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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.12.1999
Aktenzeichen: 2 StR 365/99
Rechtsgebiete: StGB, GjS, GG


Vorschriften:

StGB § 131 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 184 Abs. 3 Nr. 1
StGB § 184 ff.
StGB § 176 Abs. 1
StGB § 184 Abs. 3
StGB § 176
GjS § 6
GG Art. 103 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 StR 365/99

vom

15. Dezember 1999

in der Strafsache

gegen

1.

2.

3.

wegen Verbreitung pornographischer Schriften u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. Dezember 1999, an der teilgenommen haben:

Vizepräsident des Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender,

die Richter am Bundesgerichtshof Theune, Niemöller, Detter, Dr. Bode als beisitzende Richter,

Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten Schn. , der Angeklagte Schn. in Person,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 15. Februar 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Verbreitung pornographischer Schriften zu Geldstrafen von fünfzig Tagessätzen zu je 50 DM verurteilt und das sichergestellte Druckwerk "A. " eingezogen. Vom Vorwurf, sich durch den Vertrieb weiterer Schriften wegen Verbreitung von Gewaltdarstellungen und Gewaltpornographie (§§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 184 Abs. 3 Nr. 1 StGB) strafbar gemacht zu haben, hat es die Angeklagten freigesprochen. Mit ihrer auf eine Verfahrensrüge und die Sachbeschwerde gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen den Teilfreispruch und beanstandet den Schuld- und Strafausspruch des Urteils insoweit, als die Angeklagten nicht auch wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften verurteilt worden sind. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

1. Zur Verurteilung hat das Landgericht die folgenden Feststellungen getroffen:

Die drei Angeklagten betreiben als gleichberechtigte Geschäftsführer das in S. ansässige Verlagsunternehmen "E. ", welches Comic-Literatur verlegt. Daneben befaßt sich das Unternehmen mit der Auslieferung nicht selbst verlegter Druckwerke aller Art, die in Räumen des Verlags gelagert und jeweils auf Anweisung einer Vertriebsgesellschaft in Frankfurt am Main an einzelne Buchhandlungen verschickt werden.

Im Rahmen ihrer Auslieferungstätigkeit versandten die Angeklagten in der Zeit vom 27. April 1994 bis 18. Juli 1995 insgesamt 257 Exemplare des Druckwerks "A. " an 33 Buchhandlungen. Dieses enthält in Form von Comiczeichnungen eine Vielzahl pornographischer Darstellungen, die in grober, den Sexualtrieb aufstachelnder und die agierenden Personen zu bloßen Objekten geschlechtlicher Begierde machender Weise den wiederholten Geschlechtsverkehr und andere sexuelle Handlungen eines jungen Mannes mit mehreren kindlich dargestellten jungen Mädchen und einer Frau zeigen. Des weiteren wird der Inhalt einer Erzählung eines der Mädchen über ein im Alter von 13 Jahren erlebtes sexuelles Ereignis als Comic-Geschichte bildhaft pornographisch dargestellt. Gegenstand dieser Schilderung sind Geschlechtsverkehr und andere sexuelle Handlungen zwischen dem Mädchen und einem jungen Mann, die sich auf einem vom Vater des Mädchens gesteuerten Ochsenkarren abspielen. Das Geschehen endet damit, daß der wütende Vater, der das sexuelle Treiben beobachtet hat, mit einer Machete den erigierten Penis des Mannes abschlägt. In den Comiczeichnungen wird die Szene durch Darstellung des spritzenden Blutes besonders drastisch abgebildet. Der Inhalt des Buches "A. " war allen Angeklagten bekannt.

2. Vom Vorwurf, durch die Auslieferung der Comic-Bücher "V. " und "R. " sowie den Vertrieb der die Fortsetzungsgeschichte "An. " enthaltenden Ausgaben Nr. 169-178 der Comic-Heftreihe "S. " gegen § 131 Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 184 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. StGB verstoßen zu haben, hat das Landgericht die Angeklagten freigesprochen, weil es den Inhalt der Druckwerke im Sinne dieser Strafvorschriften als nicht tatbestandsmäßig bewertet hat. Darüber hinaus hat es den Angeklagten hinsichtlich des Verbreitens des Buches "R. " und der "S. "-Hefte einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zugebilligt.

Nach den Feststellungen enthalten das Buch "R. " und die Fortsetzungsgeschichte "An. " phantasierte Geschichten, die für jeden Leser erkennbar einen unwirklichen, visionären Inhalt haben. Gezeigt werden - wie das Landgericht näher ausführt - eine Vielzahl brutalster gegen Menschen gerichteter Gewaltaktionen, die in dem Druckwerk "R. " von einem menschenähnlichen Roboter sowie einem menschenähnlichen Wesen mit zwei Köpfen und in der Fortsetzungsreihe "An. " von einer voller Wut und Gewalt dargestellten menschlichen Phantasiefigur begangen werden. Der überwiegende Inhalt des Buches "V. " besteht aus der pornographischen Darstellung zahlreicher sexueller Handlungen einer jungen Frau mit verschiedenen Personen. Unter anderem wird das schmerzhafte Eindringen eines überdimensionierten künstlichen Penis in den Anus der Frau dargestellt. Darüber hinaus enthält das Druckwerk eine Sequenz, welche einen mit einem Polizeiknüppel wuchtig geführten Schlag auf den Kopf eines jungen Mannes zeigt.

Hinsichtlich der Verbreitung des Buches "R. " und der "S. "-Hefte mit der Fortsetzungsgeschichte "An. " fehlte den Angeklagten nach den Feststellungen jedenfalls die Einsicht, unrechtmäßig zu handeln. Das Buch "R. " wurde bereits ca. zwei Jahre vor der Aufnahme der Auslieferungstätigkeit durch die Angeklagten anderweitig für das Verlagsunternehmen B. vertrieben. Den Angeklagten war bekannt, daß ein dieses Druckwerk betreffendes Prüfungsverfahren von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften eingestellt worden war. Bezüglich der die Fortsetzungsgeschichte "An. " enthaltenden Hefte der Reihe "S. " holten die Angeklagten jeweils schriftliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen ihrer Hausanwältin ein. In den stets gleichlautenden Bescheinigungen, die den Angeklagten jeweils zugeleitet wurden, bestätigte die Rechtsanwältin, die Hefte in jugendschutzrechtlicher Hinsicht überprüft zu haben, wobei sich gegen den Vertrieb der Hefte unter Berücksichtigung der §§ 184 ff. StGB und § 6 GjS keine Bedenken ergeben hätten.

II.

Teilfreispruch

1. Der hinsichtlich der Verbreitung des Buches "R. " und der Fortsetzungsgeschichte "An. " erfolgte Teilfreispruch hat keinen Bestand. Den Erwägungen der Strafkammer zur Verneinung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 StGB als auch zur Unvermeidbarkeit des den Angeklagten zugebilligten Verbotsirrtums begegnen durchgreifende rechtliche Bedenken.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht die in den Druckwerken dargestellten Gewaltakte als Gewalttätigkeiten gegen Menschen im Sinne des § 131 Abs. 1 StGB angesehen. Daß die Gewalthandlungen in dem Buch "R. " von einem menschenähnlichen Roboter oder Wesen begangen werden, steht einer solchen Bewertung nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich des § 131 Abs. 1 StGB, um eine sachgerechte Eingrenzung des Tatbestands zu erreichen (vgl. Bericht des Sonderausschusses zum Entwurf des 4. Strafrechtsreformgesetzes BT-Drucks. VI 3521 S. 7), auf Darstellungen gegen Menschen gerichteter Gewalttätigkeiten beschränkt. Die Vorschrift knüpft damit hinsichtlich der Opfer dargestellter Gewaltakte an den biologischen Begriff des Menschen an mit der Konsequenz, daß das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG der Einbeziehung menschenähnlicher Wesen auf der Opferseite entgegensteht (BVerfGE 87, 209, 225). Eine entsprechende Einschränkung auf der Seite des die Gewalt Ausübenden läßt sich jedoch weder dem Wortlaut des § 131 Abs. 1 StGB, insbesondere dem Begriff der Gewalttätigkeit, noch dem Schutzgedanken der Vorschrift entnehmen (so aber v. Hartlieb, UFITA 1980, 101, 123). Der Schutzzweck des § 131 Abs. 1 StGB, der auf die Verhinderung potentiell aggressionssteigernder Auswirkungen exzessiver Gewaltdarstellungen abzielt (vgl. BT-Drucks. VI 3521 S. 6 und Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses zum Gesetz zur Neuregelung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit BT Drucks. 10/2546 S. 21), gebietet vielmehr, auch solche Gewalttätigkeiten gegen Menschen unter die Vorschrift zu subsumieren, die als von menschenähnlichen Wesen begangen dargestellt werden. Für diese Auslegung spricht schließlich auch, daß der Gesetzgeber in den zu dem Gesetz zur Neuregelung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit vom 25. Februar 1985 (BGBl I S. 425) führenden Gesetzesberatungen Darstellungen menschenähnlicher Wesen umfassend von § 131 Abs. 1 StGB erfaßt sehen wollte (vgl. BT-Drucks. 10/2546 S. 22).

Soweit das Landgericht die Tatbestandsmäßigkeit der Gewaltdarstellungen unter Hinweis auf deren ausschließlich fiktiven Inhalt verneint hat, halten die Urteilsausführungen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Der Vorschrift des § 131 Abs. 1 StGB unterfallen gegenständlich verkörperte Darstellungen grausamer oder unmenschlicher Gewalttätigkeiten gegen Menschen, bei denen das Grausame oder Unmenschliche des gewalttätigen Vorgangs den wesentlichen Inhalt und Sinn der Schilderung ausmachen (BGH NJW 1978, 58). An diesem Erfordernis, das den Anwendungsbereich der Norm sachgerecht einschränkt, ist auch nach der durch das Gesetz zur Neuregelung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit vom 25. Februar 1985 aus Gründen sprachlicher Klarstellung (BT-Drucks. 10/2546 S. 22) erfolgten Änderung des Wortlautes des § 131 Abs. 1 StGB festzuhalten (v. Bubnoff in LK 11. Aufl. § 131 Rdn. 19; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 131 Rdn. 6; Greger NStZ 1986, 8, 10). Die Gewaltschilderungen müssen ferner entweder eine Verherrlichung oder Verharmlosung der gezeigten Gewalttätigkeiten zum Ausdruck bringen oder durch die Art und Weise der Darstellung selbst die Menschenwürde verletzen. Aus den so umschriebenen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 StGB folgt - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht, daß lediglich solche Schilderungen in Betracht kommen, die tatsächlich oder zumindest denkbar in der Realität vorkommende Vorgänge zum Gegenstand haben. Vielmehr können auch Darstellungen, welche das Grausame und Unmenschliche rein fiktiver, erkennbar frei erfundener Gewalttätigkeiten in ihren Einzelheiten ausbreiten, eine gewaltverherrlichende oder - verharmlosende Tendenz ausdrücken oder das Gebot zur Achtung der Würde des Menschen verletzen und damit dem Verbot des § 131 Abs. 1 StGB unterfallen (BVerfGE 87, 209, 228; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 131 Rdn. 8; v. Bubnoff aaO Rdn. 18). Für den Schutzzweck des § 131 Abs. 1 StGB, einer möglichen Förderung der Aggressions- und Gewaltbereitschaft durch exzessive Gewaltdarstellungen entgegenzuwirken, ist es unerheblich, ob eine Schilderung tatsächlich mögliche Vorgänge oder reine Phantasieprodukte zum Gegenstand hat.

Das Landgericht war daher aus Rechtsgründen gehindert, eine Strafbarkeit nach § 131 Abs. 1 StGB allein unter Hinweis auf den wirklichkeitsfremden, durch Visionen und Phantasien gekennzeichneten Charakter der gezeigten Gewalttätigkeiten gegen Menschen zu verneinen. Zur Bewertung des Inhalts der Druckwerke hätte es vielmehr der Ermittlung des objektiven Erklärungswertes bedurft, welcher den Darstellungen aus Sicht eines verständigen Betrachters zukommt (BayObLG NJW 1990, 2479, 2480; v. Bubnoff aaO Rdn. 26). Hierzu wäre eine eingehende wertende Würdigung des Inhalts der Schilderung sowie des gesamten Darstellungszusammenhangs einschließlich der comic-typischen, durch eine Bilderabfolge mit ergänzenden kurzen Zwischen- und Sprechblasentexten erfolgenden Form der Präsentation erforderlich gewesen. Eine solche allein dem Tatrichter obliegende umfassende inhaltliche Bewertung der Druckwerke läßt das angefochtene Urteil vermissen. Die Frage der Tatbestandsmäßigkeit des Buches "R. " und der Fortsetzungsgeschichte "An. " bedarf daher einer erneuten tatrichterlichen Prüfung.

b) Die Erwägungen der Strafkammer zum Vorliegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums vermögen den hinsichtlich des Buches "R. " und der Fortsetzungsgeschichte "An. " erfolgten Teilfreispruch ebenfalls nicht zu rechtfertigen.

Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum, wenn der Täter trotz der ihm nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seines Lebens- und Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige seines Handelns nicht zu gewinnen vermochte. Das setzt voraus, daß er alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung von Rat beseitigt hat (BGHSt 21, 18, 20). Wird die Rechtsauffassung des Täters durch eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung oder durch die Rechtsauskunft einer sachkundigen, unvoreingenommenen und mit der Erteilung der Auskunft keinerlei Eigeninteresse verfolgenden Person (BGHSt 40, 257, 264) bestätigt, begründet dies die Unvermeidlichkeit eines Irrtums, wenn der Täter auf die Richtigkeit der Entscheidung oder Auskunft vertraut hat und nach den für ihn erkennbaren Umständen auch vertrauen durfte. Dabei ist der Rat eines Rechtsanwalts nicht ohne weiteres bereits deshalb vertrauenswürdig, weil er von einer kraft ihrer Berufsstellung vertrauenswürdigen Person erteilt worden ist (BayObLG StV 1992, 421; OLG Bremen NStZ 1981, 265, 266; Rudolphi JR 1977, 380, 381). Maßgebend ist vielmehr, ob der Rechtsrat - aus der Sicht des Anfragenden - nach eingehender sorgfältiger Prüfung erfolgt und von der notwendigen Sachkenntnis getragen ist. Auskünfte, die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind oder nach dem Willen des Anfragenden lediglich eine "Feigenblattfunktion" erfüllen sollen (vgl. Cramer in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 17 Rdn. 18), können den Täter demgegenüber nicht entlasten.

Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze reichen die Urteilsausführungen weder bezüglich des Druckwerks "R. " noch im Hinblick auf die Fortsetzungsgeschichte "An. " für die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums aus.

Da es die Strafkammer versäumt hat, nähere Feststellungen zum objektiven Aussagegehalt der Druckwerke zu treffen, fehlt es bereits an der für die sachgerechte Beurteilung der Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums erforderlichen Tatsachengrundlage (vgl. BGH NStZ 1996, 236, 237). Denn die Frage der Vermeidbarkeit einer fehlenden Unrechtseinsicht kann nicht unabhängig vom Erklärungsinhalt der verbreiteten Gewaltdarstellungen beantwortet werden. Erst wenn letzterer feststeht, läßt sich eine Entscheidung darüber treffen, ob sich den seit Jahren im Bereich der Comic-Literatur verlegerisch tätigen Angeklagten ein (möglicher) strafbarer Inhalt der Druckwerke und damit die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns auch ungeachtet der teilweise vorliegenden anwaltlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen hätte aufdrängen müssen.

Der Umstand, daß das Buch "R. " schon ca. zwei Jahre vor der Aufnahme der Auslieferungstätigkeit durch die Angeklagten anderweitig vertrieben wurde, enthob die Angeklagten nicht ihrer Verpflichtung, den Inhalt des Druckwerks einer eingehenden Prüfung zu unterziehen (BGHSt 37, 55, 66). Die Einstellungsentscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, von der die Angeklagten nach den Feststellungen Kenntnis hatten, rechtfertigt ebenfalls nicht ohne weiteres die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums. Denn denkbar ist, daß das Indizierungsverfahren nicht aufgrund einer inhaltlichen, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 StGB verneinenden Bewertung des Druckwerks, sondern lediglich wegen geringer Bedeutung der Jugendgefährdung im Sinne des § 2 GjS oder Rücknahme des Indizierungsantrages (vgl. hierzu Gödel in Löffler, Presserecht 4. Aufl. S. 1652) eingestellt wurde. Da das angefochtene Urteil den Inhalt der Entscheidung der Bundesprüfstelle nicht mitteilt, ist insoweit eine abschließende Bewertung nicht möglich. Hinsichtlich der Hefte Nr. 169 bis 178 der Comicreihe "S. " mit der Fortsetzungsgeschichte "An. " hat es die Strafkammer schließlich versäumt, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit die Angeklagten nach den Umständen des Falles auf die eingeholten anwaltlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen vertrauen durften. Hierzu hätte es näherer Feststellungen insbesondere zu Anlaß, Zweck und Inhalt des der Rechtsanwältin erteilten Prüfungsauftrags sowie zu dem für die Angeklagten ersichtlichen Gehalt und den Begleitumständen der anwaltlichen Überprüfung bedurft. Dies um so mehr, als die stets gleichlautenden Unbedenklichkeitsbescheinigungen ihrem Aussagegehalt nach keine Rückschlüsse auf die im Einzelfall konkret entfaltete anwaltliche Prüfung zuließen.

2. Auch der Teilfreispruch hinsichtlich des Buches "V. " hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat das gezeigte schmerzhafte Eindringen mit einem überdimensionierten künstlichen Penis in den Anus einer Frau nicht als Gewalttätigkeit im Sinne des § 184 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. StGB gewertet. Soweit es insoweit auf die freiwillige Mitwirkung der Frau sowie die im Interesse sexuellen Lustgewinns erfolgende Hinnahme von Schmerzen bei gewissen Sexualpraktiken abstellt, lassen die Urteilsausführungen besorgen, daß die Strafkammer von einem zu engen Gewalttätigkeitsbegriff ausgegangen ist. Denn dieser Vorschrift unterfallen auch Darstellungen solcher Gewalttätigkeiten, die etwa im Rahmen sadomasochistischer Handlungen einvernehmlich erfolgen (OLG Karlsruhe MDR 1977, 864; Laufhütte in LK 11. Aufl. § 184 Rdn. 14; Hanack NJW 1974, 1, 7). Da das Urteil im übrigen nähere Feststellungen zu dem sich aus Inhalt, äußerer Form und Gesamtkontext ergebenden objektiven Aussagegehalt der Darstellungen vermissen läßt, vermag der Senat nicht zu beurteilen, ob es sich bei dem gezeigten Geschehen um ein durch Entfaltung physischer Kraft unmittelbar gegen den Körper eines anderen bewirktes aggressives Vorgehen (BGH NJW 1980, 65, 66) handelt. Bezüglich des dargestellten Schlags mit einem Polizeiknüppel, den die Strafkammer nicht als grausame oder unmenschliche Gewalttätigkeit im Sinne von § 131 Abs. 1 StGB ansieht, teilt das Urteil lediglich das Ergebnis der Bewertung mit, ohne erkenntlich zu machen, auf welche in dem objektiven Erklärungswert der Darstellung zu findenden Umstände sich diese Wertung des Tatrichters gründet. Damit genügen die Urteilsausführungen insoweit, da sie keine revisionsrechtliche Nachprüfung der tatrichterlichen Rechtsanwendung durch den Senat zulassen, nicht den in sachlich-rechtlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen.

III.

Verurteilung

Der Schuld- und Strafausspruch des Urteils hat ebenfalls keinen Bestand, weil das Landgericht eine Verurteilung wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften gemäß § 184 Abs. 3 Nr. 1 2. Alt. StGB mit rechtlich unzutreffenden Erwägungen abgelehnt hat.

Eine pornographische Darstellung hat den sexuellen Mißbrauch von Kindern zum Gegenstand, wenn das dargestellte Geschehen alle Merkmale einer rechtswidrigen Tat nach § 176 StGB aufweist (vgl. BGHSt 45, 41). Das ist bei einem Geschlechtsverkehr eines Mannes mit einer 13-jährigen fraglos der Fall (§ 176 Abs. 1 StGB). Daß sich das Geschehen nach dem Inhalt der Erzählung in einem fiktiven Land mit abweichenden Sexualvorstellungen abspielt, ist angesichts der in § 184 Abs. 3 StGB erfolgten eindeutigen Bezugnahme auf die Vorschrift des § 176 StGB und die damit getroffene Wertentscheidung des Gesetzgebers ohne jede Bedeutung. Maßgeblich sind entgegen der Auffassung des Landgerichts allein die Wertmaßstäbe des deutschen Strafgesetzbuchs. Andernfalls hätten es die Hersteller kinderpornographischer Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB) in der Hand, das umfassende dem vorbeugenden Rechtsgüterschutz dienende Verbot des § 184 Abs. 3 StGB durch einfaches Einfügen der Darstellungen in einen entsprechenden fiktiven Handlungsrahmen vollständig leerlaufen zu lassen.

Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der nach § 301 StPO auch zu Gunsten der Angeklagten wirkende Revision der Staatsanwalt nicht ergeben.

IV.

Die Verfahrensrüge, mit der die Staatsanwaltschaft beanstandet, daß die Druckwerke lediglich im Wege des Selbstleseverfahrens und nicht durch Einnahme eines Augenscheins in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, ist nicht zulässig erhoben. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls waren die Druckwerke am letzten Hauptverhandlungstag unmittelbar vor dem Plädoyer des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft auf dessen Anregung hin Gegenstand der Hauptverhandlung. Dies teilt die Revision nicht mit.

In der durch die Rüge aufgeworfenen Rechtsfrage neigt der Senat zu der Auffassung, daß bei Druckwerken der Comic-Literatur, deren Aussagegehalt durch die enge Verbindung von Bild und Text bestimmt wird, das Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 StPO auch die bildliche Gestaltung erfaßt, so daß es einer gesonderten Inaugenscheinnahme nicht bedarf. Sollte aus Sicht eines Verfahrensbeteiligten Anlaß zu eingehender Erörterung des Wahrge nommenen bestehen, kann dies auf seine Anregung hin in der Hauptverhandlung geschehen.

V.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

Bei der Darstellung der zum objektiven Erklärungswert der Druckwerke getroffenen Feststellungen in den Urteilsgründen kann der Tatrichter von der Möglichkeit des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Gebrauch machen und wegen der Einzelheiten der bildlichen Darstellung auf die bei den Akten befindlichen Druckwerke verweisen. Durch die auch in freisprechenden Urteilen zulässige (BGH NStZ 1991, 596) Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO, die deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht werden muß (BGHSt 41, 376, 382), werden die bildlichen Darstellungen als ganzes Bestandteil der Urteilsgründe und damit unmittelbar einer rechtlichen Prüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (Engelhardt in KK-StPO 4. Aufl. § 267 Rdn. 6; vgl. Entwurf der Bundesregierung zum 19. Strafverfahrensänderungsgesetz BT-Drucks. 8/976 S. 55).

Ende der Entscheidung

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