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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.03.2001
Aktenzeichen: 1 StR 18/01
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 299
StPO § 473 Abs. 1
StPO § 302 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 18/01

vom

8. März 2001

in der Strafsache

gegen

wegen Betrugs

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. März 2001 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 14. November 2000 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Wiedereinsetzungsantrags trägt der Angeklagte.

Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1. Der Angeklagte wurde am 14. November 2000 zu Freiheitsstrafe verurteilt. Rechtsmittelbelehrung wurde mündlich und schriftlich erteilt.

Danach kam es zu folgendem Verfahrensgang:

a) Am 20. November 2000 ging beim Landgericht ein Schriftsatz des (gewählten) Verteidigers Rechtsanwalt S. ein, wonach dieser "namens und in Vollmacht des Verurteilten" Rechtsmittelverzicht erklärte. Der Angeklagte hatte Rechtsanwalt S. in diesem Verfahren am 6. August 1998 schriftliche Verteidigervollmacht erteilt, die auch die Befugnis zur Rücknahme von Rechtsmitteln und zum Verzicht hierauf umfaßte.

b) Am 24. November 2000 ging eine am 16. November datierte Revisionsschrift des Angeklagten beim Landgericht ein.

c) Am 27. November 2000 nahm Rechtsanwalt S. die vom Angeklagten "persönlich mit Schriftsatz vom 16.11.00 eingelegte Revision zurück".

d) In einem Schreiben an den Vorsitzenden der Strafkammer vom 28. November 2000 (eingegangen am 1. Dezember 2000) legte der Angeklagte dar, Rechtsanwalt S. habe ihm am 16. November 2000 in der Vollzugsanstalt nahegelegt, kein Rechtsmittel einzulegen. "Ich sagte nein, er ging und meinte, ich soll mir das noch überlegen. Als ich bis Mittwoch, den 22.11. nichts .... hörte, schickte ich das Schreiben vom 16.11. ab".

e) Am 11. Dezember 2000 legte der Angeklagte gegenüber dem Rechtspfleger (§ 299 StPO) Revision ein und beantragte hinsichtlich der Versäumung der Einlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er trug vor, er habe Rechtsanwalt S. darum gebeten, Revision einzulegen, dieser habe jedoch nichts getan. Darüber hinaus legte er dar, warum er den erst jetzt gestellten Antrag nicht früher stellen konnte.

f) Mit Beschluß vom 19. Dezember 2000 legte die Strafkammer dem Angeklagten die Kosten des von ihm zurückgenommenen Rechtsmittel auf (§ 473 Abs. 1 StPO).

g) Mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 legte Rechtsanwalt S. gegenüber dem Landgericht dar, er sei mündlich anläßlich des Besuchs in der JVA zur Zurücknahme der bereits eingelegten Revision bevollmächtigt worden.

h) Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2000 legte Rechtsanwalt S. gegen den Beschluß vom 19. Dezember 2000 "vorsorglich" sofortige Beschwerde ein und teilte mit gesondertem Schriftsatz vom gleichen Tag Mandatsbeendigung mit.

i) Am 8. Januar 2001 ging beim Landgericht ein Schreiben des Angeklagten vom 1. Januar 2001 ein, in dem er den Verfahrensgang nochmals aus seiner Sicht schilderte und dem er zwei Briefe beifügte, die er von Rechtsanwalt S. erhalten hatte:

aa) Im Schreiben vom 18. Dezember 2000 heißt es zu dem Gespräch (vom 16. November): "Ergebnis dieses Gespräches war, daß keine Revision eingelegt wird und hinsichtlich des von Ihnen selbst abgesandten Schreibens ich die Rücknahme erklären soll".

bb) Im Schreiben vom 29. Dezember 2000 heißt es zu der sofortigen Beschwerde (vgl. oben 1 g): "In diesem Beschluß werden Ihnen die Kosten einer am 24.11.00 eingelegten Revision auferlegt, da Sie diese ganz offensichtlich wieder zurückgenommen haben. Nachdem ich ... über den derzeitigen Sachstand nicht informiert bin, habe ich zur Fristwahrung sofortige Beschwerde ... eingelegt".

2. Die Revision ist unzulässig.

a) Es kann dabei offen bleiben, ob die Erklärungen von Rechtsanwalt S. in dessen Schreiben vom 20. November 2000 (vgl. oben 1 a) und/oder 27. November 2000 (vgl. oben 1 c) schon deshalb wirksam sind und damit zur Unzulässigkeit der Revision führen, weil sie von der Vollmacht vom 6. August 1998 gedeckt sind (vgl. hierzu Frisch in SK § 302 Rdn. 72 m.w.N.).

b) Ebensowenig braucht der Senat zu überprüfen, ob im Hinblick auf die ihm vorliegenden Erkenntnisse zu dem Gespräch vom 16. November 2000 von einer wirksamen Bevollmächtigung zu Rechtsmittelverzicht oder Rechtsmittelrücknahme i.S.d. § 302 Abs. 2 StPO ausgegangen werden kann. Grundsätzlich kann eine solche Bevollmächtigung auch mündlich erteilt werden; zu ihrem Nachweis kann eine anwaltliche Erklärung genügen (vgl. Kleinknecht/Meyer- Goßner StPO, 44. Aufl. § 302 Rdnrn. 30, 32, 33 m.w.N.). Der Senat hat auf Grund der Schreiben von Rechtsanwalt S. vom 18. Dezember 2000 (vgl. oben 1 i aa) und 20. Dezember 2000 (vgl. oben 1 g) keinen Zweifel daran, daß Rechtsanwalt S. das Gespräch vom 16. November dahin verstanden hat, daß das Urteil rechtskräftig werden sollte. Gleichwohl bestehen aber noch Unklarheiten:

aa) In seinem Schreiben vom 20. November (vgl. oben 1 a) spricht Rechtsanwalt S. eine bereits eingelegte Revision nicht an. Wie sich aus dem Vorbringen des Angeklagten vom 28. November 2000 (vgl. oben 1 d) ergibt, hatte dieser am 20. November 2000 auch noch gar keine Revision eingelegt, sondern das Schreiben vom 16. November 2000 erst am 22. November abgeschickt. Dies erklärt auch, warum es erst am 24. November 2000 beim Landgericht eingegangen ist.

bb) Im Schreiben vom 29. Dezember 2000 (vgl. oben 1 i bb) spricht Rechtsanwalt S. davon, der Angeklagte habe eine Revision vom 24. November 2000 offenbar selbst zurückgenommen.

Tatsächlich war es Rechtsanwalt S. , der die am 24. November 2000 eingegangene Revision des Angeklagten vom 16. November 2000 mit Schriftsatz vom 27. November 2000 zurückgenommen hat (vgl. oben 1 c).

c) Diesen Unklarheiten braucht der Senat aber unter keinem Aspekt nachzugehen.

Die Zulässigkeit der Revision scheitert nämlich jedenfalls daran, daß sie verspätet eingelegt wurde und der Angeklagte selbst nach seinem eigenen Vorbringen (vgl. das Schreiben vom 28. November 2000, oben 1 d) nicht ohne eigenes Verschulden an der Fristwahrung gehindert war (§ 44 StPO).

Danach konnte der Angeklagte entgegen seinem Vorbringen vom 11. Dezember 2000 (vgl. oben 1 e) nämlich nicht damit rechnen, daß Rechtsanwalt S. auf Grund des Ergebnisses des Gesprächs vom 16. November 2000 Rechtsmittel einlegen würde. Rechtsanwalt S. hatte dies danach weder ausdrücklich zugesagt, noch konnte der Angeklagte dies sonst erwarten, nachdem ihn Rechtsanwalt S. am Ende des Gesprächs aufgefordert hatte, er solle sich die Frage eines Rechtsmittels nochmals überlegen, und seither offenbar kein Kontakt mehr zwischen dem Angeklagten und Rechtsanwalt S. bestanden hatte.

Unter diesen Umständen wäre der Angeklagte, der über die Rechtsmittelfrist mündlich und schriftlich belehrt worden war, gehalten gewesen, sich selbst um eine rechtzeitige Einlegung zu kümmern, und hätte sein Schreiben vom 16. November 2000 nicht erst am 22. November 2000 abschicken dürfen, da zu diesem Zeitpunkt die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bereits abgelaufen war.

d) Nach alledem war die Revision als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO). Mit dieser Entscheidung erledigt sich zugleich die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts vom 19. Dezember 2000.

Ende der Entscheidung

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