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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.06.2001
Aktenzeichen: 4 StR 156/01
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 1
StPO § 346 Abs. 1
StPO § 346 Abs. 2
StPO § 273 Abs. 3
StPO § 274
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 156/01

vom

7. Juni 2001

in der Strafsache

gegen

wegen schweren Raubes

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Juni 2001 gemäß §§ 349 Abs. 1, 346 Abs. 2 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluß des Landgerichts Arnsberg vom 24. Januar 2001, mit dem die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 29. November 2000 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen das am 29. November 2000 verkündete Urteil hat der Angeklagte, der im Anschluß an die Urteilsverkündung auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet hat, mit Schreiben vom 3. Dezember 2000, beim Landgericht eingegangen am 11. Dezember 2000, Revision eingelegt. Mit Beschluß vom 24. Januar 2001, dem Angeklagten zugestellt am 29. Januar 2001, hat das Landgericht die Revision - unter Hinweis auf die Versäumung der Einlegungsfrist und den Rechtsmittelverzicht - nach § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Der Angeklagte hat bereits mit Schreiben vom 22. Januar 2001, beim Landgericht am 26. Januar 2001 eingegangen, "um Beibehaltung (seiner) Revisionseinlegung" gebeten.

1. Das Schreiben des Angeklagten vom 22. Januar 2001 ist nach dem erklärten Sinn und Zweck, die "Beibehaltung der Revisionseinlegung" zu erreichen, ungeachtet der fehlenden Bezeichnung des Rechtsbehelfs als Antrag nach § 346 Abs. 2 StPO auszulegen. Dieser ist, da erst am 26. Januar 2001 und damit nach Erlaß des Beschlusses vom 24. Januar 2001 beim Landgericht eingegangen, wirksam gestellt. Daß der Antrag schon vor der Zustellung des Beschlusses angebracht wurde, ist unschädlich (vgl. BGHSt 25, 187; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 346 StPO, Rdn. 8 m.w.N.).

2. Der Antrag hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg:

a) Der Beschluß des Landgerichts Arnsberg vom 24. Januar 2001 nach § 346 Abs. 1 StPO ist allerdings aufzuheben. Da der Angeklagte nach Urteilsverkündung auf Rechtsmittel verzichtet hat, fehlt es an der Zuständigkeit des Tatgerichts für die Verwerfung der Revision (BGH NJW 1984, 1974, 1975; NStZ 1999, 526; NStZ-RR 1997, 173; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 346 Rdn. 2).

b) Die Revision ist jedoch wegen des vom Angeklagten wirksam erklärten Rechtsmittelverzichts als unzulässig zu verwerfen (§ 302 Abs. 1 Satz 1, § 349 Abs. 1 StPO).

aa) Wie das Hauptverhandlungsprotokoll ausweist, haben der Angeklagte und sein Verteidiger - nach Rechtsmittelbelehrung - durch ausdrückliche Erklärung auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet. Soweit der Angeklagte dies bestreitet und sich auf Unkenntnis beruft, kann er hiermit nicht gehört werden. Seine Verzichtserklärung nimmt, da sie gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt wurde, an der Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO teil (st. Rspr.; vgl. BGHSt 18, 257, 258; BGH NJW 1997, 2691; BGH NStZ 1999, 364; s. auch Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 274 Rdn. 11 m.w.N.).

bb) Bedenken gegen die Wirksamkeit der Verzichtserklärung bestehen nicht.

Der Angeklagte hat diese Erklärung nicht etwa schon vor ihrem Wirksamwerden widerrufen. Allerdings ist seine Revisionsschrift vom 3. Dezember 2000, die als Widerruf des Verzichts ausgelegt werden könnte, bereits am 11. Dezember 2000, mithin vor Fertigstellung des Protokolls am 14. Dezember 2000, bei Gericht eingegangen. Die Verzichtserklärung wird aber nicht erst mit der Fertigstellung des Protokolls, sondern sofort mit ihrer Abgabe wirksam (Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 302 Rdn. 19).

Anhaltspunkte dafür, daß der Angeklagte bei Abgabe der Verzichtserklärung nicht verhandlungsfähig gewesen oder daß ihm deren Tragweite nicht bewußt gewesen sein könnte (vgl. BGHSt 17, 14, 18 f.; BGH NJW 1999, 2449, 2451; NStZ-RR 1997, 173), sind nicht ersichtlich. Das gilt auch unter Berücksichtigung seiner Behauptung, sein "Rechtsdeutsch (sei) nicht genügend... um eine solche rechtlich schwierige Sachlage... zu verstehen", auch sei ihm die Bedeutung eines Rechtsmittelverzichts nicht erklärt worden. Der Angeklagte hat ausweislich des Protokolls und der Urteilsgründe aktiv an der Verhandlung mitgewirkt. Umstände, die Anlaß zu Zweifeln an seiner Verhandlungsfähigkeit geben könnten, sind dabei nicht zutage getreten. Daß ihm das Landgericht den Rechtsmittelverzicht ohne vorherige Beratung mit seinem Verteidiger abverlangt oder ihm keine Gelegenheit gegeben hätte, sich mit seinem Verteidiger zu beraten (vgl. dazu BGHSt 18, 257, 259; 19, 101, 103; 45, 51; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 9; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 302 Rdn. 25 m.w.N.), macht auch der Angeklagte nicht geltend.

cc) Der wirksam erklärte Rechtsmittelverzicht kann als Prozeßhandlung nicht widerrufen, wegen Irrtums angefochten oder sonst zurückgenommen werden (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 1984, 181; 1999, 258, 259; 1999, 526; Senatsbeschluß vom 21. Dezember 2000 - 4 StR 530/00).



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