgt werden (BFH-Urteile vom 7. August 1990 VIII R 40/87, BFHE 162, 122, BStBl II 1990, 1077; vom 7. August 1990 VIII R 6/90, BFHE 162, 350, BStBl II 1991, 246; vom 12. September 1990 I R 107/87, BFHE 162, 441, BStBl II 1991, 251; vom 3. August 1993 VIII R 40/92, BFHE 174, 174, BStBl II 1994, 664, jeweils m.w.N.; vom 24. Januar 1996 I R 160/94, BFHE 180, 160, BStBl II 1996, 328, unter II. 5. a der Gründe). Auch sie sind aber dann Dauerschulden, wenn die Beziehung zu den laufenden Geschäften nicht nachweisbar ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 174, 174, BStBl II 1994, 664; vom 3. Juli 1997 IV R 2/97, BFHE 184, 104, BStBl II 1997, 742, m.w.N.)

bb) Das Gewerbesteuerrecht stellt bei der Beurteilung der Frage, ob eine Dauerschuld vorliegt, nicht auf die einzelnen zivilrechtlich selbständigen Schuldverhältnisse ab, sondern will die objektive Wirtschaftskraft des Gewerbebetriebs erfassen (BFH-Urteile vom 6. Juni 1973 I R 257/70, BFHE 109, 465, BStBl II 1973, 670; vom 5. November 1980 I R 132/77, BFHE 132, 87, BStBl II 1981, 219). Dieser Gesetzeszweck fordert eine einheitliche Beurteilung von Schuldverhältnissen, die wirtschaftlich eng zusammenhängen und durch Vereinbarungen zwischen den Kreditparteien derart miteinander verknüpft sind, dass gerade die Verknüpfung dem Kreditnehmer die längerfristige Nutzung der Kreditmittel sichert und diese dadurch zu einer "nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals" i.S. von § 8 Nr. 1 GewStG macht (BFH-Urteile vom 6. Februar 1991 I R 101/88, BFHE 164, 369, BStBl II 1991, 851, und in BFHE 180, 160, BStBl II 1996, 328, jeweils m.w.N.).

Kontokorrentschulden sind danach ebenfalls Dauerschulden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 4. August 1977 IV R 57/74, BFHE 123, 50, BStBl II 1977, 843; vom 20. November 1980 IV R 81/77, BFHE 132, 89, BStBl II 1981, 223, und vom 15. Mai 1986 IV R 14/85, BFH/NV 1987, 324, sowie BFH-Urteile vom 17. März 1959 I 171/58 U, BFHE 70, 131, BStBl III 1960, 49; vom 8. Februar 1984 I R 15/80, BFHE 140, 468, BStBl II 1984, 379, und vom 20. Juni 1990 I R 127/86, BFHE 161, 568, BStBl II 1990, 915), wenn aus den Umständen der Kreditgewährung und -abwicklung geschlossen werden muss, dass trotz der äußeren Form des Kontokorrentverkehrs ein bestimmter Mindestkredit dem Unternehmen dauernd gewidmet werden soll (so schon das Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 22. November 1938 I 406/38, RStBl 1939, 216). In dieser Höhe stehen die Fremdmittel nicht nur für kurze Zeit, sondern auf Dauer zur Verfügung. Der Mindestbetrag dient dann der dauernden Verstärkung des Betriebskapitals (BFH-Urteil in BFHE 140, 468, BStBl II 1984, 379). Auch für Kontokorrentschulden gilt, dass die Laufzeit mehr als ein Jahr ausmachen muss (vgl. BFH-Urteile in BFHE 123, 50, BStBl II 1977, 843; in BFHE 132, 89, BStBl II 1981, 223; vom 28. Juli 1976 I R 91/74, BFHE 119, 569, BStBl II 1976, 789). Eine Dauerschuld liegt daher stets vor, wenn es dem Schuldner nicht innerhalb eines Jahres gelingt, die Schuld voll auszugleichen (BFH-Urteil in BFH/NV 1987, 324; Blümich/Hofmeister, Gewerbesteuergesetz, § 8 Rz. 90 "Kontokorrentschulden"; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 1 Anm. 67; a.A. u.a. Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 1 Anm. 152; Niemeyer, Der Betrieb --DB-- 1977, 1070; Ott, Betriebs-Berater --BB-- 1978, 750).

b) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Hinzurechnung der Kreditverbindlichkeiten als Dauerschulden zum Gewerbeertrag vor.

aa) Der mit der Y-Bank geschlossene Bauzwischenkreditvertrag für die Eigentumswohnungen C-Straße vom 25. April 1984 diente zwar nach seinem ausdrücklichen Wortlaut der Finanzierung der Eigentumswohnungen, enthielt aber über die Vereinbarung einer monatlichen Abschlagszahlung von 10 210 DM hinaus keine Regelung darüber, aus welchen Mitteln dieser Kredit zurückzuführen war. Dies rechtfertigt den Schluss des FG, dass das Darlehen mangels entsprechender Vereinbarungen mit der Y-Bank nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Veräußerung der Wohnungen, ggf. anteilig, zurückzuführen war und mithin auch nach einer Weiterveräußerung vertragsgemäß weiter hätte genutzt werden können. Eine ggf. abweichende Absicht der Y-Bank ist dem Darlehensvertrag nicht zu entnehmen, so dass das FG zu Recht von einer Vernehmung des Bankangestellten F absehen konnte.

bb) Entsprechendes gilt auch für die Darlehen für die Finanzierung des Objektes A-Straße, soweit insoweit die Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels im zweiten Rechtszug zu bejahen sein sollten.

Denn auch die von der Z-Bank gewährten Darlehensverträge enthalten nur die Bezeichnung des Beleihungsobjekts A-Straße, nicht aber eine Regelung, aus welchen Mitteln die Darlehen zurückzuführen sind. Ebenso enthält das Darlehen des Vaters keine Regelung über die Rückführung.

cc) Auch die Verbindlichkeiten des Klägers aufgrund des Darlehensvertrages über den Kontokorrentkredit über 700 000 DM mit der X-Bank haben Dauerschuldcharakter. Denn nach dem Vertrag sind die Verbindlichkeiten aus laufenden Gewinnen bzw. durch Umfinanzierung der anzuschaffenden Objekte zurückzuführen, so dass insoweit ein die Betriebsmittel verstärkender Kredit vorliegt.

Ende der Entscheidung

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