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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.10.2008
Aktenzeichen: 2 StR 386/08
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB §§ 3 ff.
StGB § 7 Abs. 2 Nr. 2
StGB § 53
StGB § 54 Abs. 2 S. 2
StGB § 55 Abs. 1 S. 1
StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB § 250 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat

in der Sitzung vom 29. Oktober 2008,

an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissingvan Saan, und

der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,

die Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck,

die Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Prof. Dr. Schmitt,

Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

beschlossen:

Tenor:

I. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden, dass ein Härteausgleich in den Fällen nicht zu gewähren ist, in denen eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit Strafen aus ausländischen Verurteilungen nicht vorgenommen werden kann.

II. Die Verhandlung wird ausgesetzt.

Gründe:

Der Revisionssache liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten Revision eingelegt. Nach dem Rügevorbringen ist das Rechtsmittel auf den Strafausspruch beschränkt.

1.

Der Angeklagte hat im Jahre 2003 zusammen mit Mittätern drei Raubüberfälle auf Juweliergeschäfte in Frankreich, Belgien und Deutschland begangen. Wegen eines Überfalls am 13. März 2003 in Paris wurde er am 20. Mai 2004 in Frankreich in Untersuchungshaft genommen und am 23. Juni 2006 von dem Schwurgericht Paris u. a. wegen bandenmäßig organisierten schweren Raubes zu einer Haftstrafe von neun Jahren verurteilt. Seitdem befand er sich bis zur Auslieferung in dieser Sache nach Deutschland am 10. April 2008 dort in Strafhaft. Während sich der Angeklagte in Frankreich noch in Untersuchungshaft befand, wurde er in Abwesenheit vom Gericht I. Instanz im Arrondissement K. in der Provinz West-Flandern (Belgien) am 4. Oktober 2005 wegen eines bewaffneten Überfalls am 10. April 2003, bei dem Uhren im Wert von nahezu einer Million Euro erbeutet worden waren, zu einer Gefängnisstrafe von acht Jahren verurteilt. Die Auslieferung des Angeklagten nach Belgien zur Vollstreckung dieser Strafe ist von französischen Behörden bereits bewilligt, aber wegen der Strafvollstreckung in Frankreich aufgeschoben worden. Nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens in Deutschland ist der Angeklagte wieder nach Frankreich zu überstellen.

Dem angefochtenen Urteil im vorliegenden Verfahren liegt ein Überfall auf ein Juweliergeschäft in Frankfurt am Main am 29. März 2003 zu Grunde. Der Angeklagte bedrohte Kunden und Mitarbeiter mit einer geladenen Schreckschusspistole; ein Mittäter drückte unterdessen einer Verkäuferin den metallenen Teil eines Schraubendrehers fest an den Hals und zwang sie, die Tür zum Schaufensterraum zu öffnen. Aus dem Schaufenster entwendeten die Täter 160 Armbanduhren zum Einkaufswert von gut einer Million Euro. Die Verkäuferin erlitt einen etwa acht Zentimeter langen Kratzer am Hals. Unmittelbar nach dem Überfall fuhr der Angeklagte zurück nach Frankreich.

2.

Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB entnommen. Es hat einen minder schweren Fall nach § 250 Abs. 3 StGB zunächst ausdrücklich verneint und an sich eine Freiheitsstrafe von acht Jahren für tat- und schuldangemessen gehalten, wegen der in Frankreich und in Belgien verhängten Strafen jedoch einen Härteausgleich vorgenommen, deshalb die Strafrahmenuntergrenze des § 250 Abs. 2 StGB unterschritten und auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren sechs Monaten erkannt. Hilfsweise hat es ausgeführt, dass die Kammer auch zu diesem Strafmaß gekommen wäre, wenn sie die Unterschreitung des Mindeststrafrahmens des § 250 Abs. 2 StGB nicht vorgenommen hätte. In diesem Fall hätte sie die zu erwartende lange Haftzeit des Angeklagten aus den ausländischen Urteilen in die Gesamtbetrachtung bei der Prüfung eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB eingestellt und diesen dann bejaht.

Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit der Sachrüge sowohl den Härteausgleich als auch die Strafzumessungsgründe als solche; sie hält die ausgeurteilte Strafe für nicht mehr schuldangemessen.

Für die Entscheidung über die Revision ist die Frage maßgeblich, ob das Landgericht zu Recht einen Härteausgleich wegen der aus Rechtsgründen nicht möglichen Bildung einer Gesamtstrafe mit den Strafen aus den ausländischen Urteilen gewährt hat.

Der Senat beabsichtigt, auf das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil im Strafausspruch aufzuheben. Er hält die Gewährung eines Härteausgleichs in Fällen der vorliegenden Art für rechtlich nicht zulässig. Dies würde zur Aufhebung des Strafausspruchs führen. Die Hilfserwägungen der Strafkammer, wonach sie, wenn sie die Unterschreitung des Mindeststrafrahmens des § 250 Abs. 2 StGB nicht vorgenommen hätte, auch zu diesem Strafmaß gelangt wäre, weil sie dann unter Berücksichtigung der zu erwartenden langen Haftzeiten aus den ausländischen Urteilen das Vorliegen eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB bejaht hätte, vermögen den Strafausspruch nicht zu tragen. Der Senat hält diese Argumentation für unbeachtlich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs sind Hilfserwägungen zur Strafzumessung unzulässig (RGSt 70, 400, 403; 71, 101, 104; BGHSt 7, 359; BGH NStZ 1998, 305; BGH, Urteile vom 10. April 1953 - 1 StR 133/53, vom 11. Januar 1955 - 1 StR 302/54 und vom 8. Februar 1955 - 2 StR 301/54). Die Strafe muss dem Gesamtverhalten des Angeklagten entsprechen, wie es tatsächlich festgestellt und rechtlich zu beurteilen ist. Es wird regelmäßig nicht hinreichend sicher erkennbar sein, ob die Strafe für eine nicht festgestellte Tat oder für den Fall angemessen ist, dass sie rechtlich anders als geschehen zu beurteilen wäre. Zwar hat das Landgericht hier seine Hilfserwägung nicht darauf gestützt, wie es die Strafe bemessen hätte, wenn es andere tatsächliche Feststellungen getroffen oder die Tat als solche anders rechtlich gewürdigt hätte. Der Senat hält Hilfserwägungen aber auch dann für unzulässig, wenn sie der Tatrichter nur für den Fall anstellt, dass er einen anderen Strafrahmen für dieselbe Tat zu Grunde gelegt hätte oder dass von ihm eigentlich als wesentlich angesehene Strafzumessungsgründe aus Rechtsgründen nicht hätten berücksichtigt werden dürfen.

In Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine Gesamtstrafe mit Strafen aus ausländischen Urteilen nicht gebildet werden kann und in denen eine gemeinsame Aburteilung aller Taten in Deutschland allenfalls theoretisch nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB möglich gewesen wäre, ist ein Härteausgleich oder die Anwendung des Rechtsgedankens des Härteausgleichs nach Auffassung des Senats weder rechtlich erforderlich noch aus allgemeinen Erwägungen angezeigt.

1.

Grundgedanke des § 55 StGB ist, dass Taten, die bei gemeinsamer Aburteilung nach §§ 53, 54 StGB behandelt worden wären, auch bei getrennter Aburteilung dieselbe Behandlung erfahren sollen, so dass der Täter im Endergebnis weder besser noch schlechter gestellt ist, als wenn alle Taten in dem zuerst durchgeführten Verfahren abgeurteilt worden wären (BGHSt 7, 180, 181; 15, 66, 69; 17, 173, 174 f.; 32, 190, 193). Scheitert eine nach § 55 StGB an sich mögliche nachträgliche Gesamtstrafenbildung daran, dass die zunächst erkannte Strafe bereits vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, so ist die darin liegende Härte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Bemessung der nunmehr zu verhängenden Strafe auszugleichen (BGHSt 31, 102, 103; 33, 131, 132). Die Tatsache, dass § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB in diesen Fällen eine Gesamtstrafenbildung ausdrücklich ausschließt, ändert nichts an der dem Prinzip der nachträglichen Gesamtstrafenbildung zu Grunde liegenden Forderung nach einem Ausgleich der sich durch getrennte Aburteilung ergebenden Nachteile. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn die Zäsurwirkung einer früheren Strafe die Bildung einer Gesamtstrafe verhindert (BGHSt 32, 190, 193; 41, 310, 312). Fehlt es dagegen an einem ausgleichsbedürftigen Nachteil, etwa wenn die Vollstreckung der früheren Strafe zur Bewährung ausgesetzt war und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen wurde, kommt ein Härteausgleich nicht in Betracht (BGH NStZ-RR 1996, 291; NStZ-RR 2004, 330; StV 2007, 82).

2.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben sich verschiedene Fallgruppen herausgebildet, in denen außer in den vorgenannten Fällen ebenfalls ein Härteausgleich für eine nicht mögliche Gesamtstrafenbildung zu gewähren ist.

a)

Die Bildung einer Gesamtstrafe aus einer Jugendstrafe und einer Freiheitsstrafe des allgemeinen Strafrechts ist unzulässig (BGHSt 14, 287, 288; 36, 270, 272); die Verhängung einer Einheitsstrafe für Straftaten, auf die teils Jugendstrafrecht, teils allgemeines Strafrecht anzuwenden wäre, kommt nach § 32 JGG nur bei gleichzeitiger Aburteilung in einer Verhandlung in Betracht. Die durch die getrennte Aburteilung begründete Härte hat der Tatrichter jedoch nach ständiger Rechtsprechung (beispielsweise BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 6) bei der Strafzumessung für die Erwachsenenstraftat zu berücksichtigen.

b)

Eine Gesamtstrafenbildung ist trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 55 StGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgeschlossen, wenn das frühere Urteil keine Einzelstrafen enthält (BGHSt 43, 34; 41, 374). Allerdings darf der Angeklagte nach gefestigter Rechtsprechung auch in diesem Fall durch die getrennte Aburteilung keine Nachteile erleiden, so dass gegebenenfalls ein Härteausgleich vorzunehmen ist.

c)

Ein Härteausgleich hat auch zu erfolgen, wenn keine Gesamtstrafe gebildet werden kann, weil in einer Auslieferungsbewilligung die Zustimmung hierzu verweigert wurde (BGH, Beschluss vom 22. April 2004 - 3 StR 115/04). In einem anderen Fall hat es der Bundesgerichtshof gebilligt, dass das Landgericht wegen eines Vollstreckungshindernisses nach § 456 a StPO für die frühere Strafe, weil die Auslieferung nur für das neue Verfahren erfolgt ist, von einem Härteausgleich abgesehen hat (vgl. BGH NStZ 2000, 263); desgleichen bei lebenslanger Freiheitsstrafe und einem Vollstreckungshindernis nach Art. 54 SDÜ (BGH NStZ 1999, 579, 581).

d)

Ein Härteausgleich hat schließlich auch zu erfolgen, wenn durch die Notwendigkeit von mehreren Gesamtstrafen auf Grund der Zufälligkeit der Zäsurwirkung insgesamt ein zu hohes Strafübel entsteht (BGHSt 41, 310; 44, 179, 185 f.). Führt die Zäsurwirkung einer einzubeziehenden Verurteilung zur Bildung mehrerer Gesamtstrafen, so muss das Gericht einen sich daraus möglicherweise für den Angeklagten ergebenden Nachteil infolge eines zu hohen Gesamtstrafübels ausgleichen.

e)

Ein im Wege des Härteausgleichs zu berücksichtigender Nachteil liegt jedoch nicht stets vor. Eine besonders nachteilige Auswirkung der Zäsur tritt vor allem dann ein, wenn die die Zäsur begründende Strafe nur ganz geringfügig ist. Dass eine einbezogene Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt war, die durch die Einbeziehung entfiel, kann hingegen außer Acht bleiben, da es andernfalls auf Grund der neuen Straftat zu einem Bewährungswiderruf gekommen wäre. Etwas anderes gilt hingegen, wenn die zur Bewährung ausgesetzte Strafe erlassfähig war; in diesen Fällen ist wiederum ein Härteausgleich zu gewähren (BGH NStZ 1993, 235; Beschluss vom 10. Januar 2001 - 3 StR 516/00). Allein der Umstand, dass die Zäsurwirkung eine dem Angeklagten noch günstigere Gesamtstrafenbildung verhindert hat, begründet keinen auszugleichenden Nachteil. Dieser wäre erst dann gegeben, wenn die Summe der tatsächlich verhängten Strafen für die begangenen Taten nicht mehr als schuldangemessen angesehen werden könnte. Dabei ist auch zu bedenken, dass der Angeklagte die zweite Tat trotz der die Zäsur bewirkenden Verurteilung begangen hat (vgl. BGH NStZ 2002, 196).

Aber selbst wenn die neuen Taten grundsätzlich nicht gesamtstrafenfähig sind, hat der Tatrichter noch nicht (vollständig) verbüßte oder zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafen bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Auch in solchen Fällen entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass - schon mit Rücksicht auf die Wirkungen der Strafe, die für das künftige Leben des Täters zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 StGB) - das Gesamtstrafübel und der zu erwartende Bewährungswiderruf bei Festsetzung der neuen Strafe im Auge behalten werden müssen. Auch in diesen Fällen ist daher gegebenenfalls die - ohne die frühere Verurteilung an sich schuldangemessene - neue Strafe entsprechend herabzusetzen, um ein übermäßiges Gesamtstrafübel zu vermeiden (BGHSt 41, 310, 313 f.).

3.

Schließlich scheidet die Möglichkeit einer Gesamtstrafenbildung mit im Ausland verhängten Strafen aus. Eine Zusammenfassung von Strafen, die verschiedenen Strafsystemen angehören, ist unmöglich; es ist nicht nachprüfbar, in welchem Verhältnis die nach ausländischem Strafrecht angewandte Strafart zu der auf Grund des deutschen Strafgesetzbuchs anzuwendenden steht. Dies gilt sowohl für Art und Höhe der im Ausland verhängten Strafe als auch für das im Ausland bestehende System der Vollstreckung. Dabei würde die Anwendung des Gedankens des § 55 StGB dazu nötigen, nicht vereinbare Straf- und Vollstreckungssysteme zu vergleichen, deren Anwendung im Einzelfall ungewiss ist. Auch ist eine in Deutschland verhängte Gesamtstrafe von der deutschen Strafvollstreckungsbehörde zu vollstrecken. Würde darin eine durch ein ausländisches Gericht verhängte Einzelstrafe einbezogen, entfiele dadurch nach deutschem Recht die Vollstreckbarkeit des ausländischen Urteils, dessen Strafe in die Gesamtstrafe einbezogen wurde. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in das Justizhoheitsrecht des anderen Staates (vgl. schon RGSt 75, 256; BGH LM Nr. 1 zu § 335 StGB; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1979 - 5 StR 571/79; OLG Bremen NJW 1950, 918; OLG Hamm JMBl. NW 1950, 144; OLG Düsseldorf GA 1991, 271 f.).

Der Bundesgerichtshof hat es allerdings für notwendig erachtet, auch auf diese Fälle den Rechtsgedanken des Härteausgleichs zu übertragen, wenn die im Ausland und die im Inland begangene Straftat vom zeitlichen Ablauf her miteinander hätten abgeurteilt werden können (BGHSt 43, 79, 80; BGH NStZ-RR 1998, 204; 2000, 105; NStZ 1998, 134; NJW 2000, 1964, 1965; BGH NStZ 2008, 709, 710; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des 2. Senats vom 25. Januar 2008 - 2 BvR 1532/08 - Tz. 5).

4.

Der Senat ist der Auffassung, dass ein Härteausgleich für im Ausland verhängte Strafen nicht in Betracht kommt, wenn wegen der dort abgeurteilten Taten in Deutschland ein Strafverfahren nicht hätte durchgeführt werden können, d. h. nicht der "Zufall" der Handhabung durch die beteiligten Behörden eine Aburteilung der im Ausland begangenen Tat im Inland verhindert hat. Ist eine Aburteilung im Ausland begangener Taten in Deutschland mangels entsprechender rechtlicher und tatsächlicher Voraussetzungen grundsätzlich nicht möglich, sondern bietet das Strafanwendungsrecht der §§ 3 ff. StGB hierfür allenfalls unter dem Aspekt der stellvertretenden Strafrechtspflege (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB) einen Ansatz, erscheint die Gewährung eines Härteausgleichs nicht angezeigt. Ein Härteausgleich dient zum Ausgleich der Nachteile, die dem Täter dadurch entstehen, dass keine nachträgliche Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB erfolgen kann. In den Fällen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist eine Gesamtstrafenbildung nach deutschem Recht aber von vornherein so fern liegend, dass ein Ausgleich für ihr Unterbleiben eine zusätzliche Bevorzugung des Täters wäre. Es ist nicht notwendig, international agierende Mehrfachtäter bei der Strafzumessung auf Grund rein hypothetischer Erwägungen zu begünstigen. Die Anwendung des Rechtsgedankens des Härteausgleichs könnte im Einzelfall dazu führen, dass hohe im Ausland verhängte Freiheitsstrafen nur noch im Ergebnis schuldunangemessene Strafen in Deutschland zuließen, die sogar mit der gesetzlichen Strafuntergrenze in Konflikt gerieten.

In diesen Fällen, in denen ein ausländischer Täter im Ausland Straftaten begangen hat, die weder inländische noch international geschützte Rechtsgüter betreffen, besteht kein Anlass, ihn so zu stellen, als wären diese Taten gemeinsam mit im Inland begangenen hier abgeurteilt worden. Dass es zu Aburteilungen in verschiedenen Staaten kommt, ist bei einer solchen Fallgestaltung vom Täter durch die Wahl der Tatorte selbst herbeigeführt worden. Die kriminelle Energie eines solchen Vorgehens kann im Übrigen gegen den Täter sprechen und bei der Strafzumessung erschwerend berücksichtigt werden.

So liegt der Fall hier. Der Angeklagte hat bewusst in Frankreich, Belgien und Deutschland Überfälle auf Juwelierläden begangen; in Deutschland hielt er sich nur wenige Tage zu diesem Zweck auf. Unter diesen Umständen kann er ebenso wenig wie ein Angeklagter, der trotz der Zäsurwirkung eines früheren Urteils weitere Taten begeht, auf Ausgleich der durch die Unmöglichkeit der Bildung einer Gesamtstrafe bewirkten Härte vertrauen (vgl. BGH NStZ 2002, 196). Einen wie den Angeklagten international bandenmäßig agierenden Täter durch einen Härteausgleich zu begünstigen, ist auch kriminalpolitisch nicht angezeigt. Durch die hohen in Belgien und Frankreich verhängten Freiheitsstrafen, die in ihrer Summe die nach § 54 Abs. 2 Satz 2 StGB höchstmögliche Gesamtfreiheitsstrafe übersteigen, müsste ein sehr deutlicher Härteausgleich vorgenommen werden, um dem Gedanken des Gesamtstrafübels nach deutschem Recht Rechnung zu tragen. Dadurch würde in entsprechenden Täterkreisen nur die Hemmschwelle zur Begehung von Taten in Deutschland gesenkt, weil hier keine hohen Strafen zu erwarten wären.

Dass der Angeklagte in Frankreich und Belgien zu hohen Haftstrafen verurteilt worden ist, kann bei der Strafzumessung im Rahmen des § 46 StGB berücksichtigt werden. Dabei sind in jedem Fall die gesetzlichen Strafrahmen zu beachten.

5.

Die Auffassung des Senats weicht möglicherweise von der Rechtsprechung anderer Senate ab. Die Fälle in BGHSt 43, 79 (Urteil vom 30. April 1997 - 1 StR 105/97) und BGH, NStZ-RR 2000, 105 (Beschluss vom 15. Dezember 1999 - 5 StR 608/99) liegen zwar anders, weil hier Betäubungsmitteldelikte abgeurteilt worden sind (Gerichtsstand nach § 6 Nr. 5 StGB). In dem Verfahren 1 StR 130/97 (Beschluss vom 13. Mai 1997) dürfte der Täter Deutscher gewesen sein (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB). In den Entscheidungen BGH NStZ 1998, 134 (Beschluss vom 2. September 1997 - 1 StR 317/97) und NStZ 2008, 709 (Urteil vom 26. September 2007 - 1 StR 276/07) ist die Frage des Härteausgleichs nicht tragend entschieden worden, da jeweils die Nichterörterung durch den Tatrichter vom Revisionsgericht gebilligt worden ist. Der Senat fragt dennoch vorsorglich an, ob an möglicherweise entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.

Ende der Entscheidung

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