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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.10.2000
Aktenzeichen: 2 ARs 280/00
Rechtsgebiete: StPO, GVG


Vorschriften:

StPO § 13 a
StPO §§ 7 ff.
StPO § 152 Abs. 2
GVG § 143 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 ARs 280/00 2 AR 182/00

vom

18. Oktober 2000

in der Antragssache

des

auf Zuständigkeitsbestimmung

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 18. Oktober 2000 beschlossen:

Tenor:

Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 29. August 2000 stellte Herr M. unter Bezugnahme auf einen Kommentar der Süddeutschen Zeitung vom selben Tage folgenden Antrag: "Der Bundesgerichtshof beauftragt sofort eine Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von schwerwiegenden Straftaten - Bestechung, Geldwäsche, Vorteilsannahme, Steuerhinterziehung u.a. wegen Leuna - Elf - Aquitaine - Affäre".

Der Bundesgerichtshof ist nach dem Gesetz nicht befugt, die zuständige Staatsanwaltschaft zu bestimmen. Er kann allenfalls, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, das zuständige Gericht bestimmen; daraus folgt zugleich (§ 143 Abs. 1 GVG) die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft. Der Senat versteht deshalb das Anliegen des Herrn M., dem kein Antragsrecht zusteht, als Anregung, gemäß § 13 a StPO von Amts wegen das zuständige Gericht zu bestimmen. Dieses Begehren wird letztlich aus seinem Schreiben vom 19. September 2000 deutlich, wo er eine Entscheidung des 2. Strafsenates des Bundesgerichtshofes nach § 13 a StPO anstrebt.

II.

Die Bestimmung des zuständigen Gerichts war abzulehnen. Die Voraussetzungen des § 13 a StPO liegen offensichtlich nicht vor.

Gemäß § 13 a StPO bestimmt der Bundesgerichtshof das zuständige Gericht, wenn es im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes an einem zuständigen Gericht fehlt oder dieses nicht ermittelt ist. Auf diese Frage hat sich die Prüfung durch den Senat im Verfahren nach § 13 a StPO zu beschränken (BGHSt 18, 19, 20). Die Zulässigkeit der Bestimmung eines zuständigen Gerichts nach § 13 a StPO ist allerdings nicht davon abhängig, ob ein in den §§ 7 ff. StPO vorgesehener Gerichtsstand ermittelt werden kann; maßgebend ist vielmehr, daß ein solcher nicht ermittelt ist (BGHSt 10, 255). Dies ist der Fall, wenn sich keine Anhaltspunkte für einen der in §§ 7 ff. StPO begründeten Gerichtsstände ergeben und ein solcher nicht ohne nähere Erhebungen feststellbar ist (BGHSt 10, 255, 257).

Im vorliegenden Fall greift § 13 a StPO nicht ein, weil es weder an einem zuständigen Gericht im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes fehlt noch dieses nicht ermittelt ist. Es liegen nicht nur genügend Anhaltspunkte für Gerichtsstände im Inland vor, letztere stehen vielmehr fest. Hauptgerichtsstände sind die des Tatorts (§ 7 Abs. 1 StPO), des Wohnsitzes (§ 8 Abs. 1 StPO) und des Ergreifungsorts (§ 9 StPO), subsidiär gelten die Gerichtsstände des gewöhnlichen Aufenthalts und des letzten inländischen Wohnsitzes (§ 8 Abs. 2 StPO).

Bei den von Herrn M. angeführten Straftatbeständen liegt auf der Hand, daß im Geltungsbereich der StPO die Zuständigkeit eines oder mehrerer Gerichte schon aufgrund der Tatorte begründet ist und diese "ermittelt" sind. Denn eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte (§ 9 StGB). Die Anschuldigungen - insbesondere gegen allgemein bekannte Politiker und Geschäftsleute - gehen gerade dahin, auch in der Bundesrepublik Deutschland die vorgeworfenen strafbaren Handlungen begangen zu haben. Aber auch die Gerichtsstände der Wohnsitze der als Täter in Betracht kommenden Personen stehen fest. Soweit der jetzige Wohnsitz und der gewöhnliche Aufenthalt im Einzelfall nicht bekannt sind, ist jedenfalls der letzte inländische Wohnsitz (§ 8 Abs. 2 StPO) ermittelt.

Es kann offen bleiben - und bedarf deshalb nicht der beantragten Beiziehung der verschiedenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten - ob derzeit Staatsanwaltschaften Ermittlungen weiterführen oder (aus welchen Gründen auch immer) nicht. Dem Bundesgerichtshof wächst nicht über die Zuständigkeitsbestimmung des § 13 a StPO i.V.m. § 143 Abs. 1 GVG die Dienstaufsicht über die Länderstaatsanwaltschaften zu. Maßgebend für die Unzulässigkeit der Zuständigkeitsbestimmung durch den Bundesgerichtshof ist allein, daß mehrere Gerichtsstände im Geltungsbereich der StPO durch Tatorte und Wohnsitze ermittelt sind.

Letzteres wird auch durch den Hinweis des Herrn M. in seinem Schreiben vom 29. August 2000 belegt, wonach eine Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO verneint hat. Denn damit hat diese ihre grundsätzliche Zuständigkeit für den dort Beschuldigten gerade bejaht.

Können sich die Beamten der Staatsanwaltschaft verschiedener Länder nicht darüber einigen, wer von ihnen die Verfolgung zu übernehmen hat, so entscheidet der ihnen gemeinsam vorgesetzte Beamte der Staatsanwaltschaft, sonst der Generalbundesanwalt (§ 143 Abs. 3 GVG). Gegebenenfalls kann daher von den Staatsanwaltschaften eine Entscheidung des Generalbundesanwalts über die Zuständigkeit herbeigeführt werden.

Die von Herrn M. beantragte mündliche Verhandlung vor dem Senat über die Zuständigkeitsentscheidung kam nicht in Betracht.

Es besteht Anlaß zu dem Hinweis, daß Beschlüsse des Bundesgerichtshofs nach § 13 a StPO nicht anfechtbar sind (§ 304 Abs. 4 Satz 1 StPO); sie sind endgültig (vgl. auch BGH, Beschl. v. 11. August 1976 - 2 ARs 293/76).



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