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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.12.2007
Aktenzeichen: 4 StR 541/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 401 Abs. 2 Satz 1
StPO § 341 Abs. 1
StPO § 397 Abs. 1 Satz 2
StPO § 378 Satz 2
StPO § 43 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

4 StR 541/07

vom 18. Dezember 2007

in der Strafsache

gegen

1.

2.

wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.

hier: Revisionen der Nebenkläger

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 18. Dezember 2007 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:

Tenor:

Die Revisionen der Nebenkläger gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 18. Juni 2007 werden als unzulässig verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 24. Oktober 2007 ausgeführt:

"I. Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und mit Freiheitsberaubung verurteilt, und zwar den Angeklagten G. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, den Angeklagten S. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 erklärten die Nebenkläger über ihre damaligen Bevollmächtigten, die Rechtsanwälte Claudia H. -M. und Johannes F. , dass sie sich der erhobenen Anklage anschließen (Bd. II S. 397f.). Die Anschlusserklärung wurde durch eine E-Mail der Nebenkläger vom 14. Januar 2007 wiederholt (Bd. IV S. 799). Die Nebenklägervertreterin, Rechtsanwältin H. -M. , gab auf Nachfrage des Vorsitzenden telefonisch bekannt, dass kein Kontakt mehr zu den Nebenklägern bestehe und das Mandatsverhältnis beendet sei (Bd. III S. 742).

Mit Beschluss des Landgerichts vom 13. Februar 2007 wurde die Nebenklage zugelassen. Der Nebenklägerin wurde unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe Rechtsanwältin Dr. K. und dem Nebenkläger Rechtsanwalt Ku. beigeordnet (Bd. IV S. 822f.).

Die Nebenkläger erschienen zu den Hauptverhandlungsterminen am 5. Juni, 12. Juni und 18. Juni 2007, zu denen sie geladen wurden (Bd. IV S. 825), nicht. Rechtsanwältin Dr. K. und Rechtsanwalt Ku. nahmen an allen Verhandlungsterminen teil.

Im Termin am 18. Juni 2007 wurde das Urteil gegen die Angeklagten verkündet. Die Angeklagten, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, die Verteidiger und die Vertreter der Nebenklage erklärten Rechtsmittelverzicht (Bd. V S. 1019). Mit E-Mail vom 27. Juni 2007, eingegangen beim Landgericht Essen am selben Tag, haben die Nebenkläger "... gegen die ergangenen und uns bis heute unbekannten Urteile zum o. Aktenzeichen Widerspruch bzw. Einspruch ..." eingelegt (Bd. V S. 1046ff.).

II. Die Revision der Nebenkläger ist wegen verspäteter Einlegung unzulässig (§ 341 Abs. 1 StPO). Ob der von den Nebenklägervertretern erklärte Rechtsmittelverzicht die Nebenkläger selbst bindet, bedarf deshalb keiner Entscheidung durch den Senat.

1. Der eingelegte "Widerspruch bzw. Einspruch" gegen das Urteil des Landgerichts Essen ist als Rechtsmittel der Revision auszulegen (§ 300 StPO).

2. Nach § 401 Abs. 2 Satz 1 StPO beginnt die einwöchige Frist des § 341 Abs. 1 StPO für den Nebenkläger, der in der Hauptverhandlung anwesend oder durch einen Anwalt vertreten war, mit der Verkündung des Urteils. Aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks 7/551, S. 93f.) wird deutlich, dass der Gesetzgeber den Beginn der Rechtsmittelfrist mit der Urteilsverkündung für denjenigen Prozessbeteiligten, der seinen Anschluss als Nebenkläger erklärt hat, nicht auf die Fälle beschränkt wissen wollte, in denen die Funktion der Nebenklage auch tatsächlich ausgeübt wird, sondern dass es allein darauf ankommt, ob der Nebenkläger tatsächlich im Termin anwesend oder vertreten war, von ihm daher erwartet werden kann, dass er sich nach dem Ausgang des Verfahrens erkundigt und, falls er dies für zweckdienlich erachtet, innerhalb der Wochenfrist Rechtsmittel einlegt (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 1. März 1978 - 3 Ss 120/78). Nur dann, wenn der Nebenkläger in der Hauptverhandlung überhaupt nicht anwesend oder vertreten gewesen ist, beginnt die Frist mit der Zustellung der Urteilsformel an ihn (§ 401 Abs. 2 S. 2 StPO). Im vorliegenden Fall wurden die Nebenkläger in allen Terminen durch die vom Landgericht mit Beschluss vom 13. Februar 2007 beigeordneten Rechtsanwälte Dr. K. und Ku. vertreten. Lediglich Zustellungen können, wie sich aus § 397 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 378 Satz 2 StPO ergibt, nur dann an den Rechtsanwalt mit rechtlicher Wirkung für den Nebenkläger erfolgen, wenn sich eine schriftliche Vollmacht bei den Akten befindet. Die Verkündung des Urteils in Anwesenheit der Nebenklägervertreter setzte deshalb die Wochenfrist des § 341 Abs. 1 StPO in Gang. Fristende war somit gemäß § 43 Abs. 1 StPO am Montag, 25. Juni 2007, 24.00 Uhr. Die am 27. Juni 2007 per E-Mail durch die Nebenkläger erfolgte Revisionseinlegung war damit, unabhängig von der Frage, ob die Schriftform gewahrt ist, verspätet. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht gestellt."

Dem tritt der Senat bei.



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