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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.04.1999
Aktenzeichen: 3 StR 101/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 u. 4
StPO § 473 Abs. 4
StGB § 176
StGB § 174
StGB § 78 Abs. 3 Nr. 4
StGB § 78 c Abs. 1 Nr. 1
StGB § 176 Abs. 1 u. 3 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 101/99

vom

14. April 1999

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. April 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 29. September 1998 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß der Angeklagte wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in 170 Fällen, davon in 50 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in 170 Fällen bei Einzelstrafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die Tochter seines Stiefsohnes, für die ihm das Sorgerecht übertragen war, zwischen ihrem sechsten und dreizehnten Lebensjahr mißbraucht, indem er sie zunächst am ganzen Körper einschließlich der Scheide streichelte, ab dem siebten Lebensjahr den Schenkel- und ab dem elften Lebensjahr den Vaginalverkehr durchführte, wobei es häufig zum Samenerguß kam und die Scheide des Mädchens blutete.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Die Strafkammer hat den geständigen Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes (§ 176 StGB) in 170 Fällen verurteilt. Soweit der Angeklagte darüber hinaus jeweils auch wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 StGB) verurteilt worden ist, hat der Schuldspruch für die vor dem 9. September 1992 begangenen Taten keinen Bestand, da insoweit Verjährung eingetreten ist.

Das Vergehen des sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen verjährt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in fünf Jahren. Die Verjährung wurde erstmals nach § 78 c Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB durch die am 8. September 1997 getroffene Anordnung der Staatsanwaltschaft Hannover, den Beschwerdeführer als Beschuldigten zu vernehmen, unterbrochen. Somit ist die Ahndung der vor dem 9. September 1992 liegenden Taten, soweit sie die Voraussetzungen des § 174 StGB erfüllen, ausgeschlossen. Allein hinsichtlich der 50 nach dem 11. Februar 1993, dem Beginn des 11. Lebensjahres der Nebenklägerin (vgl. UA S. 5), begangenen Delikte läßt sich mit Sicherheit feststellen, daß sie in nicht verjährter Zeit verübt worden sind.

Die Korrektur des Schuldspruchs nötigt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann ausschließen, daß die Strafkammer bei richtiger Rechtsanwendung auf niedrigere als die ausgesprochenen Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtstrafe erkannt hätte. Das Tatgericht hat die Einzelstrafen fehlerfrei den Strafrahmen des § 176 Abs. 1 und 3 StGB a. F. entnommen. Dabei hätte es das tateinheitlich verwirklichte und wegen Verjährung nicht mehr verfolgbare Vergehen des sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen strafschärfend berücksichtigen dürfen, wenn auch nicht mit demselben Gewicht wie ein nicht verjährtes Delikt (vgl. BGH, Beschl. vom 10. September 1997 - 3 StR 274/97). Im übrigen kommt dem Umstand, daß sich der Angeklagte an einem ihm anvertrauten Kind vergangen hat, unabhängig von der Anwendbarkeit des § 174 StGB eine straferschwerende Wirkung zu, da dieser Gesichtspunkt die Tatschuld erhöht (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 175).

Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten auch nur teilweise von den Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Ende der Entscheidung

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