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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: 3 StR 36/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 44
StPO § 46
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 36/08

vom 11. März 2008

in der Strafsache

gegen

wegen schweren Raubes

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 11. März 2008 gemäß §§ 44, 46, 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 28. März 2007 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.

Damit ist der Beschluss des Landgerichts Verden vom 20. Juni 2007, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass die Worte "gemeinschaftlichen" und "im minder schweren Fall" entfallen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen" schweren Raubes "im minder schweren Fall" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und unter Einbeziehung der Strafe aus einer vorangegangenen gesamtstrafenfähigen Verurteilung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Schuldspruch war allerdings neu zu fassen, weil die Urteilsformel von allem freizuhalten ist, was nicht unmittelbar der Erfüllung ihrer Aufgabe dient, das begangene Unrecht zu kennzeichnen und die im Urteil getroffenen Anordnungen zu verlautbaren. Bezeichnungen der Tat als "gemeinschaftlich" oder "minder schwerer Fall" erübrigen sich danach (BGHSt 27, 287, 289). Im Übrigen war das Urteil lediglich um die Feststellung eines Konventionsverstoßes zu ergänzen (§ 349 Abs. 4 StPO).

Nach Eingang der verspäteten Revisionsbegründung und des Wiedereinsetzungsantrages beim Landgericht am 26. Juni 2007 ist es zu einer Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG gekommen. Nachdem die Akten vom Landgericht an die Staatsanwaltschaft übersandt worden waren und der neue, für das Revisionsverfahren mandatierte Verteidiger am 4. Juli 2007 Akteneinsicht genommen hatte, stellte der Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft Verden erst am 11. Januar 2008 den Übersendungsbericht an den Generalbundesanwalt fertig; dort gingen die Akten am 23. Januar 2008 ein. Bei einem ordnungsgemäßen Verfahrensgang hätte die Aktenübersendung einschließlich der erforderlichen Vorarbeiten allenfalls zwei Monate benötigen dürfen, so dass es zu einer unangemessenen Verfahrensverzögerung von ca. fünf Monaten gekommen ist. Dies hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen; der Erhebung einer Verfahrensrüge bedarf es dazu nicht (BGH NStZ 2001, 52; NStZ-RR 2005, 320).

Nach der durch Beschluss des Großen Senats für Strafsachen geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Kompensation von rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerungen (BGH, Beschl. vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07 = NJW 2008, 860; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) kann die ausdrückliche Feststellung der Verfahrensverzögerung zu ihrer Kompensation genügen; die Feststellung muss lediglich in den Urteilsgründen deutlich hervortreten (BGH aaO Rdn. 38, 56).

So verhält es sich hier. Der Senat kann diese Frage selbst entscheiden, weil es im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt, über die Feststellung der Verfahrensverzögerung hinaus eine weitergehende Kompensation durch den Ausspruch vorzunehmen, dass ein Teil der verhängten Strafe als vollstreckt gilt (§ 354 Abs. 1 StPO):

Die Verfahrensverzögerung betrug weniger als sechs Monate. Sie geschah erst nach dem Eingang der allein auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revisionsbegründung, so dass eine den Angeklagten besonders belastende Ungewissheit über den Ausgang des Verfahrens sich nur noch darauf beziehen konnte, ob das ihn verurteilende erstinstanzliche Urteil rechtskräftig werden würde. Die Verzögerung des Eintritts der Rechtskraft hat allenfalls eine sehr geringe Belastung für den Angeklagten nach sich gezogen, weil er sich seit dem 23. Juli 2007 in anderer Sache in Strafhaft befindet. Dabei handelt es sich um die Vollstreckung der im angefochtenen Urteil bei der Gesamtstrafenbildung einbezogenen Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln, so dass die verbüßte Haftzeit in vollem Umfang auf die hier zu verbüßende Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen ist.

Nach alledem scheidet eine weitergehende Kompensation als die vom Senat vorgenommene Feststellung der Verfahrensverzögerung aus.

Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

Ende der Entscheidung

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