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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.04.2002
Aktenzeichen: 2 StR 55/02
Rechtsgebiete: AMG, StPO


Vorschriften:

AMG § 98
StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 55/02

vom

26. April 2002

in der Strafsache

gegen

wegen Herstellens von Arzneimitteln ohne Erlaubnis

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 26. April 2002 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 28. September 2001 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Anordnung der Einziehung der Asservate 28, 31 und 41 (Asservatenbuch Nr. 580/94) bleibt jedoch mit den dazu getroffenen Feststellungen bestehen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten, nachdem der Senat mit Urteil vom 3. Dezember 1997 (2 StR 270/97 = BGHSt 43, 336 ff.) ein freisprechendes Urteil aufgehoben hatte, wegen Herstellens von Arzneimitteln ohne Erlaubnis (§ 96 Nr. 4 AMG) in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Eingezogen hat es "die sichergestellten Chemikalien und Laborgerätschaften (lfd. Nr. im Asservatenbuch: 580/94, 536/94)".

Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg, im übrigen ist es im Sinne des § 349 Abs.2 StPO unbegründet.

Zwar hat die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung ausdrücklich zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, daß "die Taten nunmehr sieben bis acht Jahre zurückliegen".

Dies reicht indessen nicht aus, da - wie die Revision zu Recht mit der Verfahrensrüge geltend macht - auch Anlaß zur Prüfung bestand, ob das in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK garantierte Recht des Angeklagten auf gerichtliche Entscheidung in angemessener Zeit verletzt ist. Eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt einen neben dem Zeitablauf gesondert zu beachtenden wesentlichen Strafmilderungsgrund dar, bei einem Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot ist das Ausmaß der vorgenommenen Herabsetzung der Strafe kenntlich zu machen (st. Rspr.: vgl. BVerfG NStZ 1997, 591; BGHSt 46, 160, 172 ff., BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 1, 3, 7, 13 m.w.N.; zuletzt BGH, Urt. vom 21. Februar 2002 - 1 StR 538/01).

Nach der Entscheidung des Senats vom 3. Dezember 1997 lagen die Akten ab 13. Januar 1998 dem Landgericht wieder vor. Trotz wiederholter Hinweise der Staatsanwaltschaft hat die nunmehr zuständige Strafkammer erst am 17. April 2001 Termin zur Hauptverhandlung auf den 21. September 2001 bestimmt. Gründe für eine solche Verzögerung sind aus den Akten nicht zu ersehen. Vor allem auch angesichts der Tatsache, daß die Taten bereits in den Jahren 1993/1994 begangen worden waren, verletzt dieses Vorgehen den Anspruch des Angeklagten auf eine Entscheidung in angemessener Zeit und hätte im Rahmen der Strafzumessung zusätzlich strafmildernd berücksichtigt werden müssen. Daran fehlt es hier.

Keinen Bestand haben kann auch die Einziehungsanordnung, soweit andere als die der Verurteilung zugrundeliegenden Gegenstände (Nr. 28, 31 und 41 - Asservatenbuch Nr. 580/94) eingezogen worden sind. Die - nach der Aufführung in den angewendeten Vorschriften - wohl auf § 98 AMG gestützte Einziehung der sichergestellten Gegenstände setzt voraus, daß diese sich auf die abgeurteilten Straftaten beziehen. Dem Urteil ist dies - abgesehen von den Nummern 28, 31 und 41 des Asservatenbuchs Nr. 580/94 - nicht eindeutig zu entnehmen. Die dazu getroffene Entscheidung bedurfte deshalb näherer Begründung.

Zur Rüge, hinsichtlich der beim Angeklagten sichergestellten Gegenstände bestünde ein Verwertungsverbot, bemerkt der Senat ergänzend: Der Angeklagte war, was die Revision nicht vorträgt, "mit der Sicherstellung der aufgefundenen Gegenstände einverstanden" (Vermerk der Kriminalabteilung Gießen vom 20. Juli 1994).

Ende der Entscheidung

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