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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.01.1999
Aktenzeichen: 3 StR 602/98
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 406 a Abs. 2 Satz 2
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 StR 602/98

vom

5. Januar 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

StPO § 406 a Abs. 2 Satz 2

Kann das Revisionsgericht über den strafrechtlichen Teil eines Urteils durch Beschluß nach § 349 Abs. 2 oder 4 StPO entscheiden, so kann es hierbei auch über das Rechtsmittel gegen die Zubilligung einer Entschädigung ohne Bindung an den Antrag des Generalbundesanwalts mitbefinden.

BGH, Beschl. vom 5. Januar 1999 - 3 StR 602/98 - LG Krefeld


Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 5. Januar 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 406 a StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 22. Juni 1998 dahin geändert, daß im Fall II 1b) der Urteilsgründe die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Die Verurteilung im Fall II 1b) der Urteilsgründe wegen eines tateinheitlichen Vergehens des Mißbrauchs von Schutzbefohlenen muß wegen Strafverfolgungsverjährung entfallen. Die Verjährungsfrist für die im Sommer 1988 begangene Tat beträgt nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre und ist daher 1993 und damit vor Aufname der Ermittlungen abgelaufen. Es ist hier auszuschließen, daß sich der Wegfall dieses Tatbestandes auf die Höhe der Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ausgewirkt hätte, zumal auch der strafrechtliche Gehalt eines verjährten Delikts - wenn auch nicht mit demselben Gewicht - bei der Strafzumessung hätte berücksichtigt werden dürfen.

Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat im übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten zum Schuld- und Strafausspruch ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Auch die Nebenentscheidung zur Entschädigung der Verletzten hat letztlich Bestand. Das Landgericht hat den Geschädigten ein Schmerzensgeld zugesprochen (Tanja F. 10.000 DM, Vanessa und Melanie S. je 2.000 DM) und den Angeklagten dem Grunde nach verurteilt, den den genannten Geschädigten aus den abgeurteilten Straftaten erwachsenen materiellen Schaden zu tragen.

Der Angeklagte beantragt mit seinem Rechtsmittel, den Schmerzensgeldbetrag für Tanja F. auf 5.000 DM zu ermäßigen und die Anträge auf Schmerzensgeld im übrigen abzuweisen. Der Generalbundesanwalt beantragt, die Entscheidung über die Zahlung von Schmerzensgeld und über die Verpflichtung zum Ersatz materieller Schäden dem Grunde nach insgesamt aufzuheben.

Der Senat hält die Entschädigungsentscheidung der Strafkammer insgesamt aufrecht, er kann hierbei ungeachtet der Anträge des Generalbundesanwalts durch Beschluß entscheiden. Aus § 405 Satz 2, § 406 a Abs. 2 Satz 2 StPO ergibt sich, daß das Rechtsmittelgericht ohne Hauptverhandlung entscheiden kann, wenn lediglich über die Zubilligung einer Entschädigung zu befinden ist. Dies erfordert, auch dann eine Entscheidung im Beschlußwege zuzulassen, wenn im übrigen - wie hier - wegen der Schuld- und Straffrage die Voraussetzungen des § 349 Abs. 2 und 4 StPO vorliegen, da der Gesetzgeber vermeiden wollte, daß allein wegen dieser Nebenentscheidung eine Hauptverhandlung stattfindet.

Die Zubilligung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 DM an Tanja F. und die Verpflichtung zum Ersatz materieller Schäden dem Grunde nach ist nicht angefochten und damit rechtskräftig. Aus dem Antrag des Beschwerdeführers, den Angeklagten lediglich zu einem Schmerzensgeld von 5.000 DM an Tanja F. zu verurteilen und im übrigen den Antrag auf Zahlung von Schmerzensgeld zurückzuweisen, ergibt sich eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Zahlung weiterer Schmerzensgeldbeträge von zusätzlichen 5.000 DM an Tanja F. und von je 2.000 DM an Vanessa und Melanie S. . Soweit daher der Aufhebungsantrag des Generalbundesanwalts auch den bereits rechtskräftigen Teil der Ansprüche erfaßt, geht er ins Leere.

Die Verurteilung zu den weiteren Schmerzensgeldbeträgen hält einer Nachprüfung noch stand. Zwar hat die Strafkammer ihre Entscheidung insoweit nicht ausdrücklich begründet, doch ergeben sich die die Entscheidung tragenden Gründe in noch ausreichender Weise aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe.

Im Vordergrund der Schmerzensgeldbemessung stehen Höhe und Maß der Lebensbeeinträchtigung, bei ihnen liegt das Schwergewicht, wobei maßgeblich der Grad des Verschuldens ist (BGHZ 18, 149, 154 ff.; BGHR StPO § 404 I Entscheidung 3). Hierzu enthalten die Urteilsgründe eingehende Ausführungen zu den Umständen der Taten, ihrem Hintergrund und zum Verschulden des Angeklagten, insbesondere seinem langjährigen Hang zu sexuellen Übergriffen auf kindliche Geschädigte in seinem Familien- und Bekanntenkreis, ebenso wie zu den konkreten Folgen dieser Taten für die Opfer und der Notwendigkeit therapeutischer Hilfe. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten sind im Rahmen der Schilderung der persönlichen Verhältnisse ausreichend dargetan. Demgegenüber fehlen zwar nähere Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Geschädigten, doch gefährdet dies den Bestand der Entscheidung nicht, da es sich um Kinder handelt, die im Tatzeitpunkt zwischen sieben und dreizehn Jahre alt waren. Anhaltspunkte für außergewöhnliche wirtschaftliche Verhältnisse, die maßgeblichen Einfluß auf die Bestimmung des Schmerzensgeldes unter diesen Umständen hätten gewinnen können, sind nicht ersichtlich, insbesondere auch der Rechtsmittelbegründung nicht zu entnehmen (vgl. BGHZ 18, 149, 159; BGHR StPO § 404 I Entscheidung 3).

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