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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.01.2005
Aktenzeichen: 4 StR 530/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 44
StPO § 346 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 64
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 530/04

vom 25. Januar 2005

in der Strafsache

gegen

wegen schweren Raubes

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 25. Januar 2005 gemäß §§ 44, 346 Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 30. April 2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Der Beschluß des Landgerichts Essen vom 10. August 2004, durch den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen wurde, ist damit gegenstandslos.

2. Die Kosten der Wiedereinsetzung hat der Angeklagte zu tragen.

3. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.

4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

5. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.

Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Rechtsmittel hat jedoch insoweit Erfolg, als das Landgericht nicht geprüft hat, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist.

Nach den Feststellungen wandte sich der Angeklagte während der Verbüßung der Jugendstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 16. Dezember 1997 an die Drogenberatung und gab an, in erheblichem Umfang Drogen konsumiert zu haben (UA 4). Als sich der Angeklagte im Jahre 2002 in Untersuchungshaft befand, nahm er an Gesprächen der Gefährdetenhilfe und der Gruppe der Anonymen Alkoholiker teil. Nach seiner Entlassung aus dem Jugendstrafvollzug im September 2003 konsumierte der Angeklagte Alkohol und nahm Drogen (UA 5). Bei der Begehung der abgeurteilten Tat, die der Erlangung von Drogen diente, war die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten infolge des vorangegangenen Konsums von Alkohol und Marihuana erheblich vermindert.

Angesichts dieser Feststellungen hätte das Landgericht prüfen müssen, ob die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt geboten ist (vgl. BGHSt 37, 5, 7; BGH NStZ-RR 1996, 228). Das Gericht hat die Unterbringung zwingend anzuordnen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen.

Die neu entscheidende Strafkammer wird unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungskonformen Auslegung des § 64 StGB (vgl. BVerfGE 91, 1 ff. = NJW 1995, 1077 ff.) zu prüfen haben, ob die Unterbringung des Angeklagten zu erfolgen hat. Daß ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht einer etwaigen Nachholung der Unterbringung nicht entgegen (BGH aaO). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht vom Rechtsmittelangriff nicht ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362).



Ende der Entscheidung

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