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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.08.2006
Aktenzeichen: XI B 7/06
Rechtsgebiete: FGO, KStG, EStG


Vorschriften:

FGO § 16
FGO § 92 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2 a
EStG § 15 Abs. 2
EStG § 15 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist teilweise mangels einer § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechenden Begründung unzulässig, teilweise ist sie unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.

1. Das Finanzgericht (FG) hat den Rechtsanspruch der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf ein faires Verfahren nicht dadurch verletzt, dass es die Streitsache trotz mehrerer Streitpunkte in nur 40 Minuten mündlich verhandelt hat und damit --wie die Kläger meinen-- die ehrenamtlichen Richter keine Gelegenheit gehabt hätten, sich ausreichend über den Streitstoff zu informieren. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung am 23. November 2005 hat der Berichterstatter den wesentlichen Inhalt der Akten gemäß § 92 Abs. 2 FGO vorgetragen. Einwendungen hiergegen wurden nicht protokolliert, so dass der Senat davon ausgehen muss, dass solche nicht erhoben wurden. Das Protokoll enthält auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rechte der ehrenamtlichen Richter nach § 16 FGO in irgendeiner Weise beschränkt worden seien. Eine Einsichtnahme der ehrenamtlichen Richter in die Prozessakten vor Eintritt in die mündliche Verhandlung u. Ä. ist verfahrensrechtlich nicht vorgesehen. Im Regelfall ist der Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung, ggf. verbunden mit Ergänzungen in einem Gespräch vor der Sitzung oder während der Beratung eine ausreichende Grundlage für die Sachinformation der ehrenamtlichen Richter (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232). Im Streitfall ist der Sachverhalt auch nicht so kompliziert, dass hiervon eine Ausnahme zu machen wäre.

2. Das FG hat auch nicht den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt. Den Klägern wurde in keiner Weise das Recht genommen, sich vor Erlass der Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern und ggf. rechtliche Hinweise vorzutragen. Eine straffe Verhandlungsführung, z.B. durch Zurückweisen eines aus der Sicht des FG entscheidungsunerheblichen Vortrags, ist als solche nicht zu beanstanden.

Die Kläger haben in der Beschwerde nicht dargelegt, dass das FG ihre Ausführungen nicht zur Kenntnis genommen und nicht in Erwägung gezogen habe. Der Anspruch der Beteiligten, sich zu den entscheidungserheblichen Rechtsfragen zu äußern, beinhaltet keinen Anspruch auf ein Rechtsgespräch mit dem Gericht (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 10a, m.w.N.).

Das Urteil enthält auch keine Überraschungsentscheidung. Das Problem, ob der Kläger seit seiner Anstellung als Geschäftsführer einer GmbH weiterhin seinen bisherigen Gewerbebetrieb mit Gewinnerzielungsabsicht unterhielt, war den Klägern spätestens seit Ergehen der Einspruchsentscheidung bekannt.

Soweit die Kläger ferner darauf hinweisen, dass sie mangels einer eingehenden Erörterung nicht auf das Urteil des BFH vom 17. November 1999 I R 4/99 (BFH/NV 2000, 1502) hätten hinweisen können, ist der Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör ebenfalls nicht verletzt. Auf die Ausführungen in dieser Entscheidung kommt es im Streitfall unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt an (vgl. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 11, m.w.N.). Abgesehen davon, dass der I. Senat des BFH in BFH/NV 2000, 1502 über das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes, also über die Höhe des Gewinns einer Kapitalgesellschaft zu urteilen hatte, ergab sich dort die Unschädlichkeit der Gewinnlosigkeit letztlich daraus, dass die GmbH ihre Tätigkeit im öffentlichen Interesse ausübte. Hieraus lässt sich zu Gunsten des Gewerbebetriebs des Klägers nichts ableiten. Im Übrigen setzt die Legaldefinition des Gewerbebetriebs in § 15 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausdrücklich eine Gewinnerzielungsabsicht voraus (vgl. "....., die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen,......"). Ungeschriebenes negatives Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs ist ferner, dass keine private Vermögensverwaltung, wie z.B. beim Halten von GmbH-Beteiligungen, bei der Vergabe von Darlehen denkbar, vorliegt (vgl. z.B. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 25. Aufl., § 15 Rz 46, m.w.N.).

3. Soweit die Kläger die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen "Rechtsfehler von erheblichem Gewicht" begehren, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Darlegung dieses Zulassungsgrundes.

Wie dem abschließenden Katalog der Zulassungsgründe in § 115 Abs. 2 FGO zu entnehmen ist, können die Einwendungen der Kläger gegen die Rechtmäßigkeit der Vorentscheidung als solche grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. "... ist nur zuzulassen ..."). Sie müssen im Verfahren über die Zulassung der Revision grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn die Entscheidung des FG objektiv willkürlich ist oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheint (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. September 2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO im Einzelnen "darzulegen". Einwendungen gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts durch das FG reichen zur Darlegung einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung nicht aus (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. August 2005 IX B 58/05, BFH/NV 2005, 2044). Im Übrigen sind die Einwendungen der Kläger gegen die vom FG geforderte Gewinnerzielungsabsicht unbegründet, weil § 15 Abs. 2 EStG ausdrücklich eine Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt.

Auch der Vortrag der Kläger, die Gesetzesauslegung bzw. -anwendung durch das FG sei verfassungswidrig, reicht für die Darlegung einer Willkürentscheidung bzw. einer greifbaren Gesetzwidrigkeit nicht aus. Selbst für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine substantiierte Auseinandersetzung mit den Vorgaben des GG und der dazu ergangenen Rechtsprechung notwendig (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. Mai 2005 VIII B 141/04, BFH/NV 2005, 1783, m.w.N.). Dies gilt erst recht für eine ausnahmsweise Zulassung der Revision wegen greifbarer Gesetz- oder Verfassungswidrigkeit. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt entschieden, es bestünden verfassungsrechtlich keine Einwendungen dagegen, an die Ernstlichkeit der Verträge zwischen Ehegatten strenge Anforderungen zu stellen (vgl. z.B. Beschluss der ersten Kammer des zweiten Senats vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34).

4. Die Revision ist auch nicht wegen einer Abweichung vom Urteil des BFH vom 4. Juni 1991 IX R 150/85 (BFHE 165, 53, BStBl II 1991, 838) zuzulassen. Zwar hat der BFH in der genannten Entscheidung --anders als die Vorentscheidung-- die Bestellung einer Sicherheit für die Gewährung eines Darlehens nicht als unerlässlich für die Anerkennung eines Darlehensverhältnisses zwischen Verwandten angesehen. Er hat jedoch die Sache zur Klärung der Frage an die Vorinstanz zurückverwiesen, ob der streitige Darlehensvertrag, "wie erforderlich, tatsächlich durchgeführt wurde". Diesbezüglich haben die Kläger die Anfrage des FG vom 12. April 2005 letztlich nicht beantwortet. Aus dem Abschluss eines Darlehensvertrages zwischen Ehegatten ergibt sich noch nicht, dass dieser wie vereinbart tatsächlich durchgeführt wurde. Selbst wenn zu Gunsten der Kläger davon ausgegangen werden könnte, dass von ihnen zwölf Jahre nach dem Streitjahr bzw. fünf Jahre nach Klageerhebung die bislang unstreitige Auszahlung der Darlehensvaluta als solche nicht mehr nachgewiesen werden muss, bleibt zu beachten, dass das FG im Zusammenhang mit der tatsächlichen Durchführung des Vertrages auch Fragen zum späteren Schicksal des Darlehens gestellt hat. Hierauf sind die Kläger nicht eingegangen, so dass sie sich selbst der Möglichkeit begeben haben, die tatsächliche Durchführung zumindest in späteren Jahren nachzuweisen.

Ende der Entscheidung

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