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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.02.2007
Aktenzeichen: 2 StR 467/06
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 354 Abs. 1
StGB § 271
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 467/06

vom 28. Februar 2007

in der Strafsache

gegen

wegen des Verdachts mittelbarer Falschbeurkundung

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. Februar 2007 gemäß §§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 1 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2006 aufgehoben. Der Angeklagte wird freigesprochen.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen mittelbarer Falschbeurkundung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 8 Euro verurteilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts wollte der ehemalige Mitangeklagte S. , der sich aus Geltungssucht bereits unberechtigterweise einen Ehrendoktortitel verschafft hatte, den einen Adelstitel enthaltenden Namen des Angeklagten erwerben und sich zu diesem Zweck vom Angeklagten und seiner Ehefrau adoptieren lassen. Gemeinsam betrieb man das Verfahren zur Volljährigenadoption. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem Amtsgericht, welches Bedenken an einem Eltern-Kind-Verhältnis im Hinblick auf den geringen Altersunterschied zwischen dem Angeklagten und S. geäußert hatte, machte der Angeklagte wahrheitswidrige Angaben (u. a.) über den Zeitpunkt des gegenseitigen Kennenlernens und das Verhältnis zu S. . Das Amtsgericht erließ daraufhin einen Adoptionsbeschluss, in dem S. von dem Angeklagten und dessen Ehefrau als Kind angenommen wurde und den Namen des Angeklagten erhielt. Nachfolgend wurden die Änderungen des Personenstandes in den Personenstandsbüchern des Standesamtes, in Einwohnermelderegistern und im Personalausweis des S. veranlasst.

2. Die Revision des Angeklagten hat auf die Sachrüge hin in vollem Umfang Erfolg.

a) Die Verurteilung wegen mittelbarer Falschbeurkundung gemäß § 271 StGB hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Eine falsche Beurkundung i. S. d. § 271 StGB hat der Angeklagte nicht bewirkt. Zwar waren seine Angaben zum Zeitpunkt des Kennenlernens von S. und zum gegenseitigen Verhältnis in der gegenüber dem Vormundschaftsgericht abgegebenen Stellungnahme falsch. Diese Angaben wurden jedoch nicht in einer öffentlichen Urkunde, die mit Beweiskraft für und gegen jedermann ausgestattet ist, öffentlichen Büchern, Dateien oder Registern beurkundet.

In den Personenstandsbüchern, die grundsätzlich öffentliche Bücher sind (vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 271 Rdn. 8), werden der Umstand der Annahme an Kindes statt und die Namensänderung unter Hinweis auf den Adoptionsbeschluss und die mitgeteilten Gesetzesvorschriften eingetragen (vgl. §§ 15 Abs. 1 Nr. 2; 30 PStG), nicht jedoch die tatsächlichen Hintergründe der Adoption. Im Personalausweis und im Melderegister - dessen Eigenschaft als öffentliches Register fraglich ist (vgl.: AG Bremen NStZ-RR 2005, 341, 342; Freund in MünchKomm-StGB § 271 Rdn. 28; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 271 Rdn. 9) - kam ohnehin nur die Namensänderung zum Tragen. Die darin beurkundeten Tatsachen sind aber zutreffend, da ein wirksamer Adoptions- und Namensänderungsbeschluss vorliegt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser etwa nichtig ist.

Soweit möglicherweise falsche Angaben über das Eltern-Kind-Verhältnis in den Entscheidungsgründen des Adoptionsbeschlusses bewirkt wurden, scheidet eine Strafbarkeit nach § 271 StGB ebenfalls aus. Dabei kann hier dahinstehen, ob der Adoptionsbeschluss - was das Urteil nicht mitteilt - überhaupt Gründe enthielt (im Hinblick auf die Unanfechtbarkeit des Adoptionsbeschlusses wird die Begründungspflicht im Schrifttum zum Teil verneint, vgl.: Maurer in MünchKomm-BGB § 1752 Rdn. 15; a. A. Engelhardt in Keidel/Kuntze/Winkler Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 56 e FGG). Jedenfalls nehmen eventuelle Entscheidungsgründe nicht an dem besonderen öffentlichen Glauben teil. Sie sind nicht mit Beweiskraft für und gegen jedermann ausgestattet. § 271 StGB bezieht sich nicht auf die Richtigkeit der Angaben zur Sache in einer gerichtlichen Entscheidung (vgl. Freund in MünchKomm-StGB § 271 Rdn. 29 f.; Cramer/Heine in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 271 Rdn. 23). Richterliche Entscheidungen verfolgen nicht den Zweck, Tatsachen festzustellen sondern Recht zu sprechen. Die Feststellung von Tatsachen ist nur Mittel zu diesem Zweck (RGSt 24, 308, 312).

b) Da eine Verwirklichung anderer Straftatbestände nicht ersichtlich ist, mithin lediglich ein Rechtsfehler bei der Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen gegeben ist und weitere, den Angeklagten belastende Feststellungen auszuschließen sind, spricht der Senat den Angeklagten gemäß § 354 Abs. 1 StPO frei.

Ende der Entscheidung

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