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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.05.2000
Aktenzeichen: 1 StR 62/00
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 59
StPO § 274 Satz 1
StPO § 61 Nr. 5
StPO § 60 Nr. 2
StGB § 25 Abs. 2
StGB § 56 Abs. 2 Satz 1
StGB § 46 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 62/00

vom

2. Mai 2000

in der Strafsache

gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Mai 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 13. Oktober 1999, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten I. Y. wegen gefährlicher Körperverletzung in fünf tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, gemeinschaftlich begangen mit den Mitangeklagten W. sowie C. und D. Y. , zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit es sich gegen den Strafausspruch richtet.

1. Das Landgericht hat zwar, was die festgestellten Tätlichkeiten einschließlich des Einsatzes eines Baseballschlägers durch den Mitangeklagten C. Y. angeht, rechtsfehlerfrei den Angeklagten als Mittäter der fünffachen Körperverletzung i. S. v. § 25 Abs. 2 StGB angesehen. Doch lassen die Urteilsgründe, wie der Generalbundesanwalt dargelegt hat, besorgen, bei der Bemessung der gegen ihn verhängten Strafe und bei der Versagung von Strafaussetzung gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB sei ein zu großer Schuldumfang zugrunde gelegt worden. Allerdings führt die Strafkammer aus, daß sie "den genauen Tatbeitrag von I. Y. nicht klären konnte". Es wird indes nicht hinreichend deutlich, ob sie daraus den auf Grund des Zweifelssatzes erforderlichen Schluß gezogen hat, diesem Angeklagten könne außer der Beschaffung der Transportmöglichkeit nur eine psychische Unterstützung der Mitangeklagten zur Last gelegt werden. Es hätte berücksichtigt werden müssen, daß er nicht auch selbst auf andere eingeschlagen hat und daß der wuchtige Schlag mit dem Baseballschläger, den der Mitangeklagte C. Y. gezielt auf den Kopf des Zeugen Ca. vornahm, über die geplante Aktion hinausging. Richtig ist, daß verschuldete Auswirkungen einer Tatbeteiligung strafschärfend berücksichtigt werden dürfen (§ 46 Abs. 2 StGB). Sie wiegen jedoch weniger schwer als durch eigene Gewalttätigkeit herbeigeführte Tatfolgen.

Die Feststellungen zum Strafausspruch lassen keinen Rechtsfehler erkennen und bleiben deshalb bestehen.

2. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Zu zwei von der Revision erhobenen Verfahrensrügen bemerkt der Senat:

1. Die Rüge, die Zeugin T. sei entgegen der Vorschrift des § 59 StPO nicht vereidigt worden, greift nicht durch. Soweit das Protokoll über die Hauptverhandlung vom 7. Oktober 1999 lediglich vermerkt, daß diese Zeugin erschienen war und Angaben zur Sache machte, aber nichts zur Frage ihrer Vereidigung und zu ihrer Entlassung mitteilt, weist es einen offensichtlichen Mangel auf, der die in § 274 Satz 1 StPO geregelte Beweiskraft entfallen läßt. In einem solchen Fall kann und muß das Revisionsgericht im Freibeweis klären, wie der Verfahrensablauf wirklich war (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 274 Rdn. 17, 18 m. w. Nachw.). Aus einer - unbestritten gebliebenen - dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden der Jugendkammer ergibt sich, daß nach allseitigem Verzicht auf die Vereidigung der Zeugin nach § 61 Nr. 5 StPO verfahren und diese sodann entlassen worden ist.

2. Zu Recht macht die Revision geltend, daß nach § 60 Nr. 2 StPO die Zeugin E. nicht hätte vereidigt werden dürfen, weil sie, wie die Urteilsgründe ausweisen, bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 1. Februar 1999 für den Angeklagten W. ein falsches Alibi angegeben hatte und damit zumindest der versuchten Strafvereitelung gemäß § 258 StGB verdächtig war. Ein strafbefreiender Rücktritt, der darin liegt, daß die Zeugin ihre Angaben alsbald richtiggestellt hat, läßt dieses Vereidigungsverbot nicht entfallen (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 335 m. w. Nachw.).

Auf diesem Verstoß kann aber der Schuldspruch nicht beruhen, weil sich das Urteil insoweit nicht auf die Vereidigung der Zeugin stützt, sondern auf die Schlüssigkeit ihrer Angaben, ihr Aussageverhalten in der Hauptverhandlung sowie die Bestätigung ihrer Angaben durch eine anderweitige Zeugenaussage und zusätzliche Sachbeweise (vgl. dazu Senge in KK 4. Aufl. § 60 Rdn. 42 mit Rechtsprechungsnachweisen). Beim Angeklagten I. Y. fällt zudem ins Gewicht, daß das Landgericht lediglich heranzieht, es werde auch durch die Zeugin E. bestätigt, späteren Berichten zufolge habe der Mitangeklagte D. Y. angerufen und um Unterstützung gebeten. Beim letzten Wort hat der Angeklagte aber seine Anwesenheit am Tatort eingeräumt.

Ende der Entscheidung

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