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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.07.2009
Aktenzeichen: 2 StR 227/09
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 21
StGB § 64
StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf Antrag des Generalbundesanwalts und

nach Anhörung des Beschwerdeführers

am 8. Juli 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 27. Januar 2009, soweit es ihn betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes unter Einbeziehung eines früheren Urteils zu einer Einheitsjugendstrafe von neun Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet. Der Rechtsfolgenausspruch hingegen hält auf die Sachrüge hin rechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Das Landgericht hat u. a. festgestellt:

Der 19-jährige B. begann bereits im Alter von 12 Jahren mit dem Konsum von Alkohol. Unter der Wirkung von Alkohol fühlte er sich ausgeglichener und besser, was dazu führte, dass er regelmäßig Alkohol konsumierte. Im Zeitraum von Januar bis Mitte Februar 2008 befand er sich erstmals in dem Ökumenischen Hainich Klinikum zu einer Entgiftung. Von den behandelnden Ärzten wurde ihm die Aufnahme einer Alkoholtherapie empfohlen. Obgleich ihm ein Therapieplatz in Römhild in Aussicht gestellt wurde, hat er diese Möglichkeit nicht genutzt. Nach seinen eigenen Angaben hatte der Alkohol ihn zu diesem Zeitpunkt unter Kontrolle. Zuletzt trank der Angeklagte fast täglich nach der Arbeit mit Freunden einen Kasten Bier und zusätzlich zwei Flaschen Schnaps. Er litt unter Entzugssymptomen in Form eines leichten Zitterns sowie Unruhe. Nach dem Konsum von Alkohol wird er regelmäßig aggressiv und sucht den Streit mit anderen Menschen. So hat er bereits im Juli 2007 unter Alkoholeinfluss eine gefährliche Körperverletzung begangen. Bei dem Angeklagten liegt ein Alkoholabhängigkeitssyndrom im Anfangsstadium (ICD-10 F 10.2) vor. Die abgeurteilte Tat hat er aufgrund erheblicher Alkoholisierung (max. BAK von 2,55 Promille) in aggressiver Grundstimmung begangen, weshalb die Jugendkammer von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB ausgegangen ist.

2. Bei dieser Sachlage hätte die Jugendkammer ausdrücklich erörtern müssen, ob die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB in Betracht kommt. Die festgestellten Umstände legen nahe, dass die Tat auf einen Hang des Angeklagten zurückgeht, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Dass keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die Sucht zu bewahren, ist nicht ersichtlich.

3. Der Teilaufhebung steht nicht entgegen, dass § 64 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) von einer Muss- in eine Sollvorschrift umgestaltet worden ist. Dies macht die Prüfung des § 64 StGB durch den Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr das Ermessen tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung für das Revisionsgericht nachprüfbar machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.).

4. Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt im Hinblick auf § 5 Abs. 3 JGG (BGHR JGG§ 5 Abs. 3 Absehen 1 und 2; Senatsbeschluss vom 20. Januar 1999 - 2 StR 627/98), dessen Anwendung hier allerdings fernliegt, zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs. Darüber hinaus hat die Jugendkammer hier die Höhe der verhängten Jugendstrafe u. a. mit dem zur nachhaltigen Überwindung der beginnenden Alkoholabhängigkeit erforderlichen längeren Erziehungsbedarf begründet.



Ende der Entscheidung

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