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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.12.2005
Aktenzeichen: 4 StR 426/05
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 355
StGB § 66
StGB § 64
StGB § 72 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 426/05

vom 1. Dezember 2005

in der Strafsache

gegen

wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. Dezember 2005 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 29. April 2005

1. dahin geändert, dass der Angeklagte wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt wird, gegen ihn die Sicherungsverwahrung sowie die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet werden und der Gesamtstrafenausspruch entfällt;

2. mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Raubes und Diebstahls verurteilt worden ist. Insoweit wird die Sache an das Amtsgericht - Schöffengericht - Herne-Wanne zurückgegeben. In diesem Umfang fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.

II. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

III. Der Beschwerdeführer hat die übrigen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung, Raubes und wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.

Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Verurteilungen des Angeklagten wegen Raubes und wegen Diebstahls können nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht insoweit für die Entscheidung nicht zuständig war. Dieser Mangel ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 232 m.w.N.).

Das Landgericht Essen hat das beim Amtsgericht - Schöffengericht - Herne-Wanne gegen den Angeklagten wegen eines Diebstahls und eines Raubes anhängige Verfahren nach Vorlage durch dieses Gericht durch Beschluss vom 9. März 2005 übernommen, das Hauptverfahren eröffnet und das übernommene Verfahren zu dem bereits rechtshängigen Verfahren wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung hinzu verbunden. Dieser Beschluss ist jedoch rechtsunwirksam, weil er nicht von dem hierfür zuständigen Gericht erlassen worden ist. Die Verbindung, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betraf, konnte nicht durch Vereinbarung der beteiligten Gerichte (§ 13 Abs. 2 StPO), sondern nur durch Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts (§ 4 Abs. 2 StPO) herbeigeführt werden (vgl. Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 13 Rdn. 4 m.N.). Gemeinschaftliches oberes Gericht für das zum Landgerichtsbezirk Bochum gehörende Amtsgericht Herne-Wanne und das Landgericht Essen ist das Oberlandesgericht Hamm. Da es mithin an einer Entscheidung des für die Verbindung zuständigen Gerichts fehlt, ist das zum Amtsgericht Herne-Wanne angeklagte Verfahren dort rechtshängig geblieben (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2000 - 4 StR 105/00); an dieses verweist der Senat die Sache in entsprechender Anwendung des § 355 StPO zurück (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 232).

2. Der Wegfall der Verurteilungen in den vorgenannten Fällen führt zur Aufhebung auch der Gesamtstrafe.

3. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Es bleibt daher bei der Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten.

Auch die angeordneten Maßregeln der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und in einer Entziehungsanstalt können bestehen bleiben, weil die Voraussetzungen sowohl für eine Unterbringung nach § 66 StGB als auch für eine solche nach § 64 StGB trotz des Wegfalls der Verurteilungen wegen Raubes und wegen Diebstahls weiterhin vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht die Anordnung der Maßregeln nicht allein auf die mit einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten geahndete versuchte schwere räuberische Erpressung gestützt hat, sondern bei der Gefährlichkeitsprognose auch die aus den vorgenannten Gründen noch beim Amtsgericht Herne-Wanne anhängigen Taten berücksichtigt hat, denn das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der auch insoweit geständige Angeklagte am 25. Januar 2005 die ihn in jenem Verfahren zur Last gelegten beiden Taten (Raub und Diebstahl) begangen hat.

Einer Bestimmung der Reihenfolge der Vollstreckung der beiden Maßregeln gemäß § 72 Abs. 3 Satz 1 StGB bedarf es nicht, denn die Vollstreckungsreihenfolge ergibt sich aus dem Gesetz (vgl. §§ 67 Abs. 1, 67 c Abs. 1 StGB).



Ende der Entscheidung

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