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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.04.2005
Aktenzeichen: 3 StR 453/04
Rechtsgebiete: BtMG, StPO


Vorschriften:

BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 1
BtMG § 30 a Abs. 1
StPO § 265 Abs. 1
StPO § 354 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 StR 453/04

vom 7. April 2005

in der Strafsache

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. April 2005, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter am Bundesgerichtshof Winkler, Pfister, von Lienen, Hubert als beisitzende Richter,

Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 3. August 2004 - soweit es den Angeklagten P. betrifft - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

1. im Fall II. 2. der Urteilsgründe sowie

2. im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Heroin) und wegen unerlaubter Einreise" zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (Einzelstrafen von zwei Jahren und elf Monaten sowie von sechs Monaten Freiheitsstrafe) verurteilt. Die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, die wirksam auf dessen Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 2. der Urteilsgründe) sowie auf den Ausspruch über die Gesamtstrafe beschränkt ist, rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat bereits mit der Sachbeschwerde Erfolg. Auf die erhobene Verfahrensrüge kommt es daher nicht an.

Nach den Feststellungen war der Angeklagte - nach Teilverbüßung (2/3) einer Freiheitsstrafe von vier Jahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (ca. 3,3 kg Heroin) - im Juli 2002 abgeschoben worden. Spätestens vor dem 1. Dezember 2003 reiste er illegal nach Deutschland ein und gelangte in den Besitz von etwa 600 g Heroin. Dieses streckte er auf die doppelte Menge und verkaufte hiervon - in einigen Fällen zusammen mit jeweils einem der beiden Mitangeklagten, die von ihm als Drogenverkäufer angeworben worden waren - etwa ein Kilogramm in Teilmengen. Der Angeklagte war vor der Abschiebung im Juli 2002 bereits dreimal wegen der Begehung von Drogendelikten - davon zweimal wegen Handeltreibens - bestraft und zweimal abgeschoben worden. Er reiste indes stets wieder - unerlaubt - nach Deutschland ein und handelte jeweils nicht lange danach mit Betäubungsmitteln, insbesondere mit Heroin.

1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 2. der Urteilsgründe hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht nur unzureichend geprüft hat, ob der Angeklagte auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 a Abs. 1 BtMG begangen hat.

Die Verwirklichung dieses Tatbestands hat das Landgericht mit der Begründung verneint, daß das verkaufte Heroingemisch aus einer einheitlichen Gesamtmenge gestammt hat und deshalb eine Verurteilung wegen bandenmäßiger Begehung nicht habe erfolgen können (vgl. BGH NStZ 1996, 442). Dabei ist es ohne weiteres ersichtlich davon ausgegangen, daß sich das Zusammenwirken der Angeklagten nach deren Willen allein auf die Heroinmenge beziehen sollte, in deren Besitz der Angeklagte Anfang Dezember 2003 gelangt war und aus der die verkauften Teilmengen entnommen wurden. Dem könnten indes andere Feststellungen der Jugendkammer widersprechen: der Angeklagte hat in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Rauschgift gehandelt; er ist erneut illegal und offensichtlich zum Zwecke des Betäubungsmittelhandels eingereist, hat nach Beschaffung von Heroin indes nunmehr - anders als früher - die beiden Mitangeklagten angeworben und mit diesen zusammen über einen längeren Zeitraum organisiert einen großen Teil dieses Rauschgifts abgesetzt. Bei dieser Sachlage war unter Berücksichtigung aller Umstände zu prüfen, ob sich der Angeklagte und die beiden Mitangeklagten zur Verübung fortgesetzter, im Einzelnen noch ungewisser Straftaten der in § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30 a Abs. 1 BtMG bezeichneten Art verbunden haben (vgl. BGHSt 46, 321). Dies läßt das Urteil vermissen. Den Blick auf die Bedeutung dieser Umstände für die rechtliche Bewertung der Tat könnte sich das Landgericht dadurch verstellt haben, daß es sich damit begnügt hat, sogenannte Verteidigererklärungen entgegenzunehmen. Mit diesen wurden die Vorwürfe der - den rechtlichen Gesichtspunkt des Bandenhandels nicht enthaltenden - Anklage im wesentlichen pauschal eingeräumt und - nach der nichtssagenden Einlassung der Angeklagten, dies sei "alles so richtig" - dem Urteil ohne weiteres zugrunde gelegt. Die gebotene umfassende Würdigung hat der neue Tatrichter nachzuholen. Dabei wird er § 265 Abs. 1 StPO zu beachten haben.

2. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 2. der Urteilsgründe erfaßt die Einsatzstrafe und hat die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge. Beide Strafen sind im übrigen unverständlich milde und in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft begründet worden. Sie lassen zudem besorgen, die Strafkammer könnte bei der Festsetzung maßgeblich davon beeinflußt worden sein, daß sie in einem - zum Zwecke der Anbahnung einer verfahrensbeendenden Absprache außerhalb der Hauptverhandlung geführten - Gespräch aller Beteiligten unzulässig die genau bestimmte Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren in Aussicht gestellt hatte.

Der Senat hat von § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch gemacht. Nachdem sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, ist nunmehr eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zuständig.

Ende der Entscheidung

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