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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.12.2002
Aktenzeichen: XI S 33/01
Rechtsgebiete: SGB IV, ZPO, BGB, FGO


Vorschriften:

SGB IV § 28g
ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 1
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 3
ZPO § 117 Abs. 4
ZPO § 222 Abs. 1
BGB § 188 Abs. 2
FGO § 54 Abs. 2
FGO § 56 Abs. 2 Satz 2
FGO § 142
FGO § 142 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

1. Die Antragstellerin beantragt Prozesskostenhilfe (PKH) für eine noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde und Beiordnung eines Prozessvertreters. Im Klageverfahren ging es insbesondere um die Besteuerung einer Lohnnachzahlung in Höhe von ... DM nach einem für die Antragstellerin erfolgreichen Arbeitsgerichtsprozess und die steuerliche Behandlung der Rückerstattung an das Arbeitsamt in Höhe von ... DM für erhaltene Unterstützungen. Die Antragstellerin macht zudem geltend, das Finanzgericht (FG) habe es zu Unrecht unterlassen, den Steuerbescheid zumindest hinsichtlich der Vorsorgeaufwendungen wegen beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängiger Verfahren für vorläufig zu erklären. Durch die verspätete Zahlung habe sie hinsichtlich ihrer Arbeitnehmerbeiträge zu den Sozialversicherungen in Höhe von ... DM, die nach § 28g des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) der säumige Arbeitgeber hätte übernehmen müssen, steuerliche Vergünstigungen verloren. Das FG habe den Sachverhalt auch unzureichend aufgeklärt. Außerdem habe der BFH offen gelassen, ob die Rückgewähr steuerfreier Lohnersatzleistungen im Veranlagungszeitraum der Rückgewähr negative Einnahmen oder Werbungskosten auslöse.

2. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von PKH für die von ihr beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BFH ist abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet bei der gebotenen summarischen Betrachtung (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 142 Anm. 18) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung --ZPO--).

a) Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem Antrag auf Bewilligung der PKH, der bei dem Prozessgericht zu stellen ist, sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 1 und 2 ZPO). Die Erklärung ist auf dem amtlichen Vordruck abzugeben (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO).

b) Der Antrag auf PKH ist zulässig. Für den Antrag auf PKH für eine noch einzulegende Beschwerde besteht beim BFH kein Vertretungszwang (BFH-Beschluss vom 23. Januar 1991 II S 17/90, BFH/NV 1991, 338, m.w.N.)

c) Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin hat indes schon deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die von ihr beabsichtigte Beschwerde, auch wenn sie von einem vor dem BFH vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten eingelegt werden würde, wegen Versäumung der Beschwerdefrist als unzulässig verworfen werden müsste. Denn die Beschwerdefrist gegen das am 26. September 2001 zugestellte Urteil des FG ist am 26. Oktober 2001 abgelaufen (§ 116 Abs. 2 Satz 1, § 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--). Der Antrag auf PKH ist demgegenüber erst am 29. Oktober 2001 und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst am 12. November 2001 beim BFH eingegangen.

Zwar stellt es eine die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) rechtfertigende unverschuldete Verhinderung, die Beschwerdefrist einzuhalten, dar, wenn ein Beteiligter infolge Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel durch einen befugten Vertreter beim BFH fristgerecht einzulegen. Nach der gefestigten Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes setzt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist in diesem Falle aber voraus, dass der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist alles Zumutbare tut, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beheben. Das bedeutet, dass er bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen muss. Dazu gehört, dass der Antragsteller innerhalb dieser Frist das Gesuch um PKH und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der vorgeschriebenen Form (§ 117 Abs. 2 bis 4 ZPO) vorlegt, sofern er nicht auch hieran wiederum ohne sein Verschulden gehindert ist (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., 5. Aufl., § 142 Rz. 21, m.w.N.; BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 338).

Soweit die Antragstellerin auf Anfrage des Senats vorgetragen hat, sie habe aufgrund einer schweren Erkrankung (Herzattacke) dem BFH nicht rechtzeitig am Freitag, dem 26. Oktober, sondern erst am Montag, dem 29. Oktober den bereits am 26. Oktober vorbereiteten PKH-Antrag (per Fax) zusenden können, hat sie dies nicht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin verweist auf die bei den Akten befindliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diese Bescheinigung vom 19. November ist jedoch kein Nachweis für eine Erkrankung bereits am 26. Oktober 2001; denn sie bescheinigt Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 15. November bis 26. November 2001, wobei es sich ausdrücklich um eine Erstbescheinigung handelt.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen; Gerichtsgebühren sind nicht entstanden (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; § 1 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes).

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