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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.03.2001
Aktenzeichen: XI S 10/00
Rechtsgebiete: EStG, FGO, ZPO


Vorschriften:

EStG § 18
EStG § 18
FGO § 142 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 114
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Antragsteller und Kläger (Antragsteller) wurde in den Streitjahren 1987 bis 1991 mit seiner im Jahre 1993 von ihm geschiedenen Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Seit 1992 bezieht er Altersrente, im Jahre 1993 in Höhe von 21 637 DM. Die Ehefrau bezog als Freiberuflerin Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Der Antragsteller ist von Beruf Diplomingenieur und hielt im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit von 1964 bis 1986 Seminare und Kurse in den Bereichen der Elektrotechnik und Computertechnik ab.

Im Zeitraum 1981 bis 1985 erzielte er bei Einnahmen in Höhe von rd. 423 000 DM Gewinne in Höhe von rd. 187 000 DM (unter Berücksichtigung eines Verlustes in 1984), in den Folgejahren aber nur noch Verluste (1986 rd. 64 000 DM, 1987 rd. 27 000 DM und 1988 bis 1991 insgesamt rd. 107 000 DM). In den Jahren 1987 bis 1995 erzielte er keine Einnahmen mehr mit Ausnahme eines Betrages von 5 000 DM in 1992 als Abschlagszahlung für ein von ihm überwiegend verfasstes Lexikon der ... Hinsichtlich der Jahre 1987 bis 1990 liegen den Zahlen die Ergebnisse einer beim Antragsteller durchgeführten Außenprüfung zugrunde, im Übrigen die Erklärungen des Antragstellers.

Der Antragsteller hat in den Streitjahren keine Kurse mehr durchgeführt, Angaben über --wenn auch erfolglose-- Akquisitionsbemühungen liegen erst für die Jahre ab 1994 vor.

Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zunächst die erklärten Verluste in den Steuerbescheiden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung berücksichtigte, setzte er mit den angefochtenen Bescheiden vom 4. September 1997 die Einkommensteuer 1987 bis 1991 unter Außerachtlassung der erklärten Verluste fest, weil der Antragsteller keine Gewinnerzielungsabsicht mehr gehabt habe. Den Einspruch wies er zurück.

Die Klage hatte nur hinsichtlich des Jahres 1987 Erfolg, da insoweit ein Fortwirken der in den Vorjahren an den Markt gebrachten Angebote anzunehmen sei. Im Folgenden habe dem Antragsteller die Gewinnerzielungsabsicht gefehlt. Die Beschäftigung mit der Datenkommunikation sei zwar keine typische Hobbytätigkeit, sie sei aber in verbreitetem Umfang auch Gegenstand von Freizeitbeschäftigungen. Die Fortsetzung des Vortragsbetriebs trotz fehlender Einnahmen und Akquisitionen bei gleichzeitigem Wegfall der früheren Kontaktpersonen stelle eine Umstrukturierung des i.S. des § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich relevanten Betriebes des Antragstellers zu einem "Liebhabereibetrieb" dar. Die Erzielung eines Totalgewinns erscheine nach Art und Bewirtschaftung des Betriebes jedenfalls in den Jahren 1988 bis 1991 als von Anfang an ausgeschlossen. Es komme daher nicht mehr darauf an, dass es sich im Jahre 1988 noch nicht um eine durchgehende längere Verlustperiode gehandelt habe. Es fehle auch die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Der Antragsteller habe angesichts der schnellen technologischen Entwicklung nicht hoffen können, nach längerer Vorbereitungsphase wieder erhebliche Einkünfte zu erzielen. Als ein Motiv für die verlustbringende Tätigkeit komme vorliegend das Sparen von Steuern in Betracht, da die Verluste mit den positiven Einkünften der Ehefrau verrechnet werden konnten.

Der Antragsteller verfolgt die Zulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) und beantragt für die Nichtzulassungsbeschwerde Prozesskostenhilfe (PKH). Es gehe zum einen um die Frage, ob die Tatsache, dass in den Streitjahren keine Einnahmen hätten erzielt werden können, nahezu allein ausschlaggebend sein könne, eine Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen. Zum anderen gehe es darum, ob die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger weder andere Einnahmen noch entsprechendes Vermögen zur Bestreitung seines Lebensunterhalts habe, ein gewichtiges Merkmal für eine Gewinnerzielungsabsicht und gegen die Annahme von Liebhaberei sei.

Die Klärung dieser Rechtsfragen sei von grundsätzlicher Bedeutung und entscheidungserheblich, da das FG die erste Frage bejaht habe und die zweite Frage, die fast zwingend gegen die Annahme von Liebhaberei spreche, zu Unrecht nicht behandelt habe. So habe der Bundesfinanzhof (BFH) im Beschluss vom 19. Januar 1998 XI B 23/97 (BFH/NV 1998, 845) ausgeführt, "Die Voraussetzungen einer Liebhaberei können denknotwendig nur dann erfüllt sein, wenn ein Betrieb objektiv nicht die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen darstellt, sondern ihm andere Geldmittel zur Verfügung stehen, die wirtschaftlich seine Existenzgrundlage bilden und die es ihm darüber hinaus ermöglichen, trotz der ständigen Verluste den Betrieb beizubehalten ...".

Das FA misst der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung bei; der Antragsteller räume ein, in den Streitjahren weder "marktfähig" gewesen zu sein, noch seine Tätigkeit am Markt angeboten zu haben.

II. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH für die vom Antragsteller eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zu entsprechen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung bei der gebotenen summarischen Betrachtung (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 142 Anm. 18) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung --ZPO--).

1. Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für seinen Eintritt eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. BFH-Beschluss vom 27. August 1986 VIII B 84/85, BFH/NV 1987, 119). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten nicht überspannt werden. Die Erfolgsaussichten sind in der Regel dann als hinreichend anzusehen, wenn die Gründe für und gegen einen Erfolg als gleichwertig zu bewerten sind. Eine abschließende Prüfung darf bei der Abwägung nicht vorgenommen werden, weil eine Vorwegnahme der Endentscheidung im PKH-Verfahren zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen würde, dass der Antragsteller gehindert wäre, seine Rechte aus der Gewährung der PKH in vollem Umfange wahrzunehmen.

2. Aus den vom Antragsteller angeführten Gründen ergibt sich nicht, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde hinreichende Aussicht auf Erfolg hätte. Der Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt nur für Rechtsfragen in Betracht, die klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sind. Kein Klärungsbedarf besteht im Allgemeinen mehr, wenn eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist.

a) Die Frage, ob die Tatsache, dass in den Streitjahren keine Einnahmen erzielt werden konnten, nahezu allein ausschlaggebend sein könne, eine Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen, ist von der Rechtsprechung bereits geklärt. Nach der Rechtsprechung kann auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht nicht allein aus längeren Verlustperioden geschlossen werden (vgl. Seeger/ Schmidt, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 2 Rz. 22, m.w.N.).

Das FG hat ausdrücklich festgestellt, dass es sich im Jahre 1988 noch nicht um eine durchgehende längere Verlustperiode gehandelt habe. Es hat sodann darauf abgestellt, der Antragsteller habe nicht nachgewiesen, dass er ab 1988 noch mit einem Totalgewinn habe rechnen können. Wie sich an der Entwicklung der Einnahmen zeige, stelle sich das Verhalten des Antragstellers als eine Umstrukturierung des i.S. des § 18 EStG steuerlich relevanten Betriebs des Antragstellers zu einem "Liebhabereibetrieb" dar, die ab 1988 eine Überprüfung seiner Gewinnerzielungsabsicht erfordere. Die Umstrukturierung ergebe sich daraus, dass der Antragsteller keine weiteren Bemühungen unternommen habe, Veranstaltungen am Markt anzubieten, obwohl er über 1987 hinaus ohne Einnahmen geblieben sei und seine früheren Kontaktpersonen gleichzeitig weggefallen seien. Demgegenüber habe er sich jedenfalls bis 1985 um Kunden für sein Unternehmen bemüht und es sei für eine gewisse weitere Zeit --hier bis 1987 einschließlich-- auch denkbar gewesen, dass sich aus dem Kundenstamm weitere Aufträge ergeben könnten.

Die von dem Antragsteller aufgeworfene erste Rechtsfrage war nach alle dem für die Entscheidung des FG nicht entscheidungserheblich; das FG hat seine Entscheidung nicht auf die fehlenden Einnahmen allein gestützt, sondern darauf, dass der Antragsteller trotz fehlender Einnahmen keine Akquisitionsanstrengungen unternommen habe. Die vom Antragsteller bezeichnete Rechtsfrage ist damit im vorliegenden Streitfall nicht entscheidungserheblich und nicht klärbar.

b) Auch die weitere vom Antragsteller aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger weder andere Einnahmen noch entsprechendes Vermögen zur Bestreitung seines Lebensunterhalts habe, ein gewichtiges Merkmal für eine Gewinnerzielungsabsicht und gegen die Annahme von Liebhaberei sei, kann eine Zulassung der Revision nicht begründen. In den Streitjahren war der Antragsteller noch mit seiner als Freiberuflerin tätigen Ehefrau verheiratet und wurde mit ihr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Aufgrund des gegebenen Unterhaltsanspruchs war er zur Bestreitung seines Lebensunterhalts nicht auf seine Vortragstätigkeit angewiesen. Die als grundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage ist für die Entscheidung des Streitfalls daher ebenfalls nicht entscheidungserheblich und könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden.

c) Das FG hat darüber hinaus eine Beteiligung des Antragstellers am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr in den Jahren 1988 bis 1991 verneint, weil er seine Tätigkeit nicht an einem in Betracht kommenden Markt angeboten habe. Da das FG seine Entscheidung somit mehrfach (kumulativ) begründet hat, könnte eine Zulassung der Revision nur in Betracht kommen, wenn auch hinsichtlich dieser Begründung ein Zulassungsgrund vorläge (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. April 1991 V B 94/90, BFH/NV 1992, 156, und vom 10. März 1995 VIII B 98/94, BFH/NV 1995, 992). Hierzu hat der Antragsteller jedoch nichts vorgetragen. Er hat vielmehr selbst eingeräumt, nicht "marktfähig" gewesen zu sein und seine Tätigkeit nicht angeboten zu haben. Sein ergänzender Vortrag in der bereits erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde, für ihn als Ein-Mann-Betrieb habe nach Wegfall der bisherigen Kunden keine andere Wahl bestanden, als weiter zu machen, auch wenn auf lange Sicht keine neuen Auftraggeber zu finden seien, entspricht dem.

3. Es ist auch nicht zu erkennen, dass das FG von der Rechtsprechung des BFH abgewichen wäre (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO in der bis zum 31. Dezember 2000 maßgeblichen Fassung). Insbesondere die vom Antragsteller zitierte Entscheidung vom 22. April 1998 XI R 10/97 (BFHE 186, 206, BStBl II 1998, 663) unterscheidet sich dadurch, dass dort laufend erhebliche Einnahmen in einem Unternehmen erzielt wurden, das seiner Art nach regelmäßig nicht dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. In dem vom Antragsteller weiter angeführten Urteil vom 2. Juni 1999 X R 149/95 (BFH/NV 2000, 23) sprach der Gegenstand des Unternehmens nach den Feststellungen des FG gleichfalls für die Gewinnerzielungsabsicht des Antragstellers, im Übrigen wurde dort die Sache an das FG zurückverwiesen. Im Streitfall ergab sich die Feststellung des FG, dass der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann, insbesondere aus den fehlenden Akquisitionsbemühungen des Antragstellers.

4. Es ist schließlich bei summarischer Prüfung auch keine hinreichende Erfolgsaussicht dafür erkennbar, dass die Vorentscheidung mit einem nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend zu machenden Verfahrensfehler behaftet ist. Weder aus dem weiteren Vorbringen des Antragstellers noch aus den Akten ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen von Verfahrensfehlern.

5. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; § 1 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes).



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