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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: 3 StR 406/05
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 265 Abs. 1
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 239 b Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 406/05

vom 20. Dezember 2005

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe u. a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 20. Dezember 2005 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 12. Juli 2005

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte schuldig ist des unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit deren unerlaubtem Besitz, mit versuchter Freiheitsberaubung, versuchter Nötigung und mit vorsätzlicher Körperverletzung,

b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Geiselnahme in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz und Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie mit vorsätzlicher Körperverletzung zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter Geiselnahme (§ 239 b Abs. 1, §§ 22, 23 StGB) hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.

Nach den Feststellungen suchte der Angeklagte den für die Zwangsräumung seines gemieteten Wohnhauses zuständigen Gerichtsvollzieher am Morgen des Räumungstages zu Hause auf, um die Absage dieser Amtshandlung zu erreichen. Nachdem dieser sein Ansinnen abgelehnt hatte, zog der Angeklagte seine durchgeladene und entsicherte Pistole, bedrohte ihn damit und forderte ihn - letztlich erfolglos - auf, in dessen Pkw einzusteigen. Der Angeklagte wollte - was er für den Fall der Ablehnung seines Begehrens von vornherein geplant hatte - ihn mit Hilfe der Waffe in seine Gewalt und sodann an einen anderen Ort bringen, um ihn so an der Durchführung der Zwangsräumung zu hindern.

Danach wollte der Angeklagte den Gerichtsvollzieher zwar entführen (vgl. BGHSt 22, 178, 179; 24, 90, 92 f.). Indessen hatte er nicht die Absicht, die durch die Entführung geschaffene Bemächtigungslage zu einer weiteren Nötigung seines Opfers durch qualifizierte Drohung auszunutzen. Vielmehr diente die in dem Vorhalten der Pistole liegende Drohung zugleich dazu, sich seines Opfers zu bemächtigen, es zu entführen und in unmittelbarem Zusammenhang an der Durchführung der Zwangsräumung zu hindern. Damit sollte das abgenötigte Unterlassen ausschließlich durch die Bedrohung mit der Waffe durchgesetzt werden, ohne dass der beabsichtigten Bemächtigungslage hierfür nach der Vorstellung des Angeklagten eine eigenständige Bedeutung zugekommen wäre. Bei dieser Sachlage hat der Angeklagte keinen Tatentschluss zur Begehung einer Geißelnahme gemäß § 239 b Abs. 1 StGB gefasst (vgl. BGHSt 40, 350, 359; BGH NStZ-RR 2005, 173).

Das festgestellte Verhalten des Angeklagten erfüllt indessen - unbeschadet der ebenfalls verwirklichten Körperverletzung und der Waffendelikte - die Tatbestände der versuchten Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) und der versuchten Nötigung (§ 240 StGB). Diese stehen hier im Konkurrenzverhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander (vgl. Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 240 Rdn. 41 m. w. N.). Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Überprüfung des Schuldspruchs aufgrund der Revisionsrechtfertigung im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, hat der Senat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 Abs. 1 StPO steht dem hier nicht entgegen.

Die Änderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung des Strafausspruchs zur Folge.

Ende der Entscheidung

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