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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: 4 StR 408/07
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 46 a
StGB § 46 a Absatz 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 408/07

vom 20. November 2007

in der Strafsache

gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. November 2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 21. März 2007 in den Strafaussprüchen in den Fällen II. 1 bis 5 und 15 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer als Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in elf Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat nur zu den Strafaussprüchen teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift u.a. ausgeführt:

"Der Strafausspruch hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht in vollem Umfang stand. Den Urteilsfeststellungen zufolge hat sich der Angeklagte in einem vor der Strafkammer geschlossenen Vergleich verpflichtet, an die Geschädigten Jasmin O. und Andreas P. ein Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 7.000 €, zahlbar in monatlichen Raten in Höhe von 100 €, zu zahlen (UA S. 23). Bei dieser Sachlage stellt es einen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass das Landgericht auf die Vorschrift des § 46 a Absatz 1 Nr. 1 StGB nicht eingegangen ist. Diese Vorschrift, die in erster Linie dem immateriellen Ausgleich zwischen Täter und Opfer dient (Senat, Beschl. v. 14.12.1999 - 4 StR 554/99, StV 2000, 129), verlangt, dass der Täter im Bemühen um diesen Ausgleich die Tat 'ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutmacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt'. Dies kann hier nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Dass das Landgericht das Bemühen als ernsthaft angesehen hat, ergibt sich schon daraus, dass es dem Angeklagten die Vergleichsbemühungen ausdrücklich strafmildernd zugutegehalten hat (UA S. 23). Dies konnte die hier gebotene Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 46 a StGB aber nicht ersetzen (vgl. Senat, Beschl. v. 14.12.1999 - 4 StR 554/99, StV 2000, 129 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 22.02.2001 - 3 StR 41/01, StV 2001, 457; s.a. BGH, Beschl. v. 12.06.2002 - 1 StR 79/02, NStZ-RR 2002, 263, 264). Auf diesem Rechtsfehler kann der Strafausspruch in den Einzelstrafen, soweit sie die vom Vergleich Begünstigten betreffen, auch beruhen.

Die im Übrigen nicht zu beanstandenden Einzelstrafen der zum Nachteil der Geschädigten Mike O. (Fälle 6 bis 13) und Dennis P. (Fall 14) begangenen Taten bleiben davon unberührt. Soweit der Angeklagte im Fall 13 zugleich auch an Andreas P. manipuliert hat, liegt das Schwergewicht der Tat - der Oralverkehr durch den Angeklagten - im Geschehen zum Nachteil des Geschädigten Mike O. . Ein Täter-Opfer-Ausgleich mit Andreas P. lässt das wesentliche, den Qualifikationstatbestand begründende Tatunrecht und damit die verhängte Einzelstrafe unberührt.

Infolge der teilweisen Aufhebung der Einzelstrafen kann auch der Gesamtstrafenausspruch keinen Bestand haben. Bei der Neufestsetzung wird der Tatrichter zu beachten haben, dass ein Härteausgleich, den die Strafkammer im Hinblick auf die mit Strafbefehl vom 1. April 2003 verhängte Strafe vorgenommen hat, nicht angezeigt ist. Die Vollstreckung jener Strafe hat eine Zäsurwirkung entfallen lassen, so dass tatsächlich keine auszugleichende Benachteiligung des Angeklagten vorgelegen hat (vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. 2007 § 55 Rn. 23 m.w.N.).

Die teilweise Aufhebung der Einzelstrafen und des Gesamtstrafenausspruchs lässt den Maßregelausspruch unberührt."

Den Ausführungen des Generalbundesanwalts kann sich der Senat nicht verschließen. Der neu entscheidende Tatrichter wird jedoch sorgfältig zu prüfen haben, ob angesichts der hier vorliegenden Deliktsart und der vorzunehmenden Gesamtbewertung von Taten, Täter und Umfang der Wiedergutmachungsbemühungen eine Strafrahmenmilderung in Betracht kommt (vgl. BGHSt 48, 134, 137 ff.; BGH StV 2000, 129; BGHR StGB § 46a Nr. 1 Ausgleich 1, 6).

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